Die Grundfrage, ob es noch Prophezeiungen für Israel gibt, ist die, was Israel heute ist - wie kann man Römer 11, 23-27 auslegen:
Ich stelle mal die Sicht von Jettel ein, der ich in den meißten Punkten folge:
III. Paulus‘ Schlussfolgerung im Blick auf Röm 11,23-27
1. Der verstockte Teil Israels und seine Wieder-Einpfropfung (V. 23.24)
Bald nach der Auferstehung des Herrn verkündeten die Apostel in Jerusalem Jesus als den Messias. Aber viele Juden glaubten nicht: „Ihre Gedanken wurden jedoch verhärtet, denn bis auf den heutigen Tag bleibt beim Lesen des alten Bundes derselbe Schleier nicht weggezogen, der, der in Christus schwindet”. (2Kor 3,14) „Wenn unsere gute Botschaft aber auch verschleiert ist, ist sie in denen verschleiert, die ins Verderben gehen, in denen der Gott dieser Weltzeit die Gedanken der Ungläubigen verblendete, sodass ihnen nicht aufleuchtet das helle Licht der guten Botschaft von der Herrlichkeit Christi, der Gottes Ebenbild ist”. (2Kor 4,3.4). Paulus sagte, wenn Israel Buße täte, würde die „Decke” (2Kor 3,14-18; 4,3-6) von ihren Augen (d. h. von den Augen der einzelnen Israeliten) fallen, und sie (jeder Einzelne) würden – in Jesus Christus – den Segen Abrahams erhalten „in dem Abkehren eines jeden”von seiner Bosheit. (Vgl. Petrus in Apg 3,26.) „Aber auch jene, wenn sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden, denn Gott vermag sie wieder einzupfropfen; denn wenn du von dem von Natur wilden Ölbaum abgeschnitten und wider die Natur in einen edlen Ölbaum eingepfropft wurdest, wie viel mehr werden diese, die natürlichen Zweige, in den eigenen Ölbaum eingepfropft werden.” (Röm 11,23) Der Grund für den Ausschluss Israels war dessen Unglaube. Es ist hier der verhärtete Teil Israels angesprochen, bestehend aus einzelnen Israeliten. Sofern diese Einzelnen (die zur Zeit des Apostels Paulus noch lebten) nicht im Unglauben bleiben würden, würden sie wieder eingepfropft. Dies ist der Weg, wie Israel zu seinem Heil kommt: Buße und Glaube. Dies geht konform mit dem, was Paulus in 2Kor 3,15-16 erklärt: „[…] sondern bis auf den heutigen Tag [ca. 56 n. Chr., als der 2. Korintherbrief geschrieben wurde] liegt, wenn Mose gelesen wird, der Schleier auf ihrem Herzen. [Paulus zitiert nun Ex 34,34] ‚Wenn es [Israel kollektiv] aber zum Herrn hin umkehren wird [in jedem einzelnen Fall, wann auch immer], wird der Schleier weggenommen‘.” Jedes Mal, wenn – bildlich ausgedrückt – „Israelitenzweige” sich bekehrten, wurden sie ohne Weiteres wieder in den „Ölbaum” eingepfropft. Es war naheliegend, denn es war ihr natureigener Ölbaum. Gott hatte diese „Zweige“ nicht unwiderruflich verstoßen. Die Juden durften immer noch kommen – die gesamte Zeit hindurch, solange die Heidenmission des Apostels Paulus andauerte. Sobald Israeliten umkehrten, wurde der Schleier, der auf ihrem Herzen (in ihrem Denken) lag, weggenommen. Die Hinkehr Israels zu seinem Messias geschah in der Zeit zwischen Pfingsten und dem angesagten Gericht Gottes. 2. Wenn die Fülle der Heiden eingegangen ist, hat der Verhärtungsprozess ein Ende. (V. 25) V. 25: „[…] denn Verhärtung ist Israel zu einem Teil widerfahren ‹und widerfährt ihnen›, bis die Heidenfülle (o.: die Fülle derer aus den Völkern) eingegangen sein wird”. Bis zu jenem Zeitpunkt widerfuhr Israel fortschreitende Verhärtung „zu einem Teil“, sagt Paulus. Das Verhärten Israels ging Hand in Hand mit der Evangeliumsverkündigung des Apostels überall dort, wo Christi Name noch nicht genannt worden war (Röm 15,20); Paulus verkündete jeweils „den Juden zuerst“, danach den Heiden (Röm 1,16; Apg 13,46.47). Da das Eingehen der Heiden mit dem Dienst des Apostels Paulus (und auch der übrigen Apostel) zusammenhing, war das Eingehen der Heiden, von dem hier in V. 25 die Rede ist, mit dem Ende des apostolischen Verkündigungsdienstes erreicht. Mit dem Brand Roms (Sommer 64 n. Chr.) begann die schlimmste Christenverfolgung des ersten Jahrhunderts. Durch die römische Verfolgung war es den Juden im gesamten römischen Reich erlaubt, überall gegen Jesus-Gläubige vorzugehen. Für die Juden, die zum Teil von den jüdischen Zeloten dazu aufgestachelt wurden, war das eine willkommene Gelegenheit. So breitete sich die Christenverfolgung im gesamten römischen Reich aus. Die Heilige Schrift spricht von der „großen Bedrängnis“ (Mat 24,21; Off 7,14) und von der „Stunde der Versuchung (o. Prüfung)“ für die Heiligen (Off 3,10): „Weil du das Wort meiner Ausdauer bewahrtest, werde ich dich auch bewahren vor der Stunde der Prüfung (o. Versuchung), die im Begriff ist, über das ganze Weltreich (o. Imperium; gr.: oikoumenee) zu kommen, um die zu prüfen, die auf der Erde wohnen.“ Vgl. auch 1P 4,17. Mit der Verfolgungszeit und der Tötung der Apostel endete auch der apostolische Verkündigungsdienst (Mat 10,23). Somit war die fortschreitend stattfindende Verhärtung Israels abgeschlossen. Israel war nun ganz verhärtet. Nach (bzw. noch während) der Verfolgungszeit begann der jüdisch-römischen Krieg (66-74 n. Chr.). Dieser erreichte seinen Wendepunkt im Jahr 70 n. Chr. mit dem göttlichen Gericht über Jerusalem und über das historische Israel der alttestamentlichen Tempel-Ära.
