Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
Jack Sparrow
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Jack Sparrow »

Claymore hat geschrieben: Mo 28. Feb 2022, 14:03
Jack Sparrow hat geschrieben: So 27. Feb 2022, 23:01Was ist also das "Ding an sich" anderes als unser Säugetierhirn und die Konstrukte, die es hervorbringt, um die eigenen Gene vor dem Untergang zu bewahren?
Allerdings ist der menschliche Intellekt zu allgemeingültigen Schlussfolgerungen fähig, die unendlich viele Variationen umfassen.
Möglicherweise dient der Intellekt als sexuelles Selektionsmerkmal. So wie der Schwanz beim Pfau oder das Geweih beim Hirsch.

In diesem Fall wäre es evolutionär vorteilhaft, zu künstlerisch anspruchsvollen Schlussfolgerungen fähig zu sein.
Während doch alle evolutionären “Erfahrungen” unserer Spezies rein endlicher, begrenzter Natur sind. D. h. ich denke persönlich nicht, dass man den Intellekt über die Evolution erklären kann.
Kant hielt den Menschen für die Krone der Schöpfung. Er glaubte die Vernunft unterscheide den Mensch von allen anderen Spezies und der Mensch könne sogar unabhängig von aller Erfahrung ("a priori") zu allgemeinen Schlussfolgerungen gelangen.

Ich persönlich halte das für religiöses Geschwurbel. Kant war unfähig, sich von seinen christlichen Wurzeln zu lösen, und seine angeblich "allgemeingültigen" a-priori-Prinzipien sind doch in Wirklichkeit nur der Versuch, seine a-posteriori-Gottesvorstellungen in eine etwas modernere Form zu bringen.
Nun kann man das vielleicht ausweiten zu einer Art fundamentalem, metaphysischen Seinsprinzip oder Welt-Essenz.
Ich bezweifle dass solch ein Ding existiert. Zumindest nicht außerhalb des menschlichen Organismus.
B2t: Unser Gehirn kann die Rolle des Dings-an-sich – auch im weitesten Sinne – nicht übernehmen.
Welche Rolle wäre das?
Es ist ja nur unser Gehirn, Teil der Welt. Aber doch nichts was der Welt als fundamentales, metaphysisches Prinzip oder Essenz zugrunde liegt.
Ich denke durchaus dass es das tut.
Nietzsche bezieht sich bei “Wille” nicht wie Schopenhauer auf ein metaphysisches Seinsprinzip, das der Welt zugrundeliegt, sondern wie wir mit der Welt umgehen, unsere Relation zur Welt.
Ich denke der Begriff "Wille" ist in beiden Fällen ungünstig gewählt. Herr Freud dürfte sich mit seinen Trieben schon etwas näher an der Wahrheit befunden haben. Aber immer noch viel weiter weg als die moderne Biologie und Hirnforschung.
Man könnte vielleicht sagen, die Evolution sei das Ding-an-sich.
Darauf könnte es am Ende hinauslaufen. Auffällig ist, dass es bei der Evolution nur auf das Ergebnis ankommt - Vernunft oder Moral oder Pflichtethik spielt nur dann eine Rolle, wenn sie der Weitergabe der Gene dienlich ist...
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

für mich hört sich das so an...die evolution hat einen willen

hm
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31 Möglicherweise dient der Intellekt als sexuelles Selektionsmerkmal. So wie der Schwanz beim Pfau oder das Geweih beim Hirsch.

In diesem Fall wäre es evolutionär vorteilhaft, zu künstlerisch anspruchsvollen Schlussfolgerungen fähig zu sein.
Fehlt nur die Erklärung, warum es vorteilhaft ist, auf dieses Selektionsmerkmal zu achten.
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31Kant hielt den Menschen für die Krone der Schöpfung. Er glaubte die Vernunft unterscheide den Mensch von allen anderen Spezies und der Mensch könne sogar unabhängig von aller Erfahrung ("a priori") zu allgemeinen Schlussfolgerungen gelangen.

