PeB hat geschrieben: ↑Do 8. Jul 2021, 15:07
dass das deutsche Wort "Seele" in der Bibel keine eindeutige Entsprechung hat. Es ist daher ein außerbiblischer Begriff, der auf den Bibelkontext angewendet wird - und leider viel zu wenig hinterfragt wird.
Bei Buber wird recht gut zwischen "Seele" und "Geist" unterschieden. - Leider kann ich mangels Hebräisch-Kenntnissen nicht überprüfen, welche Worte jeweils zugrundliegen.
Hier mal ein paar Stellen:
1. Mose
9,5 Jedoch euer Blut, das eurer Seelen, will ich heimfordern
3. Mose
17,11 Denn die Seele des Fleisches, im Blut ist sie
3. Mose
17,14 Denn die Seele alles Fleisches, sein Blut ist mit seiner Seele
5. Mose
5,29 Verlangen werdet ihr von dort nach IHM deinem Gott, dann wirst du ihn finden, weil du ihn mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele suchst
5. Mose
6,5 Liebe denn IHN deinen Gott mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele, mit all deiner Macht.
5. Mose
11,18 Legt diese meine Reden an euer Herz und an eure Seele
5. Mose
12,20 nach aller Lust deiner Seele magst du Fleisch essen
Interessant ist folgende Stelle:
Richter 10,16 Ihm <Gott> zog sich die Seele zusammen bei Jisraels Elend
Achtung Exkurs:
Interessant ist hier, dass die „die Seele“ an dieser Textstelle Gott zugeordnet wird. - Das Wort „Seele“ wird üblicherweise in der urtextnahen Buber-Übersetzung sowohl für Menschen als auch für Tiere verwendet (vgl. zu Deut. 12,20): „Die Seele des Fleisches, im Blut ist sie“ (Buber: Lev. 17,11) – hier ist Tierblut und somit Tierseele gemeint, kann als Opferblut jedoch auch stellvertretend für Menschenblut und -Seele gemeint sein. - „Doch Fleisch mit seiner Seele …. sollt Ihr nicht essen“ (Buber: Gen. 9,4 und vgl. Deut. 12,23) – hier ist Tierblut und somit Tierseele gemeint. - „Weil Du ihn mit all Deinem Herzen, mit all Deiner Seele suchst“ (Deut. 4,29) – hier ist die menschliche Seele gemeint.
Daraus erschließt sich, dass „Seele“ in aller Schöpfung ist – sowohl der Mensch als ebenbildlicher Geist ist beseelt wie auch die Natur, die ohne ebenbildlichen Geist ist. - Somit ist einerseits der menschliche Geist das schöpfungs-exklusive Bindeglied zwischen Dasein und Gott, und „Seele“ wäre somit andererseits ein nicht-ebenbildlicher Geist in der gesamten Schöpfung, der der Erfüllung von Daseins dient. – Seelische Bedürfnisse können dabei beim Menschen einerseits gottgewollt daseins-exklusiv sein - „nach aller Lust Deiner Seele magst Du Fleisch essen“ (Deut. 12,20) -, aber auch aus dem Dasein heraus seins-orientiert sein - „Du sollst vor … Gott fröhlich sein“ (Deut. 12,18) und sollst Gott „mit all Deiner Seele“ (Deut. 4,29) suchen.
Ohne den Unterschied zwischen spirituellem Geist und Lebens-Seele endgültig zu definieren, bleibt für unseren Kontext festzustellen, dass der ebenbildliche Mensch sowohl einen rein gott-ausgerichteten Geist hat, der spirituell zur Anbindung an Gott und somit zur Liebe fähig ist, als auch einen daseins-ausgerichteten Geist namens „Seele“ hat, der nach der Fülle des Lebens ausgerichtet ist und als solcher auch in nicht-ebenbildlicher Schöpfung ist. – Diese Erwägungen sind insofern relevant, weil hier im Menschen selbst verschiedene Realitätsebenen aufgezeigt werden: einerseits das schiere biologische Funktionieren wie auch die daseins-exklusive Wunsch- und Empfindungs-Ebene, andererseits die ebenbild-exklusive spirituelle Ebene.
Naheliegenderweise wäre somit die Identität des Menschen definiert durch beide Geist-Ebenen - einerseits durch die Wunsch- und Empfindungs-Ebene („Seele“) wie auch andererseits der durch die ebenbild-exklusive spirituelle Ebene („Geist“). – Im Sinne all dieser Ausführungen ist es jedoch definitorisch schwierig, Gott den Begriff „Seele“ zuzuordnen, wie es hier bei Richter 10,16 geschieht. Insofern mag die Textstelle „Ihm <Gott> zog sich die Seele zusammen bei Jisraels Elend“ dahingehend interpretierbar sein, dass der Textverfasser damit ein lebendiges und für den Menschen nachvollziehbares Bild für das göttliche Leiden zeichnen wollte, also anschaulich wirken wollte. – Hinwiederum sei angemerkt, dass zwar nach dieser Definition der Gott keine Seele in seinem Wesen hat ("Gott ist Geist"), sie jedoch im Umkehrschluss als Gott im Dasein hat – würde also Gott nicht nur als Sein ins Dasein hineinwirken, sondern als Dasein im Dasein wirken, hätte er eine Seele. – Diese Schlussfolgerung mag im Vorblick auf Jesus von Bedeutung sein.
Exkurs Ende
![shut up :silent:](./images/smilies/icon_silent.gif)
(mir war halt wieder mal danach)