
kants werk ist zweigeteilt
epistemologie - was kann ich wissen, die kritiken des reinen verstandes
(theoretischer unterbau)
moralphilosophie - wie soll ich handeln?
(praktische vernunft, kategorischer imperativ)

Und beide Teile sind extrem anthropozentrisch.
Kant: Nicht der Verstand dreht sich um die Dinge, sondern die Dinge drehen sich um den (menschlichen) Verstand.
Kant: "alles, was, außer dem guten Lebenswandel, der Mensch noch tun zu können vermeint, um Gott wohlgefällig zu werden, ist bloßer Religionswahn und Afterdienst Gottes."
Aber du bist doch der Meister des Neusprechs, wenn du sagst, dass die Kant'sche Philosophie nicht anthropozentrisch ist!
Der Kunstgriff wurde schon von Schopenhauer behandelt:
Die letztgültige Orientierungs-Größe ist doch in der cartesischen und kantianischen Philosophie der Mensch! Herrje!Du verwechselst wieder die Person Descartes mit dem, was seine Philosophie ist. Der Begriff Anthropozentrismus entscheidet sich daran, ob man als letztgültige Orientierungs-Größe den Menschen oder Gott versteht.
Du nennst DAS Neusprech, was neu gegenüber dem Neusprech des vorigen Jahrhunderts ist. - Ich nenne DAS Neusprech, was im vorigen Jahrhundert zu einer Verfremdung von Begriffen geführt hat. Ergebnis: Wir verstehen unter Neusprech Gegenteiliges.
Eben NICHT, wenn man es übergeordnet sieht.
Ich würde nicht sagen, dass man in unserer Zeit den "menschlichen Geist" zum Maßstab macht. Das hat man früher auch schon. Paulus nennt das "fleischliche Gesinnung". Diese entsteht, wenn der menschliche Geist sich mit seinem physischen Leib identifiziert (das die Ursünde ist), anstatt mit seiner eigenen Wesenheit, die ewig ist. Heute ist diese Identifikation so weit gediehen, dass man alles Übersinnliche leugnet und sich durch das Gehirn determiniert sieht.
Der Begriff "anthropozentrisch" wurde in den 1860ern geprägt, als Darwins Werke erschienen. Da beschreibt es die jetzt in Wanken geratene Annahme, dass Menschen sich im Mittelpunkt des Universums befinden - als Krone der Schöpfung. Insofern hat das Wort einen anti-christlichen Unterton, denn "Krone der Schöpfung" ist es, was die Schöpfungsgeschichte nun mal über den Menschen sagt.
Bingo.
Naja, "Tiere sind gefühllose Automaten, die man lebendig sezieren darf" ist sicher nicht nur "im kleinen Rahmen" anthropozentrisch.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 25. Feb 2023, 16:54Descartes und Kant haben (bei aller Unterschiedlichkeit) etwas anderes gemacht. Sie haben zwar in Deinem Sinne sehr wohl den Menschen sozusagen emanzipiert, indem sie ihm philosophisch Verstand und Vernunft zugesprochen haben, die Leitlinie fürs Handeln sein sollen. Und natürlich bezieht sich dies nur auf den Menschen und nicht auf Tiere. Insofern ist es in diesem (kleinen) Rahmen tatsächlich anthropozentrisch.
Was ist denn dann noch der Unterschied zwischen "atheistisch" und "anthropozentrisch"?Hiob hat geschrieben: ↑Sa 25. Feb 2023, 16:54Aber doch nicht übergeordnet! Descartes unterstellt doch seine Beschäftigung mit den geistigen Möglichkeiten des Menschen dem Glauben, dass der Mensch ein Abbild eines höheren Geistes, also Gottes ist. Und auch Kant schreibt Werke wie bspw. "Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft". Die Grundlagen sind also beidseits theozentrischer/metaphysischer Natur, also nicht anthropozentrischer Natur. Letztere ist eher typisch fürs 20. Jahrhundert, und zwar nicht, weil man sich in der Philosophie psychologisierend mit sich selber beschäftigen würde, sondern weil man das eigene Verstehen zum Maß der Welt macht.
Natürlich ist das ein Unterschied. Aber Kant und Descartes machen doch gerade den menschlichen Geist zum Maßstab.