Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?
Verfasst: Mo 7. Mär 2022, 19:31
hegel ist schon eine herausforderung ...habe ich aber hinter mir
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Falsch. Mit jeder widerlegten Hypothese wächst unser Wissen über das Universum, und die Anzahl widerlegbarer Hypothesen vermehrt sich kontinuierlich, seit die ersten Vorsokratiker anfingen über das Universum nachzudenken.
Wenn Du auch das Verrennen in Irrtümern als Weg zur Wahrheit verstehst, hast Du recht.JackSparrow hat geschrieben: ↑Di 8. Mär 2022, 19:42 Falsch. Mit jeder widerlegten Hypothese wächst unser Wissen über das Universum, und die Anzahl widerlegbarer Hypothesen vermehrt sich kontinuierlich
Nein.
Kant ist eh widersprüchlich. Das war sicher nicht als “das eine schlagende Argument” gedacht.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 5. Mär 2022, 00:21Mein Problem: Ich kenne weder Descartes noch Kant so professionell, dass wir über geistige Umfelder streiten könnte, in der beide schreiben. Ob also Dein Verständnis zwar eng auf ein Zitat bezogen richtig ist, aber im großen Kontext nicht, oder ob Kant wirklich ein Vorgänger von denen war, bei denen alles relativistisch ist. Letzteres kann ich mir nicht vorstellen, weil bei Kant so viel dagegen spricht.
Ja, das soll er sein. Allerdings gibt es bei Kant stark divergierende Interpretationen bzgl. seines transzendentalen Idealismus. Seine Zeitgenossen und die Leser lange danach haben ihn qualifiziert / moderat phänomenalistisch interpretiert.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 5. Mär 2022, 00:21 Nein, darum geht es mir nicht. - Es geht mir darum, dass nach Deinem Verständnis von Kant die Natur nicht mehr nötig ist, weil sich alles zwischen "Ding an sich" und "individuums-exklusiven qualitativen Eigenschaften" abspielt. - Wozu Honig, wenn man die Süße des Honigs auch ohne Honig riechen oder schmecken kann? - Und das soll Kant sein?
Für mich ist das (1000x erklärt) eine falsche Dichotomie. Ich akzeptiere dein “oder” nicht.
Nur dass Kant nicht “könnte” sagt, sondern “ist” (zumindest gemäß der klassischen Interpretation):--- Im Grunde klingt das alles genauso skeptizistisch wie Descartes' "Alles, was wir wahrnehmen, könnte Vorstellung sein".
Immanuel Kant: “Kritik der reinen Vernunft” (A 370 f) hat geschrieben:Nun sind aber äußere Gegenstände (die Körper) bloß Erscheinungen, mithin auch nichts anderes, als eine Art meiner Vorstellungen, deren Gegenstände nur durch diese Vorstellungen etwas sind, von ihnen abgesondert aber nichts sind. Also existieren ebensowohl äußere Dinge, als ich Selbst existiere, und zwar beide auf das unmittelbare Zeugnis meines Selbstbewußtseins, nur mit dem Unterschiede: daß die Vorstellung meiner Selbst, als des denkenden Subjekts, bloß auf den innern, die Vorstellungen aber, welche ausgedehnte Wesen bezeichnen, auch auf den äußeren Sinn bezogen werden. Ich habe in Absicht auf die Wirklichkeit äußerer Gegenstände ebensowenig nötig zu schließen, als in Ansehung der Wirklichkeit des Gegenstandes meines inneren Sinnes, (meiner Gedanken), denn sie sind beiderseitig nichts als Vorstellungen, deren unmittelbare Wahrnehmung (Bewußtsein) zugleich ein genügsamer Beweis ihrer Wirklichkeit ist.
Das Wort “sein” ergibt für mich absolut verstanden (= von jeglichem Kontext losgelöst) keinen Sinn.
Die Welt ist psychologisch und pragmatisch gesehen für uns real. Und eine höhere Form der Realität kann es nicht geben.- Oder allgemein gefragt: Ist die Welt ein anthropomorphes Gebilde?
