Hitler- ein gläubiger Christ?

Säkularismus
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Queequeg
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Queequeg »

Machen wir dann weiter, mit den geschichtlichen Zeugnissen, die das Zusammengehen von Nationalsozialismus und christlichen Kirchen im dritten Reich eindeutig beweisen:

1942 und 1943 - Der evangelisch-lutherische Pastor und frühere Propst von Neumünster und Segeberg Ernst Szymanowski (der sich ab 1941 "Ernst Biberstein" nennt) befiehlt als Chef des Einsatzkommandos 6 in Rostow/Ukraine die Ermordung von 2.000-3.000 Menschen, meist Juden. Szymanowski wechselte bereits 1936 vom kirchlichen Dienst in die SS, behielt aber seine Amtsbezeichnung "Pfarrer" bei. Vor dem Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg leugnet er später weitgehend seine Taten und gibt vor, bei Massenmorden lediglich dabei gestanden zu sein. Die Gaswagen hielt er "aus humanitären Gründen für angebrachter" als Maschinengewehr-Salven: "Sie ist menschlich angenehmer. Die Leichen machen einen ruhigen und friedlichen Eindruck".

Auf die Frage des Gerichts nach möglichen Zeremonien oder Gebeten vor der Hinrichtung der Juden erklärt der Theologe: "Ich bin auch als Pfarrer nicht verpflichtet, Menschen zu bekehren. Es ist nicht meine Art, mich aufzudrängen. Außerdem muss ich hier ein Wort anführen, das vielleicht nicht ganz der Würde des Gerichts entspricht: ´Man soll Perlen nicht vor die Säue werfen`". [sic!]
(Der Spiegel, 13.12.1947)

Übrigens und genau das passt in's Bild: Der Lutheraner Ernst Biberstein wird 1948 als Kriegsverbrecher zunächst zum Tode verurteilt, 1955 dann aber zu lebenslanger Haft begnadigt. Im gleichen Jahr bittet er seine Landeskirche, sich für seine Freilassung einzusetzen. Und im Jahr 1957 wird er dann auf Antrag der evangelischen Landeskirche Schleswig-Holsteins tatsächlich freigelassen und wieder in den kirchlichen Dienst bei der Kirchenverwaltung in Neumünster übernommen. Dort bleibt er eine Zeitlang beschäftigt, bevor er wieder außerhalb der Kirche verschiedenen Arbeiten nachgeht. Die Kirche, die den ehemaligen Propst wieder anstellte, bezweifelte die Urteilsfähigkeit des Nürnberger Gerichtshofs.
Queequeg
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Queequeg »

Weitere Zeugnisse zur Barbarei während der Nazi-Diktatur:

11.9.1942 - Der evangelisch-lutherische Pfarrer Friedrich Wilhelm Auer aus Larrieden/Franken schlägt in einem Brief an den Herausgeber des Nazi-Blattes Der Stürmer, Julius Streicher, vor, für jeden deutschen Zivilisten, der durch alliierte Bombenangriffe ums Leben gekommen ist, zehn Juden aufzuhängen. Ein weiterer Vorschlag: "Wenn der Feind nicht innerhalb 24 Stunden unsere Friedensbedingungen annimmt, wird eine Bartholomäusnacht veranstaltet und kein Jude verschont. Schade ist es um keinen".
(zit. nach Mensing, a.a.O., S. 209)

Nachbemerkung: Anfang 1945 predigt Pfarrer Auer dann, dass der Heiland "dem Weltgeschehen eine wunderbare Wendung geben könne", den Sieg Nazi-Deutschlands im Krieg.
Von einer Beanstandung der Äußerungen des Pfarrers durch die Kirchenleitung ist nichts bekannt. Auch Pfarrer Auer (Jahrgang 1877) wird von der Kirchenleitung zusammen mit anderen ehemaligen nationalsozialistischen Pfarrern 1945 pauschal gerechtfertigt. Er geht 1945 in Ruhestand und stirbt nach 25 Jahren bei vollen Ruhestandsbezügen im Jahr 1970.
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Queequeg »

Weiter mit der Geschichte des Unheils und der Barbarei zu Zeiten der braunen Pest.
Zeitzeugen, Zeitdokumente:

