Hiob hat geschrieben: ↑Sa 25. Jul 2020, 09:42Wenn Du damit die klassischen physiologischen Sinne meinst: Richtig. - Geistige/geistliche Sinne braucht's aber schon. -- Und erneut: Man kann solche Essenz geistlich als solche erkennen ("Da ist was, welches sich auf meiner Rezeptionsebene erkennbar macht"), aber man kann Gott nicht in seinem Wesen erkennen - genauso wenig wie wir einen "Körper" der 7. Dimension erkennen können.
Offensichtlich soll dieses "absolute Sein" ganz genauso durch die "geistige Wahrnehmung" verstanden werden. Es soll ja seinen Ursprung gerade nicht in den physiologischen Sinnen haben.
Wenn du also meinst, dass du die Fähigkeiten eines Engel-Intellekts besitzt, der auch keine Sinne braucht, um Essenzen zu verstehen, warum verstehst du denn nun die Essenz Gottes nicht?
Ich kann hier nicht folgen.
Wenn du wie ein Engel denken kannst, frag ich mich, warum der ontologische Gottesbeweis nicht schlüssig für dich ist.
Ich mein, für normale Menschen ist er nicht schlüssig. Aber für Engel ist er es, denn sie können Konzepte verstehen, ohne sie aus der Sinneserfahrung ableiten zu müssen.
(Engel wirken ein bisschen archaisch, aber sie geben als reine Intellekt-Wesen, die dennoch nicht gleich Gott selbst sind, philosphisch einiges her)
Nee - soweit habe ich jetzt gar nicht gedacht. - Ich sage es anders: Es ist theoretisch vorstellbar, dass es nichts gibt außer dem, was der Mensch als solches wahrnimmt. - Das ist nicht meine Religion, aber es kann so eine geben.
Und meine Frage war, ob Du in diese Richtung denkst/glaubst: "Es gibt kein ontisches Sein, weil alles, was ist, nur Projektion eines Bewusstseins ist (hier: des menschlichen Bewusstseins)". - Also: Meinst Du es so?
Wie soll es denn sonst gehen?
Verstehe. - Mein eigenes Bild ist da phänomenisch - konkret: Es gibt ontisch die Blume, die Biene und den Honig. - Punkt.
Dann kann man weiterdenken: Aus dem Zusammentreffen - ich sage es vereinfacht - von Honig-molekülen und Geschmacks-Molekülen ergibt sich ein Ergebnis, das der Mensch sprachlich "süß" tauft.
Die Süße soll also nun schon mal nicht zum ontischen gehören, die Biene schon?
Wir sollten hier erstmal unterscheiden zwischen dem, was auch ohne unsere Sinne ist (Die Biene surrt auch in menschenleeren Gebieten), und was nur mit unseren Sinnen ist (Honig schmeckt nur dann süß, wenn er sinnlich wahrgenommen wird).
Das gilt für das Surren genauso. Es ist nur ein anderer Sinn. Statt Geschmack das Gehör.
Man muss also zum quantitativen übergehen: Die Biene bewegt sich im Raum.
Aber Bewegung können wir nicht logisch konzeptionalisieren.
Wir können nicht verstehen, was es bedeuten soll, dass die Biene einen Raum einnimmt, der nicht identisch mit ihrer eigenen Ausdehnung ist.
Es sei denn - deshalb meine Eingangsfrage -, man versteht ALLES als Wahrnehmungs-Produkt: "Ich nehme die Biene wahr und nur deshalb ist sie". - Wie gesagt: Theoretisch möglich, da nicht falsifizierbar.
Wie soll es denn sonst bitte sein, wenn man sonst die Selbst-Identität nicht überwinden kann!? Daran ist nichts "theoretisch", es ist sehr praktisch.
Das soll unbestritten sein. - Denn "der Wandel" ist ja gerade eine Wahrnehmungs-Größe. ---- Mit "Absoluter Wirklichkeit" ist im übrigen NICHT gemeint, dass eine Biene immer eine Biene war - sie hat evolutionär vor meinetwegen 100.000 Jahren ganz anders ausgesehen. - Es geht hier vielmehr um den kategorialen Unterschied von "Selbst-Identität der Biene im Jahr 2020" und "dem, was wir davon wahrnehmen".
Wir erleben Wandel, aber wir können keine absolute Wirklichkeit konzeptionalisieren, die sich wandeln
könnte. Und dafür braucht es keine sonderlich langen Zeiträume. Es reicht Wandel in Sekunden um festzustellen, dass eine Biene einmal an einem Ort ist und einmal an einem anderen. Wie ist das geschehen? Wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort ist, ist darin keine Bewegung zu erkennen. Und das gilt auch für jeden anderen Zeitpunkt. Sie wird sich nie bewegen. Das ist Zeno's Paradox des Pfeils.
Der einzige Schluss ist, dass sie während der Bewegung an keinem Zeitpunkt an einer Position ist, sondern an mindestens zwei Positionen. Das verletzt brachial die Selbst-Identität. Wie kann man da eine "ontischen Biene" postulieren? Es ist eher eine Art Phantom im Zwielicht des Seins und Nicht-Seins.
Es ähnelt den Verhältnissen, wie wir sie aus der Quantenmechanik kennen, wo ein Elektron sich nur zum Zeitpunkt der Positionsmessung an einem Ort befindet. Dazwischen ist es eine bloße "Wahrscheinlichkeitswolke" – wobei die schwerlich als "ontisch" durchgehen dürfte, ist sie doch nur ein Konstrukt des Formalismus.
