Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

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Sunbeam
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: So 11. Jul 2021, 23:37
Sunbeam hat geschrieben: So 11. Jul 2021, 22:46 Eine geistliche Beweisführung funktioniert doch aber ebenso wenig, oder?
Nicht ohne Setzung. - Nicht umsonst heißt es "Voraussetzung - Behauptung - Beweis". - Ich würde gerne Gödels Beweisversuch verstehen. Wenn ich es richtig verstehe, arbeitet er mit "Sein" als Voraussetzung, um dann zu schließen, dass unter der Prämisse "Sein" Gott beweisbar sei. Halte ich für möglich, aber das wäre ein dickes Brett, wollte man es diskutieren.
Sunbeam hat geschrieben: So 11. Jul 2021, 22:46 Wenn - Geistlich" ist ein Wort für etwas, was außerhalb des physischen Raums "ist"..., in diesem physischen Raums ließen sich dann grundsätzlich alle religiösen Verlegenheiten willkürlich verbuchstabieren.
1) Wenn "Geist" beweisbar wäre, gäbe es ihn nicht.
Also muss man sich immer erst durch den Kuchenberg irgendwelcher Geister fressen, um in das gelobte Schlaraffenland des Glaubens zu kommen..., oder des geistigen Begreifens, oder um überhaupt des irgendwelche Mitspracherechte in geistigen Dingen zu erlangen, wenn man sich die Geister dieses Forums dann genauer anschaut, dann haben sich viele christliche Menschenkinder auf diesem Weg offensichtlich den Magen verdorben .

Wenn der Geist beweisbar, wäre, dann ist grundsätzlich alles mehr oder weniger in "physikalischen Räumen" existent, was nicht beweisbar ist. Geist wird dann zu der argumentativen Keule, wie es Setzungen eben auch sind, und in den physikalischen Räumen lassen sich dann auch alle weißen Kaninchen spekulativer Mystagogik verfrachten, die hier oft den Leuten die Haare ihres hart erarbeiteten Glaubens vom Kopfe fressen.
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Sunbeam
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: So 11. Jul 2021, 23:37
Mir gefällt hier immer noch am besten die Aussage von Chr. M. Wieland (falls Du Thomas-Mann-Fan bist: Lies "Die Geschichte der Abderiten - das nur nebenbei), der sagt: "Geist kann man nicht beweisen - muss man auch nicht, denn er erkennt sich gegenseitig". - Zack - Problem gelöst :D .
Wenn es um Geisterei seltsamster Sorten und allerlei Spökenkiekerei geht, dann empfehle ich eher von Chr. M. Wieland die Geschichte vom Prinzen Biribinker. Der war auch etwas verdreht im Kopfe, von den Geistern die er rief.
Hier dann ein kleiner aber feiner Auszug:

Indessen wuchs der Prinz heran, und übertraf durch seine Schönheit und wunderbare Eigenschaften alles, was jemals gesehen worden ist. Er spuckte lauter Syrup, er pißte lauter Pomeranzen-Blüth-Wasser, und seine Windeln enthielten so köstliche Sachen, daß sie von Zeit zu Zeit der Königin zugeschickt werden mußten, damit sie an Gala-Tägen ihren Nach-Tisch daraus verbessern konnte. So bald er zu reden anfieng, lallte er Concetti und Epigrammata, und sein Witz wurde nach und nach so stachlicht, daß ihm keine Biene mehr gewachsen war, ob gleich die dummste im ganzen Korbe zum wenigsten so viel Witz hatte als einer von den vierzigen der Academie Francoise.
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 07:11 Also muss man sich immer erst durch den Kuchenberg irgendwelcher Geister fressen, um in das gelobte Schlaraffenland des Glaubens zu kommen.
Nein - die besten haben es einfach in sich und müssen nichts bewusst konsumieren. Die Besten sind die Menschen mit geistlichem Instinkt, die möglicherweise noch nie etwas Theologisches reflektiert haben. - Letztlich landen wir hier wieder beim Begriff "Mystik".

Der lustige Punkt dabei: Das, was WIR von Mystik kennen, ist Reflektiertes, weil ein Meister Eckart ja nur deshalb bekannt ist, weil er das geistlich Tiefe formuliert hat, also reflektiert hat. - Kant sagt dazu was in einer eigenen SChrift, deren Hauptaussage ich verstehe als: "Es gibt keine Systematik der Mystik, also hört damit auf, eine solche zu basteln". - Aus meiner Sicht ist die einzig vernünftige (sic!) Form mystischer Äußerung die Meditation (da bin ich selber schwach drin, weil es mich nervös macht).
Sunbeam hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 07:11 Wenn der Geist beweisbar, wäre, dann ist grundsätzlich alles mehr oder weniger in "physikalischen Räumen" existent, was nicht beweisbar ist.
Ja - aber nur im Cogito. - Es ist sozusagen eine Entität, die nur im Cogito erkennbar sein kann, ohne eine Projektion des Cogito zu sein.
Sunbeam hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 07:24 Chr. M. Wieland die Geschichte vom Prinzen Biribinker
Jetzt merke ich, wie sehr ich Wieland vermisse. Der Mann ist wirklich gut - erinnert mich immer wieder an Thomas Mann.
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Sunbeam
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 10:02
Sunbeam hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 07:11 Also muss man sich immer erst durch den Kuchenberg irgendwelcher Geister fressen, um in das gelobte Schlaraffenland des Glaubens zu kommen.
Nein - die besten haben es einfach in sich und müssen nichts bewusst konsumieren. Die Besten sind die Menschen mit geistlichem Instinkt, die möglicherweise noch nie etwas Theologisches reflektiert haben. - Letztlich landen wir hier wieder beim Begriff "Mystik".

