ThomasM hat geschrieben:Das kann nur jemand sagen, der nicht weiß, was Berechnung ist.
Hast du deshalb keinerlei Informationen geliefert, was für dich „Berechnung“ sein soll?
Tatsache ist, dass Neuronen Eingangspotentiale sammeln (Aufsummieren=Addition) und beim Überschreiten eines Kriteriums (Limitvergleich=Subtraktion) das gesammelte Potential weitergeben.
Des Weiteren werden diese Potentiale auf eine
nicht zufällige Weise im Gehirn durch neuronale Verbindungen geschleust.
Diese Vorgänge lassen sich (zumindest für wenige Neuronen) mathematisch beschreiben.
Ich sehe nicht, wo der Einsatz des Wortes „Berechnung“ problematisch sein soll.
Der Vorteil von „Berechnung“ ist, dass er unmissverständlich die Normalität verdeutlicht. Da ist keine Magie, keine „im Hintergrund agierende Unsichtbarkeit“, beteiligt.
Ich denke, dass der Begriff damit ausreichend begründet ist.
ThomasM hat geschrieben:Um deine Behauptung zu beweisen, müsstest du zuerst definieren, was "Bewusstsein" eigentlich ist. Da scheitert es doch bereits.
Damit habe ich vielleicht schon begonnen:
Ich verwende das Wort „Bewusstsein“ nur noch selten, weil ich den Begriff „Verstehen“ für viel exakter halte.
„Verstehen“ ist hierbei ein spezieller Umgang mit Bedeutungszusammenhängen (Abläufe), in dem es zu Reaktionszwängen kommt, d.h. es können keine zweifelnden Reaktionen stattfinden. „Verstehen“ ist dabei ein Begriff für die korrekte Integration und Verwaltung von Bedeutungszusammenhängen in einer Schalttechnik (im Sinne der Möglichkeiten des Gesamtsystems).
Die phänomenale Situation „Ich sehe eine blaue Fläche“ (hier nur sprachlich angedeutet), besteht aus einzelnen Verstehzwängen, nach dem Motto: die Möglichkeiten des Umganges (Reaktion) mit dieser Situation schliessen zweifelnde Aspekte vollständig aus.
D.h. es wird nicht das Bewusstsein gesucht, sondern es werden die Mechanismen/Regeln gesucht, nach denen Neuronen einem bestimmten Schaltablauf folgen.
Das ist selbstverständlich unglaublich schwer (zumal die Abläufe auch noch sehr stark optimiert arbeiten), aber es hat direkt mit dem Gehirn zu tun, d.h. man könnte tatsächlich einzelne Beweise oder Gegenbeweise finden.
Beispiel:
Aktuell vertreten Neurowissenschaftler die Hypothese, dass die Gehirnnetzwerke
nicht zufällig sind, d.h. es handelt sich nicht um eine Art „wilden Verstärkerapparat für eine Intelligenz im Hintergrund“, sondern es geht um gezielte Abläufe (Berechnungen).
ThomasM hat geschrieben:Und Komplexität ist auch nicht gleich Bewusstsein
Ich habe dieses Argument nie vertreten und finde es sogar eher unvernünftig, denn aus Komplexität ergibt sich keine Funktion.
Ich vermute, dass diese Behauptung, philosophisch auf das Bauchgefühl abzielen soll und/oder aus der Zeit stammt, da die Neuronenverteilung im Gehirn als zufällig angesehen wurde.
ThomasM hat geschrieben:Die wesentliche Frage ist "Ist das Ganze größer als die Summe der Teile"?
Nein, das ist sogar die schlechteste aller Fragen, weil diese „Emergenz-Frage“ nur innerhalb einer
fertigen Wahrnehmung vorkommt.
D.h. dass „das Ganze mehr ist, als die Summe der Einzelteile“ ist ein Urteil aus Wahrnehmungssicht, also „Jemand“ vergibt Bedeutungen.
Rund ums Gehirn geht es aber um die Herstellung von Wahrnehmung, d.h. man vermischt Herstellung mit Anwendung, wodurch der „Emergenzansatz“ (zumal gar kein Inhalt vorliegt) ein gigantischer Reihenfolgenfehler ist.
ThomasM hat geschrieben:Deine Verwendung des Wortes "selbstorganisiert" ist zwar sehr modern und hört sich auch ganz hochgelehrt an. Das Wort ist aber leer, denn damit ist immer noch nicht gesagt, was Bewusstsein ist und wie es zustande kommt.
„Selbstorganisierend“ verdeutlicht, dass es keine weitere Organsiationsintelligenz ausser den Vorgängen im Gehirn gibt.
D.h. beim Heranwachsen des Gehirns werden Neuronen und Basisverschaltungen über die Gene gebildet. Die Strukturen haben sich hierbei evolutionär entwickelt und können über die Arten hinweg, ähnlich wieder gefunden werden.
Beim Lernen bildet das Gehirn neue Verbindungen und ändert die Gewichtungen der Neuronen. Hierbei bedeutet „selbstorganisierend“ dass es Gehirnvorgänge sind, aus denen sich die Funktionalität dieses Umbaus (Plastizität) ergeben.
Träume spielen dabei (aus meiner Sicht) eine gewichtige Rolle, sozusagen das „Ausprobieren des Umbaus“.
ThomasM hat geschrieben:Es erklärt auch nicht, wie Entscheidungen zustande kommen
Man muss hierbei zwei „Anteile“ unterscheiden:
1.
Die eigentliche Handlung der Entscheidung ist für ein Schaltwerk trivial, denn es macht sozusagen nicht anderes, als dass an jedem Knotenpunkt eine Entscheidung getroffen wird.
2.
Das tatsächliche Ablaufen einer Entscheidung mit anderen Vorgängen zu koordinieren. Hierbei spielt (so vermute ich) das „Verstehen“ eine zentrale Rolle, d.h. für den „zentralen Herzschlagablauf der Bedeutungszusammenhänge“ (das Verstehen) muss das Stattfinden der „Neuronal-Entscheidung“ in einen systemweiten Kontext gebracht werden.
Wie die Forscher herausgefunden haben, gibt es die 200ms-Grenze des „Point-Of-No-Return“, d.h. in dieser Zeit
müssen Schaltabläufe stattfinden, ohne dass es zu einer eingreifenden Anpassung kommen kann.
Hier würde ich das Aufbereiten der „Neuronal-Entscheidung“ ins „Verstehen“ ansetzen.
ThomasM hat geschrieben:Aus Erfahrung wissen wir, dass es trainierte, automatisierte Bewegungsabläufe gibt, gerade im Sport sind die ziemlich wichtig. Das ist so etwas, wie Berechnung, eine Funktion wird aufgerufen.
Bei den automatisierten Abläufen sprichst du also durchaus von „Berechnung“.
OK, wo im Gehirn soll die Grenze verlaufen, zumal „bewusste Abläufe“ mit der Zeit automatisiert werden und das Gehirn einheitlich aus Neuronen und Verschaltungen aufgebaut ist?
ThomasM hat geschrieben:Aber die Mehrheit der Entscheidungen sind nicht dieser Art. Was triggert sie? Wie kommen sie zustande?
Tatsächlich?
Was, wenn das gar nicht stimmt, wenn es einheitlich
nur Berechnungen gibt, aber bestimmte Vorgänge auf Grund von Bewertungsmechanismen, in einen systemweiten Abgleich/Kontrolle (das Verstehen) eingebunden werden?