Lutherbibel 2017 – Johannes 1
1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
2 Dasselbe war im Anfang bei Gott.
3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
„Am/Im Anfang war das Wort“.
Als ich das zum ersten Mal gelesen habe, habe ich sofort „das Wort“ verallgemeinert, denn es wird hier ja nicht auf ein bestimmtes Wort abgezielt.
=> es soll also irgendwie um Wörter oder vermutlich „das Sprechen“, „das Gesprochene“ gehen.
=> dies soll „der Anfang“ sein
Das funktioniert irgendwie nicht:
unser heutiges Konzept von Wort, Sprechen, Sprache ist nicht voraussetzungslos, denn es muss jemanden geben, der spricht, hört und es muss eine Basis der Übermittlung geben -> Luftschwingungen.
=> „Wort“ hat somit mit „Anfang“ nichts zu tun und schon gar nicht mit der Idee „alle Dinge sind daraus gemacht“
Die heutige Reaktion auf diese "Johannes"-Aussage ist ein dickes Fragezeichnen.
Nun hat „die Theologie/Philosophie“ bestimmt zahlreiche Versuche unternommen, diesen Umstand schön zureden, aber mehr als ein einfaches Überspielen der Problemstellung ist wohl nicht dabei herausgekommen.
In der Regel bestehen diese Versuche aus einer schnellen Überleitung vom Begriff „Wort“ zur Formulierung „Gottes Wort“, wodurch die „Erklärer“ mit Lichtgeschwindigkeit bei „der Bibel“ landen, prompt beliebige Behauptungen aus den Textpassagen herauslesen und letztlich als „die Wahrheit“ verkaufen können wollen.
=> ein eher „überschaubares“ Schauspiel.
Unabhängig von diesen „Tänzchen“ sehe ich zwei problematische Umstände:
1.
Wie soll alles aus „dem Wort“ gemacht sein, „das Wort“ also die elementare Grundlage von allem sein, wenn bereits der minimale Transport von Zusammenhängen „anhand des Wortes“
nicht funktioniert?
Im übertragenen Sinn:
„eine Technik soll super toll sein, aber wenn man sie anwendet, kommt nichts dabei heraus“ – das beisst sich ganz gewaltig.
=> Wie kann es sein, dass sich „Gläubige“ darüber streiten, was der Text aussagt, wenn doch „das Sprechen“ die elementare Grundlage von allem sein soll?
2.
In diesem Wiki-Artikel zu
Geist wird über die Aussage des Griechen „Anaximenes“ aus dem 6.Jhd
vor Chr. berichtet, in der es explizit darum geht, dass Luft/Wind/Atem die Basis „von allem“ sein soll.
Interessant ist, dass Sprache damals als eine besondere Form von Luft/Wind/Atem angesehen wurde, wodurch wohl der Unterschied zwischen Mensch und Tier „erklärt“ wurde. Sprache soll Teil des von aussen in den Körper eingehauchten „Lebensanteils“ sein („besondere Luft“).
Das sind zwei Puzzelteile, die wunderbar harmonieren - das passt.
Jetzt kommt dieser „Johannes“-Text ins Spiel.
„Am/Im Anfang war das Wort … alle Dinge sind daraus gemacht“
=> Dieses dritte Puzzelteilchen harmoniert genauso wunderbar mit den beiden anderen, wenn man die beiden ersten als den zeitlich früheren Ausgangspunkt hernimmt und sie sind auch tatsächlich früher angesiedelt und es geht auch nur um Griechenland, denn das „Johannes-Evangelium“ ist ein griechischer Text.
Zwischen dem dritten Puzzelteil und den anderen beiden liegen mehrere hundert Jahre (sagen wir 600 Jahre).
=> Wenn das dritte Puzzelteil nicht zu den anderen beiden gehören soll, dann müsste irgendetwas in der Zwischenzeit geschehen sein – was genau soll das sein und wo sind die Quellen dazu?
=> Wenn nichts dazwischen passiert ist, was bedeutet dann „Am/Im Anfang war das Wort“ in Bezug auf Luft?