16.7.1943 - Landesbischof Theophil Wurm will sich nach langem Schweigen in einem Brief an Hitler wenigstens für die so genannten "privilegierten" Nichtarier einsetzen. Das sind evangelische oder katholische Juden. Also jüdischstämmige Bürger, die sich zum konfessionellen Christentum bekehrten und sich in der evangelischen oder katholischen Kirche haben kirchlich taufen lassen:

"Im Namen Gottes und um des deutschen Volkes willen sprechen wir die dringende Bitte aus, die verantwortliche Führung des Reiches wolle der Verfolgung und Vernichtung wehren, der viele Männer und Frauen im deutschen Machtbereich ohne gerichtliches Urteil unterworfen werden. Nachdem die dem deutschen Zugriff unterliegenden Nichtarier in größtem Umfang beseitigt sind, muss auf Grund von Einzelvorgängen befürchtet werden, dass nunmehr auch die bisher noch verschont gebliebenen so genannten privilegierten Nichtarier erneut in Gefahr sind, in gleicher Weise behandelt zu werden" .
(zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 153).

Heinz Brunotte von der evangelischen Kirchenkanzlei schreibt: "Von der Mitte des Jahres 1943 an schweigen die Akten der Kirchenkanzlei. Mit der Verschleppung der letzten deutschen Juden in die Vernichtungslager erlosch das Problem einer kirchlichen Betreuung evangelischer Nichtarier"
(zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 154).
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Halman
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Halman »

ThomasM hat geschrieben:Die Art seiner Darstellung ist angelehnt an entsprechende Darstellungen der NS und Stalin Propaganda. Aus seinen Zeilen spricht ein Hass, der leider immer wieder bei den Fanatikern vorkommt.
Ich würde nicht so weit gehen, Queequeg in diese Ecke zu schieben; dieses Urteil scheint mir doch etwas zu hart zu sein, aber ich verstehe natürlich, was Dich befremdet.
Viele selbsternannte "Aufklärer" im Internet, die durchaus sehr gut - ja besser - informiert sind, bedienen sich einer tendenziellen bis einseitigen und damit verzerrenden Darstellung - hier der Geschichte - um so andere zu beeinflussen.
Prinzipiell verfolgt [fast?] jeder irgendelche Absichten und es gibt immer irgendeinen Grund. Und hinter diesem liegt oft ein emotionaler Kern, wie z.B. Hass.

Die Kirchen, insbesondere die evangelisch-lutherische Kirche, hatten sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Man sollte hier wirklich differenzieren zwischen institutioneller Religion (die im 3. Reich größtenteils versagte) und persönlicher Religiosität (in der leider nur eine Minderheit wirklich christlichen Geist offenbarte) und der Bibel, dem vielleicht missverstandestem Buch der Welt.
Wenn einige Christen sich aufgrund ihres Gewissens gegen das Dritte Reich stellten, dann beriefen sie sich dabei i.d.R. auf die Bibel. Dies wird von Bibelkritikern, welche die Bibel mitverantwortlich machen, oftmals ausgeblendet. Denen sage ich selbstbewusst: Ihr irrt! Ihr könnt noch so oft bedeutern, euch darin auszukennen und eure vermeindlichen Bibelkenntnisse zu schau stellen, die sich häufig darin erschöpfen, irgendwelche Listen im Intenet zu finden, die Texte zu markieren und hier als Eigenwerk reinzukopieren. So wird das nichts.

Was ist denn nun eigentlich christlich? Hierzu möchte ich Pfarrer Willhelm Busch zitieren:
Was man nicht definieren kann, das sieht man heut' als christlich an.
Wenn denn Christentum und Nationialsozialismus angeblich so viel miteinander zu tun haben, kann mir jemand dann dieses Tischgebet der Hitler-Jugenderklären:
*Lieber Herr Jesus, bleibt uns fern, wir essen ohne Dich ganz gern, Amen"
Quelle der obigen Zitate: https://www.youtube.com/watch?v=PJhv852nQC0

Die Gestapo verbot Heinrich Niemöller (dem Vater von Marin Niemöller) das Wort. Sie erlaubten ihm nur einen Bibelwort vorzulesen und H. Niemöller entschied sich für Pslam 73:



Pfarrer Willhem Busch und Martin Niemöller hatte ich bereits erwähnt. Sie waren aus ihrem christlichem Veständnis heraus mutige Gegner des NS-Regimes, ebenso wie Karl Barth und Dietrich Bonhoeffer, welcher am 09. April 1945 (einen Monat vor der Kapitulation, Datum dankt Janina korrigiert) im KZ nackt erhängt wurde.

