PeB hat geschrieben: ↑Mo 5. Dez 2022, 12:21
Ich glaube, mein Beitrag passt hierhin.
Ich bin evangelisch und meine Frau katholisch. In unserem Ort gibt es keine evangelische Kirche, deshalb bin ich in der Nachbargemeinde organisiert. Dort bin ich auch Presbyter der Kirchengemeinde.
Hier in meinem Wohnort gibt es nur eine katholische Kirche, die ich ebenfalls ab und an besuche - wie gesagt: meine Frau ist katholisch.
Wie überall in den großen Kirchen gibt es auch bei uns das Problem - sowohl auf katholischer wie evangelischer Seite - des Schwundes von Gottesdienstbesuchern. Wir sind hier auf dem Dorf, daher ohnehin dünner ausfallend, aber um einmal (alarmierende) Zahlen zu nennen: bei ca. 200-300 Einwohner pro Dorf (also eigener Wohnort und eigene Gemeinde im Nachbarort) besuchen durchschnittlich 15-20 Besucher die sonntäglichen Gottesdienste. Nur am Rande: wir sind hier im Westen der Republik, nicht etwa im Osten.
Vor einiger Zeit wollte ich eine Gemeinde besuchen, die früher reichlich besucht war. Fehlanzeige, alles zu und leergeräumt. War es Corona, oder ist es ein Zeitzeichen ? Mt 25,5-6
PeB
Die Amtskirchen sind hinsichtlich der Situation offenbar ganz und gar auf die Finanzen fokussiert. Wir merken das immer am Jahreshaushalt und den damit verbundenen Beschlüssen. Man fragt sich, wem die Amtskirche wohl wirklich dient. Den Banken?
Da fehlen eben Steuereinnahmen und das wird mit Kirchenaustritten zusammenhängen. Frage: Warum verlassen Menschen die Kirche, sind sie enttäuscht oder sind sie zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt ? Mt 13,18-23
Ihr könntet ja mal eine Befragung machen.
PeB
Jedenfalls kommt es wohl überall zu solchen Situation wie jetzt bei uns. Die zuständige katholische Bistumsleitung hat wohl entschieden, ihren Standort in meinem Wohnort aufzugeben. Auch für mich als evangelischer Christ ist das kein Grund zum Jubilieren, im Gegenteil.
Der Standort soll geschlossen werden - also keine weiteren Gottesdienste - und die Kirche soll verkauft werden - sofern sich Jemand findet, soll sie an eine christliche Gemeinschaft verkauft werden - immerhin.
Ich gehe schon mal zu einem bal-folk, und in der Kölner Innenstadt haben sie eine Kirche für solche und andere Veranstaltungen gefunden. Gottesdienst findet da wohl keiner mehr statt, obwohl das möglich wäre. Das Interesse an christlichem Gedankengut geht zurück.
Ich weiß auch schon längere Zeit von anderweitigen Nutzungen von Kirchen und Pfarrhäusern. Mein Bruder hat mal in solch einem gewohnt, weil er eine große Familie hatte und die Pfarrhäuser wurden an kinderreiche Familien vermietet.
Natürlich ist das ein wirtschaftliches Rechnen.
In den Ländern, wo das Christentum am Anfang war, ist übrigens auch kaum noch was übrig vom einstmaligen Glanz. Ist das vielleicht auch der normale Verlauf ?
PeB
Ich möchte hier keinesfalls gegen die katholische Kirche schießen, denn auf evangelischer Seite passieren genau die gleichen Dinge.
Für mich ist so eine Kirchenschließung immer so etwas wie ein Rückzug aus bereits eroberten Gebieten - wenn ich das so sagen darf. Selbst die Argumentation der Kirche geht dahin, dass sie sagt: ja, wir hatten hier so viele Austritte - deshalb schließen wir.
Vielleicht sind die Kirchenbesucher auch nie richtig erreicht worden. Meine Eltern waren auch nur Karteileichen, aber austreten wollten sie auch nicht. Vielleicht war es der Krieg, oft ist es jedenfalls der Blick in das Treiben der Welt, der den Menschen den Blick verstellt.
Und über die eigene Sünde wollten wir sowieso nie richtig nachdenken. Aber das Gedankengut ist da, es ist nur wie eingefroren.
Das Evangelium hat seinen Triumphzug 2 Kor 2,14 ElbÜ durch die Welt, aber nach einer gewissen Zeit erobert sich die Finsternis Gebiete zurück. Satan hat seine Methoden, um die Menschen von guter Theologie fernzuhalten und mit anderen Dingen zu beschäftigen.
Dafür scheinen sich in westlichen Breiten mehr die verführerischen Lehren zu etablieren, die mit reichlich viel Spektakel den angeblich besseren Weg anpreisen.
PeB
Für mich klingt das strange, denn: sollte nicht gerade dort die Kirche verstärkt auftreten, wo sie besonders viele Gläubige verliert? Sollten Hirten nicht nach den verlorenen Schafen suchen, anstatt den Weideplatz deswegen aufzugeben?
Wenn du das auf dem Herzen hast, dann nimm dir die Zeit und frage deine Dorfbewohner, warum sie kein Interesse haben.
Oder zu Weihnachten ist ja unsere Kirche immer rappelvoll, villeicht ist das auch bei euch so. Da kann man sie ja mal auf den Ernst der Lage ansprechen.
PeB
Ich habe jedenfalls meinem Presbyterium vorgeschlagen, den katholischen Brüdern und Schwestern ein Angebot der ökumenischen Zusammenarbeit zu machen, um das Schlimmste abzuwenden.
Ich würde die ökumenische Zusammenarbeit nicht fördern. Aber das hindert nicht daran, daß katholische und evangelische gläubige Menschen zusammenkommen dürfen, um evtl. ein ganz neues Ding zu machen, in etwa, wie es die freien evangelischen Gemeinden machen.
Aber warum sollte man mit der katholischen Kirche, die von den meisten Christen als Hure Babylon eingestuft wird, geneinsame Sache machen ?
PeB
Mein innerstes Gefühl sagt mir, dass diese Zeit eine heilsgeschichtliche Herausforderung ist - oder heilsgeschichtliche Herausforderungen bereitshält. Ich denke, dass es in der Tat darum gehen muss, unsere konfessionellen Gemeinsamkeiten zu entdecken und zu stärken, ohne dabei unsere Besonderheiten zu vergessen.
Aber nachdem sich Christen unterschiedlicher Konfessionen AUFGRUND ihrer Unterschiede jahrhundertelang gegenseitig umgebracht haben, wäre es ja mal an der Zeit, dass sie stattdessen AUFGRUND ihrer Gemeinsamkeiten Gott gemeinsam dienen und gefallen. Ist das ein falscher Gedanke?
Ich bitte um Kommentare.
Ja, gemeinsame Zusammenarbeit ist gut, aber nicht unter der Leitung der katholischen Kirche, vielleicht auch nicht unter der Leitung der evangelischen Kirche.
Da könnte sich doch etwas Eigenes und Neues bilden, das müßte sich allerdings auch selbst finanzieren. Ich bin ja damals aus der evangelischen Landeskirche ausgetreten und in eine evangelisch freikirchliche offene Brüdergemeinde gegangen. Denn die Verhältnisse in den Landeskirchen sind ja auch bedenklich.
Gruß Thomas