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Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 10:23
von agitater
Dieses Post hatte eine bestimmte Würze, von daher kann ich nicht sagen wie explosiv der Geschmack ist.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 10:24
von PeB
closs hat geschrieben: 2) Selbst WENN die jungen Frauen lieber ohne Kopftuch herumlaufen wollten, wäre es nicht unsere Sache, dies zu ändern. - ICh kann mich erinnern, dass manche Kinder mit Lederhosen rumlaufen mussten, obwohl sie lieber Jeans getragen hätten - staatlicher Eingriff?
Ich habe gerne Lederhose getragen... ;)
Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich eine tragen musste, um mich als Menschen zweiter Klasse zu kennzeichnen. Wenn aber das Kopftuch den Frauen verordnet wird, ist das eine Deklassierung der Frau per se. Denn: sonst würden auch Männer ein Kopftuch tragen können.
Der Vergleich mit der Lederhose hinkt gewaltig.
Staatlicher Eingriff? Davon rede ich eigentlich gar nicht. Erst müsste mal die gesellschaftliche Einsicht kommen, dass Kopftücher ein Rückschritt in patriarchalische Normen sind. Es gab auch in der Frauenbewegung keine staatlichen Eingriffe zum Verbot des "kleinen Schwarzen". Brauchen wir auch nicht. Ich werbe nur für einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen.
closs hat geschrieben: Man hat diese Daten gebraucht, um zielgruppengerecht bildlich anzusprechen. - Den Marketing-Agenturen kannst Du hier wirklich vertrauen, denn sie haben keinerlei ideologische Vorprägung, weil es NUR um Geld geht.
Und deshalb sind das die Letzten, denen ich trauen würde. :lol:
Da sitzt ein Statistiker in einem Marketingbüro, der gerne nackte Haut auf Plakaten sieht und entwickelt dann eine solche Untersuchung, die ihm die Mittel und Möglichkeiten dafür an die Hand gibt. ;)
Das ist aber gar nicht die Frage. Unabhängig davon sind wir - glaube ich - darin einig, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt (zumindest anatomisch). Aber bedeutet das, dass wir Männer und Frauen deshalb ungleich behandeln sollten?
Anders gefragt: welcher spezifische Unterschied zwischen Frau und Mann rechtfertigt das Tragen des Kopftuches?
Wenn es eine entsprechende Rechtfertigung gibt, wundert mich, warum das Kopftuchgebot nicht allgemeinverbindlich ist. Da es aber nicht allgemeinverbindlich ist, muss ich davon ausgehen, dass eine Frau ohne Kopftuch ebenso "vollwertig" ist wie eine mit. Wozu also ein Kopftuchgebot?