Die Bekennende Kirche (BK) stellte sich gegen den unchristlichen Weg, denen die sog. Deutschen Christen eingeschlagen hatte.

Nennen möchte ich auch Clemens August Kardinal Graf von Galen, der einst predigte:
„Wieviel Dank ist die Menschheit schuldig diesen Blutzeugen nicht nur des Christenglaubens, sondern auch der Menschenwürde, die sie mit ihrem Blut und Leben verteidigt haben! Denn in dem Augenblick, in welchem die menschliche Obrigkeit in ihren Befehlen den klar erkannten, im eigenen Gewissen bezeugten Willen Gottes widerstreitet, hört sie auf, Gottes Dienerin zu sein, zerstört sie die eigene Würde, verliert sie das Recht zu gebieten, mißbraucht sie ihre Macht zu belohnen und zu bestrafen, und versucht sie freventlich, die von Gott gegebene Freiheit der menschlichen Persönlichkeit, das Ebenbild Gottes im Menschen zu erwürgen!“
In Wahrheit sollten im Gewand des sog. positiven Christentums Kerninhalte des Christentums verschwinden. Wenn heute Hitler-Reden zitiert werden, um so dessen Christlichkeit zu belegen, dann kann ich über diese Infantilität nur den Kopf schütteln. Wird denn wirklich verkannt, dass die NS-Propaganda von Begriffsverblendungen nur so durchsetzt war? Ja, sie bediente sich christlicher Elemente, aber auch germanischer Rituale und war im Kern sozialdarwinistisch. Der exteme Rassmus wurde aus dem pseudowissenschaftlichen Biologismus hergeleitet. Dies stand im krassen Widerspruch zur christlichen Rechtfertigungslehre und jesuanischer Ethik, darum ja die Barmer Erklärung (zumal Jesus selbst durch und durch ein Jude war).
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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Janina
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Janina »

Halman hat geschrieben:Die Gestapo verbot Heinrich Niemöller (dem Vater von Marin Niemöller) das Wort. Sie erlaubten ihm nur einen Bibelwort vorzulesen und H. Niemöller entschied sich für Pslam 73:

:clap:
Halman hat geschrieben:Dietrich Bonhoeffer, welcher am 09. Mai 1945 (einen Tag nach der Kapitulation) im KZ nackt erhängt wurde.
Nicht ganz. 9. April. Er hätte es fast geschafft. :cry:
Queequeg
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Queequeg »

Halman hat geschrieben:
In Wahrheit sollten im Gewand des sog. positiven Christentums Kerninhalte des Christentums verschwinden. Wenn heute Hitler-Reden zitiert werden, um so dessen Christlichkeit zu belegen, dann kann ich über diese Infantilität nur den Kopf schütteln. Wird denn wirklich verkannt, dass die NS-Propaganda von Begriffsverblendungen nur so durchsetzt war? Ja, sie bediente sich christlicher Elemente, aber auch germanischer Rituale und war im Kern sozialdarwinistisch. Der exteme Rassmus wurde aus dem pseudowissenschaftlichen Biologismus hergeleitet. Dies stand im krassen Widerspruch zur christlichen Rechtfertigungslehre und jesuanischer Ethik, darum ja die Barmer Erklärung (zumal Jesus selbst durch und durch ein Jude war).
Um noch einmal einige Gedanken in den Ring zu werfen: kein Mensch, jedenfalls kein Mensch, der seine fünf Sinne beisammen hat, würde aus Adolf Hitler einen tief gläubigen Christen machen, auch wenn sich der "Gröfaz" zeitweise als Christ verstand, mit Abstrichen, Hitler war eben ein ausgewachsener Psychophat.

Zum Thema, innerhalb freiheitlich, demokratischer Grundrechte gesehen, zu der auch Meinungs, sowie Pressefreiheit gehören und selbstverständlich die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus und hier speziell die Rolle der Christen, der Kirchen und auch der Verantwortlichen der Kirchen in den höchsten Positionen und Ämtern.

