Redewendungen bei Jesus

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frank

Re: Redewendungen bei Jesus

Beitrag von frank »

Ob Jesu Sprache Aramisch oder Hebräisch war, auf das lasse ich mit dir nicht ein, wenn jemand mit Theorien kommt, aber kein besseres Wissen hat. Auch ich habe kein besseres, weil es ja kein anderes gibt, um es daran zu messen.
Dann geh mal in die praxis und suche eine aramäisch sprechende gemeinde auf, erlebe deren gottesdienste und sprache. Dort wird dich auch gern jemand über die kultur aufklären.
Und dir auch so manches aus der Bibel anders erklären können

Das nennt sich "über den tellerand schauen" und tut nicht weh
frank

Re: Redewendungen bei Jesus

Beitrag von frank »

Ach, wieder das Kulturargument. Nun, das hatten wir schon. Jesu Worte unterliegen keinen kulturellen Einflüssen, sie gelten ja allen Menschen.
Gewiss unterliegen jesu worten kulturellen einflüssen. Er lebte ja in einer bestimmten kultur - und du in einer anderen
Was dir fehlt ist deine eigene zuordnung zu der heutigen kultur - könntest du dein eigenes christentum als zeitgemäss wahrnehmen = dann würde es dir leichter fallen andere formen zu akzeptieren
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ProfDrVonUndZu
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Re: Redewendungen bei Jesus

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

frank hat geschrieben: Di 25. Okt 2022, 09:17 Gewiss unterliegen jesu worten kulturellen einflüssen. Er lebte ja in einer bestimmten kultur - und du in einer anderen
Was dir fehlt ist deine eigene zuordnung zu der heutigen kultur - könntest du dein eigenes christentum als zeitgemäss wahrnehmen = dann würde es dir leichter fallen andere formen zu akzeptieren
Eine andere gegenwärtige Kultur zu akzeptieren, heisst noch nicht, dass ich sie mir ganz oder in Teilen für meine Weltanschauung zu Grunde legen muss.
Wie kann man denn von der gegenwärtigen Kultur auf die Kultur von vor 2000 Jahren rückschließen ? Die nachchristliche aramäische Kultur wird sich unter Einfluss christlicher Schriften erst zu dem entwickelt haben, was wir heute kennen. Und wie in der Fachliteratur stets hervor gehoben, gab es auch im Westen und im Osten unterschiedliche Entwicklungen. Man darf also nicht beides vermischen.

Also die Kernfrage ist eigentlich die, wie kommt man darauf, diese oder jene Phrasen von Jesus auf diese oder jene Weise interpretieren zu können ? Wie kann man ausschließen, dass diese Phrasen nicht nachträglich anhand der griechischen Schriften interpretiert und übersetzt wurden, und diese Interpretationen und Übersetzungen dann Eingang in einer aramäische Kultur gefunden haben ? Es besteht hier die große Gefahr, dass sich entwickelt habende Traditionen im weiteren Verlauf auf sich selbst refferieren. Der Knackpunkt dürfte hier sein, wie ich schon zu zeigen versucht habe, dass die Peschitta als gültige Autorität heran gezogen wird, als würde diese spätere Übersetzung von griechischen Vorlagen exakter die aramäischen Wortlaute abbilden, die Jesus vermeintlich gesprochen hat. Meines Wissens nach gibt es hier aber keinen wissenschaftlichen Konsens diesbezüglich.
frank

Re: Redewendungen bei Jesus

Beitrag von frank »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Di 25. Okt 2022, 14:14 als würde diese spätere Übersetzung von griechischen Vorlagen exakter die aramäischen Wortlaute abbilden, die Jesus vermeintlich gesprochen hat. Meines Wissens nach gibt es hier aber keinen wissenschaftlichen Konsens diesbezüglich.
Setzt sich immer mehr zugunsten der aramäischen Leseart durch, die davon ausgeht, dass Jesus aramäisch sprach, Matthäus dies in aramäisch aufschrieb, ebenso einige seiner Jünger und die ersten Gemeinden aus aramäisch sprechenden Gläubigen bestand. In der Peschitta steht nicht die Juden und die Heiden - sondern die Juden und die Aramäer und wenn man sich die Entwicklung des frühen Christentums anschaut, dann war dies in den aramäischen Raum hinein.

Hier ein Auszug aus der Kirchengeschichte in der Sicht der orientalischen Kirchen:
KURZER GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK ÜBER DIE FRÜHZEIT DER KIRCHE DES OSTENS

Das Christentum nahm seinen Anfang in Galiläa, als Jesus dort predigte.

