Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Wo ein Einzelner oder ein Regime entscheidet schon? Was gibt es denn darüber hinaus für Alternativen?
In der Theorie kann auch ein Einzelner gerecht entscheiden, ab die Praxis hat bisher immer das Gegenteil belegt. Spätestens wenn gegensätzliche Interessen auf Basis von Ideologien, Vorurteilen und Ressentiments aufeinandertreffen, ist die Grenze des friedlichen Kompromisses erreicht.
In modernen Demokratien gibt es das Konzept des Minderheitenschutzes. Klingt gut, aber in der Praxis auch eher schwierig zu verwirklichen. Entweder muss man sich als Minderheit den Schutz auch leisten können oder man wird von Dienstleistern in Stellvertretung des Staats betreut und ist somit wider dem Interesse der Wirtschaftlichkeit und Allgemeinverträglichkeit untergeordnet. Auch der Minderheitenschutz ist also nicht ideologiefrei von den Beschützern zu haben.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Das sind zwei Paar Stiefel und widerspricht sich deshalb nicht, wie du vermutet zu haben scheinst.
Ich halte das für exegetisch unsauber und für zu voraussetzungsvoll, als das Paulus mal nebenbei so ein Fass aufmachen würde.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Indem alle "Könige der Erde" besser sind als Anarchie und Chaos, erfüllen sie alle ihren göttlichen Auftrag und Zweck.
Das ist eine säkulare Weltsicht, keine biblisch fundierte. Abgesehen davon trifft das auf moderne Demokratien dem Anspruch nach sowieso nicht mehr zu, weil sie ja gerade die alten hierarchischen Ordnungen aufheben wollten. Allerdings nicht ersetzen durch Anarchie und Chaos, sondern mit dem Volk als Souverän, einer Verfassung als konstitutionelle Basis und dem Freien Markt als Wirtschaftsordnung. Das ist das verklausulierte Recht des Stärksten. Deswegen die Idee des Minderheitenschutzen, zu der ich mich eben schon äußerte. Dass dies alles irgendwann mal Frieden geschaffen hätte, ist harmlos ausgedrückt nur illusorisch. Die Kriegstreiber sind die Eliten, nicht die schlechten Launen der Volksmassen und ihr Hass gegeneinander. Gibts zwar auch, ist aber vergleichsweise marginal.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Deshalb nimmt Paulus nichtmal die römischen Kaiser aus, die Kriege führten und sich z.T. als "göttlich" verehren ließen. Im Gegenteil, er richtet seine Aufforderung der Obrigkeit untertan zu sein - in einem Brief an die Römer!
Paulus sagt auch, wie man der Obrigkeit "untertan" sein soll, nämlich durch Gutestun, nicht durch Befehlsgehorsam. Eltern sind auch ihrem Kind untertan, indem sie ihr Leben, ihre Zeit und Energie für es hingeben. Aber sie gehorchen nicht dem Willen des Kindes. Das wäre in den meisten Fällen für alle kontraproduktiv.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Sind denn die Christen, die Jesus folgen, ohne Sünde?
Nein, sie sündigen auch, weil ein Großteil der Christenheit deinem Narrativ des Obrigkeitsgehorsams folgt und so die christliche Gemeinschaft beschädigen und auch alle die mit rein ziehen, die diese Haltung nicht teilen, somit keinen Schutz von den Brüdern der Gemeinschaft bekommen, sondern der Welt ausgeliefert werden. Das ist die Art Verfolgung und Drangsal, die den Christustreuen verheißen ist. Im Kern predigen Leute wie du die absolute Gesellschaftskonformität im Namen Christi.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Und ist es nun ihre Aufgabe auf ein "System Babylon" zu zeigen? Frei nach dem Pharisäer in Lukas 18, 11: "Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die anderen Leute, die dem "System" folgen..."
Nö, wir stehen alle unter dem System der Sünde und werden gerecht ALLEIN aus Gnade!
UNS wird doch Babylon gezeigt nicht, damit wir wegschauen. Es identifizieren zu sollen liegt doch damit in der Natur der Botschaft. Lukas 18,11 heran zuziehen als quasi Unterlassungsgebot, halte ich für Missbrauch der Worte Jesu. Es geht dabei nicht um Selbstüberhöhung, sondern um den Ruf danach, daran eben auch selber nicht mehr teilhaben zu wollen. Das geht aber leider auch nicht einfach so allein und ohne Gemeinschaft, die einen stützt. Babylon ist zu raffiniert, als dass man dort raus käme, nur weil man es individuell will. Das ist wie bei einem ZJ der Familie und Freunden bricht, wenn er dort austritt. Dann steht er mitunter völlig allein und hilflos da. "Völlig verdient, dieser Frechdachs" magst du da wohl kommentieren.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Wie schon gesagt: an genau diese römischen Bürger schreibt Paulus: "Obrigkeit ist Gottes Dienerin, dir zugut"
Abgesehen davon, dass das kein sachliches Gegenargument ist, habe ich auch Zweifel, dass du die Aussage von Paulus überhaupt verstanden hast. Gerade wenn er dies so an römische Bürger schreibt, dann kann man den Status Römischer Bürger doch nicht generalisieren. Natürlich ist ein Römischer Bürger, der die Privilegien dieses Rechtsstatus genießen und behalten will, dem Kaiser Gerhosam schuldig. Auch Befehlsgehorsam. Aber römische Bürger sind nicht "jede Seele". Spätestens Bürger des parthischen Reiches wären der parthischen Obrigkeit Gehorsam schuldig. Und da die Römer und Parther in Konflikt mitinander standen, wären jeweils loyale Christen auch untereinander zwangsläufig im Konflikt. Das ist der Preis deiner Auslegung dieser Bibelworte. Paulus wollte Nationalismen aufheben, du redest ihnen aber implizit das Wort.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Aber das System der Gefallenheit unter die Sünde bleibt.
