Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
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Rilke
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Rilke »

Helmuth hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 09:39 Ach, ein Wissender fällt mir, User Rilke. Ich kontaktiere ihn und lade ihn ein. Er ist Jude, der mitterlweile beide Perspektiven kennt. Der kann uns sicher einige Dinge sagen.
Na das is aber lieb, herzlichst gedankt! Hab schon lange nicht mehr hier vorbeigeschaut. :)
SilverBullet hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 09:30 Unmittelbar fällt mir dazu die Reaktion einer Jüdin ein, die auf die Frage "Welche Bedeutung hat der Messias im Judentum?" sagte:
"Wir reden eigentlich immer nur dann über dieses Thema, wenn wir von Christen danach gefragt werden".
Das müsste eine sehr liberale Jüdin gewesen sein.
Zum Gottesdienst in der Synagoge bildet das Schmoneh Esre, auch Amidah genannt, einen zentralen Kern des Gebets. Es ist das Hauptgebet des jüdischen Gottesdienstes und besteht aus achtzehn bzw. neunzehn Bitten, die man als Gemeinde zu Gott betet.
Hier kannst du sie nachlesen: Amidah Gebet

Die 15. Bitte lautet auf Deutsch übersetzt so:
Den Sprößling deines Knechtes David laß rasch emporsprießen, sein Horn erhöhe durch deine Hilfe, denn auf deine Hilfe hoffen wir den ganzen Tag. Gelobt seist du, Ewiger, der das Horn der Hilfe emporsprießen läßt!

Zu sagen, dass Juden nicht jeden Tag auf den Messias hoffen, ist mir eine sehr fremde Einstellung. Könnte ich nicht so sagen.
SilverBullet hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 09:30 Interessant ist nun, dass es im 1. Jahrhundert ein Aufflammen des Messias-Themas gab:
rund um eine gewisse Volkszählung (Steuererhebung) und rund um ROM-freundliche Griechen-Juden (-> Herodes).

Falls jetzt jemand an "den Messias Jesus" denkt: Nö, es geht um die Zeloten.
Das Aufflammen des Messias-Themas kam vor allem im ersten Jahrhundert so richtig auf weil sich das Zeitfenster nach Daniel 9 darauf bezog. Die Israeliten waren ja nicht nur unter römischer Besatzung, direkt vor denen waren die Griechen durch Alexander dem Großen dort, und davor noch die Perser. Der Wunsch nach dem Messias lässt sich im Alten Testament durchaus nachweisen, lange vor der römischen Besatzung, während der keine inspirierte Schrift mehr geschrieben wurde.
Nicht umsonst hatte Herodes die Schriftgelehrten und Hohepriester und nicht zelotische Rebellen nach dem Kommen des Messias gefragt (die gabs damals noch gar nicht) - und nicht umsonst haben die Gelehrten die Geburt des Messias zu dieser Zeit erwartet.
SilverBullet hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 09:30 Innerhalb des Judentums flammt also genau einmal eine Steigerung des Messias-Begriffes auf: durchgeführt von den Zeloten.
(Die Paulus-Texte könnten z.B. sehr gut als "zelotische Texte" durchgehen)
Die Zeloten legten in ihre Messias-Vorstellung "von ROM erlösende Funktion" hinein.
Sie begannen einen Aufstand gegen die Übermacht ROM und hofften auf göttliche Unterstützung auf Basis des Erscheinens/Erkennens/Herausbildens "des Messias".
Ich denke du misst den Zeloten viel zu viel religiöse Bedeutung bei.
Josephus berichtet von den zwei Köpfen der Bewegung, die im ersten Jahrzehnt unserer Zeitrechnung eine Gruppe von Rebellen formierten. Josephus sagt auch deutlich, dass dieses Zelotentum neben den Pharisäern, Sadduzäern und Essenern eine vierte, getrennte Gruppierung darstellte. Nachlesen kann. man das im 18. Buch seiner Antiquitates Iudaicae im ersten Kapitel.

Diese Zeloten existierten für etwa 60 Jahre und hatten, zumindest wenn es um den derzeitigen historische Wissensstand geht, keine Authorität in der Schriftauslegung. Es ist zumindest kein Schriftgelehrter mit gesicherter zelotischer Ausrichtung bekannt, bis auf Zadok (einem der Gründer der Bewegung), der jedoch bei den herrschenden Schriftgelehrten keinerlei große Beachtung genoß.
SilverBullet hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 09:30 Etwas in dieser Art haben sich die Zeloten wohl auf die Fahne gepackt und dann losgelegt: Reinheit sowohl im jüdischen Leben, als auch Aufstand gegenüber äusseren Auflagen.