Frage: sind Muslimas, die kein Kopftuch tragen, schlechtere Muslimas oder verraten sie damit ihre Kultur?
closs hat geschrieben:Richtig - aber das geschah vor dem Hintergrund eines "Krieges" zwischen Islamismus und Säkularstaatlichkeit - das haben wir bei uns nicht. - Atatürks Staat war nie freiheitlich demokratisch, sondern eher autoritär westlich.
Und dieser Krieg zwischen Islamismus und Säkularsystem ist friedlich beendet worden? Ich vermute, er geht munter weiter - vornehmlich in den islamischen Ländern, aber mit starker Tendenz, sich nach Westen auszubreiten.
Dieser Systemkrieg ist in Wirklichkeit in vollem Gange - der Islamismus hat allerding einige entscheidende Schlachten gewonnen und deshalb sind wir offenbar geneigt, klein beizugeben.
closs hat geschrieben:
PeB hat geschrieben:Die gleichen Leute, die das Abhängen von Kreuzen in Gerichtssälen betreiben, sind oftmals auch die, die das Kopftuch als gern gesehen in den Verwaltungen propagieren.
Stimmt - woran man sieht, wie bescheuert ideologische Menschen sind.
Genau, damit kommen wir der Sache nahe!
Denn wie ist der Name der Ideologie, die Frauen das Kopftuch vorschreibt? Islamismus!
Es lässt sich doch eindeutig korrelieren, dass das Erstarken fundamentalistischer islamistischer Ideologien mit der Zunahme konservativer Kleidervorschriften in islamischen Gesellschaften Hand in Hand geht.
BTW: vor 100 Jahren war es üblich, kleine Kinder beim Essen am Stuhl festzubinden, damit sie nicht rumzappelten und aufaßen. Ich unterstelle sogar, dass man geglaubt hat, dies sei zum Wohle der Kinder. Heute wissen wir es - gottseidank - besser. Ähnliche Erkenntnisse hat unsere Gesellschaft in Bezug auf geschlechtersprezifische Kleidervorschriften gewonnen. Deshalb ist es mir rätselhaft, wie ein aufgeklärter Mensch wie du derart diskriminierende Kenntlichmachungen verteidigen kann. Ich will den Vergleich nicht überreizen, aber doch darauf hinweisen, dass im Mittelalter Juden aus dem gleichen Grund einen spitzen Hut tragen mussten.
closs hat geschrieben:Und da kommt wieder die Frage: Welche Kultur hat Deutschland, wenn man damit NICHT die regionalen Kulturen meint? - Ich kenne keine "gesamtdeutsche" Kultur, außer der überregionalen Kirchen-Kultur, der literarischen Kultur und der grundgesetzlichen Kultur.
Ich kenne schon eine deutsche Kultur, die über die deutschen Philosophen, Theologen, Schriftsteller und Wissenschaftler zu unserem heutigen Gesellschaftsbild hingeführt hat. Ich verstehe "Kultur" nicht als Synonym für "Trachtengruppe". Du hast recht, dass es in den verschiedenen deutschen Regionen unterschiedliche Kulturtraditionen gibt, aber es gibt auch eine übergeordnete. Wenn du sie nicht "deutsch" nennen willst, dann nenne sie "mitteleuropäisch". Ich habe kein Problem damit. Aber die Änderung der Begrifflichkeit führt natürlich genau zu dem, was du hier dargestellt hast: die Vermutung es gäbe keine "deutsche Kultur", weil wir den Begriff "deutsch" hinterfragen.
Das ist durchaus auch in Ordnung. Ich brauche keine "deutsche Identität", ich weiß aber, dass ich eine kulturelle Identität mit anderen Mitteleuropäern teile. Diese Identität ist über rund 1500 Jahre gewachsen und hat sich evolutionär entwickelt. Ich möchte sie ungern in einem Anfall von Übertoleranz aufgeben und mich einer Kulturtradition anschließen, die mir kulturell fremd ist - nur weil sie momentan stärker ist.
closs hat geschrieben:Das ist doch das, was viele befragte Ausländer ständig dagegenfragen: "In WAS sollen wir uns denn integrieren?".
In DAS, was Zuwanderer gewählt haben, als sie dieses Land als neue Heimat gewählt haben.
Es gibt doch zwei Möglichkeiten:
- entweder integrieren Zuwanderer sich in unsere Gesellschaft oder
- unsere Gesellschaft passt sich der Zuwanderung an.