Er war der Gründer dieses Glaubens und nicht Seine Apostel. Er war der köstliche Eckstein, den die Juden verworfen haben. Seine ersten Bekenner waren Galiläer, die mit Seiner neuen Bewegung identifiziert wurden. Zuerst nannte man sie Nazarener und später Mshikhaye (== Christen). Im Orient verbreitete diese neue Glaubensrichtung sich von ihrem ersten Beginn an längs semitischen Gedankenbahnen und ist dort bis auf den heutigen Tag von der westlichen Theologie völlig unbeeinflusst geblieben. Das Königreich von Edessa (==Urkhai was «Ort des Lebens» bedeutet, heute bekannt als Urfa) wurde durch Thaddäus, einen der Zwölf, und Mari (gestorben anno 82 in Ktesiphon bei Bagdad), einen der Siebzig, christianisiert. Die geographische Lage des Gebietes und die Verwandtschaft in Sprache und Bräuchen machten es den galiläischen Missionaren leichter, zuerst an diejenigen Menschen heranzutreten, die ihnen ihrer Art nach nahestanden. Damit befanden sie sich auch in Übereinstimmung mit dem Auftrag ihres Herrn: «Gehet hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel» (= den verlorenen Zehn Stämmen). Sie waren gefangen weggeführt und im Einzugsgebiet des Flusses Khabur (= Habor), in der Gegend von Edessa, in Mesopotamien und in Persien angesiedelt worden. Lange zuvor hatten die Propheten geweissagt, der Messias (Christus) werde die zerstreuten Völker Israels wieder sammeln.

Abgarus von Ukkäma, der König von Edessa, schrieb Jesus und lud Ihn ein, in seine Stadt zu kommen. Jesus versprach ihm, einen Seiner Jünger zu senden. Die in den drei großen griechischen Kodizes «Griechen» genannten Besucher, die Jesus persönlich sehen wollten, waren wahrscheinlich Männer aus Edessa. Die östliche Heilige Schrift nennt sie «Heiden» und nicht «Griechen» (Joh. 12 : 20, 21). Ihre Sprache war dieselbe wie die der Galiläer (nordaramäisch). Eusebius betont die auffallend starke und rasche Verbreitung des Christentums in Edessa von der apostolischen Zeit an; die starke Stellung, die es in jener Gegend einnahm, und die wichtige Rolle dieser Stadt bei der Verbreitung des Christentums in den Ländern östlich des Euphrats und in Persien.

Edessa wurde ein Evangelisationszentrum im Osten, wie Antiochia in Syrien es für den Westen war, Von Edessa aus zogen Missionare nach Persien und in andere Länder des Orients, Der Apostel Thomas berührte es auf seinem Weg zur Malabarküste in Indien. Edessa litt stark während der Parther- und Römerkriege. Das römische Heer unter Crassus wurde im Jahre 53 v.Chr. bei Carrhae (nahe beim alten Haran von Thara und Abram) geschlagen. Im Jahre 162 n.Chr, brach unter der Herrschaft des Kaisers Marcus Aurelius Antoninus, Armeniens und des kleinen edessenischen (= osroenischen) Königreichs mit der Hauptstadt Urkhai (= Edessa) wegen wiederum Krieg aus, Diesmal siegten die Römer, Die grosse Stadt Seleucia in Persien wurde von den Kriegerscharen des Avidius Cassius zerstört. Danach verschwand in Mesopotamien auch der letzte Rest dessen, was an griechischer Kultur dort noch bestanden hatte, und machte vollständig dem Aramäischen Platz.
Der Wechsel vom Griechischen zum Aramäischen in diesem Teil des Orients, wo es durch die griechische Eroberung Asiens im dritten vorchristlichen Jahrhundert eingeführt worden war, fand zu jener Zeit statt, da das Christentum sich in Syrien und Persien durch das Aramäische weit verbreitete. Der Edessa Dialekt war seine Sprache, und Edessa wurde ein wichtiges literarisches Zentrum des Aramäischen. Das Griechische verschwand aus den Provinzen des Euphrattales. Höchstens einige Gelehrte kannten es noch. Nach kurzer Zeit war es dann in ganz Mesopotamien völlig ausgestorben.