Wenn er sich in der Nachfolge Descartes gesehen hätte, wo bliebe dann die kopernikanische Wende?Hiob hat geschrieben: ↑Sa 5. Mär 2022, 00:21Du meinst mit "180° verdreht", dass es diametral zu Deinem Verständnis steht. - Nach meinem Verständnis besteht die "kopernikanische Wende" bei Kant in der Erkenntnis, dass - vereinfacht formuliert - das Ontische der Welt nur durch die Offenbarung der anthropomorphen Ausdrucksweisen/Möglichkeiten (über die Bande) erkennbar gemacht werden kann. Und da sehe ich ihn im großen geistigen Kontext sehr wohl in der Nachfolge von Descartes. - Was bedeutet Deine davon um 180° andere Sichtweise?
Na doch. Weil es ihm nicht um Wahrnehmung ging, sondern um das synthetische a priori.
Den Filter kann ich mir vorstellen. Aber das kontextbefreite “ist” eben nicht.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 5. Mär 2022, 00:21Dein Denkfehler: Eine Definition, die ja zwangsläufig anthropomorph wäre, wäre schon wieder etwas, was nach unserem Vermögen gerichtet hätte. Man könnte also "Sein" nur durch den Filter der eigenen Wahrnehmung definieren - genau das ist aber NICHT Sein. - Deshalb ist die Definition mindestens tautologie-nah: "Sein ist das, was auch ohne unseren Filter IST".
In der gesamten Geschichte der Menschheit gab es wahrscheinlich nie einen echten Solipsisten.- Würde man Kants kopernikanische Wende ontologisch verstehen, wäre Kant der Godfather des Solipsismus - das passt nach meinem Verständnis überhaupt nicht.
Solipsismus ist die Überzeugung, dass allein das eigene Ich existiert. Kein Philosoph hat das je explizit propagiert. Also auch Kant nicht. Dieser Begriff ist bestenfalls eine polemische Zuschreibung. Man mag die Welt tausendfach zur reinen Illusion degradieren – solange man nur an andere Geister glaubt, ist man kein Solipsist.
Ja, das wäre die klassische Interpretation:
Oh je, dein Schubladen-Denken. Das hast du wirklich zutiefst verinnerlicht. Auf allen Gebieten. Hier: “unsere Zeit” vs. “die gute alte Zeit”.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 5. Mär 2022, 00:21Natürlich kann man einfach "nichts" tun. - Goethe ist für seine "Konzilianz", die philosophischer Ausdruck eines "Da, wo mein Blick überfordert ist, gehe ich nicht weiter". Dies kann man unter anderem erkennen, dass er bei Dramenschlüssen gelegentlich Musik erklingen lässt (mir fällt dazu gerade sein "Nausikaa" ein - buchstäblich ausklingen lässt.
Im Grunde löst man dieses Problem im Christlichen mit dem "Du sollst Dir kein Bildnis machen von etwas, was Du gar nicht erfassen kannst". Unsere Zeit neigt zur Version: "Wenn etwas durch unsere anthropomorphen Konstrukte nicht erfassbar ist, lässt man es einfach weg". - Möglicherweise ist dies die Grundlage unserer offenbar sehr unterschiedlichen Herangehensweise.
Das ist sicherlich richtig. - Man kann aber auch nicht jegliche logische Fortentwicklung einer Philosophie als "Fortschritt" bezeichnen. Dies geschieht oft - regelmäßig hört man Sätze wie: "In vorwissenschaftlicher Zeit glaubte man, dass Gott die Welt erschaffen habe - heute wissen wir von der Wissenschaft, dass dies nicht so ist". Dies nennt man dann "Fortschritt" und "Aufklärung".
So weit sind wir uns (längst) einig.
Es gäbe also nichts, aus dem diese Realität ist. - Woher kommt dann das Ich, ohne das der Ausdruck "psychologisch gesehen" keinen Sinn machen würde? Kommt es aus sich selbst? Zieht es sich selbst in die Realität wie sich Münchhausen selber an den Haaren aus dem Supf zieht?