Ich persönlich halte das für religiöses Geschwurbel.
Das ist doch ok.
Kant war unfähig, sich von seinen christlichen Wurzeln zu lösen, und seine angeblich "allgemeingültigen" a-priori-Prinzipien sind doch in Wirklichkeit nur der Versuch, seine a-posteriori-Gottesvorstellungen in eine etwas modernere Form zu bringen.
So wie Hiob hast du Kant offensichtlich nie gelesen. Dabei ist doch seine Widerlegung der Gottesbeweise ziemlich populär.
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31Ich bezweifle dass solch ein Ding existiert.
Ich auch. Aber in Kants Philosophie spielt es halt eine herausragende Rolle.
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31 Welche Rolle wäre das?
Unserer Wahrnehmung als letzte Instanz zugrunde zu liegen.
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31Ich denke durchaus dass es das tut.
Vielleicht existiert die Welt auch ohne unser menschlichen Gehirne – ich würde es zumindest nicht von vorne herein ausschließen.
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31Ich denke der Begriff "Wille" ist in beiden Fällen ungünstig gewählt. Herr Freud dürfte sich mit seinen Trieben schon etwas näher an der Wahrheit befunden haben.
Letztlich wärmt Freud nur die platonische Dreiteilung der Seele wieder auf.

In diesem Sinne ein nicht allzu falscher Ansatz. Wenn auch kein sonderlich originärer:
  • Es = die Triebe (das Begehren)
  • Ich = Mut, Tatkraft
  • Über-Ich = der Intellekt
Aber immer noch viel weiter weg als die moderne Biologie und Hirnforschung.
Was wäre denn da die bahnbrechende Erkenntnis… deiner Meinung nach?
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:31 Darauf könnte es am Ende hinauslaufen.
Das habe ich nur als die Sichtweise von Daniel Dennett hier so dargelegt. Das ist absolut nicht meine Ansicht.
Auffällig ist, dass es bei der Evolution nur auf das Ergebnis ankommt - Vernunft oder Moral oder Pflichtethik spielt nur dann eine Rolle, wenn sie der Weitergabe der Gene dienlich ist...
Das wesentliche lässt du aus: Ergebnis wann? Zu welchem Zeitpunkt?

Denk mal an Sichelzellenanämie: heterozygot “dienlich” (in Malaria-Gebieten), homozygot das Gegenteil.

Wann stellt man jetzt das “Ergebnis” fest, auf das es ankommt?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18 Meinst Du das WIRKLICH ernst? - Ich habe auf einen Blödsinn von Dir ironisch geantwortet und Du merkst es nicht?
Ich sehe den Versuch der Ironie. Eigentliche Ironie kann ich nicht erkennen:
Hiob hat geschrieben: So 27. Feb 2022, 15:59
Claymore hat geschrieben: So 27. Feb 2022, 14:43 Du verwendest “Phänomen” so wie bei Platon – die physische Welt, die Welt des ewigen Wandels (dem er das wahre Sein absprach) – und wendest dieses extrem anachronistisch auf Philosophen der Neuzeit an.
[…] Woher nimmst Du die Gewissheit, dass die heutige Philosophie weiter ist als Plato?
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Das ist Philosophie-Geschichte. - Ich versuche zu verstehen, was deren Aussagen BEDEUTEN - das ist Philosophie. - Möglicherweise liegt hier der entscheidende Unterschied bei uns.
Das letztere baut einfach auf dem ersteren auf. Du bist dagegen ungeduldig und willst dir die Rosinen herauspicken.
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Vielleicht ist es nicht beschreibbar, aber es IST. Es sei denn, Du verstehst unter qualitativen Eigenschaften etwas vom Objekt Autonomes - das ist es gerade NICHT.
Hier geht es nicht darum, wie ich es verstehe, sondern wie Descartes verstand.

