Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite I

Politik und Weltgeschehen
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Johncom
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Johncom »

Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:57 So ziemlich alles ist besser als RT, das ist klar.
RT hat in Afrika, Latein-Amerika und den arabischen Ländern die westlichen Sender verdrängt und weltweit BBC-CNN überholt. Jedenfalls auf You Tube bevor er gelöscht wurde.

Ja sicher berichten sie aus russischer Sicht, klares Framing. Aber viele Autoren, wie zB auf der deutschen Nachrichtenseite
:arrow: https://de.rt.com/

sind von hier. RT ist genauso tendenziös wie deutsche Medien, aber anscheinend besser und interessanter. Sonst wäre es im NATO-Raum ja auch im Kabel-Fernsehen erlaubt.
Allerdings mutiert im Westen so langsam jede journalistische Darstellungsform jenseits des reinen Berichtes zu "Aktivismus". Dieser Artikel über den ehemaligen Leuchtturm, die New York Times, ist sehr empfehlenswert, leider in Englisch.
Was die RT-Autoren schon vor Jahren sagten, ist also jetzt auch in der New York Times zu lesen?
Na denn Prost!
Hiob
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 22:36 NATO-Manöver wurden auch schon in Ostdeutschland abgehalten, das erste 1995 (als die Ostblock-Staaten noch lange nicht Mitglied der NATO waren), nur halt ohne ausländische Truppen.
Nochmal: Manöver der NATO ohne <sic!> NATO-Präsenz ausländischer Truppen. Da sind also deutsche Soldaten ganz alleine mit NATO-Aufkleber auf den Schulterklappen oder zumindest im Auftrag von Stoltenberg rumgelaufen. Du magst recht haben, aber das geht gegen den Strich von ziemlich allem, was in den frühen 90ern vereinbart wurde. Vielmehr ist mein Stand, dass selbst heute vertraglich keine NATO-Präsenz im "Beitrittsgebiet" möglich ist.

Gerade lese ich auf wik, dass eine Anfrage "im Jahr 2022" (wohl im Kontext des Ukraine-Kriegs) an das Verteidigungsministerium, ob "das NATO-Truppenstatut ... geändert wurde, also künftig NATO-Truppen auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR" präsent sein könnten, beantwortet wurde mit:
"Zu Ihrem Antrag ist anzumerken, dass dieser nicht auf die Herausgabe von amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnungen (amtlichen Informationen)
abzielt. Sie bitten vielmehr um die Beantwortung/Bewertung konkreter Fragen bzw. Hintergrundinformationen. Derartige Anfragen fallen nicht unter das Informationsfreiheitsgesetz (IFG)" (Quelle: FragDenStaat)

Halten wir also fest: Es könnte auf verschlungene Wege möglich sein, dass Du recht hast, weil damals zur Wiedervereinigungszeit Verträge und Aussagen aus Nachlässigkeit oder bewusst (ich vermute Letzteres) doppeldeutig gehalten wurden. Man kann dies nun vertragsrechtlich, völkerrechtlich oder sonstwie klären - dafür bin ich sicherlich kein Spezialist. Mein Anliegen ist eh eine anderes, nämlich nicht Expertengespreche von Fachjuristen, sondern das wirkliche Empfinden der Beteiligten und Betroffenen. Und da war der Punkt, dass sogar Gorbatschow in seinen späten Lebensjahren beklagt hat, dass Russland betrogen worden sei.
Bei einer Rede in Tutzing am 31. Januar 1990 drängte zum Beispiel der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher die Nato dazu, folgende Erklärung abzugeben: "Was auch immer innerhalb des Warschauer Paktes geschieht, es wird keine Ostausweitung der Nato geben, das heißt: näher an die Grenzen der Sowjetunion heran." (SZ, 10.2.2020)
"Ja, Gorbatschow fühlt sich durch den Westen hintergangen. Er erinnert sich nur zu genau an die Zusage des amerikanischen Außenministers James Baker Anfang Februar 1990 in Moskau, sich als Gegenleistung für die Mitgliedschaft des wiedervereinigten Deutschlands in der Nato für eine Garantie einzusetzen, der zufolge "Nato-Kräfte keinen Zoll in östliche Richtung expandieren" würden. Wie sich dann herausstellte, weigerte sich US-Präsident George Bush, eine solche Garantieerklärung abzugeben. Diese Ankündigung, die nicht eingehalten wurde, und die dann später erfolgende umfassende Ausdehnung der Nato in Richtung Osten haben Gorbatschow tief verbittert." (dito)
Mit anderen Worten: Putins Argument, er wehre sich gegen eine absprachewidrige NATO-Osterweiterung ist historisch korrekt. Deshalb muss man keinen Krieg anfangen, zumal die NATO-Satzung auf Verteidigung ausgelegt ist, also Moskau nicht aktiv bedroht gewesen wäre. Andererseits: Wer 1990 lügt, kann es auch danach. Mit anderen Worten: Da wurde Vertrauen zerstört (siehe auch Putins Rede 2007 auf der Münchener Sicherheits-Konferenz).
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 22:36 Das Problem ist generell, dass damals sehr viel gesagt wurde, aber das allermeiste davon nie mehr war als nur persönliche Meinungen, Visionen, Ideen und Hoffnungen der beteiligten Politiker. Diese Zitate werden dann aus dem Kontext gerissen und suggeriert, es handle sich um ernsthafte, konkrete Vorschläge oder gar Zugeständnisse und Versprechen.
So stellt man es dar, um sich rauszuwinden. Richtig ist: Die Zusage des amerikanischen Außenministers wurde nicht schriftlich in einen Vertrag gefasst. In solchen Fällen hat ein Geschädigter wenig Chancen. Aber es geht nicht um Juristisches, sondern um die Wirklichkeit, die mündet in: "Wir wurden verarscht und über den Tisch gezogen". Und dann kommt am Ende halt ein Ukraine-Krieg raus, der irgendwann mehr als eine Million Opfer fordert. Quidquid agis, prudenter agas. Recipem finem.
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 22:36 Die gemeinsame Faktenbasis erodiert zunehmend, freundlich formuliert.
Du bist da ziemlich modern. Du ignorierst den Wirklichkeitsblock, also die Wirkung einer Sache, indem Du versuchst, die Wirklichkeit formal auszuhebeln. Das ist natürlich juristisches Tagesgeschäft, aber historisch funktioniert das nicht. Da gibt es Echos, auch wenn Tricks erstmal vordergründig funktionieren.
oTp
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von oTp »