Dass sich Gesellschaft trotzdem weiter entwickelt unter dem Eindruck neuer Impulse, bleibt davon unbetroffen. Die Frage ist nur, ob neue Impulse reflektiert oder unkritisch aufgenommen werden.
closs hat geschrieben:Richtig - aber es kann NICHT sein, dass dann jeder beansprucht, das Andere sei rücksichtslos ihm gegenüber: "Ich finde saarländischen Dialekt und saarländische Tracht rücksichtslos mir gegenüber - bitte weg damit". - Hä?
Es geht aber nicht bloß um Dialekt und Tracht, sondern um die Frage eines respektvollen, gleichberechtigten Umgangs miteinander.
Wenn es einen Anlass gibt zu vermuten, dass saarländischer Dialekt oder saarländische Tracht diesem Grundsatz entgegenstehen, dann sollte man in der Tat darüber reden.
Würde beispielsweise eine Bewegung aufkommen, die propagiert, dass eine "gute Saarländerin" einen Ring Lyoner (Fleischwurst) um den Hals tragen muss, würde ich das auf jeden Fall hinterfragen wollen. ;)
Eine andere Angelegenheit ist tatsächlich eine Besonderheit im Dialekt, in dem die Frau "versächlicht" wird: Es Hilde.
Der Saarländer stellt Anderen seine Frau mit den Worten "Das do is meins!" vor. Natürlich klingt das in den Ohren Außenstehender diskreditierend und respektlos gegenüber Frauen (ist aber eigentlich eine Liebesbezeugung). Und das wird auch hinterfragt. Deshalb benutzt der Saaländer diese Wendung auch nur in dem Umfeld, wo sie kulturelle Akzeptanz findet und verstanden wird. Im öffentlichen Raum wird er seine Frau also ganz normal vorstellen: "Darf ich Ihnen meine Frau, Hilde, vorstellen?"

Mehr will ich nicht. Den Sachverhalt "Kopftuch" sollte man reflektieren und ich erwarte von muslimischen Frauen (und Männern), dass sie im öffentlichen Umfeld auf entsprechende Befindlichkeiten Rücksicht nehmen, so wie sie von uns erwarten können, dass wir auf ihre Befindlichkeiten Rücksicht nehmen.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 10:50
von PeB
piscator hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Nein - mit Familienverständnis meine ich nicht, dass Töchter, die nicht spuren, erstochen werden - da kann man problemlos bei uns die vielen Kinder dagegenhalten, die von ihren Vätern oder Onkels missbraucht werden....
Der angebliche Individualismus genauso ein Strohmann, wie die angeblich fehlende geistige Orientierung des Westens.
Eine andere Frage: passt immer alles kulturell zu allem? Es wird ja immer die Frage gestellt, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht. Ich denke, diese Frage ist schon falsch gestellt. Denn was meint man damit? Faktisch, ideologisch, traditionell, philosophisch-theoretisch?

Ich behaupte, dass islamistische Vorstellungen nicht zu Deutschland - oder zu Mitteleuropa passen. Und zwar genau aus dem Grund, dass sie nicht die nötige Toleranz aufbieten können, die gemäß unseren Kulturtraditionen gefordert werden.

Szenario: wie hoch wäre die Toleranz, wenn eine jüdische Gemeinde zum Beispiel Jom Kippur in einem islamischen Viertel feiern würde?

Oder anderes Beispiel: angenommen eine japanische Gemeinde hat sich im gleichen Stadtviertel angesiedelt wie eine islamische. Und erstere möchte gerne ihre alljährliche Penisprozession im Viertel durchführen.

https://www.japandigest.de/kulturerbe/b ... n-matsuri/ ;)

Sollte man da staatlicherseits Auflagen erteilen oder lieber eine Eskalation abwarten?