Natürlich meinte Descartes nicht, dass es dem menschlichen Willen unterworfen ist, wie wir die Welt qualitativ wahrnehmen wollen. Aber er beschreibt doch Szenarien, wo ein kranker Mensch qualitativ anders wahrnimmt als ein Gesunder.
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Nur mal nebenbei: Wenn ich im Normalfall nicht auf Deine Unverschämtheiten eingehe, heißt dies nicht, dass ich sie nicht registriere.
Ich will es mal so formulieren: du hast einfach viel zu wenig (nichts?) gelesen auf dem Gebiet der Philosophie, wo du dir jedoch eine fundierte Meinung zutraust. Simple Feststellung, keine “Unverschämtheit”.

Vielleicht bist du eher der Naturwissenschaftler-Typ und hast diesbzgl. viel gelesen? Oder der klassische Schöngeist, allein an Poesie / Belletristik interessiert? Das kann ich natürlich nicht beurteilen.
Hiob hat geschrieben:Wenn Kant damit meinen WÜRDE, dass der Geruch von Honig auch ohne Honig möglich ist, hätte er unrecht.
Das hängt sehr davon ab, was die Panscher in Holzminden (Symrise AG) tolles kreiert haben. “Unmöglichkeit” wirkt wenig plausibel.

Ok, ok – ich denke, du willst auf etwas anders hinaus.

Es gibt seltsame Synästhesien unter Menschen: Manche Menschen haben Farbempfindungen bei Tönen; es soll sogar Synästhesien geben, wo Geruch involviert ist.

Generell hat sich Kant zu dem Thema kaum geäußert: Subjektivität der qualitativen Empfindungen erschien ihm völlig offensichtlich.
Aber ich bin ziemlich sicher, dass er es so nicht meint. ---- Leider kenne ich Kant wirklich nicht gut genug, um Dir das zu widerlegen - aber meinst Du wirklich, dass er es so meint?
Hat er schon so gemeint. Der Clou ist, dass Kant sogar viel weiter ging als Descartes, und nicht nur die qualitativen Eigenschaften als “subjektiv” deklarierte, sondern auch die quantitativen – seine sog. “kopernikanische Wende der Philosophie”, die angeblich erklären konnte, wie synthetische a priori Urteile möglich sind:
Rudolf Eisler - Kant-Lexikon: “Subjektiv” hat geschrieben:Die Zeit ist "nichts Objektives und Reales", "weder eine Substanz, noch ein Akzidenz noch ein Verhältnis", sondern "eine subjektive", d. h. "durch die Natur des menschlichen Geistes notwendige Bedingung", "wonach alles Sinnliche nach einem bestimmten Gesetze einander beigeordnet wird" Mund. sens. 1§4 (V 2, 107). Der Raum ist ebenfalls "etwas Subjektives und Ideales", "was aus der Natur des Geistes nach einem festen Gesetz hervorgeht", "gleichsam ein Schema, um alles überhaupt äußerlich Wahrgenommene zu ordnen", ibid. § 15 (V 2, 111). Die Apriorität der Anschauungsformen (s. d.) ist nur zu begreifen aus ihrer "Subjektivität" im Sinne des Wurzeins dieser Form im Subjekt (in der Sinnlichkeit als einem Erkenntnisvermögen, als die Art und Weise, wie dieses auf Eindrücke reagiert). KrV tr. Ästh. § 3 (I 81 ff.—Rc 98 ff.).
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18- Bei Wärme ist es eh klar. Wenn man einen Gegenstand erwärmt, gehört dies nicht zum Gegenstand an sich.
Sicher nicht. Temperatur ist in der Thermodynamik eine wohldefinierte Größe. Temperatur ist geradezu das Paradebeispiel für den Erfolg des mechanistischen Ansatzes – lässt sie sich doch vollständig auf mikroskopische Teilchenbewegung zurückführen.

