Tyrion hat geschrieben:
Ich beispielsweise war gläubig, klar. Ich bin in Bayern geboren, aufgewachsen, wurde katholisch getauft, war aktiv in der Kirche, habe mich firmen lassen usw. Glaubst du im Ernst, ich würde den Glauben einfach so ablegen können, nachdem er mir quasi von kleinauf anerzogen wurde? Also beschäftigt an sich damit. Vielleicht sind die Zweifel ja auch verkehrt.
Warst du gläubig oder hast du nur ein kulturelles Erbe aufgesogen?
Mir ging es - evangelisch - wie dir und habe sehr früh die rein kulturellen Wurzeln christlichen Verhaltens gesehen. Was mich zu dem Schluss brachte, dass Gott eine Erfindung von Menschen ist.
Aber ich hatte einen Charakterfehler. Ich ging keiner religiösen Diskussion aus dem Weg. Ich beschäftigte mich mit dem Glauben.
Bis mir Gott begegnete und er mich umpolte.
Also: Wenn du ungläubig bleiben willst, dann hüte dich vor zu viel Nachdenken.
Tyrion hat geschrieben:
Und man erlebt es ja, wenn beispielsweise Moslems die ihre so auslegen, dass sie töten. Und Christen haben das knapp zwei Jahrtausende so gehalten. Dass gerade für ein paar wenige Jahrzehnte das nicht mehr so der Fall ist, wurde teuer durch die Säkularisierung und den Humanismus erkämpft.
Es waren so etwa 1.500 Jahre. Das Christentum wurde so um 400 Staatsreligion und verlor endgültig die meiste weltliche Macht um 1800. Du solltest auf den Gedanken kommen, dass es da einen Zusammenhang gibt.
Tyrion hat geschrieben:
Legt man also die rosarote Brille ab, dann liets man die Bibel nicht unter der Grundvoraussetzung, dass Gott gut ist. Nein, man liets sie wertneutral. Und dann liest man, wann und wo dieser Gott wieviele Menschen getötet hat, welche Massenmörder er ganz toll fand usw. Und schon ist man bei der Frage, wie ein Christ von einem liebenden, gnadenrichen Gott ausgehen kann, wenn er das AT mal wirklich gelesen hat. Soziologisch ist das spannend.
Hier widersprichst du dir.
Glaubst du jetzt dass es Gott gibt, willst aber deinen Unglauben beweisen, indem du ihn zu einem bösen Gott machst?
Oder glaubst du, dass es ihn nicht gibt, woraus eigentlich messerscharf folgt, dass die Morde NICHT von Gott begangen wurden, sondern von Menschen. Und dass Menschen zu Massenmördern werden, ist nun wahrlich nichts ungewöhnliches.
Die richtige Frage ist vielmehr, warum ein Glaube an Gott den Menschen nicht die Kraft gibt, den Gewalttaten in sich zu widerstehen.
Stellt man sich der Frage tatsächlich wertneutral, dann wird man feststellen, dass es immer wieder Beispiele in beide Extreme gibt, dass Menschen zu gewaltigen, guten Taten fähig sind, weil sie an Gott glauben. Oder auch zu gewaltigen schlechten Taten.
Gott bzw. der Glaube alleine ist also kein ausreichendes Kriterium. Danach wird es wirklich soziologisch.
Tyrion hat geschrieben:
Bei mir ist es so, dass ich direkt von "Extremchristen" betroffen bin. Sowohl beruflich als auch privat. Ich sehe auch eine gesellschaftliche Gefahr im fundamentalistischen Christentum, denn dieser ist für mich in vielen Punkten gegen unsere freiheitliche Grundordnung gerichtet.
Ich sehe diese Gefahr auch und zwar als gläubiger Christ.
Der Missbrauch von religiösen Einstellungen ist die größte Gefahr für Gesellschaft UND den Glauben.
Tyrion hat geschrieben:
Letzten Endes beschreibt LaVey ein bisschen die Realität. Nur muss man das ja nicht gutheißen.
Wäre es nicht eine bessere Idee, gegen die Realität des Bösen zu kämpfen, indem man dafür sorgt, dass man selbst nicht so ist? Und zwar egal, in welcher Form das Böse auftaucht, sei es als extremistischer Christ oder als Satanist.
Was würde dir die Kraft dazu geben?