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 15:26
von closs
piscator hat geschrieben:Aber natürlich, spätestens in der zweiten Generation sind das Schwaben, Bayern oder Friesen mit türkischen Wurzeln.
OK - Cem Özdemir ist türkischer Abstammung und kann schwäbisch. - Ist er integriert (das ist er ganz sicher) oder ist er assimiliert (soll das überhaupt sein?)?
piscator hat geschrieben:Die angebliche fehlende geistige Orientierung des Westens ist Blödsinn und das weißt du auch.
Nein - spirituell meine ich das. - Allerdings ist dies abzugrenzen von zivilisatorischer und kultureller Orientierung - die gibt es natürlich im Westen.
piscator hat geschrieben:Die Schamgrenzen innerhalb bestimmter Grenzen, ja.
Vorsicht: Du willst doch nicht sagen, dass sich Frauen weitgehend ausziehen müssen, weil der Westen liberal ist?
piscator hat geschrieben: Und könnte eine intensives Familienverständnis nicht das Gleiche sein wie Einengung und Bevormundung?
Auch DAS kann vorkommen. - Aber prinzipiell ist erst mal gemeint, dass ein Familienverband zusammenhält - über verschiedene Generationen.
piscator hat geschrieben:deshalb kann man die USA und Deutschland in diesem Bereich auch nicht vergleichen.
OK - das hieße, dass Chinatown in NY anders zu beurteilen ist als in berlin?
piscator hat geschrieben:Lies einfach mal Jan Fleischauers Buch "Unter Linken", dann wird die Sache klarer.
Wenn er denselben Fehler macht und "Hipster-Mitte" als "links" bezeichnet, bringt das nix.
PeB hat geschrieben:Wenn aber das Kopftuch den Frauen verordnet wird, ist das eine Deklassierung der Frau per se. Denn: sonst würden auch Männer ein Kopftuch tragen können.
Nee - dann wäre es ja eine Deklassierung der Frau, wenn sie Röcke trägt.
PeB hat geschrieben:Erst müsste mal die gesellschaftliche Einsicht kommen, dass Kopftücher ein Rückschritt in patriarchalische Normen sind.
Ist es doch oft gar nicht - man versteht es oft als kulturelle Ausdrucksform ("Ich bin eine türkisch-stämmige Frau und will es zeigen").

Und selbst wenn: Sind patriarchalische Normen schlechter als libertäre Normen?
PeB hat geschrieben:Da sitzt ein Statistiker in einem Marketingbüro, der gerne nackte Haut auf Plakaten sieht und entwickelt dann eine solche Untersuchung, die ihm die Mittel und Möglichkeiten dafür an die Hand gibt.
Und fliegt raus, wenn die nackte Haut nichts gebracht hat - das wird nämlich an Umsätzen nachgeprüft. - Nee - da geht es knallhart ums Geld und nicht um Meinungen.
PeB hat geschrieben: welcher spezifische Unterschied zwischen Frau und Mann rechtfertigt das Tragen des Kopftuches?
Welche spezifische Unterschiede rechtfertigen das Tragen von Röcken? - Warum zeigen Frauen oft ihr langes Haar und schmücken sich?

Klar - in der Androgynisierung unserer Zeit verschwimmt das (Conquita Wurst) - aber all dies, würden viele Kulturen sagen, ist erst mal archetypisch bedingt. - Mann = nicht dasselbe wie Frau.
PeB hat geschrieben: sind Muslimas, die kein Kopftuch tragen, schlechtere Muslimas oder verraten sie damit ihre Kultur?
Aus MEINER liberalen Sicht tun sie es NICHT, da "Kultur" letztlich eine geistige Sache ist. - Dazu braucht man weder Beschneidung noch Kopftuch. - Aber wenn sich jemand dazu bekennen will, darf er das aus meiner liberalen Sicht.
PeB hat geschrieben:der Islamismus hat allerding einige entscheidende Schlachten gewonnen und deshalb sind wir offenbar geneigt, klein beizugeben.
Sehe ich ganz anders. - Aus meiner Sicht fällt der Islam nur deshalb so auf, weil es immer weniger ersichtlich gelebtes Christentum dagegen gibt. - Und vor allem: "Islam" ist in der Praxis zu 95% plus x eine Alltagsreligion ohne jegliche politische Attitüde - eine identitätsstiftende Größe im Alltag.
PeB hat geschrieben:Ich will den Vergleich nicht überreizen, aber doch darauf hinweisen, dass im Mittelalter Juden aus dem gleichen Grund einen spitzen Hut tragen mussten.
Das Problem ist das "mussten". - Ansonsten WOLLEN viele Menschen als Anhänger des Christentums, Judentums, Islam, Bayern München, Borussia Dortmund, etc. identifiziert werden.

