Andreas hat geschrieben:Novalis hat geschrieben:Die materialistische Umdeutung und Aushöhlung von Begriffen dient ganz klar ideologischen Zielen. Dem Kapitalismus auf der einen Seite, entspricht die materialistische Weltsicht („Leben ist ein Produkt der Materie und darüber hinaus gibt es nichts“) und der Militarismus auf der anderen Seite (“Alles ist relativ und die einzige Wahrheit, die es gibt, ist jene Wahrheit, welche mit Macht durchgesetzt wird” ~ Pontius Pilatus lässt grüßen) wenn jede andere, nicht-materialistische Sichtweise von vornherein ausgeschlossen und offensiv bekämpft wird, dann weil in dieser Welt dahinter Machtinteressen stehen. Auf der Erde sind sowohl Dunkelmächte als auch Kräfte des Lichts am Wirken und der Konflikt zwischen beiden spiegelt sich im Umgang mit der Sprache.
Stimmt. Neusprech ist ja kein spezifisch christliches Phänomen sondern ein ideologisches und durchdringt alle Bereiche des Lebens. Ich kehre halt vor der eigenen Haustür
Bereits Immanuel Kant sagte, dass alle unsre Ansichten über Metaphysik, Moral und Religion davon abhängen, wie wir uns als Menschen sehen und definieren. “
Was ist der Mensch?” aus der Antwort auf diese Frage ergibt sich alles weitere. Er formulierte es in Form von 4 Fragen:
1)Was kann ich wissen?
2)Was soll ich tun?
3)Was darf ich hoffen?
4)Was ist der Mensch?
Die erste Frage beantwortet die Metaphysik, die zweite die Moral, die dritte die Religion und die vierte die Anthropologie. Doch Kant fügte bei:
“Im Grunde könnte man aber alles dieses zur Anthropologie rechnen, weil sich die drei ersten Fragen auf die letzte beziehen” (Logik IX, 25) So wie wir anthropologisch den Menschen definieren, beantworten wir die drei ersten Fragen, weshalb sie absolut zentral ist. Heute wird diese Frage zumeist mit Verweis auf die Werke von Charles Darwin
“On the Origin of Species” (1859) und
“The Descent of Man” (1871) aus einer darwinistisch-materialistischen Perspektive beantwortet: der Mensch wird ins Tierreich eingeordnet, auf die Materie reduziert und sein fundamental spirituelles Wesen geleugnet. Die Möglichkeit einer übernatürlichen, transzendenten und höherdimensionalen Wirklichkeit wird von vornherein ausgeschlossen.
Rein historisch kann ich das verstehen, denn die Menschen haben sich von der Bevormundung durch die Kirche gelöst, sodass der Materialismus zur Gegenbewegung wurde. Das war ein notwendiger Befreiungsschlag, von einem Extrem in das andere Extrem, doch Materialismus und Bibelkreationismus sind keineswegs die einzigen beiden Möglichkeiten (obwohl die Anhänger dieser beiden Lager das gerne so darstellen
![Zwinkern ;)](./images/smilies/icon_e_wink.gif)
) denn zwischen den Extremen gibt es noch den Weg der radikalen Mitte, jenseits von Atheismus und religiösen Fundamentalismus:
einen vernünftigen Gottglauben. Wenn jemand Materialist wird und alles nur materiell erklären will, dann ist das vollkommen legitim, aber er sollte ehrlich hinzufügen: das ist mein
Glaube.
“Ich glaube, dass es nur Materie gibt und nichts anderes. Damit kann alles erklärt werden.” (das Glaubensbekenntnis von Richard Dawkins)
Doch kann wirklich das Leben und das Bewusstsein rein materiell erklärt werden, wie haltbar ist solch ein Glaube, dass die Entstehung des Kosmos und aller Lebewesen das Ergebnis zufälliger und ungesteuerter physikalischer und chemischer Prozesse ist? (das ist die Grundaussage der gesamten materialistischen Wissenschaft) die Idee einer höheren Intelligenz, welche das Ganze steuert, wird von ihnen abgelehnt, weil der Mensch sich dieser dann logischer Weise unterordnen müsste. Das will der Mensch nicht - ich erkläre das mal psychologisch - weil sein Ego lieber selbst Gott sein möchte, als eine höhere Autorität, Intelligenz und Macht zu akzeptieren; das zeigt sich in modernen Ideologien wie dem Transhumanismus, den Francis Fukuyama „
eine der gefährlichsten Ideen“ unsrer Zeit nannte (Francis Fukuyama:
The world's most dangerous ideas: transhumanism. In: Fukuyama på Aarhus Universitet. 2004. Abgerufen am 20. August 2010) da kann man sich die Mythologie in Erinnerung rufen: die Geschichte endet selten gut, wenn sich der Mensch auf den Thron Gottes setzen möchte (genau das thematisiert die biblische Erzählung vom Sturz aus dem Paradies)