Das Qualitative (das Wärmegefühl des Menschen) wird dabei freilich komplett ignoriert.

Alle naturwissenschaftlichen Erklärungen lassen eben das Qualitative aus (woraus das Leib-Seele-Problem resultiert).
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Hoffentlich ist die Spannung jetzt erlöst. ----- Ich komme zurück auf den Unterschied zwischen Philosophie-Geschichte und Philosophie. - Beckmessermäßig in Bezug auf das, was der Philosophie im Moment des Schreibens gemeint hat, KÖNNTEST Du gelegentlich recht haben. - Aber das ist gar nicht mein Fokus: Mich interessiert, was es BEDEUTET. - Unterschied nachvollziehbar?
Der Unterschied ist natürlich nachvollziehbar; und ich will nicht nicht derjenige sein, der sich an kleinlichen Details aufhängt.

Allerdings geht es hier um das Fundament: Wenn du Kant wirklich um 180° verdreht (im Vergleich zur “akademischen Mainstream-Philosophie”) interpretieren willst, was bleibt dann bitte noch von der “kopernikanischen Wende” der Philosophie?
Immanuel Kant: “Kritik der reinen Vernunft” hat geschrieben:Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch unsere Erkenntnis erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntnis derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll.
Das verstehe ich eben nicht: Kant sagt: “die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten” – und du machst das Gegenteil daraus.

Warum?

Mit welcher Rechtfertigung?
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Naja - wenn das Cogito per "Gottesbeweis" oder per Glaube zum Ergebnis kommt, dass der Baum, den man sieht, Entität ("echt") ist, ist das genau die Begründung, die ich durch Descartes sehe. - "Ding an sich" ist etwas, was es meines Wissens bei Descartes nicht gibt - er geht gleich an den Chef und sagt "Gott". - Und "Phänomen im Kopf" ist eine reine Wahrnehmungssache, die aber insofern auch abgehakt ist, weil der "Gottesbeweis" oder der Glaube ja gerade keinen Keil mehr zwischen "Phänomen im Kopf" und "Res extensa" treiben lassen.
Du denkst erneut viel zu oberflächlich. Hast du jemals versucht dein “echt” zu definieren? Eben nicht. Wenn du das versuchst, und konsistent weiter denkst, landest du eben beim “Ding an sich”.

Das gewöhnliche, alltägliche “echt” jedoch, d. h. die Alltagswahrnehmung (im Vergleich zu Traum, Illusion, Halluzination, …), ist allein den Phänomenen entlehnt: Manche Wahrnehmungen sind stabil und dauerhaft, andere dagegen ganz wechselhaft und kapriziös.

Diese einfache Tatsache hatte schon George Berkeley ohne Probleme mit seinem radikalen Idealismus (nach dem physische Dinge nicht existieren) vollständig kompatibel darlegen können.

In diesem Punkt denkst du wirklich so dermaßen platt, dass sogar stupide Animes mit Zielgruppe 14-jährige Jugendliche ein höheres Niveau erreichen.

Ist die Sword-Art-Online-Welt “echt” oder nicht “echt”? Das kommt eben ganz darauf an!
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Kant geht da natürlich viel tiefer. Aber Du kannst mir nicht erzählen, dass es bei ihm zwischen dem (letztlich metaphysischen) Ding an sich und dem "Phänomen im Kopf" nichts gäbe.
Es ist aber so. Dass du das nicht glauben kannst, egal wie viele Belege und Zitate man bringt – ja, man sagen kann: gegen deinen Dogmatismus kämpfen Götter selbst vergebens – ist natürlich völlig korrekt.
Dann wären die Res extensae ja wieder nur Vorstellung. (Achtung: Res extensa meine ich nicht philosophie-geschichtlich, sondern substantiell).
Ein Konzept von “res extensae” ist Kant fremd; ein Zwischending existiert nicht.