Ich bin ziemlich sicher, dass Kant dies NICHT ontologisch meint, sondern als "für uns sind äußere Gegenstände nichts als bloß Erscheinungen" (= "das, was wir als blaues Haus wahrnehmen, kann für einen Lurch ein grünes Haus sein").
Ontologisch gemeint wäre dies sehr angreifbar. Kant klänge dann wie ein pessimistischer Descartes und ein Vorläufer von SChopenhauer. - Warum aber dann das "Ding an sich", ohne das Kant nicht auskommen kann, obwohl er es gerne würde? - Wenn es sein postuliertes "Ding an sich" gäbe, wäre es doch Wirklichkeit/Realität - oder nicht? - Irgendwas passt da nicht.
Dass Kant vor seiner Wende gemeint haben könnte, dass Dinge der Welt absoluten Charakter haben, in dem sie jeder Wahrnehmende gleich wahrnimmt. Das ist eine Vermutung - ich weiß es nicht.
Da wäre Definitionsarbeit nötig. - Wenn die "Welt" der menschlichen Vernunft folgt, muss man "Welt" so definieren, dass dieser Satz stimmig ist. Diese Definition wäre eine andere als "Welt" im christlichen oder ontologischen Sinne. - Dito "Vernunft": Anthropozentrische oder universale Größe?
Das klingt für mich eher danach, dass Du ganz weit weg vom Kern der Existenz bist. Also nochmal: "Sein ist das, was auch ohne unseren Filter IST". - Wo ist da was unklar?
Es wird mir wieder mal klar, was einer unserer Professoren mal sagte: "Auch Kant-Kenner interpretieren Kant gelegentlich komplett unterschiedlich" (das Problem hatten wir ja schon bei Descartes). ---- Wenn man Descartes- oder Kant-Spezialisten zugesteht, dass sie WIRKLICH Spezialisten sind, UND sie komplett unterschiedlich interpretieren, dann ist das doch ein Hinweis, dass dies etwas mit der jeweiligen eigenen Formatierung zu tun hat, nicht wahr?
Eben - und genau das ist ein Rückschritt. - Kant hat am Ende seines Lebens (ich meine 1797) so was Ähnliches gesagt wie "Ich musste die Vernunft an ihr Ende bringen, um Platz für den Glauben zu haben". Der Weg zur Erkenntnis, dass nicht alles über menschliche Vernunft erfassbar ist, geht also entweder komplett nicht-reflektierend über geistlichen Instinkt oder - bei Kant - über menschliche Reflexion bis zum Ende, um als Schlussstein zu erkennen: "Es gibt Dinge, die mit meiner menschlichen Vernunft nicht erfassbar sind".
Wenn man das Ergebnis nicht wüsste, könnte man genau umgekehrt argumentieren: es wäre vorteilhafter, wenn sich die Weibchen in Richtung “weniger oberflächlich” entwickeln würden und gute Gene ohne dieses kostspielige Theater erkennen könnten. Auf der Ebene der ganzen Art Pfau betrachtet wäre das angepasster.Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Sa 5. Mär 2022, 21:56Aus dem gleichen Grund, aus dem es für ein Pfauenweibchen vorteilhaft ist, auf die Länge der Schwanzfedern zu achten: Wenn ich mir erlauben kann, mich künstlerisch zu betätigen und philosophische Thesen zu formulieren, dann ist offenbar mein Überleben gesichert und es steht mir ein gewisser Ressourcenüberschuss zur Verfügung.
https://flexikon.doccheck.com/de/Handicap-Prinzip
Wenn man in diesem Forum postet, scheint man die eigene Lebenszeit nicht allzu hoch einzuschätzen.Ich räume ein, dass mir für Kantsche und Hegelsche Schachtelsätze meine Lebenszeit zu kostbar ist.