Ich sehe es als erwiesen an, das dieses Christentum, speziell in Deutschland (wie auch in Italien und Spanien) dem Nationalsozialismus im vorauseilenden Gehorsam diente, sich auch dem Nationalsozialismus willig andiente, sowie sich an den Verbrechen des Nationalsozialismus teilweise (also teilweise) beteiligte und diese Verbrechen auch unterstütze, diesen Verbrechen eindeutig Vorschub leistete.

Man könnte auchs sagen, das deutsche Christentum unterstellte sich willig der Ideologie des Nationalsozialismus, ordenete sich willig der Politik und Ideologie des Nationalsozialismus ein und unter.
Ich meine, die vielen Dokumente aus dieser Zeit belegen das nur allzu deutlich.

Und eines soll den Christen hier im Forum und auch im realen Leben zur ewigen Schande gesagt sein, wer die Aufarbeitung aus der Zeit des Nationalsozialismus als Propaganda bezeichnet, der schändet die Opfer, der verleumdet und schändet die tapferen Christen, schändet die mutigen Märtyrer unter den Opfern, die die Christen selbt brachten.

Meine lieben Herren Fanatiker christlicher Provenienz, ehren wir die Opfer des Faschismus, ehren wir auch die Christen im ewigen Angedenken an alle tapferen, selbstlosen und mutigen Menschen, die der braunen Bestie mutig und unerschrocken entgegentraten.

Ehren wir auch und unter anderem, die christlichen Opfes des Pfarrerblocks im Konzentrationslager Dachau

https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrerbl ... _Dachau%29

und traurig ist's, sehr traurig, das nicht einmal die christlichen Fanatiker aus der dekadenten Riege der ewig Gestrigen das zu Wege brachten. Nicht einmal das.
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Halman
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Halman »

Janina hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dietrich Bonhoeffer, welcher am 09. Mai 1945 (einen Tag nach der Kapitulation) im KZ nackt erhängt wurde.
Nicht ganz. 9. April. Er hätte es fast geschafft. :cry:
Danke Janina, dies hatte ich falsch im Gedächnis gehabt. Danke "Meister Edit" steht es nun in meinem Beitrag richtig.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
R.F.
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von R.F. »

Queequeg hat geschrieben: - - -
Ich sehe es als erwiesen an, das dieses Christentum, speziell in Deutschland (wie auch in Italien und Spanien) dem Nationalsozialismus im vorauseilenden Gehorsam diente, sich auch dem Nationalsozialismus willig andiente, sowie sich an den Verbrechen des Nationalsozialismus teilweise (also teilweise) beteiligte und diese Verbrechen auch unterstütze, diesen Verbrechen eindeutig Vorschub leistete.

Man könnte auchs sagen, das deutsche Christentum unterstellte sich willig der Ideologie des Nationalsozialismus, ordenete sich willig der Politik und Ideologie des Nationalsozialismus ein und unter.
Ich meine, die vielen Dokumente aus dieser Zeit belegen das nur allzu deutlich.
- - -
Mit einem Christentum, das die Lehren der Ur-Gemeinde vertreten hätte, wäre das Dritte Reich nicht möglich gewesen.

Das heutige Christentum ist vom Ursprung weiter entfernt als die Völker der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Mit einer derart geformten Gesellschaft ist der nächste, weit dramatischere Akt um so leichter möglich. Dass ein Humanismus das Schlimmste verhindern könnte, mögen höchstens weltfremde Träumer glauben...
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closs
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von closs »

Queequeg hat geschrieben:Man könnte auchs sagen, das deutsche Christentum unterstellte sich willig der Ideologie des Nationalsozialismus, ordenete sich willig der Politik und Ideologie des Nationalsozialismus ein und unter.
Nicht DAS deutsche Christentum, aber sicherlich große Teile davon. - Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt:

Das hat natürlich insofern mit der Struktur des Christentums zu tun, dass es nicht demokratisch angelegt ist (gar nicht demokratisch angelegt sein KANN) - man ist also unter-ordnungs-gewohnt. - Aber es hat nichts mit der "Philosophie" des NT zu tun. - Hinwiederum hat es dann doch wieder mit der Entstellung des NT durch christliche Gruppierungen zu tun (Tea Party & Co). - Es ist also wirklich etwas komplizierter und nicht mit "Ockham" zu lösen.

