Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

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jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Hiob hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 08:51
Andreas hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 02:32 Wieso muss eine historisch-kritische Exegese kritisch hinterfragt werden, und wieso wird das Hinterfragen einer anderen Exegese gleich als Bibelkritik gewertet?
So ist es ja nicht. - Die HKE wird kritisch hinterfragt, wenn sie sich als Alleinvertreter biblischer Auslegung (und das auch noch in spirituellen Fragen) darstellt oder dargestellt wird.
Interessant. Da trägt eine Methodensammlung den Begriff "kritisch" bereits im Namen und wundert sich, wenn ihre Beiträge entsprechend bewertet werden.

Eine Bibel Exegese seitens der HKM muss neben vielen anderen Aspekten schon aus dem Grund kritisch betrachtet werden, weil ein methodisch ungeistlicher Ansatz bei einem geistlichen Buch, dem Objekt der Forschung gar nicht gerecht werden kann... und dies dem Selbstanspruch der HKM entsprechend auch gar nicht will.
Hiob
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 09:01 Eine Bibel Exegese seitens der HKM muss neben vielen anderen Aspekten schon aus dem Grund kritisch betrachtet werden, weil ein methodisch ungeistlicher Ansatz bei einem geistlichen Buch, dem Objekt der Forschung gar nicht gerecht werden kann...
Deshalb haben ja Päpstliche Kommission und Rem recht, wenn sie von "unverzichtbar FÜR das Verständnis" respektive "Bereicherung des Bibelverständnisses" sprechen. - Allerdings scheint es hier einen Zauberlehrling-Effekt gegeben zu haben, dass Vertreter der HKM zu meinen glauben:
" Hat der alte Hexenmeister,
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben".
jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Hiob hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 09:58Deshalb haben ja Päpstliche Kommission und Rem recht, wenn sie von "unverzichtbar FÜR das Verständnis" respektive "Bereicherung des Bibelverständnisses" sprechen.
Wobei es hier jederzeit möglich wäre, die HKM durch eine HBM (historisch-biblische Methoden) oder HTM (historisch-theologische Methoden) oder ähnliches zu ersetzen. Das auch ein methodisch-atheistischer Ansatz nicht frei oder gefeit von/vor inhaltlich tendenziösen Ergebnissen ist, hat die Geschichte der HKM eindrucksvoll bewiesen. Es spräche also nichts dagegen, die HKM zu ersetzen, was der Effektivität vielleicht sogar gut tun könnte. Nun sind die HKM aber nun mal da, weshalb wir uns ihre Ergebnisse auch zu Nutze machen können. Aber in Stein gemeißelt ist da nichts... zur Not ersetzt man sie eben.
Rembremerding

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Rembremerding »

jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 10:09 Wobei es hier jederzeit möglich wäre, die HKM durch eine HBM (historisch-biblische Methoden) oder HTM (historisch-theologische Methoden) oder ähnliches zu ersetzen.
Seit den 1980ern wird eben eine in den USA entwickelte (in Europa wäre es unmöglich gewesen) kanonische Exegese gegenüber einer den Glauben zu widerlegen suchende HKM bevorzugt. Die kanonische Exegese fragt nicht nach einem isoliert dastehenden ursprünglichen Sinn eines Bibeltextes, so wie die Naturwissenschaft alles zu zerlegen und getrennt zu analysieren versucht, sondern nach der Rezeption des Textes in der Glaubensgemeinschaft. Der Adressat und der Absender erhält dadurch mehr Gewicht.