Seine Philosophie zeichnet sich jedoch durch starke phänomenalistische, verifikationistische Tendenzen aus. Das “Phänomen im Kopf” ist für Kant sehr viel realer, das tatsächliche Ding-an-sich sehr viel irrealer.
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Findest Du, dass das schwer zu begreifen ist? - Das ist doch gerade der Mangel am Materialismus - bzw: der Vorteil, wenn man sich nur als Spitzen-Trockennasenaffen verstehen will.
Da jede dogmatische Philosophie irgendwelche Aspekte der Welt oder des Menschen überbetont, oder als einzig gültig postuliert, besitzt der Materialismus in diesem Sinne auch einen Vorteil – aber eben keinen universellen Vorteil.

Der Materialismus begeht am Ende genau den gleichen dogmatischen Fehler: er setzt ein letztes Sein – in diesem Falle die Materie.
Hiob hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 00:18Also: Was ist diesbezüglich bei James und Peirce die Grundlage?
Es gibt keine. Das ist gerade der Punkt bei der pragmatischen Philosophie.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Das letztere baut einfach auf dem ersteren auf.
Philosophie kennt die Philosophie-Geschichte, nimmt sie aber nicht zum Maßstab. - Hätte Einstein das gemacht, wäre er nie auf die Relativitätstheorie gekommen. - Bei Dir klingt "baut auf" wie "was danach kommt, ist besser/weiter". Dieser wäre ein grandioses Missverständnis.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Das letztere baut einfach auf dem ersteren auf. Du bist dagegen ungeduldig und willst dir die Rosinen herauspicken.
Philosophen kennen (gelegentlich - sicherlich nicht immer) das, was vorher war. Ich möchte mal wissen, wie viele Philosophen heute die Fundamental-Theologie eines Augustinus oder Thomas von Aquin kennen - oder eines Boethius. Nein, das haut nicht hin.

Ja - ich picke mir insofern die Rosinen raus, dass ich das Substantielle aus den Bereichen, die ich kenne, herausnehme. - Beliebiges Beispiel: Die hegelsche Dialektik oder die ontologische Differenz bei Heidegger sind primär sicherlich nicht metaphysisch ausgerichtet, geben aber trotzdem geradezu ideale Muster ab für metaphysische Erklärungen. - Große Philosophen zeichnen sich doch gerade dadurch aus, dass sie über das hinaus wirken, was sie im Moment ihres Wirkens selber begreifen.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Hier geht es nicht darum, wie ich es verstehe, sondern wie Descartes verstand.
Da geht es uns um Unterschiedliches. - Mir geht es darum, was von dem, was heute noch wahr ist, in Descartes steckt. - Du bist der Philosophie-Geschichte verpflichtet, aber nicht der Philosophie.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Natürlich meinte Descartes nicht, dass es dem menschlichen Willen unterworfen ist, wie wir die Welt qualitativ wahrnehmen wollen.
Das war auch nicht mein Punkt. - Mein Punkt war: Verstehst Du unter qualitativen Eigenschaften etwas vom Objekt Autonomes.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Aber er beschreibt doch Szenarien, wo ein kranker Mensch qualitativ anders wahrnimmt als ein Gesunder.
Wahrnehmungsmäßig ist viel möglich - ontologisch irrelevant.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 du hast einfach viel zu wenig (nichts?) gelesen auf dem Gebiet der Philosophie, wo du dir jedoch eine fundierte Meinung zutraust. Simple Feststellung
Ich werde hier sicherlich keinen Wettbewerb eingehen, wer den Längsten hat. Der Punkt ist woanders: Wir lesen unterschiedlich. - Möglicherweise liest Du biographischer und ich eher interdisziplinär (also Literatur, Theologie, Philosophie, Naturwissenschaft). - Das legt nahe, dass Du in Einzelnem tiefer und ich in Vielem weiter lese und denke. - Mein Problem: Ich kenne weder Descartes noch Kant so professionell, dass wir über geistige Umfelder streiten könnte, in der beide schreiben. Ob also Dein Verständnis zwar eng auf ein Zitat bezogen richtig ist, aber im großen Kontext nicht, oder ob Kant wirklich ein Vorgänger von denen war, bei denen alles relativistisch ist. Letzteres kann ich mir nicht vorstellen, weil bei Kant so viel dagegen spricht.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Ok, ok – ich denke, du willst auf etwas anders hinaus.

