"Unschärfen" in Bibeltexten?

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Helmuth
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Helmuth »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 07:47 Selbst der sich als Zeugenbefrager ausgebende Lukas weiß von sowas nichts und er wäre doch gerade dafür prädestiniert, wenn jene Verstorbenen vielen Bewohnern Jerusalems erschienen sein sollen. Wenn, denn hätte er davon erfahren und berichtet.
Genau solche Überlegungen hatte ich auch schon angestellt, also hat's da was mit der "Inspiration" durch den HG. Das wird einfach falsch verstanden, denn Wissen kommt nicht einfach so dahergesegelt, wenn es dazu keine historischen Anhaltspunkte gibt.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Hiob
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Hiob »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 05:49 Es ist mehr ein intuitiver Gedanke statt ein schriftgemäßer, dass man vom Wollen Gottes schon auf ein Sein oder Werden schließen müsste, weil nur das seiner Souveränität gerecht werden könnte.
Das Wort "Gott" macht keinen Sinn, wenn er es NICHT könnte.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 05:49 Dem Daniel wurden künftige Ereignisse in Visionen offenbart, wenn man es so nennen will. Dennoch vernahm er Bildhaftes. Und um den Begriff Offenbarung hier im strengen Sinne gleich ad absurdum zu führen, bekennt er deutlich, dass er das Gesehene nicht mal verstand (Daniel 8,27 und Daniel 12,8) und es sollte vorerst auch versiegelt bleiben.
Möglicherweise ist doch gerade DAS die Offenbarung: "Du, Daniel, wirst mit etwas Wahrem konfrontiert, das Du (noch) nicht verstehst".
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 05:49 Zum Reichen sagt Abraham, dass die Brüder des Reichen sich auch nicht durch Auferstandene Tote überzeugen lassen würden, wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören.
Da bin ich nun wiederum kritisch, weil dies ein Gschmäckle hat, nämlich: "Hört auf mich (= Macht), weil Ihr nur so zu Gott kommen könnt".

Irgendwann bin ich bei einer eingehenden Untersuchung zum Ergebnis gekommen, dass in der Bibel oft Sätze stehen, die zwar geistlich wahr sind, aber nicht unbedingt (manchmal sogar sicher nicht) von denen verstanden werden, die sie aussprechen. Heißes Thema.
Reinhold
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Reinhold »

Hiob hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 14:16
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 05:49 Dem Daniel wurden künftige Ereignisse in Visionen offenbart, wenn man es so nennen will. Dennoch vernahm er Bildhaftes. Und um den Begriff Offenbarung hier im strengen Sinne gleich ad absurdum zu führen, bekennt er deutlich, dass er das Gesehene nicht mal verstand (Daniel 8,27 und Daniel 12,8) und es sollte vorerst auch versiegelt bleiben.
Möglicherweise ist doch gerade DAS die Offenbarung: "Du, Daniel, wirst mit etwas Wahrem konfrontiert, das Du (noch) nicht verstehst".
Kann es sein, dass dat clösken möglicherweise hier (erneut) wieder falsche Fährten legt? ;)
Die nachfolgenden Verse 9,10 demaskieren deine o. "Offenbarung" nämlich als etwas für das Tönnchen:
9 Doch er sagte: "Geh jetzt, Daniel! Denn die Worte sollen bis zum Ende aufbewahrt und versiegelt bleiben. 10 Viele Menschen werden geprüft, gereinigt und geläutert werden. Die Gottlosen werden weiter gottlos handeln, aber von ihnen wird es niemand verstehen. doch die Verständigen es begreifen.
Oben wird "offenbart" , dass Verständige Daniels Worte verstehen sollten, u. nur den gottlosen Spitzbuben die Blindenbrille aufgesetzt werden sollte. Stimmts oder habe ich recht clösken?
:wave:
"Alles hat er so eingerichtet, dass es schön ist zu seiner Zeit. Auch die Ewigkeit hat er den Menschen ins Herz gelegt. Aber das Werk Gottes vom Anfang bis zum Ende kann kein Mensch begreifen."
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Hiob
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Hiob »

Reinhold hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 14:57 Oben wird "offenbart" , dass Verständige Daniels Worte verstehen sollten, u. nur den gottlosen Spitzbuben die Blindenbrille aufgesetzt werden sollte. Stimmts oder habe ich recht clösken?
Richtig - dem einen wird offenbart, was er versteht - dem anderen, dass er es nicht versteht.
Reinhold
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Reinhold »