Die Katholische Lehre spricht seit jeher von einer Achtung auf die Einheit der ganzen Schrift als ein Grundprinzip theologischer Exegese.
Seit 1993 wird diese kanonische Exegese in katholischen Fakultäten (wie es bei evangelischen aussieht, kann ich nicht sagen) durch Ergebnisse der HKM ergänzt. Vielleicht ist die erwähnte HBM oder HTM nur ein anderes Wort dafür. Ratzinger schreibt dazu:
„»Kanonische Exegese« – Lesen der einzelnen Texte der Bibel in deren Ganzheit – ist eine wesentliche Dimension der Auslegung, die zur historisch-kritischen Methode nicht in Widerspruch steht, sondern sie organisch weiterführt und zu eigentlicher Theologie werden lässt.“
Die HKM untersucht die Entstehungsgeschichte und den Anfangssinn der Bibeltexte in seinem historischen Kontext. Das Ergebnis jedoch wird an die kanonische Exegese übergeben, denn dort wird die Frage nach der Inspiriertheit sowie Gegenwarts- und Zukunftsbezogenheit zugelassen, was bei einem Text von und für Gläubige unbedingt notwendig ist.
Der kanonische Zugang lässt quasi das göttliche durch das Menschenwort hindurchhören.

Dabei schenkt etwa die HKM dieser Exegese die Erkenntnis, wie schon früh ältere Texte in neuen Situationen neu aufgenommen wurden.
In der Geschichte dieser "Schriftwerdung" kann man die Spur des Hl. Geists erkennen und dessen "Hl. Geist-Methode" der Exegese dann fortführen - in Situationen und Herausforderungen zu allen Zeiten, auch heute.
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 10:09 Wobei es hier jederzeit möglich wäre, die HKM durch eine HBM (historisch-biblische Methoden) oder HTM (historisch-theologische Methoden) oder ähnliches zu ersetzen.
Da bin ich nicht sicher - denn der Charme der HKM besteht doch gerade darin, dass sie (bei richtiger Anwendung) religiös neutral ist ("apriorifrei", wie Rom sagt). - Mit anderen Worten: Sie ist DIESSEITS spiritueller Aussagen angesiedelt - allerdings muss sie das auch einhalten (da scheint das Problem zu sein).

Rembremerding hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 11:28 Die HKM untersucht die Entstehungsgeschichte und den Anfangssinn der Bibeltexte in seinem historischen Kontext. Das Ergebnis jedoch wird an die kanonische Exegese übergeben
1) Genau so ist es.
2) Genau dieses Verständnis wird von HKM-Jüngern bitter bekämpft.
jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Hiob hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 12:56Da bin ich nicht sicher - denn der Charme der HKM besteht doch gerade darin, dass sie (bei richtiger Anwendung) religiös neutral ist ("apriorifrei", wie Rom sagt).
Auf dem Papier mag das irgendwo geschrieben stehen. In der Praxis sieht es anders aus, da die HKM vielleicht nicht speziell religiöse aber doch längst nicht ohne Grundannahmen oder Axiome auskommt und auskommen kann. Praktisch halte ich die absolute Neutralität für unmöglich und nicht zielführend.

Der methodische Ahteismus ist eines dieser Grundannahmen. Gerade die Wahl eines methodischen Atheismus steht einer Neutralität aber bereits im Weg. Die Frage ist in dem Zusammenhang, was man unter "neutral" versteht. Nicht einer bestimmten Konfession zugeordnet? Das die HKM keinem Glauben und eben auch keiner geistlichen Realität zugeordnet und in dem Sinne neutral ist, versteht sich von selbst, ist aber kein Qualitätsmerkmal sondern lediglich eine methodische und dem Obekt des Studiums (Bibel) unangemessene Grundentscheidung.
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 13:03 Praktisch halte ich die absolute Neutralität für unmöglich und nicht zielführend.
Klar - deshalb sollte man immer "religiös apriorifrei" sagen - absolut gesehen ist sie selbstverständlich NICHT apriorifrei.
jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 13:03Der methodische Ahteismus ist eines dieser Grundannahmen. Gerade die Wahl eines methodischen Atheismus steht einer Neutralität aber bereits im Weg.
Das kommt auf die Aussagen an. - Wenn man rausfindet, dass "Kamel durchs Nadelöhr" ein Übersetzungs-Missverständnis sein könnte und eigentlich "Tau durchs Nadelöhr" heißen müsste, ist das eine wirklich neutrale Aussage, die dem methodischen Atheismus entspricht.