Es gibt seltsame Synästhesien unter Menschen: Manche Menschen haben Farbempfindungen bei Tönen; es soll sogar Synästhesien geben, wo Geruch involviert ist.
Nein, darum geht es mir nicht. - Es geht mir darum, dass nach Deinem Verständnis von Kant die Natur nicht mehr nötig ist, weil sich alles zwischen "Ding an sich" und "individuums-exklusiven qualitativen Eigenschaften" abspielt. - Wozu Honig, wenn man die Süße des Honigs auch ohne Honig riechen oder schmecken kann? - Und das soll Kant sein?
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 “kopernikanische Wende der Philosophie”
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Die Zeit ist "nichts Objektives und Reales", "weder eine Substanz, noch ein Akzidenz noch ein Verhältnis", sondern "eine subjektive", d. h. "durch die Natur des menschlichen Geistes notwendige Bedingung", "wonach alles Sinnliche nach einem bestimmten Gesetze einander beigeordnet wird" Mund. sens. 1§4 (V 2, 107).
Parteiisch unterstelle ich, dass Kant das ontologisch meint - dann ist es nämlich ein super Satz. - Aber wie ist es bei Dir? Gibt es für Dich eine Lichtgeschwindigkeit, mit der Photonen unterwegs sind? Oder ist das nur Deine Vorstellung? --- Im Grunde klingt das alles genauso skeptizistisch wie Descartes' "Alles, was wir wahrnehmen, könnte Vorstellung sein".
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Der Raum ist ebenfalls "etwas Subjektives und Ideales", "was aus der Natur des Geistes nach einem festen Gesetz hervorgeht", "gleichsam ein Schema, um alles überhaupt äußerlich Wahrgenommene zu ordnen", ibid. § 15 (V 2, 111).
Ontologisch ebenfalls gut. - Aber was bedeutet es bei Dir? Gibt es das Universum (also den Raum des Weltalls) nach Deinem Verständnis überhaupt? - Oder allgemein gefragt: Ist die Welt ein anthropomorphes Gebilde? Oder will Kant nur sagen, dass das Ontische der Welt nur anthropomorph wahrgenommen werden kann? Letzteres wäre Descartes.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Wenn du Kant wirklich um 180° verdreht (im Vergleich zur “akademischen Mainstream-Philosophie”) interpretieren willst, was bleibt dann bitte noch von der “kopernikanischen Wende” der Philosophie?
Du meinst mit "180° verdreht", dass es diametral zu Deinem Verständnis steht. - Nach meinem Verständnis besteht die "kopernikanische Wende" bei Kant in der Erkenntnis, dass - vereinfacht formuliert - das Ontische der Welt nur durch die Offenbarung der anthropomorphen Ausdrucksweisen/Möglichkeiten (über die Bande) erkennbar gemacht werden kann. Und da sehe ich ihn im großen geistigen Kontext sehr wohl in der Nachfolge von Descartes. - Was bedeutet Deine davon um 180° andere Sichtweise?
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Kant sagt: “die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten” – und du machst das Gegenteil daraus.
Nicht das Gegenteil: Die Entität des Gegenstands muss nach unserer Erkenntnis gerichtet werden, damit wir das, was wir alltäglich Realität nennen, überhaupt wahrnehmen können. - Ist das das Gegenteil von Kant? Würde mich sehr wundern.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Hast du jemals versucht dein “echt” zu definieren?
Dein Denkfehler: Eine Definition, die ja zwangsläufig anthropomorph wäre, wäre schon wieder etwas, was nach unserem Vermögen gerichtet hätte. Man könnte also "Sein" nur durch den Filter der eigenen Wahrnehmung definieren - genau das ist aber NICHT Sein. - Deshalb ist die Definition mindestens tautologie-nah: "Sein ist das, was auch ohne unseren Filter IST". - Würde man Kants kopernikanische Wende ontologisch verstehen, wäre Kant der Godfather des Solipsismus - das passt nach meinem Verständnis überhaupt nicht.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 In diesem Punkt denkst du wirklich so dermaßen platt, dass sogar stupide Animes mit Zielgruppe 14-jährige Jugendliche ein höheres Niveau erreichen.
:shock: - Manchmal hast Du schon putinsche Aussetzer. --- Nein, ich sehe eher das Problem, dass mein Denken ontologisch ausgerichtet ist und Deines irgendwie anders.
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Es ist aber so. Dass du das nicht glauben kannst, egal wie viele Belege und Zitate man bringt
Angenommen, Du hättest recht (Ich glaube es NICHT, weil ich Deine Zitate anders lese als Du): Wie würdest Du den Vorwurf des Solipsismus bei Kant ausräumen?
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Ein Konzept von “res extensae” ist Kant fremd; ein Zwischending existiert nicht.
Es gibt also bei Kant nur das "Ding an sich" und die Vorstellung des Menschen dazu - also ein geistiges Ding an sich und das Cogito und nichts dazwischen, was wir allgemeinsprachlich als "Welt" bezeichnen? Meinst Du es so?
Claymore hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 23:12 Der Materialismus begeht am Ende genau den gleichen dogmatischen Fehler: er setzt ein letztes Sein – in diesem Falle die Materie.
Natürlich kann man einfach "nichts" tun. - Goethe ist für seine "Konzilianz", die philosophischer Ausdruck eines "Da, wo mein Blick überfordert ist, gehe ich nicht weiter". Dies kann man unter anderem erkennen, dass er bei Dramenschlüssen gelegentlich Musik erklingen lässt (mir fällt dazu gerade sein "Nausikaa" ein - buchstäblich ausklingen lässt.

