Als wilder Tourist in Sibirien

Literatur, Malerei, Bildhauerei
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

Jetzt will ich noch erzählen, wie ich wieder nach Hause kam.

Genau wie im schlesischen Mittwoch hatte ich mich mal wieder etwas mit der Zeit verschätzt.

Es war mir klar, daß ich den Zug, den ich mir ausgesucht hatte, nicht mehr erreichen würde.

Diesmal war das aber nicht so schlimm, ich hatte ja keine Verabredung.

Ich kam etwa eine halbe Stunde zu spät an den Bahnhof und wollte nach dem nächsten Zug schauen.

Doch "mein Zug" stand noch da! So hatte ich mal einen Vorteil davon, daß in Rußland Pünktlichkeit nicht so wichtig ist.

Ich stieg ein, und der Zug fuhr ab!

Gerade, als ob er auf mich gewartet hätte!
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

Und nun komme ich zum Thema Religion.

Nach und nach möchte ich nun von drei Besuchen erzählen:
1. In der Moscheee zu Perm
2. Bei einem russisch-orthodoxen Gottesdienst
3. Bei einem katholischen Gottesdienst
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

1. In der Moschee zu Perm


Da ich ja badische Moscheen schon gut kenne, wollte ich auch gerne mal eine russische Moschee besuchen.

Nina und ihr Freund fuhren mich im Auto in die Nähe. Sie parkten aber in respektvollem Abstand, und waren nicht dazu bewegen, mitzukommen.

Russen denken bei Moslems wohl oft an ..... "Tschetschenien .... Terroristen .... Anschläge .... usw ...."


Umgekehrt wusste ich auch nicht so genau, wie die Moslems in der Moschee reagieren würden, wenn ich als nicht-moslemischer "Russe" da so einfach hereinspaziert käme.

Doch sie hielten meinen Besuch für ganz selbstverständlich.

Niemand der Gläubigen im Vorraum wunderte sich im geringsten, als ich hereinkam, wie schon gewohnt die Schuhe auszog, und dann in den Gebetsraum ging.

Sicher hielten sie mich für einen der Ihren.

Der Gebetsraum war wie immer sehr schön ausgemalt und für mich faszinierend.
Eine Weile blieb ich dort.

Dann verließ ich die Moschee wieder, so selbstverständlich wie ich gekommen war.

Ohne dass das jemanden irgendwie aufgefallen wäre.

Nur meine russischen Freunde waren froh, dass ich heil wieder zurückgekommen war.
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Magdalena61
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Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Magdalena61 »

Esperanzia hat geschrieben: So 10. Mär 2019, 10:54Ich kam etwa eine halbe Stunde zu spät an den Bahnhof und wollte nach dem nächsten Zug schauen.

Doch "mein Zug" stand noch da! So hatte ich mal einen Vorteil davon, daß in Rußland Pünktlichkeit nicht so wichtig ist.

Ich stieg ein, und der Zug fuhr ab!

Gerade, als ob er auf mich gewartet hätte!
:)

Mir scheint, Gott passt(e) auf dich auf.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

Magdalena61 hat geschrieben: So 10. Mär 2019, 18:25 Mir scheint, Gott passt(e) auf dich auf.
Das kann gut so sein!
Und nicht nur in Russland.

:idea:
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

2. Bei einem russisch-orthodoxen Gottesdienst

Zweimal habe ich einen russisch-orthodoxen Gottesdienst miterlebt.

Das erste Mal in einem Kloster, das erst vor kurzer Zeit der Kirche zurückgegeben worden war. Noch eine halbe Bauruine, war es doch schon wieder von Mönchen bewohnt und ein beliebter Wallfahrtsort geworden.

In Erinnerung habe ich noch diesen Kontrast: Oben bereits eine gold-strahlende Kuppel, darunter aber noch eine graue Baustelle mit vielen Gerüsten.

Der Kirchenraum war noch eher dunkel und schmucklos, fast scheunenartig.

Und auch hier der Kontrast: die einfachen Mönche in schwarzen Kutten, mit wilden Bärten. Jeder wie ein Rasputin.