3. „Und so wird das ganze Israel gerettet werden.“ V. 26.27
Wovor sollte „ganz Israel“ gerettet werden? – Vor dem göttlichen Zorngericht über das historische Israel, vgl. Apg 13,40.41:
„Seht also, dass nicht auf euch komme, was gesagt ist in den Propheten: ‘Seht, Verächter, und verwundert euch und verschwindet, weil ich in euren Tagen ein Werk wirke, ein Werk, dem ihr gar nicht glauben werdet, wenn es euch jemand erzählt!’” (Vgl. Jes 29,14; vgl. auch Röm 9,27.28.)
Wo hinein sollte „ganz Israel“ gerettet werden? – Hinein in das neue Jerusalem, in das ihnen verheißene ewige Erbe, das Königreich Gottes (2Tim 4,18; Mat 23,14), das ewige Heil (Röm 11,11; Heb 1,14; 9,28; 1Pet 1,9) und Leben (Mat 7,14; 19,17; Luk 18,18), vgl. Hes 37,23-28:
„Und ich werde sie retten aus allen ihren Wohnsitzen, in denen sie gesündigt haben; und ich werde sie reinigen. Und sie werden mein Volk, und ich selbst werde ihr Gott sein. Und mein Knecht David wird König über sie sein, und sie werden allesamt einen Hirten haben. Und sie werden in meinen Rechten wandeln und meine Satzungen bewahren und sie tun. Und sie werden in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, worin eure Väter gewohnt haben. Und sie werden darin wohnen, sie und ihre Kinder und ihre Kindeskinder, bis in Ewigkeit. Und mein Knecht David wird ihr Fürst sein in Ewigkeit. Und ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen schließen, ein ewiger Bund wird es mit ihnen sein. Und ich werde sie einsetzen und sie vermehren und werde mein Heiligtum in ihre Mitte setzen in Ewigkeit. Und meine Wohnung wird über ihnen sein. Und ich werde ihr Gott, und sie werden mein Volk sein. Und die Völker werden erkennen, dass ich Jahweh bin, der Israel heiligt, wenn mein Heiligtum in ihrer Mitte sein wird in Ewigkeit.“
Wie sollte Israel gerettet werden? Auf dieselbe Weise wie die Heiden: „Vielmehr glauben wir (d. i.: wir Juden), durch die Gnade des Herrn Jesus Christus gerettet zu werden, auf dieselbe Weise wie auch jene (d. i.: jene aus den Völkern).” (Apg 15,11)
Was meinte Paulus mit: „Und so […]“ (Röm 11,26)? Im Englischen „And thus”, d. h.: „Und so” bzw. „Und folglich”. Folglich werde es ein „ganzes” Israel geben, sagt Paulus. Und dieses werde „gerettet werden”. Man könnte auch übersetzen: „Und auf diese Weise“ (wird das ganze Israel gerettet werden). Die Propheten hatten vorausgesagt, dass Israel „am Ende” „gerettet” werden sollte (Jes 49,4-26; 52,7; Jer 23,5-8; 30,7-24; 31,6-34; Joel 3,1-5; 4,1.16-21; Am 9,11-15; vgl. Ps 14,7; 69,36; 110; Jes 11 u. 12; 45,17; 46,13; Kap. 54; 60-62; 65; 66; Ob 17.21; Sach 8,13; 9,9.10; 12,10; 13,1.7-9; 14,1-21 u. a.). Die Frage war: Wie? Wie sollte es zu der im Alten Testament verheißenen zukünftigen Wiederherstellung von „ganz Israel” kommen? – Paulus erklärt: Auf die in Röm 11,11-25 aufgezeigte Art und Weise! Israel wurde in der „Endzeit” (in den „letzten Tagen”, Apg 2,17; Heb 1,2; Jak 5,3) zur Eifersucht gereizt. „Etliche” (Röm 11,14) kamen zum Glauben. Auf diese Weise geschah die endzeitliche Sammlung Israels in den „letzten Tagen” vor Abschluss der israelitisch-levitischen Tempel-Ära. Diese Zeit war abgeschlossen, als die Mission des „Völkerapostels“ Paulus beendet und die Fülle derer aus den Völkern (jene große Menge der Heiden) „eingegangen“ war. Fazit: Das „ganze Israel” ist demnach das um die Ungläubigen dezimierte historische Israel – unter Einschluss all derer aus den Völkern, die durch den Glauben an Christus „eingepfropft“ wurden; denn auch sie gehörten nun zum „edlen Ölbaum“ (Röm 11,16ff), zum „erwählten Geschlecht“, zur „königlichen Priesterschaft“, zum „heiligen Volk“, zum „Volk des Eigentums“ (1Pet 2,9.10).