Die Mystik ist ein zu weites Feld, als man das so einfach nebenbei beackern könnte.

Ich meinte ich eigentlich mehr deine Verschlagwortung aus den Bereichen der Scholastik und Philosophie.

Jetzt einmal Hand auf's Herz, welcher (auch normal gebildete Mensch), ob nun Christ oder Atheist, weiß nun wirklich etwas mit physischen Räumen zu beginnen? Oder mit den Gedankengebäuden der "Ontik", wer wollte und könnte sich in die ontologische Differenz von Sein und Seiendem einarbeiten? Wer hat dafür die Zeit und Muße, oder wer mag sich auf längere Zeit diesem Wortbrei zumuten, nur weil es zu deinem Standardrepertoire argumentativer Verteidigung und weltanschaulicher Rechtfertigung gehört.

Verstehe das jetzt nicht als Kritik, es ist nur ein wohlmeinender Hinweis auf eine nicht wirklich seriöse Argumentation, die ich nicht als fairen Sinnstiftungsprozess zwischen zwei weltanschaulichen Standpunkten erkennen kann, denn hier sind nicht nur (viele) Christen überfordert, sondern, wie sich in der Vergangenheit erwiesen hat, auch die Glaubensfraktionen der A&A.
Jetzt merke ich, wie sehr ich Wieland vermisse. Der Mann ist wirklich gut - erinnert mich immer wieder an Thomas Mann.
Wieland? Unverzichtbar!

Leider nicht so auf den Schild gehoben, wie ein "verzeitgeistlichter" Goethe. Wieland passt wohl nicht in die "postfaktischen Narrative" der heutigen Medien-Journaille, dann wäre diese Wolfsmeute wohl zu Denkprozessen gezwungen, zu denen diese medialen Luden schon lange nicht mehr fähig sind.
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 10:30 Jetzt einmal Hand auf's Herz, welcher (auch normal gebildete Mensch), ob nun Christ oder Atheist, weiß nun wirklich etwas mit physischen Räumen zu beginnen? Oder mit den Gedankengebäuden der "Ontik", wer wollte und könnte sich in die ontologische Differenz von Sein und Seiendem einarbeiten? Wer hat dafür die Zeit und Muße, oder wer mag sich auf längere Zeit diesem Wortbrei zumuten, nur weil es zu deinem Standardrepertoire argumentativer Verteidigung und weltanschaulicher Rechtfertigung gehört.
Wenige. Und es ist eine Metaebene, die eigentlich "beim Volk" nichts zu suchen hat. Es geht hier eigentlich um "Teach the Teacher".
Sunbeam hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 10:30 denn hier sind nicht nur (viele) Christen überfordert, sondern, wie sich in der Vergangenheit erwiesen hat, auch die Glaubensfraktionen der A&A.
Wenn der Mensch einen gesunden geistlichen Instinkt hat, braucht er das auch nicht. Aber die werden ja kaum gefragt.

Wir sind in einer komischen Situation:
Einerseits gilt das geehrte Familienoberhaupt oder Sippenoberhaupt nichts mehr, der den Seinen eine Orientierungsgröße ist/sein könnte. Das Volk ist also auf sich gestellt - was es ja auch will ("Jedem Bürger seine Meinung"). - Andererseits sinkt das Niveau dementsprechend, so dass überhaupt keine Orientierungsgrößen mehr gibt, die diesem Wort gerecht werden. - Wahrscheinlich wird das neue Wort dafür "Influencer".

In einem Satz: Wo sind die Menschen, die die tiefen geistlichen und ontischen Zusammenhänge verstehen und, darauf basierend, wahrhaftiges Vorbild sein/werden können? - Denn in diesem Fall verschmelzen zwei Dinge: Die philosophisch-geistlichen Erkenntnisse weniger mit geistlichem Instinkt vieler. - Und wenn es verschmolzen ist, muss man nicht mehr Worte drechseln - das Wortedrechseln ist ein interner Vorgang unter Berufenen.
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 18:48

In einem Satz: Wo sind die Menschen, die die tiefen geistlichen und ontischen Zusammenhänge verstehen und, darauf basierend, wahrhaftiges Vorbild sein/werden können?

Deine Suche nach diesen Menschen würde immer dort beginnen, wo diese Menschen deinen Setzungen entsprechen, nicht?