Und dann der Pope im goldenen Ornat. Etwas erhöht stand er vor der Gemeinde, vornehm und wie geistesabwesend. Er hielt den Gläubigen ein Kreuz zum Küssen hin. in einer langen Schlange standen sie dazu an.

Danach bekam jeder ein kleines Brot, sozusagen die Hostie.

Diese Hostie konnte man mit nach Hause nehmen.

Wie ich hörte, war der Segen dieser Hostie ein Jahr lang gültig. Dann sollte man zum Kloster zurückkehren, und den Segen erneuern lassen.

So war für einen Dauer-Pilgerstrom gesorgt.

Daneben gab es noch eine heilige Quelle, an der ein Mönch in schwarzer Kutte den Pilgern das heilige Wasser zuteilte.

Viele hatten bunte Plastik-Eimer mitgebracht, um einen möglichst goßen Vorrat an Heiligkeit mit nach Hause nehmen zu können.

Selber kaufte ich dort eine kleine Ikone als schönes Andenken.
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

Über Gottedienste in russisch-orthodoxen Kirchen könnte ich noch mehr erzählen.
Nun aber soll es erst einmal mit einem katholischen Gottesdienst in Russland weitergehen.
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

3. Bei einem katholischen Gottesdienst

In Perm gibt es auch eine evangelische und eine katholische Kirche.

Beide sind einmal von Deutschen erbaut worden.

Nach der Revolution wurden sie ebenso wie viele orthodoxe Kirchen zweckentfremdet, und nach der Wende dann den Kirchengemeinden wieder zurückgegeben.

Beide Kirchen habe ich besucht, und dann in der katholischen Kirche schließlich an einem deutschen Gottesdienst teilgenommen.

Davon würde ich gerne später noch erzählen.

So viel schon jetzt: Der Gottesdienst war nicht nur deutsch, sondern auch gleichzeitig sehr international.
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

Ich beginne mal mit der Zeit vor den Gottesdiensten, von dem ich erzählen möchte.

Als ich von Nina hörte, es gebe da eine katholische Kirche in Perm, wollte ich sie natürlich auch sehen.

Das Gebäude war vorher auch Museum gewesen, und erst vor einiger Zeit der Kirche zurückgegeben worden.

Doch sah man nichts mehr von der früheren Nutzung, innen sieht die Kirche aus wie eine katholische Kirche bei uns auch!

Ich versuchte dort jemanden zu finden, der deutsch oder englisch sprach.

Von einer tschechischen Ordens-Schwester wurde ich an eine slowakische Ordens-Schwester weitergereicht, und dann schließlich an eine russische Hochschul-Lehrerin.

Sie sprach (und spricht noch!) ein ausgezeichnetes Deutsch!

Von ihr erfuhr ich dann, am Donnerstag abend sei jede Woche eine Messe in deutscher Sprache, am Sonntagmorgen dann ein Messe in russischer Sprache.

Beide Messen habe ich dann besucht, und werde davon erzählen!
Munro

Re: Als wilder Tourist in Sibirien

Beitrag von Munro »

Nun will ich mal von dieser katholischen Messe in Perm erzählen.

Natürlich wird man sich da als Katholik besser hineindenken können, aber auch für Nicht-Katholiken könnte es interessant sein.

Es war rührend: Die Seele des deutschen Gottesdienstes war eine Russin! Sie konnte besser deutsch als die wenigen Rußlanddeutschen, die es noch in Perm gibt.

Es war eben jene Hochschul-Lehrerin, bei der ich mich schon zuvor nach den Zeiten für die Gottesdienste erkundigt hatte.

Ich saß neben ihr, und sie sang mit Begeisterung die deutschen Kirchenlieder!

Ihr Weg hatte sie von der russisch-orthodoxen Kirche über den staatlichen Atheismus dann zur katholischen Kirche geführt.

Der Gottesdienst war aber nicht nur deutsch.

Es war eine für mich faszinierende Mischung.

Die Fürbitten wurden in den Sprachen der Anwesenden gesprochen:

Russisch, Deutsch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch.

Und dann auch noch auf Englisch. Das kam nun aber nicht etwa von Engländern oder Amerikanern.

Es kam von indischen Schwestern vom Orden der Mutter Teresa.

Das fand ich besonders exotisch:

Katholische Inderinnen in Sibirien!
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