Johncom hat geschrieben: Mi 27. Dez 2023, 00:24 Ja sicher berichten sie aus russischer Sicht, klares Framing. Aber viele Autoren, wie zB auf der deutschen Nachrichtenseite
https://de.rt.com/

sind von hier. RT ist genauso tendenziös wie deutsche Medien, aber anscheinend besser und interessanter. Sonst wäre es im NATO-Raum ja auch im Kabel-Fernsehen erlaubt.
Brauchen wir rund um die Uhr einen russischen Propaganda-Sender ? Gut, ist ein Test für die Denkfähigkeit.
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst
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Johncom
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Johncom »

oTp hat geschrieben: Mi 27. Dez 2023, 10:20 Brauchen wir rund um die Uhr einen russischen Propaganda-Sender ? Gut, ist ein Test für die Denkfähigkeit.
Wenn man das Weltgeschehen verstehen will, sollte man die Sicht mehrerer Seiten zumindest kennen.
Während des 2. Weltkriegs war das Hören ausländischer (feindlicher) Sender verboten. Heute wird wieder am Krieg gearbeitet, heute wird versucht, russische Sender zu blockieren. Gibt es Parallelen?

Test für die Denkfähigkeit? ... :thumbup: Genau.
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Johncom
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Johncom »

Hiob hat geschrieben: Mi 27. Dez 2023, 08:09 So stellt man es dar, um sich rauszuwinden. Richtig ist: Die Zusage des amerikanischen Außenministers wurde nicht schriftlich in einen Vertrag gefasst. In solchen Fällen hat ein Geschädigter wenig Chancen. Aber es geht nicht um Juristisches, sondern um die Wirklichkeit, die mündet in: "Wir wurden verarscht und über den Tisch gezogen". Und dann kommt am Ende halt ein Ukraine-Krieg raus, der irgendwann mehr als eine Million Opfer fordert.
Und by the way ... warum soll sich ein "nord-atlantisches Verteidigungsbündnis" ständig weiter nach Zentralsasien ausdehnen. Was wollen die da.
Und jetzt schon suchen sie nach weiteren Konflikten im südchinesischem Meer.

Die Ukraine war als neutrales Gebiet nie eine Bedrohung. Aber vom US-Strategen Brzezinski schon 1997 in seinem Buch "Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft" als die Gelegenheit gesehen, Russland zu enthaupten.




Wer rechtfertigt amerikanische Interessen auf einem Kontinent, der alles andere als amerikanisch ist.
Warum sollen wir, Europa, eigentlich nicht unsere eigenen Interessen wahrnehmen. Und das ist auch das ökonomische. Mit russischem Gas konnte unsere Wirtschaft gut auskommen, jetzt haben die Amis die Pipeline gesprengt. Und Scholz und Habeck wollen "freudig" ein Mehrfaches bezahlen für überteuertes Fracking-Gas? Sind wir noch ganz dicht?

