closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Der Realist sagt: Der Begriff. Der hat das echte Sein. Der reale Vogel hingegen ist weniger bedeutsam.
Wir haben das etwas anders gelernt:
Der "Realist" sagt, dass der reale Vogel bedeutsam ist, weil er Abbild des echten Seins ist. - Konkret würde dies bedeuten, dass der "Realist" einen perfekten Roboter-Vogel als nicht bedeutsam verstehen könnte - da dieser nicht Abbild des echten Seins ist.
Ich zitiere mal aus "Kleine Weltgeschichte der Philosophie" von Hans-Joachim Störig, Stuttgart 1969, S.205:
Störig hat geschrieben:Zwei Ansichten stehen sich (zunächst) schroff gegenüber. Die eine Richtung, die dem Allgemeinen die höhere Wirklichkeit gegenüber dem Einzelnen zuerkennt, wird Realismus genannt. Der anderen sind nur die Einzeldinge wirklich; die allgemeinen Begriffe sind ihr nicht in der Wirklichkeit, sondern nur in unserem Intellekt vorhanden, sie sind bloße Namen.
Ich denke, diese Art Gegensatz hat der Positivismusstreit nicht übernommen. Es lohnt sich, den Unterschied zwischen beiden "Streiten" zu berücksichtigen.
Ich glaube aber, für das Threadthema wäre mehr die Frage relevant:
Woran sind die uns bekannten Ideologien gescheitert?
Naqual hat da ja schon angefangen.
Er meint, dass sowohl der DDR-Marxismus als auch das Christentum sich an ihrem Ideal mehr oder weniger verhoben haben. Sie seien an ihrem hohen Anspruch gescheitert.
Nehme ich den DDR-Marxismus, so sehe ich da eher andere Aspekte.
Beispiel:
Ein Junge unserer Klasse war "abgehauen" mit seiner Familie, "hat rübergemacht".
Unsere Lehrerin fragte uns danach über ihn aus: ob er bestimmte "Führereigenschaften" gehabt habe, dominant gewesen sei, uns habe "beherrschen" wollen.
Sie war offenbar der Meinung, die ehrlichen Arbeiter ohne Herrscherallüren würden in der DDR sein, und die miesen Führertypen würden in das Land des Kapitalismus streben, wo schon die anderen ehemaligen Führertypen der Nazizeit sich sammelten.
Das ist in meinen Augen ein verqueres Schwarz-Weiß-Denken, das blind macht für die Realität.
Das charakterisiert für mich Ideologie überhaupt - Ideologie ist immer irgendwie irrational, hat sich ein eigenes Menschensystem zurechtgemacht, das sich von der Realität nicht mehr korrigieren lässt.