Umgekehrt wird aus meiner Sicht ein Schuh draus: Wenn man methodisch atheistisch vorgeht, darf man keine Aussagen treffen, die spiritueller Natur sind.
jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Hiob hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 13:33 Das kommt auf die Aussagen an. - Wenn man rausfindet, dass "Kamel durchs Nadelöhr" ein Übersetzungs-Missverständnis sein könnte und eigentlich "Tau durchs Nadelöhr" heißen müsste, ist das eine wirklich neutrale Aussage, die dem methodischen Atheismus entspricht.
Darauf kommt es an, ja. Was das Beispiel angeht, so braucht man dazu nicht die HKM sondern Sprachwissenschaftler die auch prima abseits einer HKM arbeiten können. Abgesehen davon, kam diese Variante weder durch die HKM zum Vorschein, noch konnte sie sich mangels ausreichender Belegbasis auch nur ansatzweise durchsetzen.

Von daher wäre gerade die fehlende Durchsetzung dieser Variante ein positiver Beitrag den die Textkritik leisten konnte. Texktkritik kann man jedoch ebenfalls außerhalb der HKM und ihrer atheistischen Ansatzweise betreiben, was konservativen Theologen auch bereits fleißig praktizieren.
Hiob hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 13:33Umgekehrt wird aus meiner Sicht ein Schuh draus: Wenn man methodisch atheistisch vorgeht, darf man keine Aussagen treffen, die spiritueller Natur sind.
Hätten sich den HKM daran gehalten, hätte es nie so viele Diskussionen darüber gegeben. Allerdings wäre der HKM dann auch die mediale Aufmerksamkeit weitgehend verwehrt geblieben und sie wäre vielleicht längst zu den Akten gelegt worden.
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 13:43 Texktkritik kann man jedoch ebenfalls außerhalb der HKM und ihrer atheistischen Ansatzweise betreiben, was konservativen Theologen auch bereits fleißig praktizieren.
Sorry - wenn es rein sachlich sein soll, hat das nichts mit "Glauben" zu tun. - Ein Textüberlieferung wird nicht dadurch anders, dass der eine gläubig ist und der andere nicht.
jesher hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 13:43 Hätten sich den HKM daran gehalten, hätte es nie so viele Diskussionen darüber gegeben. Allerdings wäre der HKM dann auch die mediale Aufmerksamkeit weitgehend verwehrt geblieben und sie wäre vielleicht längst zu den Akten gelegt worden.
Sehe ich unterm Strich genauso - aber man muss hier halt den großen Background sehen: Der Kulturkampf (oder nenne es "geistige Kampf") zwischen Anthropozentrismus und Theismus.

Nimm - ein ganz anderes Thema und nur im Kontext herangezogen - den Missbrauchsskandal:
Gäbe es diesen geistigen Kampf nicht, würde es nicht möglich sein, dass das allgemeingesellschaftliche Thema "Missbrauch" allein auf die RKK fokussiert werden würde. Man möchte den Gegner schwächen, wo es nur geht.
jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Hiob hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 14:15Sorry - wenn es rein sachlich sein soll, hat das nichts mit "Glauben" zu tun. - Ein Textüberlieferung wird nicht dadurch anders, dass der eine gläubig ist und der andere nicht.
Weshalb "sorry"? Du bestätigst meine Aussage. Man braucht keine HKM um Textüberlieferung sauber zu erarbeiten, da widersprechen wir uns nicht. Natürlich kann man nicht generell sagen, dass Glauben in der Textkritik keine Rolle spielt. Denn auch die Textkritik beruht auf Kriterien und Grundannahmen, welche sehr wohl durch die eigene Weltanschauung beeinflusst sein können, auch wenn man dort den Einfluss sehr gering halten kann.

Meine These ist, dass die HKM konstruktive Elemente enthält, welche allerdings gar nicht zwingend Teil der HKM sein müssen. Löste man die konstruktive Elemente heraus und stampfte den Rest der HKM ein, entstünde kein Schaden. Auch ohne methodischem Ahteismus sind die Denkweisen der Menschen noch so unterschiedlich, dass es eine Vielfalt an Perspektiven und Ansichten gäbe.

Was Dein OT Thema angeht, so könntest Du dazu ein extra Thema eröffnen. Das Beispiel ist in jedem Fall interessant.
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