Und natürlich gibt es da auch mal Krach - sei es Fanausschreitungen oder Kriege. - Aber genau deshalb ist es doch so wichtig, dass DARÜBER ein freiheitlicher Staat steht, der sagt: "Freunde . wir geben Euch eine rote Linie vor - WIR sind das Gesetz".
PeB hat geschrieben:Du hast recht, dass es in den verschiedenen deutschen Regionen unterschiedliche Kulturtraditionen gibt, aber es gibt auch eine übergeordnete. Wenn du sie nicht "deutsch" nennen willst, dann nenne sie "mitteleuropäisch".
Persönlich meine ich das auch - wir könnten jetzt über Augustinus, Descartes, Shakespeare, Goethe, Bach, Mozart, Schubert, Chopin und Thomas Mann sprechen und wären uns möglicherweise sehr einig - ABER: WEN INTERESSIERT DENN DAS HEUTE NOCH?

Unsere heutige Alltagskultur ist doch derart prolokratisch auf Facebook-Niveau gesunken, dass "mitteleuropäische Kultur" doch ein historischer Begriff ist - diese Begriff lebt doch nicht mehr. ---- Doch - er lebt noch in paneuropäischen Bemühungen - aber Du siehst selber, wie sehr dieser Gedanke heute unter Druck ist.
PeB hat geschrieben:Ich möchte sie ungern in einem Anfall von Übertoleranz aufgeben und mich einer Kulturtradition anschließen, die mir kulturell fremd ist - nur weil sie momentan stärker ist.
"Stärker" ist nicht der Islam, sondern unsere eigene kulturelle Indifferenz --- "Wir wollen den Islam NICHT" ist eine Verneinung, also nichts - es ist nicht Ausdruck eigener Kontur.
PeB hat geschrieben:Es gibt doch zwei Möglichkeiten:
- entweder integrieren Zuwanderer sich in unsere Gesellschaft oder
- unsere Gesellschaft passt sich der Zuwanderung an.
Dieses Entweder-oder gibt es in der Praxis nicht. - Die Leute haben sich ALLE den Gesetzen unserer freiheitlichen Gesellschaft anzupassen - wenn Du das "integrieren" nennst, sind wir uns einig. - Aber unter "integrieren" wird oft verstanden, dass sie in ihrer Lebensart von uns nicht unterscheidbar sein sollen - und das ist "assimilieren".
PeB hat geschrieben: Den Sachverhalt "Kopftuch" sollte man reflektieren und ich erwarte von muslimischen Frauen (und Männern), dass sie im öffentlichen Umfeld auf entsprechende Befindlichkeiten Rücksicht nehmen
Nein - weil "Befindlichkeiten" prolokratisch gesteuert werden können.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 15:33
von Munro
PeB hat geschrieben:
closs hat geschrieben: 2) Selbst WENN die jungen Frauen lieber ohne Kopftuch herumlaufen wollten, wäre es nicht unsere Sache, dies zu ändern. - ICh kann mich erinnern, dass manche Kinder mit Lederhosen rumlaufen mussten, obwohl sie lieber Jeans getragen hätten - staatlicher Eingriff?
Ich habe gerne Lederhose getragen... ;)
Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich eine tragen musste, um mich als Menschen zweiter Klasse zu kennzeichnen. Wenn aber das Kopftuch den Frauen verordnet wird, ist das eine Deklassierung der Frau per se. Denn: sonst würden auch Männer ein Kopftuch tragen können.
Der Vergleich mit der Lederhose hinkt gewaltig.
Der Lederhosen-Vergleich ist unsinniger Twatsch.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 16:47
von closs
PeB hat geschrieben:Es wird ja immer die Frage gestellt, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht. Ich denke, diese Frage ist schon falsch gestellt. Denn was meint man damit? Faktisch, ideologisch, traditionell, philosophisch-theoretisch?
Eben - die Frage müsste aus meiner Sicht lauten: Welche Rechte haben Minderheiten bei uns.
PeB hat geschrieben:Ich behaupte, dass islamistische Vorstellungen nicht zu Deutschland - oder zu Mitteleuropa passen.
Vorsicht: Das könnte irgendwann auch aufs Christentum zutreffen.
PeB hat geschrieben: Und erstere möchte gerne ihre alljährliche Penisprozession im Viertel durchführen.