Funktioniert hat es nicht, aber aus diesem Versuch ist wohl eine Traditions-Richtung rund um den Begriff "Messias" entstanden: das Christentum.
Die Zeloten würde ich ein wenig mit dem IS vergleichen: Terroristen, die Menschen zu ihren religiösen Zwecken entführten, aus dem Hinterhalt ermordeten oder hinrichteten, für ein göttliches Reich auf dieser Erde.
Da sehe ich wenig Übereinstimmung mit dem was Paulus oder die anderen Apostel lehrten.
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
- Hl. Thomas v. Aquin
Spice
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Spice »

Corona hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 13:43
Spice hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 12:21
Corona hat geschrieben: Mi 7. Feb 2024, 14:41 Weltfrieden zum Beispiel
Soll er gewaltsam hergestellt werden oder durch Einsicht der Menschen?
Schlussendlich durch Einsicht.
Da wird mal wohl noch lange warten können...
Klee
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Klee »

Hallo Rilke,
nett dass du mehr als ein paar Zeilen schreibst, aber ich lobe mir den Corona sehr, der etwas mit "fünf Wörtern" auf den Punkt bringt:
Corona hat geschrieben: Mi 7. Feb 2024, 17:07 Es muss jemand blind sein, wenn er meint, Gott käme persönlich auf die Erde
Stimmt, "verkleidet als Mensch". Viele sahen halt das Innere nicht und bis heute ist noch ein Deckel vor den Augen, bei manchen.

Meinst du, es würde jemand auf Rilkes Hinweis Flavius ganz lesen? Wozu auch, wenn schon so viel irritierende Zitate und "Hinweise" da sind. Grad deshalb konnte ich mich nicht beherrschen und wollte etwas wissen ... Eine Tonne voll falsch zusammengebogener Ansichten landete im Müll.

Auffalllend (aber nur von der Hintertür aus) beschreibt Flavius den Kulturbruch. Nicht die hochgelobte Dynastie mit Herodiasflittern wurde Grund der Verehrung. Auch nicht das bisher wegen Aberglauben verachtete Judentum - (siehe wie es heute in den sich leerenden Kirchen aussieht, weil sie diese Ansicht und nicht Jesu Lehren voll vertreten). Sie lesen das NT vor, glauben kaum, finden neue Propheten, lachen über das AT.

Flavius beginnt die jüdische Überlieferung zu loben! Auf welchem Boden überhaupt?
An dem Punkt reiben sich in heutiger Zeit die Wissenschaften. (weil sie nicht wissen wie der wirkliche Inhalt der Schrift lautet. Ihre Kritik ist echt, die Lösung falsch.)

Wozu gingen die Römer gegen den korrupten Tempel vor? Sicher nicht weil einige "Eiferer" den nationalen Notstand ausriefen, sondern weil die krasseste Verfolgung auch auf heimliche Art durch das etablierte System vorhanden war, im Zusammenbruch im freien Fall.
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Helmuth
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Helmuth »

Rilke hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 14:06 Diese Zeloten …
Danke für deine Mitarbeit. Ich wollte dabei, dass du auf den TE eingehst. Sie interessiert sich wie ich nicht um Zeloten. Die These von SB ist also gar nicht das Thema, das ist nur dessen Steckenpferd.

Das Thema erfragt die konkrete Messiasvorstellung aus rein jüdischer Sicht, sprich das ganze aus der AT-Sicht und derer, die Jesus noch nicht gekannt haben. Damit warst doch auch du jahrelang konfrontiert als Konvertit. Versetze dich wieder zurück um ca. 5-10 Jahre.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Klee
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Klee »

Rilke hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 14:06 : Amidah Gebet
Die 15. Bitte lautet auf Deutsch übersetzt so:
Den Sprößling deines Knechtes David laß rasch emporsprießen, sein Horn erhöhe durch deine Hilfe, denn auf deine Hilfe hoffen wir den ganzen Tag. Gelobt seist du, Ewiger, der das Horn der Hilfe emporsprießen läßt!
Warum beginnst du nicht mit der ersten Strophe, gar dem Hinweis, dass dieses Gebet durch nichts gestört werden durfte! Was ist der 1. Vers?
. Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter, Gott Abrahams,
Gott Isaaks und Gott Jakobs, großer starker und furchtbarer Gott, der du
beglückende Wohltaten erweisest und Eigner des Alls bist, der du der
Frömmigkeit der Väter gedenkst und einen Erlöser bringst ihren Kindeskindern
um deines Namens willen in Liebe. König, Helfer, Retter und Schild! Gelobt
seist du, Ewiger, Schild Abrahams!
Aufgefallen war "einen Erlöser bringst". Gebracht hast, bringen wirst?
König, Helfer, Retter, Schild ... das ist christliche Rede, entstanden aus der Verehrung. Da bräuchte es mehr Hinweise.