Auf Gott bezogen ist die Selbst-Identität immer diesselbe - das wäre eine dogmatisch festgeklopfte Lehraussage aufgrund von geistlicher Wahrnehmung - aber das zu begründen, wäre ein eigenes und dickes Brett.
Selbst-Identität schließt Wandel konzeptuell aus. Auch wenn Gott nicht wandelbar ist, will man doch den Dingen der Sinnenwelt zuschreiben, dass sie sich wandeln können.
Der fundamentale Fehler ist, die "ontische Realität" der Sinnenwelt als eine Option hinzustellen, die die Ratio zwar nicht beweisen kann, aber die mit ihr auch nicht im Widerspruch steht.
Tja - so einfach ist es halt nicht. Man kann es sich nicht aussuchen. ---- Man hat Nebel um sich herum, aber gleichzeitig Hinweise, dass es Richtung Nord den Korridor gibt, in dem man Gott finden kann. - Dann sieht man Strahlen, das aber nicht ganz durchkommen.
Wenn wir nichts wissen können, dann schlägt das auch auf alle Meta-Ebenen durch.
Nichtsdestoweniger weiß man, wonach man sucht (bspw. das, woraus man ist und wohin man wieder geht). - Aber man sucht in einer eigenen Existenzform, die einen nur spüren und erschließen, nicht aber wissen lässt. ---- Einfaches Beispiel: Wenn Du heute abend eine Frau triffst, Ihr schaut Euch beide an und wisst beide: "Der/die isses", passiert etwas, was aus sich selbst eine Wucht hat, selbst wenn man nie klären kann, warum es so was geben kann. ---- Das wäre der Fall, bei dem Strahlen besonders stark durch den Nebel durchbrechen - und wenn es nur für kurze Zeit ist.
Die Heterosexualität (und "Heteroromantik") hier macht uns einen Strich durch die Rechnung, wenn wir mal annehmen, dass beide Geschlechter echt heterosexuell sein können.
Kein Wunder, dass die platonische Theorie der Liebe in einem homoerotischen Kontext (unter Ausblendung von Frauen) ausgeführt wurde. Die Form der Schönheit – etwas sehr "ontisches" – wie kann sie für den hetero-Mann nur in Frauen präsent wirksam sein? Warum hat die Form der Schönheit in Frauen keinen Effekt auf die hetero-Frau?
Sexuelles, erotisches und romantisches Verlangen hat zwar viel Wucht, aber es ist so ziemlich das Paradebeispiel für etwas, das von subjektiver Projektion ausgeht.
Das ist schnell passiert (übrigens auch bei wissenschaftlich orientieren Philosophien) - aber dem möchte ich halt das "phänomenische Modell" entgegensetzen (nachdem die Frage beantwortet ist, ob es ein ontisches Sein gibt oder ob die Welt Produkt unserer Vorstellung ist).
Hier muss man mit dem Begriff "Vorstellung" aufpassen. Das hört sich an wie spontan erzeugbar, vollständig dem eigenen Willen unterworfen und ohne innere Regularität. Unser Erleben ist meist nicht solcher Art. Etwas anderes anzunehmen ist ein Zeichen schwerer psychiatrischer Krankheit.
Wer als Spieler in einem Videospiel (am besten eine komplette VR-Simulation) eine Gegend verlässt, sie später wieder betritt, und die NPCs haben sich zwischenzeitlich bewegt, der kann auch schließen, dass die NPCs "existieren", wenn er sie nicht sieht. Schließlich ist etwas in seiner Abwesenheit ohne seinen Input geschehen. Das ist die einfachste Erklärung. Und der Chef-Programmierer des Videospiels wird einem vielleicht verraten, dass der Computer tatsächlich im Hintergrund all die Bewegung der NPCs weiter berechnet, auch bei Abwesenheit des Spielers in der Gegend.
Gerendert wird die Szene aber erst wenn der Spieler die Gegend betritt.
Aus dem Videospiel kann der Spieler "ausbrechen", das ganze aus einer Meta-Ebene betrachten und gelangt zu Seinsunterschieden, die er, wenn er im Spiel gefangen wäre (und keine andere Welt kennen würde) niemals erfassen könnte. Und die sich nicht in ein simples Schema "ontisch" vs. "Vorstellung" pressen lassen. Aber dieses Wissen hilft ihm
per se nicht weiter um im Spiel erfolgreich zu sein. Der Nutzen wird maximiert, wenn man auf der Ebene der subjektiv erlebten Phänomena bleibt.
"Ontisches Sein" ist nicht wohldefiniert und was es als Definitionsfragment hergibt, ist inkonsistent. Selbst wenn wir eine Meta-Ebene bzgl. des Universums einnehmen könnten, und dahinter steckt was Handfestes oder die Matrix oder der Genius Malignus – Wandel findet immer statt. Und den kann unsere Vernunft nicht erfassen.
Kurz: Glaubt man der Vernunft, können die Sinne keine äußere Realität wiedergeben und es ist alles nur "Vorstellung" (im Sinne von Phänomena). Trotzdem gibt es, so scheint es doch, Informationen außerhalb des menschlichen Geistes.
Man kann natürlich auch den Sinnen glauben, dass das, was wir durch sie wahrnehmen wahr ist. Aber dann ist die Vernunft eh diskreditiert, weil sie das Sein grundsätzlich nicht erfassen kann. Und darf dann keinen Zweifel mehr an dem Zeugnis der Sinne anmelden. Das wäre so der alltägliche Wirklichkeitsbegriff.