https://www.japandigest.de/kulturerbe/b ... n-matsuri/ ;)

Sollte man da staatlicherseits Auflagen erteilen oder lieber eine Eskalation abwarten?
Ganz anders: Wie sind solche Prozessionen im Sinne von "Erregung öffentlichen Ärgernisses" zu beurteilen.

Natürlich ist das eine Einschätzungssache - die Frage lautet letztlich, wie die Grenze "freiheitlich-demokratisch" und "öffentliches Ärgernis" verläuft. - Und natürlich kann man Kopftücher ebenfalls als öffentliches Ärgernis bezeichnen - aber dann wird es wieder schwierig mit unserer Freiheitlichkeit.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 18:39
von agitater
Dieses Post hatte eine bestimmte Würze, von daher kann ich nicht sagen wie explosiv der Geschmack ist.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Mo 25. Jun 2018, 19:25
von closs
piscator hat geschrieben:das ist nett von dir, dass du wenigstens etwas anerkennst.
Oh - ich erkenne viel an - noch "schlimmer": Ich fühle mich in unserem zivilisatorischen Umfeld sehr wohl - incl. freiheitliche Demokratie. - Deshalb will ich sie doch schützen.
piscator hat geschrieben:Aber erklär mir doch mal, was du unter spirituell verstehst und inwieweit eine x-beliebige türkische Familie spirituell ist.
"Spirituell" ist, wenn man emotional oder intellektuell mit etwas verbunden ist, das über das Naturalistische hinausgeht, was sich auf den Lebensalltag niederschlägt.

Ob das so ist, hat etwas mit der Denkformatierung einer Kultur/einer Zeit zu tun - diesbezüglich ist die durchschnittliche (!) türkische Familie mehr spirituell/geistig angebunden als die durchschnittlich deutsche Familie. - Das heißt NICHT, dass sich türkische Familien mehr über Geist bewusst Gedanken machen - es steckt drin, da aktiviert, oder nicht.

Unnötig hinzuzufügen sollte sein, dass solche jeweiligen Formatierungen selbstverständlich NICHT frei von eklatanten Fehlleistungen sind - "das Böse" ist überall.
piscator hat geschrieben:Wenn eine Muslima meint, sie müsse sich mit einem Burkini dazustellen, dann verletzt sie auch die Schamgrenzen der anderen Badegäste.
Das ist eine Umkehrung, die nur sprachlich funktioniert. - Ich noch nie Deutsche erlebt, die durch Scham bis ins Mark getroffen sind, weil eine andere Badegästin weder Bikini anhat noch oben ohne ist.
piscator hat geschrieben:Mir ist neu, dass deutsche Familien nicht zusammenhalten, da muss ich wirklich was verpasst haben.
Statistisch ist das so. - Viele haben doch überhaupt keine Familie mehr, weil Individualisierung die Parole der Zeit ist. - Und ansonsten: Guckst Du Altenheime.

Ich will das gar nicht verurteilen - aber Tempora mutantur, nos et mutamur in illis". - Jede Zeit hat lokal ihre Normalität.