Vor der Bekehrung Konstantins und dem Vertrag zwischen Persien und Rom bewegten sich fortwährend Ströme von Gefangenen nach dem Osten hin. Unter der Sassaniden-Dynastie drangen die Perser – indem sie alles vor sich niederbrannten und viele Gefangene machten – sogar bis nach Antiochia und Jerusalem vor. Während die Römer jedoch noch damit fortfuhren, die Christen zu verfolgen, wurden diese von den Persern, die sie als Feinde Roms betrachteten, geduldet. So kam es, dass die Christen sich im römischen Kaiserreich verbergen mussten, während ihre Brüder sich in Persien der Freiheit und des Wohlstandes erfreuten und gute Organisationen besassen. Christliche Schulen wurden an vielen Orten des Orients errichtet, z.B. in Edessa und in Gundi-Shapur. Schriftsteller wie Bar-Desan (154-222), Aphraates (280-350) und Ephraim (4. Jahrhundert) kommentierten die Bibel.
Aphraates wurde Bischof des Matthäus-Klosters bei Mosul. Dieser berühmte Autor erwähnte das in seiner aramäischen Muttersprache geschriebene Neue Testament auf dem ersten Konzil von Nikäa (325 n. Chr.), und nach seinem Tode bestätigten die Bischöfe der Kirche des Ostens dies wiederum auf dem in der persischen Hauptstadt Seleukia abgehaltenen Konzil

Christenverfolgungen begannen in Persien erst um die Mitte des vierten Jahrhunderts, einige Zeit nachdem das römische Reich das Christentum als Staatsreligion angenommen hatte. Damit änderte sich die Haltung der persischen Regierung gegenüber ihren christlichen Untertanen, denn nun wurden diese verdächtigt, Verbündete Roms zu sein. Obwohl viele den Märtyrertod starben und zahlreiche kirchliche Gebäude zerstört wurden, hatte die Kirche des Ostens in jener Zeit jedoch bereits überall festen Fuss gefasst. Einige der persischen Herrscher waren ihren Patriarchen sogar wohlgesinnt, und nicht wenige der Prinzen und hohen Beamten hatten sich zum Christentum bekehrt, Sowohl persische wie assyrische Christen bekleideten einflussreiche Ämter als Ärzte, Erzieher und Financiers im Dienste des persischen «Königs der Könige». Man darf auch nicht vergessen, dass zu jener Zeit Kopien der Heiligen Bücher und andere Schriften bereits weit verbreitet waren und sich auch Kommentare im Umlauf befanden.

Die Kirche des Ostens spielte in der Geschichte des Christentums eine hervorragende Rolle. Sie leistete sowohl den römischen wie den persischen Verfolgungen erfolgreich Widerstand. Der oströmische (byzantinische) Kaiser Zeno versuchte hartnäckig und mit allen Mitteln, ihre Anhänger zur Annahme des Bilderdienstes und zur Verehrung von Maria als Mutter Gottes zu zwingen, aber – wiewohl Tausende dieser Christen wegen ihrer Weigerung getötet wurden —.die Kirche blieb ihren apostolischen Lehren doch treu. Die auf dem ersten Konzil von Ephesos im Jahre 431 erfolgte Trennung der Kirche des Westens von der Kirche des Ostens isolierte die Christen des Orients, die danach völlig allein standen, um dem gewaltigen Ansturm der Heere des Islams die Stirne zu bieten. Trotzdem behauptete damals die Kirche weitgehend ihre Stellung und fuhr fort, Missionare nach Indien und sogar bis China und anderswohin zu senden, und nahm noch an Stärke zu.

Der Wendepunkt in der Entwicklung der Kirche des Ostens fiel in die Zeit zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert mit dem Erscheinen von Dschinggis Khan, Hulagu und Tamerlan. Sie erlitt damals unermessliche Verluste an Menschenleben und Besitz. Viele grosse Gebiete wurden durch die Tartarenhorden vollständig entvölkert; Kirchen und Klöster fielen der Verwüstung anheim; alle Diözesen im unteren Mesopotamien und in Persien wurden vernichtet. Diese Katastrophe war so total, dass die Kirche des Ostens sich seither nie mehr davon erholt hat. Einzig und allein in den entlegenen und schwer zugänglichen gebirgigen Teilen Kurdistans entrann sie der Zerstörungswut der Mongolen, und ihre Organisation blieb bis zum (ersten) Weltkrieg ununterbrochen intakt. In der Nähe von Mosul und von Bagdad fristet sie heute in sehr geschwächtem Zustand und äusserst verkleinertem Umfang ein kümmerliches Dasein.

George M.Lamsa,
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