Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?
Verfasst: So 20. Feb 2022, 14:49
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Möglicherweise. Sein Gottesbild ist dennoch nicht meines, nicht das seiner Zeitgenossen und auch nicht christlich. Mir erscheint es primär deistisch.
Wir sind uns darin einig, dass Descartes den Skeptizismus respektierte aber seine eigene Philosophie anti-skeptizistisch war.Ich auch nicht. - Ehrlich - ich suche immer noch den EINEN Satz, der unsere verschiedenen Ansätze erklärt.
Du nennst deine Grundlagen doch selbst nicht. Du verweist nur auf irgendwelche Feuilleton-Artikel, Vorlesungen, Seminarvorträge, Bayern-Alpha-Sendungen, “vor vielen Jahren”, wo durch die Bank nicht überprüfbar ist, was da tatsächlich gesagt wurde.Diesen Eindruck hatte ich eher nicht. - An der Uni Frankfurt wurde Descartes als Vorbote des Materialismus gefeiert - das galt als schick. - Umgekehrt konnte man Vorträge hören, die sich gegen diesen Mainstream verwahrten. Das scheint abzuhängen von der Grundhaltung des Lesers.
Das kennt man übrigens auch bei Kant: Die einen sehen ihn als Vorläufer von Materialismus/Existenzialismus/Naturalismus - andere (u.a. ich) sehen ihn als Vorbereiter der Romantik (wenn man Romantik nicht "romantisch" versteht). --- Oder Hegel: Die einen sehen ihn als Urvater der atheistischen Dialektik, die anderen als höchste intellektuelle Rechtfertigung des Christentums.
Warum erwähne ich dies? - Weil ich glaube, dass wirklich große Philosophen Dinge sagen, deren Reichweite sie selber nicht im Griff haben (das ist übrigens bei Komponisten ähnlich). - Das führt zur Frage: Was ist DEINE Grundlage, aus der Du Descartes interpretierst?
Unterm Strich ja. - Ich würde vertiefend hinzufügen, dass Descartes den Skeptizismus thematisiert, um ihn zu überwinden.
Doch. Denn wenn erkennbar wird, dass die Grundlage des Skeptizismus prinzipiell nicht falsifizierbar ist, bleibt einem nichts anderes übrig.
Klar - man schreibt da nicht mit, weil man nach Jahrzehnten oder Jahren oder Monaten noch mal genaue Quellenangaben bräuchte. - Du hast richtig erkannt, dass ich da lässig bin. Bei wissenschaftlichem Arbeiten geht das natürlich nicht, aber wenn es rein um Inhalte geht, meine ich schon, dass es geht. Und zwar deshalb, weil es mir gar nicht so sehr drum geht, was Descartes GEMEINT hat (das natürlich auch), sondern was er BEDEUTET. - Wie bereits erwähnt: Hegel hat meines Wissens nicht an marxsche Fortführung seiner Dialektik gedacht, wie er sich auch nicht primär als Metayphysiker verstanden hat (oder doch?), sondern als "Diesseitler". - Trotzdem wurde aus ihm Marx möglich, und trotzdem bietet seine Dialektik, wenn man sie vertikal aufrichtet, eines der besten Erklärungs-Modelle für das Verhältnis von Gott und Mensch. Dasselbe gilt übrigens auch für Heidegger bei seiner Unterscheidung zwischen Sein und Seiendem.
So nennt man das. - Ich frage mich allerdings, ob man von "Dualismus" sprechen kann, wenn die Gegenspieler in unterschiedlichen Dimensionen spielen. - Persönlich verstehe ich die weltliche Wahrnehmung als Ableitung der geistlichen Wahrnehmung und nicht als Gegenspieler (nur EIN Beispiel).
Zustimmung. - Das nennt man "Kollateralschaden".
Rein praktisch gefragt: Wie kann die Welt NICHT materialistisch sein, so weit sie keinen Geist hat? Beseelt ist sie ja christlicherseits, aber halt nicht begeistet, oder wie siehst Du das?
Auf den modernen Menschen passt das. - Bei Descartes gibt es eine Aporie: Wie kann man NICHT das sein, was Du hier "anthropozentrisch" nennst, wenn es als göttliche Anweisung "Macht Euch die Erde untertan" gibt sowie der Mensch als Einziger "ebenbildlich" (alias mit ich-bewusster und gott-erfragungsfähiger Ausstattung) genannt wird? - Mir ist nach wie vor schleierhaft, wie man "Geist sensu Geistlichkeitsbefähigung" allein aus der evolutionären Weiterentwicklung der Trockennasenaffen definieren kann.