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Di 26. Jun 2018, 08:44
von PeB
closs hat geschrieben:
PeB hat geschrieben:Wenn aber das Kopftuch den Frauen verordnet wird, ist das eine Deklassierung der Frau per se. Denn: sonst würden auch Männer ein Kopftuch tragen können.
Nee - dann wäre es ja eine Deklassierung der Frau, wenn sie Röcke trägt.
Wir drehen uns im Kreis. Und wenn schon Diejenigen, die grundsätzlich ähnliche Positionen vertreten sich in ihrer Diskussion im Kreis drehen, ist das ein schlechtes Zeichen. Dann muss in aller Regel moderierend eingegriffen werden. Jetzt bin ich am denkbar schlechtesten gegeignet für diesen Part, weil ich deinen Antagonisten spiele. Aber vielleicht packen wir es gemeinsam, den Sachverahlt aufzubröseln.
Ich glaube, es gibt eine gemeinsame Basis:

Gemäß unserer gesellschaftlichen Normen und unserer gemeinsamen Kulturtraditionen ( ;) ) sollten wir das Toleranzgebot beachten, welches bezogen auf diesen Sachverhalt besagt, dass man sich kleiden darf, wie es dem eigenen Wunsch und Sebstbild entspricht.

Wir stimmen - glaube ich - aber auch darin überein, dass diese Bekleidungstoleranz bestimmte Grenzen hat:
- es ist gesellschaftlich schwerlich tolerabel, wenn Leute nackt durch die Straßen laufen, weil sich die Mehrheit dadurch beeinträchtigt fühlt.
- es ist gesellschaftlich schwerlich tolerabel, wenn sich Jemand vollständig verhüllt (Burka, Niquab), weil es bei uns gesellschaftlich von großer Bedeutung ist, sich gegenseitig bei der Kommunikation anzusehen, um Mimik und Gestik einschätzen zu können.
- es widerspricht zudem unserer Toleranzauffassung, wenn Bekleidungsvorschriften den Zweck einer Herabwürdigung einer bestimmten Personengruppe erfüllen (Judenhut...).
- wir sind zur Verteidigung unserer Toleranztradition dazu aufgerufen, genau hinzuschauen, ob Bekleidungssitten der Toleranzprämisse (gemäß dem Grundsatz, dass Jeder sich im gesellschaftlich anerkannten Rahmen kleiden darf wie er will) folgen oder ob sie einer Intoleranzprämisse (Zwang zum Zweck der Herabwürdigung/ Diskriminierung) folgen.
- es muss entsprechende gesellschaftliche Regeln - wie auch immer dargestellt - geben.

Eine Bekleidungsoption hattest du angesprochen: den Burkini.
Ich möchte nur mal in Moderationsfunktion die Frage stellen, ob dieser die Toleranzprämisse oder die Intoleranzprämisse erfüllt. In aller Regel entscheiden die Eltern über das Wohl ihrer unmündigen Kinder. Von daher kann man vermuten, dass ein islamisches Mädchen mit vielleicht 10 Jahren nicht unbedingt von sich aus den Wunsch hegt, einen Burkini im Schwimmunterricht zu tragen - es sei denn, islamische Mädchen wären völlig ander gestrickt als andere Kinder; denn in dem Alter möchte man im Normalfall so sein wie die Anderen und nicht durch exotische Kleidung aus dem Rahmen fallen (Lederhosenargument). Vermutlich werden also die Eltern entscheiden, dass das Kind nur dann am Schwimmunterricht teilnimmt, wenn es einen Burkini trägt.
Jetzt stelle ich mir eine Schulklasse voller Kinder in Badehosen und -anzügen vor und ein einzelnes Mädchen im Burkini. Ich empfinde das als diskriminierend und kann mir nicht vorstellen, dass sich das Kind in dieser Rolle wohlfühlt. Also: Wohl des Kindes?

http://www.badische-zeitung.de/deutschl ... 59150.html

Re: Tanz im Orient-Express – eine feministische Islamkritik

Verfasst: Di 26. Jun 2018, 09:53
von Janina
piscator hat geschrieben:Unsinn. Die Anzahl von Frauen und Männern, die keinen Sexualpartner finden, ist sehr hoch. Und selbst in bestehenden Beziehungen ist Sex nicht immer selbstverständlich.
Selber Unsinn. So gut wie jeder hat zwei gesunde Hände. Und das professionelle Angebot ist landesweit flächendäckend.