So wahnsinnig kompliziert ist das eigentlich nicht, man muss nur erkennen, wo im Text die Wiedergabe der Antwort des Bundesministeriums endet und wo die Interpretation der ursprünglichen Autorin beginnt, die in diesem Fall auf einer falschen Schlussfolgerung basiert.
Aber der Reihe nach:
Am 6. Oktober veröffentlicht Elke Bodderas ihren Artikel in der NZZ. Dieser Artikelt beginnt direkt mit einer offensichtlich falschen Behauptung, denn dort heißt es, die Antwort des Gesundheitsministeriums würde der NZZ "exklusiv" vorliegen. Das sorgt zum einen für FOMO für einen Paywall-Artikel, hat aber auch einen anderen Effekt, denn wenn die Information exklusiv der NZZ vorliegt und warum sollte man dann abseits der NZZ nach dieser Information suchen, um zu prüfen ob das überhaupt stimmt, was die NZZ da schreibt.
Die NZZ redet zwar von Exklusivität, nur stimmt das gar nicht, denn man bezieht sich hier auf die Antwort auf eine Anfrage von Kay-Uwe Ziegler und diese wurde am 26.9. in
Drucksache 21/1831 veröffentlicht. Dort steht auf Seite 74:
107. Abgeordneter Kay-Uwe Ziegler (AfD):
Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, wie viele der rund 183.000 in Deutschland im Zusammenhang mit Corona gemeldeten Todesfälle auf Personen entfielen, die nicht gegen COVID-19 geimpft waren?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Georg Kippels vom 26. September 2025
Für die Kalenderjahre 2020 bis 2024 (Datenstand: 1. März 2025) wurden in Deutschland rund 187.000 COVID-19-Fälle im Meldesystem gemäß Infektionsschutzgesetz an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt, bei denen angegeben war, dass sie verstorben sind. Davon waren rund 39.000 Fälle ungeimpft, rund 33.000 Fälle mindestens einmal geimpft und für rund 115.000 Fälle war der Impfstatus unbekannt. Die Datenerfassung für das Jahr 2025 ist derzeit noch nicht abgeschlossen.
Diese Zahlen nennt Frau Bodderas, zitiert teilweise sogar wörtlich. Soweit kein Problem, doch dann fängt das Drama an:
Was das Schreiben nicht erwähnt: Der Grossteil der ungeimpften Toten, rund 36 000 Fälle, fällt in das Jahr 2020, wie ein Abgleich der Ministeriumszahlen mit den Zahlen des Statistischen Bundesamtes ergibt. Dort werden für das Anfangsjahr der Pandemie insgesamt 36 291 Corona-Tote bescheinigt. Zu dieser Zeit standen in Deutschland aber noch keine Corona-Impfstoffe zur Verfügung.
https://www.nzz.ch/international/impfst ... ld.1905321
Zumindest leitet Frau Bodderas korrekt damit ein, dass das was sie schreibt nicht Teil der Antwort ist. Bei Achgut fehlt das, dort klingt es, als wäre die Aussage, dass von den 39,000 36,000 ins Jahr 2020 fallen, immer noch Teil der Antwort. Das mag hier ein ehrliches Versäumnis sein, die Trennlinie ist aber wichtig, da ab hier die Interpretation beginnt und die ist halt falsch.
Warum? Intuitiv ist für uns alle klar, dass die Verstorbenen aus dem Jahr 2020 ungeimpft waren, es gab ja keine Impfung. Das heißt aber nicht, dass das so in die Statistik eingegangen ist und eigentlich ist sogar naheliegender, dass für einen Großteil der 2020-Todesfälle der Impfstatus "unbekannt" ist,
gerade weil es noch keine Impfung gab. Denn wenn es kein Impfung gibt, gibt es auch keinen Grund einen Impfstatus zu übermitteln und wenn kein Impfstatus übermittelt wird, ist er erst einmal "unbekannt". Die relevante Frage ist also, ob der Impfstatus für alle 2020-Todesfälle nachträglich angepasst wurde. Es stellt sich heraus: Nein.
Es gab zwei weitere Anfragen von Kay-Uwe Ziegler, deren Antworten am
10.10.2025 und am
24.10.2025 veröffentlicht wurden.
Am 10.10. wurde die Frage (210) beantwortet, wie viele der in 21/1831 genannten ungeimpften Todesfälle auf das Jahr 2020 entfallen. Die Anwort: etwa 8,500.
Am 24.10. wurde die Frage (117) beantwortet, wie es in den Jahren 2021 und 2022 aussieht. Dort sind es 25,061 Ungeimpfte im Jahr 2021 und 4,401 im Jahr 2022.
Die Behauptung, die Zahlen würden zeigen, dass nur etwa 3000 der Todesfälle ab dem 1.1.2021 auf Ungeimpfte entfallen, ist damit einfach falsch. Da hat sich Frau Bodderas etwa um den Faktor 10 vertan.
Naja, kann passieren, die Schlussfolgerung auf der der Fehler basiert war zwar schon am 6.10. voreillig, aber noch irgendwie irgendwo vielleicht ein bisschen nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist, warum das nicht mehr korrigiert wurde und warum man bei Achgut am 1.11., d.h. selbst nach der Veröffentlichung der Antworten auf Herrn Zieglers Folgefragen einfach stupide und ungeprüft die Falschbehauptung abschreibt ohne einmal nachzusehen, ob das alles so passt oder ob es inzwischen - fast einen Monat später - neue Infos dazu gibt. Wobei, nachvollziehbar ist es leider schon, wenn man mit diesen Medien vertraut ist, nur eben nicht entschuldbar.