Ich denke, darüber werden wir uns nicht einig werden…Hiob hat geschrieben: ↑So 20. Feb 2022, 20:26Unterm Strich ja. - Ich würde vertiefend hinzufügen, dass Descartes den Skeptizismus thematisiert, um ihn zu überwinden.
Doch. Denn wenn erkennbar wird, dass die Grundlage des Skeptizismus prinzipiell nicht falsifizierbar ist, bleibt einem nichts anderes übrig.
Viele Interpretationen der Bedeutung von Descartes haben ihre Berechtigung, aber das heißt nicht, dass es nicht auch falsche Interpretationen gibt. In dem Sinne wäre es schon interessant, was in den Originalquellen, aus denen du deine Meinung zu ziehen meinst oder die dich scheinbar in dieser bestätigen, tatsächlich zu finden ist.Klar - man schreibt da nicht mit, weil man nach Jahrzehnten oder Jahren oder Monaten noch mal genaue Quellenangaben bräuchte. - Du hast richtig erkannt, dass ich da lässig bin. Bei wissenschaftlichem Arbeiten geht das natürlich nicht, aber wenn es rein um Inhalte geht, meine ich schon, dass es geht. Und zwar deshalb, weil es mir gar nicht so sehr drum geht, was Descartes GEMEINT hat (das natürlich auch), sondern was er BEDEUTET.
Ok, gut. Das mag ich akzeptieren. Also dass du Descartes so “interpretierst” wie Marx nun Hegel (“er hat Hegel vom Kopf auf die Füße gestellt” – war nicht so oder ähnlich das Friedrich-Engels-Zitat?).- Wie bereits erwähnt: Hegel hat meines Wissens nicht an marxsche Fortführung seiner Dialektik gedacht, wie er sich auch nicht primär als Metayphysiker verstanden hat (oder doch?), sondern als "Diesseitler". - Trotzdem wurde aus ihm Marx möglich, und trotzdem bietet seine Dialektik, wenn man sie vertikal aufrichtet, eines der besten Erklärungs-Modelle für das Verhältnis von Gott und Mensch. Dasselbe gilt übrigens auch für Heidegger bei seiner Unterscheidung zwischen Sein und Seiendem.
Auf Descartes bezogen: Sein "Cogito e(r)go sum" und seine Ausführungen zu Res cogitans und Res extensae führen automatisch, wenn nicht durch ihn, dann durch andere, zum Ergebnis, dass man (s.o.) Grundlagen glauben muss, weil man sie ab einer gewissen Tiefen nicht mehr verifizieren/falsifizieren kann.
Geist – Materie. Zwei Substanzen. Mehr ist mit Dualismus hier nicht gemeint.So nennt man das. - Ich frage mich allerdings, ob man von "Dualismus" sprechen kann, wenn die Gegenspieler in unterschiedlichen Dimensionen spielen. - Persönlich verstehe ich die weltliche Wahrnehmung als Ableitung der geistlichen Wahrnehmung und nicht als Gegenspieler (nur EIN Beispiel).
Oh je – ich habe geschrieben “materialistisch, mechanistisch”.Rein praktisch gefragt: Wie kann die Welt NICHT materialistisch sein, so weit sie keinen Geist hat? Beseelt ist sie ja christlicherseits, aber halt nicht begeistet, oder wie siehst Du das?
Ich mag diese Etikettierungen à la “das ist anthropozentrisch” überhaupt nicht und habe damit – ehrlich gesagt – nur angefangen als eine Art Kontrapunkt zu deinen andauernden Etikettierungen.Auf den modernen Menschen passt das. - Bei Descartes gibt es eine Aporie: Wie kann man NICHT das sein, was Du hier "anthropozentrisch" nennst, wenn es als göttliche Anweisung "Macht Euch die Erde untertan" gibt sowie der Mensch als Einziger "ebenbildlich" (alias mit ich-bewusster und gott-erfragungsfähiger Ausstattung) genannt wird? - Mir ist nach wie vor schleierhaft, wie man "Geist sensu Geistlichkeitsbefähigung" allein aus der evolutionären Weiterentwicklung der Trockennasenaffen definieren kann.