Im Grunde löst man dieses Problem im Christlichen mit dem "Du sollst Dir kein Bildnis machen von etwas, was Du gar nicht erfassen kannst". Unsere Zeit neigt zur Version: "Wenn etwas durch unsere anthropomorphen Konstrukte nicht erfassbar ist, lässt man es einfach weg". - Möglicherweise ist dies die Grundlage unserer offenbar sehr unterschiedlichen Herangehensweise.
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

man könnte fast meinen, ihr beiden habt unterschiedliche anschauungsformen, um die welt da draußen zu ordnen :lol:

soll eigentlich heißen, wir kommen nicht als tabula rasa zur welt, kategorien wie zeit, raum und kausalität sind in unserem denken schon vorgegeben, wir können gar nicht anders

natürlich ist kant nicht solipsistisch angehaucht, er geht davon aus, dass es die welt da draußen auch ohne uns gibt, bei schopenhauer wäre ich mir da nicht so sicher :mrgreen:
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

aber mal was ganz anderes...er ist wieder da

hegel, meine ich :devil:
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Spice »

Paul hat geschrieben: Sa 5. Mär 2022, 11:03 aber mal was ganz anderes...er ist wieder da

hegel, meine ich :devil:
Wo denn?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

Spice hat geschrieben: Sa 5. Mär 2022, 11:10
Paul hat geschrieben: Sa 5. Mär 2022, 11:03 aber mal was ganz anderes...er ist wieder da

hegel, meine ich :devil:
Wo denn?
ich könnte dich jetzt ein bisschen veralbern

hab aber kein interesse dran
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

religiöses geschwurbel...muss ich mir merken :lol: :lol: :lol:
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