Das “Ding an sich” weist wohl auf eine “verborgene Welt jenseits des menschlichen Erkennens” hin. Aber das ist doch nicht Gott: Das “Ding an sich” kann den Menschen nicht erlösen und ist kein Standard für Tugend oder Sünde.Trotzdem ist ein außerhalb des Menschen zu findendes allgemeingültiges Prinzip nichts anderes als das, was die Religionen als einen Gott bezeichnen - selbst wenn Kant andere Namen dafür hatte.
Allerdings gibt es eine bescheidenere, einfachere Vorstellung von der Welt: als Arena unseres Handelns – wir hinterlassen uns überdauernde Spuren im Sand. Als Agora in dem Austausch mit Wesen unseresgleichen stattfindet.Was wir "die Welt" nennen ist das, was unser Gehirn konstruiert. Was aber ohne unser Gehirn existiert kann niemand sagen, der ein Gehirn besitzt. Schopenhauer nannte es "bloße Sinnesdata", aber eigentlich finde sogar das noch ein bisschen zu anthropozentrisch.
Es existiert kein "Ding an sich" ohne jemanden, der sich vorstellt, wie das "Ding an sich" aussehen könnte, und diese Vorstellung ist eben nichts anderes als das, was wir gerade wahrnehmen.
1) Das ist doch auch eine sehr eigenartige Vorstellung. Nur eine verrückte Idee Descartes’.1) dass es im Gehirn kein spezielles Zentrum gibt, in dem alle Sinnesdaten kumulieren und wo man ein "Selbst" lokalisieren könnteWas wäre denn da die bahnbrechende Erkenntnis… deiner Meinung nach?
2) dass das Denken größtenteils durch Emotionen gesteuert wird, während die Emotionen nur sehr marginal durch das Denken beeinflussbar sind
3) dass die "Persönlichkeit" des Menschen lediglich ein Epiphänomen darstellt, verursacht durch Milliarden individueller Zellen, die sich alle hauptsächlich um ihr eigenes Überleben kümmern
Wie kann es nicht darauf ankommen? Das ist doch der eine, entscheidende Punkt: Was heute noch richtig ist, kann morgen schon falsch sein!Ich denke nicht dass es drauf "ankommt". Es ist nur so, dass alle Lebewesen, die heute existieren, auf einem Genom basieren, welches eine erfolgreiche Fortpflanzung ermöglichte. Die Existenz aller anderen Genome wird man heute höchstens noch als Fossil feststellen können - was ja aber kein Problem darstellt, wenn man es selbst nicht als Problem empfindet.Wann stellt man jetzt das “Ergebnis” fest, auf das es ankommt?
Es wächst allerdings nur das Wissen, dass einer naturwissenschaftlichen Betrachtungsart zugänglich ist. Diese Betrachtungsart kann das Leben selbst nicht erfassen. Das Leben selbst kann nur das Leben erfassen. Das ist etwas Ganzheitliches, Dynamisches. Davon hat der Materialist nicht den geringsten Schimmer.JackSparrow hat geschrieben: ↑Di 8. Mär 2022, 19:42Falsch. Mit jeder widerlegten Hypothese wächst unser Wissen über das Universum, und die Anzahl widerlegbarer Hypothesen vermehrt sich kontinuierlich, seit die ersten Vorsokratiker anfingen über das Universum nachzudenken.
Paul hat geschrieben: ↑Sa 19. Mär 2022, 08:42 zu 1)...das wussten schon die alten buddhisten...btw, res cogitans bedeutet nicht ausgedehnt, womöglich aber auch nicht lokalisierbar im raum
zu 2)...was hat psychologie in einer rein naturalistischen weltsicht verloren...das egoistische gen und anderes blabla
zu 3)...epiphänomene haben keine kausale wirkung auf das zugrundeliegende substrat, andernfalls müsste man eine verursachung von oben nach unten annehmen...macht überhaupt keinen sinn, wenn es keinen überlebensvorteil im kontekst der evolutionstheorie darstellt...wem der schuh passt