Das sehe ich wirklich anders. - Das beginnt damit, dass "Widerlegen" immer eine systemische Größe ist (ohne Modell keine Widerlegung). - Nun erwische ich mich ja auch zu sagen, dass Descartes nachgewiesen habe, dass man streng genommen mit dem eigenen Cogito prinzipiell nicht nachweisen könne, ob etwas außerhalb des Cogito eigene Entität sei oder Vorstellung des Cogito. - Selbstkritisch würde ich sagen: Es kann Dinge jenseits der Logik geben, die diesen Nachweis (nach menschlichem Vermögen) kippen. - Aber ich glaube es halt nicht und habe überhaupt keine Lust, meine Zweifel bis ins Unendliche zu pflegen. - Es gibt einfach einen Punkt, wo der Mensch zu schwach ist, um alles zu Ende zu denken.
Bestimmt. - Die Frage ist: "Falsch" in Bezug auf was? - Auf das, was er selber GEMEINT hat, oder auf das, was es BEDEUTET, wenn man es weiterdenkt? - Unabhängig davon: Ja, es gibt sicherlich falsche Verständnisse. ---- Ich vermute, dass das Denken der Zeit, in der interpretiert wird, eine noch größere Rolle spielt, als ich vermutet habe.
Es wird aber auch heute ständig missverstanden. Dazu eine Frage: Ist eine 3D-Kugel dualistisch zu einer 2D-Kreisfläche? Nach meinem Denken, nein.
Schon klar. Aber was hat dies mit "Geist sensu metaphyisch" zu tun? - Die Ausweitung der Physik auf nicht-haptische physische Phänomene wie Wellen, etc. ändert doch nichts an der kategorialen Trennung von Physik und Metaphysik.
Ja. - Es gab auch in Threads schon Überraschung darüber, warum manche Menschen (zu denen ich gehöre) Naturwissenschaft und Naturalismus kategorial trennen. - Aber das ist halt die neue Religion: Es gibt nichts, was nicht letztlich durch die Physik analysierbar wäre. - Falsch.
Unter Anthropozentrismus verstehe ich nicht "Etwas wird vom Menschen gemacht oder gedacht", sondern "Der Mensch macht sich QUALITATIV zum Mittelpunkt" - siehe: Es gibt nichts, was nicht letztlich durch die Physik analysierbar wäre.
So einen Nachweis hat er ja nie geliefert – genau das Gegenteil ist der Fall. Deine 180°-Umdeutungen musst du schon als solche kennzeichnen und nicht mit “Descartes hat …” einleiten.Hiob hat geschrieben: ↑Mo 21. Feb 2022, 00:24Das sehe ich wirklich anders. - Das beginnt damit, dass "Widerlegen" immer eine systemische Größe ist (ohne Modell keine Widerlegung). - Nun erwische ich mich ja auch zu sagen, dass Descartes nachgewiesen habe, dass man streng genommen mit dem eigenen Cogito prinzipiell nicht nachweisen könne, ob etwas außerhalb des Cogito eigene Entität sei oder Vorstellung des Cogito. - Selbstkritisch würde ich sagen: Es kann Dinge jenseits der Logik geben, die diesen Nachweis (nach menschlichem Vermögen) kippen. - Aber ich glaube es halt nicht und habe überhaupt keine Lust, meine Zweifel bis ins Unendliche zu pflegen. - Es gibt einfach einen Punkt, wo der Mensch zu schwach ist, um alles zu Ende zu denken.
Das ist zu wenig. Viel zu wenig. Wer diese skeptischen Szenarien in irgendeiner Form respektiert, der muss allemal skeptisch bzgl. der Existenz Gottes sein.Des weiteren: Nein - Glaube schlägt Skeptizismus. - Ich kann logisch nicht ausschließen, dass Gott etwas Böses ist und mir deshalb meine Sinne so verwirrt, dass ich Wirklichkeit gar nicht wahrnehmen kann. - Weil ich es nicht ausschließen kann, bleibt ein Rest an Risiko, also Platz für Skeptizismus. - Der Glaube schiebt aber diesen Skeptizismus weg - mit entsprechender Begründung.