Das bleibt bei dir dann aber inhaltslos. Und somit leider auch nicht korrigierbar. Und so bleibt dann folgerichtig auch deine genannte Verbesserung inhaltslos. Das dient bei dir nur als Argument zum Nichtstun und als Plädoyer für Gesellschaftskonformität.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Deshalb sage ich ja: letztlich wird es Jesus sein, der Gerechtigkeit schaffen wird, der gefallene Mensch kann das nicht schaffen. So sehr er sich auch bemüht.
Deshalb soll man Kritik und Widerstand ganz unterlassen und einfach mit dem Strom schwimmen ? Ich finde ja, mit dem Narrativ der Selbstverantwortung soll man es auch nicht übertreiben, aber hier wird Eigenverantwortung ja völlig ausgeblendet und bestenfalls reduziert auf : "Augen zu und durch."
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Aber man darf schon sagen: Eine Demokratie, mit dem Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes, ist besser als Hitlers oder Putins Reich! Da lasst uns mal dankbar sein!
1. Auch Hitler und Putin sahen bzw. sehen sich im göttlichen Auftrag. So oder so waren bzw. sind sie aber auch Obrigkeit, was nach deiner Interpretation mehr als problematisch ist. Jedenfalls nach den gängigen Hintergrundinformationen, die man so über diese Personen bekommt.
2. Noch mal : Unser gutes Leben im deutschen Sprachhraum ist teuer erkauft. Dankbarkeit dafür ist ziemlich zynisch und überheblich.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Wenn Paulus sagt "seid dankbar in ALLEN Dingen" dann ist unser Land gleich mehrfach Grund dankbar zu sein!
Nein, weil Gott diese Art Wohlstand ein absolutes Gräuel ist.
Wir sollten gerade nicht dafür dankbar sein, sondern das kritisieren, wo es nur geht und froh darüber sein, wenn unser Geist noch wach genug dafür ist, das zu erkennen. Es geht aber nicht darum, selbst lieber verelenden zu wollen, sondern durch Positionierung auf der richtigen Seite von Gott auf andere Weise belohnt zu werden.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, hinter jeder Ecke nach einem bösen Babylon Ausschau zu halten.
Natürlich nicht. Babylon ist doch recht einfach zu erkennen. Schaue da hin, wo Macht und Herrschaft ist. Wo uralte Herrschaftsstrukturen immer noch herrschen und einfach nicht abtreten wollen : Hierachie, Patriarchat, Beelzeboul.
Roland hat geschrieben: ↑Sa 23. Sep 2023, 23:33Aber ich schaue auf Jesus! Was tat er denn um der, von dir oben selbst als wenig optimalen Obrigkeit der Römer, das Handwerk zu legen?
Er ließ sich von ihr kreuzigen!
Die römische Obrigkeit wollte ihn nicht kreuzigen. Was hätte Jesus konkret gegen Rom vortragen sollen, außer die allgemeine Kritik an die weltliche Obrigkeit, die er in Matthäus 20,25 äußert ? Oder der Fürst der Welt, der hinaus geworfen wird (Johannes 12,31). Klingt nun auch nicht gerade nach Sympathie oder Aufforderung zur Konformität. Was aber die Kreuzigung Jesu wiederum bewirkt hat, dass er nicht nur Pilatus persönlich, sondern auch als Vertreter Roms an den Pranger stellt.
Kolosser 2,15 als er die Fürstentümer und die Gewalten ausgezogen hatte, stellte er sie öffentlich zur Schau, indem er durch dasselbe über sie einen Triumph hielt.
Fürstentümer und Gewalten, das sind im Griechischen Wörter, die Paulus auch im Kontext von Römer 13 benutzt. Es geht hier nicht nur um die Missetat von Pilatus, sondern zu welchen Schandtaten dieses System verführt, das er repräsentierte. Verordnete Hinrichtungen im Namen eines höheren Zweckes ("es muss sein, wir können nicht anders."), das ist Babylon. "Ordne dich der Obrigkeit unter" ist deiner Auslegung gemäß die Einreihung in "Kreuzige Ihn !" im Namen von Paulus.