Hiob hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 16:01
Reinhold hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 14:57 Oben wird "offenbart" , dass Verständige Daniels Worte verstehen sollten, u. nur den gottlosen Spitzbuben die Blindenbrille aufgesetzt werden sollte. Stimmts oder habe ich recht clösken?
Richtig - dem einen wird offenbart, was er versteht - dem anderen, dass er es nicht versteht.
Was ist denn das für ein kauderwelsch clösken? :lol: Warum muss einem gottlosen Spitzbuben
erst offenbart werden, dass er nix versteht? :lol: Da er nix versteht flüchtet oder versteckt er sich aber hinter selbst gezimmerte Fassaden-sprich Hirngespinste. Einen dieser Bürschle kenne ich übrigens sehr gut. 8-) Wenn du dessen selbst erfundenen Offenbarungen liest-schmeckt dir garantiert kein Bier mehr danach. :lol:
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ProfDrVonUndZu
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Hiob hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 14:16
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 05:49 Es ist mehr ein intuitiver Gedanke statt ein schriftgemäßer, dass man vom Wollen Gottes schon auf ein Sein oder Werden schließen müsste, weil nur das seiner Souveränität gerecht werden könnte.
Das Wort "Gott" macht keinen Sinn, wenn er es NICHT könnte.
Ja, aber so wie man vom Wollen noch nicht auf Sein und Werden schließen kann, so eben auch nicht vom Können aufs Tun.
Hiob hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 14:16
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 05:49 Dem Daniel wurden künftige Ereignisse in Visionen offenbart, wenn man es so nennen will. Dennoch vernahm er Bildhaftes. Und um den Begriff Offenbarung hier im strengen Sinne gleich ad absurdum zu führen, bekennt er deutlich, dass er das Gesehene nicht mal verstand (Daniel 8,27 und Daniel 12,8) und es sollte vorerst auch versiegelt bleiben.
Möglicherweise ist doch gerade DAS die Offenbarung: "Du, Daniel, wirst mit etwas Wahrem konfrontiert, das Du (noch) nicht verstehst".
Aber es war nicht für ihn bestimmt. Weder das Verstehen, noch das Erleben der Erfüllung. Zu keinem anderem Propheten wird das so deutlich gesagt.

Hiob hat geschrieben: Di 8. Feb 2022, 14:16 Irgendwann bin ich bei einer eingehenden Untersuchung zum Ergebnis gekommen, dass in der Bibel oft Sätze stehen, die zwar geistlich wahr sind, aber nicht unbedingt (manchmal sogar sicher nicht) von denen verstanden werden, die sie aussprechen. Heißes Thema.
Ja, da gibts auch biblische Beispiele wie der Hohepriester Kajaphas in Johannes 11,49-52.

Aber bezügliches der Geschichte von Lazarus und dem Reichen lässt Jesus hier Abraham sprechen. Jesus berichtet hier nicht historisch Vergangenes. Der historische Abraham allerdings kannte überhaupt keinen Mose, noch sein Gesetz oder die Schriften der Propheten.
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Hiob »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 aber so wie man vom Wollen noch nicht auf Sein und Werden schließen kann, so eben auch nicht vom Können aufs Tun.
Richtig. - Trotzdem scheint mir der Punkt woanders zu sein, nämlich in der Definition von "Fügung", die in der Regel unzureichend verstanden wird.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 Aber es war nicht für ihn bestimmt. Weder das Verstehen, noch das Erleben der Erfüllung. Zu keinem anderem Propheten wird das so deutlich gesagt.
Da wäre jetzt die Frage, warum. - Instinktiv: Es gibt Schicksale, die unvollendeter Natur sind, aber trotzdem wertvoll sind. Vielleicht ist Daniel eine Allegorie dafür.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 Der historische Abraham allerdings kannte überhaupt keinen Mose, noch sein Gesetz oder die Schriften der Propheten.
Wenn es der Geistleib-Abraham ist, dann schon.
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Helmuth
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Helmuth »

Hiob hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 08:55
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 Der historische Abraham allerdings kannte überhaupt keinen Mose, noch sein Gesetz oder die Schriften der Propheten.
Wenn es der Geistleib-Abraham ist, dann schon.
Und dass Jesus nur eine Geschichte erzählt ist nicht denkmöglich? Es verwendet die Person Abraham schlicht allegorisch für Gott selbst, der doch der Gott und Vater allen Trostes ist.

In der Erzählung vom verlorenen Sohn ist der Vater namenlos, sonst würden sich dort auch viele Auslegungen darüber ranken Aber so wird klar, dass sie eine Beschreibung des Charakters Gottes ist. Nun fällt hier der Name Abraham und schon ticken die theologischen Geister in alle möglichen Richtungen.

