Nobody2 hat geschrieben: ↑Mi 6. Jan 2021, 14:13
Kannst Du diese Gedankengänge vielleicht in wenigen Sätzen klar verständlich und logisch konsequent auf den Punkt bringen?
Ob ich das in Kürze logisch aufbauen kann, wie ich es damals gemacht habe, weiß ich nicht. Aber ich kann mal im Sediment wühlen, wo die Ergebnisse ruhen.
Wie soll man da anfangen - vielleicht mit Gottfried Benn, der mal gedichtet hat:
Ein Wort, ein Satz,
Aus Chiffren steigt,
Erkanntes Leben, jäher Sinn
Sinn ist also kein Produkt des Wortes, sondern Wort ist der Versuch, einen Sinn erkennbar zu machen. - Insofern ist das "Am Anfang war das Wort" eine grottenschlechte und irreführende Übersetzung von "logos" bzw. "memra". - Eigentlich müsste es (christlich) heißen "Am Anfang war Gott und dann der Sinn und dann das Wort" (Wenn nun argumentiert wird, dass "das Wort" Jesus sei, kann man eigentlich gescheiter sagen "Am Anfang war Jesus", was geht, wenn man Jesus als Selbst-Offenbarung Gottes versteht).
Warum diese Einleitung? - Weil die Frage, was "Liebe" ist, nur aus dem fundamentalen Sinn Gottes beantwortbar ist und nicht mit "Ich liebe meine Frau" oder "Let's make love". --- Was bedeutet also "Gott ist die Liebe?". -- Mein (vorläufiger) Endstand ist/war: Das Vereintsein von ALLEM oder die Sehnsucht danach.
"Vereintsein" heißt aber, dass alles EINS ist, was in dem (katholischen) Begriff "Visio Beatifica" recht gut beschrieben wird. - Im leider nur englisch verfügbaren Wik-Text heißt es:
In Christian theology, the beatific vision (Latin: visio beatifica) is the ultimate direct self-communication of God to the individual person. A person possessing the beatific vision reaches, as a member of redeemed humanity in the communion of saints, perfect salvation in its entirety, i.e. heaven.
Also eine allseits bewusste, glückselige, unangreifbare, un-dualistische Ganzheit ("entirety"). -Bei Hegel heißt es (PG 24) dazu: Hegel:
„Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen.“
Alles, was NICHT so ist, ist kein entwicklungsfreier Zustand. Ist aber noch Entwicklung da, ist noch kein (teleologischer) Endpunkt erreicht, also noch nicht göttliche Sphären bzw. Gott selbst erreicht. - Insofern ist "Liebe" in diesem "Visio-Beatifica-Sinn" der einzige Zustand, der entwicklungsfrei und perfekt ist - und ebenfalls wichtig: Der nicht dualistisch/dialektisch ist, in dem es also nicht Protagonistisches (das Gute) und Antagonistisches (das Böse) gibt. - Und zwar deshalb, wenn man "böse" nicht als eigenes Sein, sondern als Mangel an Sein, also als Nicht-Gutes, versteht (das meint übrigens auch Augustinus). Denn durch das Einssein (Entirety) von allem gibt es keinen Abstand mehr zu Gott und somit auch nicht das Gegenspiel von "gut" und "böse".
Mit anderen Worten: Alles andere als "Gott IST die Liebe" ist weniger als das. --- Da Gott aber nicht "weniger" sein kann, ist der Satz "Gott ist die Liebe" richtig.
Lena hat geschrieben: ↑Mi 6. Jan 2021, 15:24
Hiob, darf ich dich fragen was es für dich bedeutet, wenn du ein Wort, z.B Wahrheit so schreibst: "Wahrheit".
Meinst Du damit eine Abschwächung des Wortes? Mir ist kürzlich aufgefallen das Leute das sehr oft gebrauchen.
Mal so, mal so. --- Manchmal will man damit die Begrifflichkeit unterstreichen, manchmal will man damit eigene Distanz ausdrücken - also sehr unterschiedliche Motive. --- Wenn ich "Wahrheit" schreibe, dann deshalb, weil ich die Begrifflichkeit unterstreichen will - wenn ich "moderne 'Aufklärung' " schreibe, dann deshalb, weil ich in Frage stellen will, dass das, was man heute "Aufklärung" nennt, wirklich aufgeklärt ist.
Lena hat geschrieben: ↑Mi 6. Jan 2021, 15:24
Es geht noch weiter, oder?
Ich hab's gerade oben Nobody2 gegenüber probiert. - Kannst Du dem zustimmen?
Sunbeam hat geschrieben: ↑Mi 6. Jan 2021, 14:59
Was mich an Fragen dazu umtreibt wäre dann: Hat der Glaubende, auch der Suchende, auch der wirklich Liebende und auch der Zögerer und Zauderer nicht immer einen direkten Draht zu Gott, kurz alle Menschen, die ehrlichen Herzens glauben und dem unbedingt Vertrauen, der von den Menschen Gott genannt wird.
ALLE haben diesen direkten Draht - nur ist er oft aus kulturellen Gründen eingerostet und muss erst poliert werden, damit er wieder leitfähig ist. - JEDER Mensch ist potentiell "draht-fähig".
Sunbeam hat geschrieben: ↑Mi 6. Jan 2021, 14:59
Braucht des dazu überhaupt Priester-Kasten und Hierarchien von Klerikern, oder die selbsternannten Pseudo-Propheten die meinen, nur sie hätten ein rotes Telefon zum lieben Gott?
Prinzipiell ja, weil es ja gerade deren Aufgabe ist, diesen Draht zu entrosten. - Aber wie Du in Deiner eher abfälligen Aufzählung andeutest, ist dieses Feld der "Priester-Kasten" sehr heterogen besetzt - noch mehr: Es ist nicht objektivierbar im Sinne von "Ich kann nachweisen, dass das ein Guter und das ein Schlechter ist". - Hier vermischt sich das Böse mit dem Guten - also normal.
Deshalb ist eines der wichtigsten Gebete überhaupt das mit der Bitte um Unterscheidung der Geister.