An Stelle des alten Tempels entstand eine ganz andere Verehrung. Niemand brachte mehr Schlachtopfer. Zu aufregend war das Geschehen, an dem sich selbst Jahrhunderte danach "Blinde" aufregten. Gamaliel, der sich zum Christentum bekannte und zahlreiche andere mit ihm, es muss dem Schreibstil nach auch aus den Apostelkreisen gewesen sein, schufen den Talmud, die mündliche Überlieferung.

Was ist daran nur der Unterschied zwischen dem schon geschriebenen und dem mündlichen, wenn die sagen, es sei doch auch "nur" das AT und ein bisschen was dazu. Was liest man da, wenn einer reinschmöckert. Rabbi Gamaliel sagt und dann wird stets dieser eine RABBI, hervorgehoben, dessen Name, wie seltsam, nicht genannt wird.
Zuletzt geändert von Klee am Do 8. Feb 2024, 15:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Hans-Joachim »

Oleander hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 13:15 Aber es ist dir doch möglich, das AT mal so zu lesen, als wüßtest du von Jesus gar nix....
Ich kann das, denn ich hab dann nur Texte vor mir...
Daher meine ich, es ist möglich. :)
Möglich ist es schon. Aber nutzlos. Propheten haben die Texte unter dem Einfluß des Heiligen Geistes geschrieben. Und er ist auch nur durch denselben Geist zu verstehen. Was durch diesen Geist geschrieben wurde, wird durch denselben Geist bezeugt.
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Hans-Joachim »

Oleander hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 13:42 "Gesalbter"
Und auch David war ein Gesalbter.
Doch von wem wurde er (mit Öl) gesalbt und in wessen Auftrag?
Salbungen sind eine Priestertumsverordnung. Sie wurde seinerzeit von Propheten durchgeführt. Und das geschah im Auftrage Gottes. Jesus musste nicht gesalbt werden, denn er war schon ein Gott.
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Klee »

Rilke hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 14:06 Die Israeliten waren ja nicht nur unter römischer Besatzung, direkt vor denen waren die Griechen durch Alexander dem Großen dort, und davor noch die Perser.
Das gibt ein besseres Vorstellungsbild, wenn man weiß wo überhaupt sich die Überlieferung befindet. Im Zweistromland, wo Abraham auszog, nicht "ganz" weit entfernt von dem Gebirge Ararat, dem Landepunkt der Arche, waren Überlieferungen. Es gibt auch ein Bild von den Achämiden, die von Indien bis Europa herrschten. Und von der griechischen und römischen Kultur und allem drin. Gegen die Verfremdung und den Verlust der inneren Vorstellung kämpften die Makkabäer. Es entstand für ein Jahrhundert ein selbständiges Land Judäa. Nicht zu vergessen ist, welche Rollen Ägypten und Syrien (Ursprung) hatten.
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Oleander »

Klee hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 15:37
Rilke hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 14:06 Die Israeliten waren ja nicht nur unter römischer Besatzung, direkt vor denen waren die Griechen durch Alexander dem Großen dort, und davor noch die Perser.
Das gibt ein besseres Vorstellungsbild, wenn man weiß wo überhaupt sich die Überlieferung befindet. Im Zweistromland, wo Abraham auszog, nicht "ganz" weit entfernt von dem Gebirge Ararat, dem Landepunkt der Arche, waren Überlieferungen. Es gibt auch ein Bild von den Achämiden, die von Indien bis Europa herrschten. Und von der griechischen und römischen Kultur und allem drin. Gegen die Verfremdung und den Verlust der inneren Vorstellung kämpften die Makkabäer. Es entstand für ein Jahrhundert ein selbständiges Land Judäa. Nicht zu vergessen ist, welche Rollen Ägypten und Syrien (Ursprung) hatten.
Das Thema lautet: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?
Was wären die "Maßstäbe" aus der Sicht der jüdischen Religion?
Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.
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Hans-Joachim
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Re: Welche "Kriterien" muß der "Messias" erfüllen?

Beitrag von Hans-Joachim »

Helmuth hat geschrieben: Do 8. Feb 2024, 15:21 Das Thema erfragt die konkrete Messiasvorstellung aus rein jüdischer Sicht, sprich das ganze aus der AT-Sicht und derer, die Jesus noch nicht gekannt haben.
Sicherlich. Nur, so kommt er nicht. Selbst wenn er schon da ist, werden die übriggebliebenen rechtschaffenden Juden fragen, wer er ist.
Sacharia 12 hat geschrieben:10 Sodann will ich über das Haus Davids und über die Bewohner Jerusalems den Geist der Gnade und der Bitte um Gnade ausgießen, so daß sie auf den hinblicken werden, den sie durchbohrt haben (vgl. Joh. 19,37; Offb. 1,7), und um ihn wehklagen, wie man um den einzigen Sohn wehklagt, und bitterlich Leid um ihn tragen, wie man um den (Tod des) Erstgeborenen Leid trägt.”
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