Übrigens: In meiner Uni-Zeit hatten wir mal ein Projekt "Klassiker in finsteren Zeiten", bei dem auch das Verhalten geistiger/christlicher und naturalistischer/"aufgeklärter" (das hieß Ende des 19. Jh. "positivistischer") Gruppierungen beleuchtet wurde. - Durch konsequentes Nachzeichnen der Vitae einiger Schlüsselfiguren (bspw. George-Kreis/"geistig" contra Nagel-Kreis/"aufgeklärt") konnte nachgewiesen werden, dass die "Aufgeklärten" noch anfälliger gegenüber dem Nationalsozialismus waren als die "Geistigen".

Auch das kann man nicht verallgemeinern - aber es zeigt, dass der Sog des Nationalismus überall gewirkt hat - aus welchen Gründen auch immer, die jedoch weniger seriös weltanschaulicher als dumpf gruppendynamischer Natur waren.

Deine aufwändigen Auflistungen sind sicherlich im Konkreten richtig und weisen nach, dass sich Christen Nennende selbstverständlich mittendrin waren. - Aber das waren ALLE gesellschaftlichen Gruppen - bis halt auf die zu allen Zeiten wenigen, die weiter schauen. - Mal eine Frage: Wieviele Deutsche haben sich der Wulff-Hatz NICHT angeschlossen? - 3%? 5%. - Du weißt, was ich mit dieser Frage sagen will.

Noch was: Deutschland wurde nicht von "den Nazis" ins Unglück gestürzt, sondern von ganz normalen Bürgern - es waren KEINE Extraterrestrials, die Deutschland besetzt hielten. - Und "Schergen" waren es auch nicht, sondern ganz normale Bürger. - Es fällt sehr unangenehm auf, dass man sich sprachlich distanziert, als wären es nicht ganz normale "Wirs" gewesen wären. - Oder kennst Du einen anderen Zusammenhang, in dem das Wort "Scherge" benutzt wird? - ICH nicht - man distanziert sich durch sprachliche Absonderung.
Queequeg
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Re: Hitler- ein gläubiger Christ?

Beitrag von Queequeg »

R.F. hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben: - - -
Ich sehe es als erwiesen an, das dieses Christentum, speziell in Deutschland (wie auch in Italien und Spanien) dem Nationalsozialismus im vorauseilenden Gehorsam diente, sich auch dem Nationalsozialismus willig andiente, sowie sich an den Verbrechen des Nationalsozialismus teilweise (also teilweise) beteiligte und diese Verbrechen auch unterstütze, diesen Verbrechen eindeutig Vorschub leistete.

Man könnte auchs sagen, das deutsche Christentum unterstellte sich willig der Ideologie des Nationalsozialismus, ordenete sich willig der Politik und Ideologie des Nationalsozialismus ein und unter.
Ich meine, die vielen Dokumente aus dieser Zeit belegen das nur allzu deutlich.
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Mit einem Christentum, das die Lehren der Ur-Gemeinde vertreten hätte, wäre das Dritte Reich nicht möglich gewesen.
Das ist nichts weiter als höchstpekulativer Unsinn, der jeglicher Grundlage entbehrt und letztendlich ein unfruchtbares Gedankenroulett ist, das in jeglicher Hinsicht ohne die geringste Beweiskraft bleiben muss.

Denn immerhin sagten nicht alle christlichen Konfessionen zum Faschismus - ja, und nicht alle christlichen Konfessionen schlossen sich dem Nationalsozialismus an, nicht alle christlichen Konfessionen gingen Hand in Hand den Teufelspakt mit den Nationalsozialisten ein.

Nehmen wir und zum Beispiel die Zeugen Jehovas, wobei dann hier einmal wieder mehr die unheilvolle, teils verbrecherische Rolle der christlichen Konfessionen/Kirchen zum Tragen kommt, also die christlichen Kirchen als Unterstützer und Befürworter der staatlichen Verfolgung - der Zeugen Jehovas (durch die Faschisten).

Hier dann einmal zum vertiefenden Studium empfohlen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Zeugen_Je ... ozialismus

und hier könnte man dann sagen, hätten sich alle Christen, alle christlichen Kirchen so tapfer und mutig verhalten, wie die ZJ, dann wäre vielleicht das dritte Reich so und in den Ausmaßen nicht möglich gewesen.
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