.. wie frei sind unsere Medien. Laut Verfassung haben sie keine Pflicht, jeden Unsinn (auch keinen Regierungsamtlichen) zu verteidigen. Im Gegenteil sollten die Medien die Regierung überwachen.
Nein, sie tuen es nicht (mehr). Von daher ist es kein Wunder, wenn sie abbestellt werden. Und wenn der ÖR, die GEZ-Sender gekündigt werden,,ich sage, das ist richtig. Wehr sich nicht wehrt lebt verkehrt.
Zuletzt geändert von Johncom am Do 28. Dez 2023, 13:49, insgesamt 1-mal geändert.
Spice
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 19:19
Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 18:21 Wer unsere Medien nutzt, ist in der Regel gut informiert.
Über Sachthemen durchaus, aber nicht über Themen weltanschaulicher Natur. Verursacht haben dies weitgehend die Medien selbst, die unter dem euphemisierenden Namen "Haltungsjournalismus" der Gesinnung ihrer Journalisten einen Freibrief ausgestellt haben. Das Problem: Diese ziemlich homogene Gesinnung deckt bei weitem nicht Meinungsspektrum und Lebenswirklichkeit der Bevölkerung ab und führt gelegentlich zu frontaler Desinformation.
Kannst du mir ein Beispiel für Desinformation nennen?
Hat der Journalismus die Aufgabe das Meinungsspektrum abzubilden? Ich dachte es geht um Information zu Sachverhalten und nur nebenbei darum, wie Menschen über die Sachverhalte denken.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Spice »

Johncom hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 19:45
Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 18:21 Wer unsere Medien nutzt, ist in der Regel gut informiert. Diese Möglichkeit haben Russen generell nicht. Dass hie nun natürlich auch der größte Unsinn blüht, sieht man, wenn man sich die Verschwörungsleute anschaut oder diejenigen, die Russland als das demokratischere Land ansehen.
Ich kenne niemanden, der Russland als das demokratischere Land ansieht.
Wenn selbst du das zugibst, wie kannst du dann immer wieder russische Medien, wie RT, zitieren? Weshalb dann Partei für Russland ergreifen? Wo man doch weiß, was von dort kommt ist Lüge?
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von oTp »

Johncom hat geschrieben: Do 28. Dez 2023, 01:47
oTp hat geschrieben: Mi 27. Dez 2023, 10:20 Brauchen wir rund um die Uhr einen russischen Propaganda-Sender ? Gut, ist ein Test für die Denkfähigkeit.
Wenn man das Weltgeschehen verstehen will, sollte man die Sicht mehrerer Seiten zumindest kennen.
Während des 2. Weltkriegs war das Hören ausländischer (feindlicher) Sender verboten. Heute wird wieder am Krieg gearbeitet, heute wird versucht, russische Sender zu blockieren. Gibt es Parallelen?

Test für die Denkfähigkeit? ... :thumbup: Genau.
Du bist schon ein hartnäckiges Exemplar.
Ich hörte vor langer Zeit gerne mal Rundfunksender, die rund um die Welt gingen. Manche wurden von Störsendern überlagert, um sie unhörbar zu machen

Die Wahrheit ergibt sich aus Puzzeln, die Jeder anders zusammensetzt. Das Bild was man sich macht von den Staaten ist deshalb mehr oder weniger unvollkommen und fehlerhaft. Schlecht ist, wenn man sich aus gezielt falschen Informationen ein falsches politisches Weltbild formt.

RT versucht das. Die westlichen Demokratien zu destabilsieren und Drittstaaten zu manipulieren.
Wer das bewußt macht, arbeitet in Geistesschmieden des Bösen. Psychologisch schlau behauptet man sogar den größten Blödsinn, weil man weiß, Manche glauben auch den. Man "füttert den Affen", irgendwelche Lügen werden schon hängen bleiben.
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst
Hiob
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Do 28. Dez 2023, 08:30 Kannst du mir ein Beispiel für Desinformation nennen?
Hat der Journalismus die Aufgabe das Meinungsspektrum abzubilden? Ich dachte es geht um Information zu Sachverhalten und nur nebenbei darum, wie Menschen über die Sachverhalte denken.
Russland, Missbrauchsskandal, Hamas-Krieg, etc. Das sind wenige Beispiele, bei denen das Meinungsspektrum eben NICHT abgebildet wird, sondern ziemlich unisono gebolzt wird. Es wäre aus meiner Sicht Aufgabe des Journalismus, sich in die Schuhe verschiedener Parteien zu stellen und deren Sicht der Dinge zu erklären - und zwar neutral und nicht journalistischerseits gesinnungs-durchtränkt.
Spice
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Do 28. Dez 2023, 10:51
Spice hat geschrieben: Do 28. Dez 2023, 08:30 Kannst du mir ein Beispiel für Desinformation nennen?
Hat der Journalismus die Aufgabe das Meinungsspektrum abzubilden? Ich dachte es geht um Information zu Sachverhalten und nur nebenbei darum, wie Menschen über die Sachverhalte denken.
Russland, Missbrauchsskandal, Hamas-Krieg, etc. Das sind wenige Beispiele, bei denen das Meinungsspektrum eben NICHT abgebildet wird, sondern ziemlich unisono gebolzt wird. Es wäre aus meiner Sicht Aufgabe des Journalismus, sich in die Schuhe verschiedener Parteien zu stellen und deren Sicht der Dinge zu erklären - und zwar neutral und nicht journalistischerseits gesinnungs-durchtränkt.
Ich sehe bei genannten Themen keinen "Gesinnungsjournalismus".
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