Was Abraham anbelangt erkenne ich keine Unschärfe in dem vorliegenden Text zu Lukas 16. Undscharf wird er erst, wenn man seine eigenen Denkmuster der Theologie darauf anwendet.

Eine Unschärfe könnte man eventuell darin sehen, als er von den beiden anderen Personen vom Totenreich spricht. Im Zentrum stehen diese beiden Charaktäre und nicht Abraham. Aber so ist der Mensch, den Kern der Erzählung erfasst er oft nicht um sich an Dingen zu verbeißen, auf die es Jesus in der Geschichte nicht ankommt.

Was war seine Zielsetzung? Wollte er uns den " sprechenden Geistleib" Abrahams als kommendes historisches Ereignis näher vorstellen oder wollte er sagen, dass der eine Trost als Erlöster erhält wird und einem anderen keine Erlösung zuteil wird und was dafür die Gründe sind?

Was wollte Jesus nun?
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Hiob »

Michael hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 10:48 Und dass Jesus nur eine Geschichte erzählt ist nicht denkmöglich?
Doch. - Denn man sollte es Gott überlassen, welche Offenbarungsformen er wählt.
Michael hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 10:48 oder wollte er sagen, dass der eine Trost als Erlöster erhält wird und einem anderen keine Erlösung zuteil wird und was dafür die Gründe sind?
Wenn Du sagen würdest "NOCH keine Erlösung", würde ich dieser Version zustimmen.
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ProfDrVonUndZu
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Hiob hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 08:55
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 aber so wie man vom Wollen noch nicht auf Sein und Werden schließen kann, so eben auch nicht vom Können aufs Tun.
Richtig. - Trotzdem scheint mir der Punkt woanders zu sein, nämlich in der Definition von "Fügung", die in der Regel unzureichend verstanden wird.
Verstehst du es denn richtig ? Ich bin eher der Vertreter einer kontingenten Weltsicht bei gleichzeitiger Pfadabhängigkeit. Ich halte das für den besseren Kompromiss, als die Sicht einer vollkommen determinierten Geschichte.
Hiob hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 08:55
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 Aber es war nicht für ihn bestimmt. Weder das Verstehen, noch das Erleben der Erfüllung. Zu keinem anderem Propheten wird das so deutlich gesagt.
Da wäre jetzt die Frage, warum. - Instinktiv: Es gibt Schicksale, die unvollendeter Natur sind, aber trotzdem wertvoll sind. Vielleicht ist Daniel eine Allegorie dafür.
Alle Gläubigen sind unvollendet. Sie haben in diesem Leben noch nicht das erlangt, wonach sie sich sehnen. Jesus sagt da ganz eindringliche Worte, die ganz gern mal ignoriert werden.
Lukas 6,24 Aber wehe euch Reichen, denn ihr habt euren Trost dahin.
25 Wehe euch, die ihr voll seid, denn ihr werdet hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lachet, denn ihr werdet trauern und weinen.
26 Wehe, wenn alle Menschen wohl von euch reden; denn desgleichen taten ihre Väter den falschen Propheten
Passt nicht nur zufällig zur Geschichte von Lazarus und dem Reichen.
Hiob hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 08:55
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 12. Feb 2022, 02:28 Der historische Abraham allerdings kannte überhaupt keinen Mose, noch sein Gesetz oder die Schriften der Propheten.
Wenn es der Geistleib-Abraham ist, dann schon.
Einen Geistleib bekommt der Mensch erst mit der Auferstehung zum Ewigen Leben. So verstehe ich Paulus in 1. Korinther 15,44. Ein auferstandener Abraham wüsste dann zwar rückwirkend sicher auch von Mose, aber da dieser Zustand voraussetzt, dass schon die Entrückung und das Gericht war, wäre die Aufforderung, sich doch nach Mose und den Propheten zu richten schon nutzlos. Deswegen würde ich nicht sagen, dass Jesus hier uns von den historisch realen Worten Abrahams an den Reichen berichtet, sondern das Beispiel Abraham hier lediglich als eine Fiktion benutzt, was man im gewissen Sinne auch als Geistleib verstehen könnte. Und das meine ich keinesfalls abwertend. Auch der Leib Christi ist ein geistiger Leib und er definiert sich durch die Gemeinschaft der Gläubigen. Das ist eine geistige Sache, die sich naturwissenschaftlich nicht greifen lässt. In dem Sinne also auch Fiktion, aber deswegen nicht weniger in der Welt.
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