Nun, im "Christentum" hat sich hier eine gewisse Tradition gebildet, von der man die Anfänge nicht mehr kennt, sondern man hat nur noch den Glaubenstext NT, bei dem man die Formulierungen auslegt.
Als "erstaunliche Idee" bezeichne ich es deshalb, weil es aus meiner Sicht ein Anfangs-Szenario gibt, bei dem es im Sinne des jüdischen Glaubens "der Inspiration" nicht absurd ist.
Ich stelle mir da einen jüdischen Gläubigen vor, der zu der Überzeugung kommt, dass die Idee, die er gerade hat, von "Gott" kommt.
Die Grundlage seiner Überzeugung ist die Tatsache, dass die Idee ihm als neue Motivation für seinen Glauben an "Gott" dient.
In der Gläubigenlogik kann dies dann nur von "Gott" kommen, denn Göttliches ist immer "maximal" vorhanden, egal in welcher Form.
Er ordnet die Idee dann unter "Offenbarung" ein.
Die Frage, wie Göttliches (und sei es "nur" Offenbarung) grundsätzlich vorhanden sein kann, scheint mir hierbei zentral entscheidend zu sein.
Ist eine Idee, die von "Gott" offenbart ist, weniger wert als "Gott"?
-> für den Gläubigen geht es jedesmal um das maximal Göttliche.
Wenn nun so eine Idee beim Nachdenken über das Scheitern von jüdischen Messias-Kandidaten (1./2. Jhd.) aufkommt und sozusagen das Verhalten einer Anführer-Person betrifft, wird diese gedachte "Messias-Person" für den Gläubigen zu einer Offenbarung.
Ich denke, den ersten jüdischen Gläubigen, die so vorgingen, war klar, dass es nicht um eine tatsächliche Vergangenheit geht, sondern um eine "offenbarte Korrektur" nach dem Scheitern der jüdischen Messias-Versuche.
Es versteckt auch niemand, denn der Schwerpunkt des "heiligen Geistes" ist genau diese Grundlage.
Motto: "Gott ist im Gläubigen aktiv, in dem der 'heilige Geist' die göttlichen Ideen bewirkt oder diese Ideen ist".
Aus meiner Sicht kam es zuerst zur religiösen Betonung "heiliger Geist" (in der Depressionsphase nach den ganzen Rom-Widerstands-Verlusten) und erst dadurch zu den Erkenntnissen über die "Jesus"-Figur.
Ich gehe also davon aus, dass "Gott" für diese Gläubigen rein in ideeller Weise, als "Offenbarung" vorlag: die "Jesus"-Figur ist nicht mehr als der "heilige Geist" -> nur eine "göttliche Idee".
Das "Evangelium", also "die Heilsbotschaft", ist keine Botschaft, die ein tatsächlicher "Jesus" in die Welt gebracht hat, sondern es ist die Idee der "Jesus"-Figur.
Könntest du dir im jüdischen Verständnis vorstellen, dass es in einer Situation des Scheiterns aller Gottes-Reich/Messias-Versuche und dem Ausbleiben jeglicher Gottes-Unterstützung zu derartigen Offenbarungs-Überzeugungen der verzweifelten Gläubigen gekommen ist?
Um die Sache noch weiterzuführen:
Vermutlich hat sich in relativ wenigen Generationen eine Denk-Tradition eingeschlichen, dass es diesen "Jesus" tatsächlich gab.
Dadurch kommt es zu deinem "es ist absurd", denn ausgehend vom jüdischen Glauben, darf man keinen Menschen als "Gott" anbeten und die Vorstellung, dass ein Mensch "der einzige Gott" ist, während dieser "Gott" weiterhin "Gott" ist und zusätzlich als "heiliges Geist"-Wesen unterwegs sein soll ("Dreifachheit") fällt schwer.
Es ist verständlich, dass du aus heutiger Sicht einen Abstand zwischen diese Luftwörter und dem "was Gott sein soll" bringen möchtest, aber genau hier liegt der Knackpunkt.
Für uns ist heute "Luft" ein Bestandteil der materiellen Welt. Wir können sie analysieren und an Luftbewegungen, Luftphänomenen ist nichts "Übernatürliches" vorhanden.