Bertrand Russell, der nicht an Gott glaubte, wurde einmal gefragt, was er sagen würde, wenn er nach seinem Tode einem Gott begegnen würde, der ihn fragen würde, warum er nicht an ihn geglaubt habe. Darauf antwortete Russell:

Zu wenig Evidenz, Gott. Einfach zu wenig Evidenz.

Oder sagen wir es so: Ich kann mir problemlos ein Wesen vorstellen, das größer ist als der christliche Gott, dafür muss ich mir nur ein Wesen vorstellen, das zweimal so vollkommen ist wie der Gott der Bibel. Ich kann mir auch plastisch vorstellen, dass ein Duplikat zum christlichen Gott existiert, das aber am siebten Schöpfungstag nicht ruhen musste, oder, seinen Sohn zur Sündenvergebung nicht opfern musste und in diesem Sinne allmächtiger und damit schlussendlich vollkommener ist als der christliche Gott.

Und in einem gewissen Sinne praktizieren genau das viele Christen markant und beispielhaft, ob nun bewusst oder unbewusst, und das nicht nur in diesem Forum.
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 08:13 Zu wenig Evidenz, Gott. Einfach zu wenig Evidenz.
Aus der prae-popperschen Denkweise Russells vollkommen richtig. Aber die Denkweise ist halt falsch.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 08:13 Ich kann mir problemlos ein Wesen vorstellen, das größer ist als der christliche Gott, dafür muss ich mir nur ein Wesen vorstellen, das zweimal so vollkommen ist wie der Gott der Bibel.
Ich mache es anders rum: Für mich ist "höchste Singularität" ein obligatorisches Definitions-Kriterium von "Gott" - insofern kann ich mir eine Bibel bzw. Bibel-Interpretationen vorstellen, die dem x-mal mehr gerecht werden. - Alles Menschliche, also auch die Bibel (auch wenn sie vom HG eingegeben ist), ist Chiffre. Ich messe also Gott nicht an der Bibel, sondern die Bibel an Gott.
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 09:29
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 08:13 Zu wenig Evidenz, Gott. Einfach zu wenig Evidenz.
Aus der prae-popperschen Denkweise Russells vollkommen richtig. Aber die Denkweise ist halt falsch.

Vollkommen richtig und - aber halt falsch..., das ist jetzt aber ein sehr heftiger, ontischer Schluckauf, oder?

Selbst wenn einer der vielen Gottesbeweise zwingend wäre – was nicht der Fall ist und auch niemals war, so wäre über die konkrete Beschaffenheit eines solchen Gottes noch gar nichts gesagt.
Es wäre noch gar nichts darüber gesagt, welche der diversen Religionen die "richtige" ist, respektive welche Religion nun den "einzig wahren Gott besitzt". Außerdem wird in jeder konkreten (Welt)Religion, außer an Gott, noch an eine ganze Menge weiterer Aussagen, Dogmen, Heiligen, Neben und Untergötter oder "Lehrgebäude" geglaubt.

Und hier sehe ich für mich das Fundament, jegliche einzig wahre Gottesbilder oder de Glauben an einzig wahre und allein wahre Götter aus guten und einleuchtenden Gründen abzulehnen, obwohl - ein bisschen Tolstoianer bleibe ich aber trotz und alledem.
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Hiob »

:lol:
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 10:22 Vollkommen richtig und - aber halt falsch..., das ist jetzt aber ein sehr heftiger, ontischer Schluckauf, oder?
:lol: Systemisch richtig, aber ontisch falsch.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 10:22 Selbst wenn einer der vielen Gottesbeweise zwingend wäre – was nicht der Fall ist und auch niemals war, so wäre über die konkrete Beschaffenheit eines solchen Gottes noch gar nichts gesagt.
Natürlich nicht. - Denn würden wir es erkennen, könnte es nicht Gott sein.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 10:22 Außerdem wird in jeder konkreten (Welt)Religion, außer an Gott, noch an eine ganze Menge weiterer Aussagen, Dogmen, Heiligen, Neben und Untergötter oder "Lehrgebäude" geglaubt.
Das ist ein zweischneidiges Schwert. - Die gute Schneide ist es dann, wenn solche Nebenaussagen hilfreich für den Kern sind - das gibt es wirklich und mir wurde da durchaus oft genug geholfen. - Eine schlechte Schneide ist es, wenn man Nebenzeugs über Gott selbst stellt.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 10:22 Und hier sehe ich für mich das Fundament, jegliche einzig wahre Gottesbilder oder de Glauben an einzig wahre und allein wahre Götter aus guten und einleuchtenden Gründen abzulehnen
Siehe anderer Thread: Glaube ist Chiffre und nicht Gott selbst - das ist eine wichtige Erkenntnis. - Ansonsten kann man logisch gut argumentieren, warum das trinitarisch verstandene Christentum eine qualitative Alleinstellung unter den Religionen hat. Aber das wäre ein eigener Thread.
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Lena
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Re: Was mich bewegt (was denkst du gerade?)

Beitrag von Lena »

Ob die Gurke eine Ahnung hat, wie viele Postings sie am 14. Juli 2021, hier abgeschickt hat.
Und ob sie wohl gerne raten möchte ohne nachzuschauen...
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