Hiob hat geschrieben: ↑So 9. Jan 2022, 20:28
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: ↑So 9. Jan 2022, 16:42
Ist der metaphysische Gehalt Maßstab dafür, was Johannes im Prolog sagen wollte ?
EIN wichtiger Maßstab. - Christlich wird man schwer begründen können, warum "memra, logos, Wort" physischer Natur sein sollten.
Für eine physische Natur wollte ich jetzt auch gar nicht plädieren. Diese macht Logos sicher nicht aus. Ich habe deine Aussage aber komparativ verstanden. Also Memra soll noch ein bisschen mehr metaphysisch sein als es Logos schon ist ? Memra scheint mir eine spätjüdische Erfindung, oder vielleicht sogar eine Erfindung von Judaisierern. Wenn die hebräische Schreibweise מימרא richtig sein soll, die kommt im AT überhaupt nicht vor. Was wohl vorkommt, und auch in der LXX mit Logos übersetzt wird, das ist מאמר von der Grundform אמר was
reden, äußern, aussprechen bedeutet und damit in etwa dem griechischen reO entspricht, das mit legO zusammen eine Mischform eines Verbes bildet, die für den Präsens die Konjugationen von legO verwendet, für die Vergangenheitsformen hingegen die von reO.
In Sprüche 1,2 wird אמר mit Logos übersetzt. In Sprüche 4,5 dagegen wird מאמר mit Rhesis übersetzt, welches wieder vom eben genannten reO kommt. In Sprüche 5,7 wird מאמר tatsächlich mit Logos übersetzt. Aber diese Beispiele sind wirklich selten. In den überwiegenden Fällen gibt es einen Zusammenhang zwischen Dabhar und Logos im griechischen Alten Testament.
Für ein Memra spricht also wirklich nicht besonders viel.
Hiob hat geschrieben: ↑So 9. Jan 2022, 20:28Aber das darf nicht verwechseln mit einer intellektuellen Kompetenz.
Ähnliches wollte ich zuvor auch noch anfügen, hab es aber dann sein lassen, weil mir dann doch Zweifel kamen. Mein Gedanke war, dass Logos nicht im kognitiven Sinn zu verstehen sei. Aber wenigstens das griechiche Verb logizomai scheint doch einen kognitiven Zusammenhang nahezulegen, und auch dessen Ververwendung im NT spricht zumindest keinesfalls dagegen, um es mal vorsichtig zu sagen. Ich denke hier müssen wir grundsätzlich umdenken, denn was wir unter kognitiv verstehen, das ist von atheistischer Wissenschaft belastet. Im Weltbild der Bibel aber scheint der Zusammenhang des menschlichen Geistes mit dem Logos bzw. der Fähigkeit zu "logizomieren" von höchster Bedeutung. Man sollte hier nicht darauf rein fallen, sich mit der Wissenschaft im Rücken als objektiv und unbelastet von Weltanschauungen zu wähnen. Der menschliche Geist ist göttlichen Ursprungs.
Hiob hat geschrieben: ↑So 9. Jan 2022, 20:28
- "Universaler geistlicher Sinn" wäre mir naheliegend - also metaphysisch.
Ja, dem stimme ich zu. Allerdings bedeutet hier geistlicher Sinn nicht ausschließlich objektive und absolute Richtigkeit oder Unfehlbarkeit, sondern von der griechischen Sprache her müssen wir hier auch Fehlleistungen, Hinterhältigkeit und Unsinn mitbedenken, die der menschliche Geist produziert und rückschließt.