Naja, das werden sie ja hoffentlich gesagt haben, ob sie Descartes nur Interpretieren oder seine weitere Bedeutung darüberhinaus analysieren. Aber da nichts davon überprüfbar ist, kann man rein gar nichts mehr dazu herausfinden.Bestimmt. - Die Frage ist: "Falsch" in Bezug auf was? - Auf das, was er selber GEMEINT hat, oder auf das, was es BEDEUTET, wenn man es weiterdenkt? - Unabhängig davon: Ja, es gibt sicherlich falsche Verständnisse. ---- Ich vermute, dass das Denken der Zeit, in der interpretiert wird, eine noch größere Rolle spielt, als ich vermutet habe.
Es wird aber auch heute ständig missverstanden. Dazu eine Frage: Ist eine 3D-Kugel dualistisch zu einer 2D-Kreisfläche? Nach meinem Denken, nein.
Gemeint war damit: Materialismus ist ur-alt. Descartes kann in diesem Sinne nicht der Vorbote von etwas sein, was längst da war.Schon klar. Aber was hat dies mit "Geist sensu metaphyisch" zu tun? - Die Ausweitung der Physik auf nicht-haptische physische Phänomene wie Wellen, etc. ändert doch nichts an der kategorialen Trennung von Physik und Metaphysik.
Der Anthropozentrismus Descartes’s geht unendlich über “Ebenbildlichkeit” hinaus.Unter Anthropozentrismus verstehe ich nicht "Etwas wird vom Menschen gemacht oder gedacht", sondern "Der Mensch macht sich QUALITATIV zum Mittelpunkt" - siehe: Es gibt nichts, was nicht letztlich durch die Physik analysierbar wäre.
SChwierig zu erklären ist es in der Tat beim Thema "Ebenbildlichkeit". - Da soll nach christlicher Lehre also nur der Mensch "ebenbildlich" sein, ohne anthropozentrisch zu sein. - Letztlich löst sich dies auf, wenn man den eigenen Willen/den Selbstbezug aufhebt (Hegel) in "Dein Wille geschehe".
Egon Friedell: “Kulturgeschichte der Neuzeit” hat geschrieben:Dies führt Descartes zu zwei merkwürdigen Folgerungen, die aber für ihn und seine Zeit ungemein charakteristisch sind, erstens nämlich: daß der Mensch, wenn er die cartesianische Methode mit der nötigen Vorsicht anwendet und nur dem zustimmt, was er klar und deutlich erkannt hat, niemals irren kann, daß der Irrtum seine eigene Schuld ist, der er nur dadurch verfällt, daß er von der göttlichen Gabe der Erkenntnis nicht den richtigen Gebrauch macht, und zweitens: daß, da denkende Substanzen nie ausgedehnt, ausgedehnte nie denkend sein können, der menschliche Körper eine Maschine ist, die mit der Seele nichts gemeinsam hat, und die Tiere, da sie nicht denken, überhaupt keine Seele besitzen und sich in nichts von komplizierten Automaten unterscheiden.
Wenn wir ehrlich sind ist einem Christen doch vollkommen egal, woher die Welt kommt und was sie zusammenhält.Hiob hat geschrieben:"Geist" im christlichen Sinne ist so was wie das, aus dem die Welt kommt und das die Welt letztlich zusammenhält.
Für das, aus dem die Welt kommt und für das, was die Welt zusammenhält, schlage ich der Einfachheit halber (und um religiös neutral zu bleiben) folgende beiden neuen Begriffe vor:Manche sagen dazu "Gott".
Eine 100-dimensionale Raumzeit sollte man am besten folgendermaßen nennen:Als Behelf ein hinkendes Bild: Wenn "die Welt" etwas 3- oder 4-Dimensionales ist ("4", falls man die Raumzeit mit reinnehmen will), ist "Gott"/"Geist" das Sein der Potenz D 100, aus dem D 3 oder D 4 abgeleitet ist.
Die Sache war niemals wissenschaftlich klar. Laut Einstein kann das Sonnensystem überhaupt keinen Mittelpunkt haben.
Wann beabsichtigst du dich vorurteilslos über das Leib-Seele-Problem zu informieren?Du musst nur von deinem Tunnelblick weg, und dich nur vorurteilslos informieren!
Bisschen lang. - Wobei Du da wahrscheinlich an Strings und Quarks denkst. --- In der Tat: Du bist gutes Anschauungsmaterial für die Philosophie eines Naturalisten.Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Di 22. Feb 2022, 20:57 schlage ich der Einfachheit halber (und um religiös neutral zu bleiben) folgende beiden neuen Begriffe vor:
1) das, aus dem die Welt kommt
2) das, was die Welt zusammenhält