Das Wissen gab es in der Antike nicht.
Luft wurde als "Grundstoff" angesehen, der die leblose körperliche Welt "in Bewegung setzt".
In Bezug auf "Glaube an Gott", "Offenbarung" und "religiöse Ideen" gehe ich davon aus, dass sich diese Leute "göttliche Lüfte" vorgestellt haben.
So eine "göttliche Luft" kann sich dann in einen Menschen hineinbegeben, vom ihm verteilt werden und auch wieder aus ihm herausgehen.
Auf dieser Basis haben die Gläubigen der Antike schon eher mit "göttlichen Weltanteilen" gespielt.
Das christliche Szenario der "Taufe" geht aus meiner Sicht genau in diese Denk-Richtung.
Wenn man dies nun kombiniert mit "es gibt nur maximal göttliches Vorkommen", dann ist man sehr schnell bei "Person" und "Wesen".
Ganz einfach (und bitte immer bedenken, ich gehe nicht von einer historischen Person "Jesus" aus):
Die Gottes-Reich/Messias-Versuche des 1./2. Jhd waren alle auf Gewalt ausgerichtet und sind alle gescheitert. Dieser Zeitraum ist kein wirklich guter für das Judentum.
Das Neue durch die "Jesus"-Figur ist eine Glaubensmotivation (entwickelt in der Depressionsphase), die nicht auf die gescheiterte Gewaltstrategie setzt.
Die jüdischen Anführer (Zeloten) haben sich in Bezug auf ihr Werkzeug (Gewalt, Widerstand, Dominanz, Kampf) klar positioniert und Rom hat Realitäten geschaffen, bei denen kein Gläubiger mehr den Wert dieses Werkzeugs hochhalten kann.
Die "Jesus"-Figur tritt nicht gewalttätig auf, wodurch der Konflikt mit Rom kein Wettstreit ist, an dem man den Wert des Werkzeugs ablesen kann.
Die "Jesus"-Figur bleibt auch nach dem Untergang "glaubwürdig".
Die "Jesus"-Figur ist eine Art "Ausweg aus dem Scheitern".
Ich kann leider nichts zu einer historischen Person "Jesus" sagen, weil ich nicht davon ausgehe.
Das Bestreben, die Gottes-Reich/Messias-Thematik auf die jüdischen Schriften festzulegen, sehe ich kritisch, denn im 1./2. Jhd liegt eine Situation vor, in der die jüdischen Schriften für diese Thematik verwendet wurden und in ein komplettes Scheitern mündeten.
Es lag eine Notlage vor, aus der klar wurde, dass das religiöse Denken entlang der jüdischen Schriften nicht korrekt sein kann.
Das spätere Judentum (abzüglich Essener, Sadduzäer und der Betonung auf die Pharisäer) ist vermutlich eine Strömung, die mit den zelotischen Ideen nichts mehr zu tun haben wollte (das würde ich auch als "deinen Ansatz" einschätzen).
Das Jesus-Christentum sehe ich als die zelotische Strömung an, die sich einen Ausweg aus dem Scheitern, unter Beibehaltung der Ausrichtung auf Gottes-Reich/Messias, gesucht hat.
Nein, es geht hier um "die Überzeugung der Offenbarung" und ein historischer "Jesus" liegt nirgendwo vor.Larson hat geschrieben: ↑So 7. Nov 2021, 08:19Also nach deinen Worten ein fiktiver Jesus wurde zu einem Statussymbol gemacht, so klingt deine Aussage. Die Lehre über Jesus hat sich erst nach Jesus entwickelt, bis hin zu den Lehren einer Trinität usw., was aber Jesus nie gelehrt hatte. Dies zu glauben würde selig machen.
Du brauchst aber keine Sorge haben, das, was ich hier aufzeige, wird von heutigen Christen kaum akzeptiert werden.
Maximal erstaunlich, denn eine "offenbarte Jesus-Figur" darf glaubenstechnisch in allen Facetten stehen bleiben (samt der Wunder), während ein historischer Jesus (genau wie du es sagst) eine "jüdische Belanglosigkeit" darstellt, zu der kaum ein Grund zur Überhöhung gefunden werden kann.