@Faust
Naturwissenschaft (auch die Philosophie) neigt systembedingt dazu, sich an einzelnen Aspekten zu heften und verliert dabei allzu gerne die Struktur aus dem Blick, in dem sich der Aspekt ereignet.
Gerade die Evolution, die es natürlich gibt, aber vielleicht nicht exakt so, wie sie Darwin vermutete, verlangt geradezu, die Phänomenologie des Lebens zu erkunden.
An anderer Stelle bereits von mir geschrieben:
Denken wir nur als Denkanstoß doch einmal das Ungehörige und vieles erhellt sich daraus: Der Mensch ist die zum Bewusstsein erlangte Evolution.
Die Evolution, ein Tasten hin zu den Möglichkeiten, in Fibern und Fächern vermehrend, eine Flut, die einen See füllt, hier und dort das Ufer bedeckt, in diese und jene Mulde eindringt und den See erweitert. Aber nur an einer Stelle findet sich jener Ablauf, der die Vielzahl an Möglichkeiten in ein neues Flussbett lenkt. Nur dort können weitere Möglichkeiten erschlossen werden, während anderorts sich zwar Möglichkeiten kombinieren, spezialisieren, selektieren, aber manchmal erstarren und dann verdorren.
Der Primat, ein Zweig der Säugetiere, der durch wenig Spezialisierung viele Möglichkeiten in sich aktiv beließ, bis sich das Ich-Bewußtsein Bahn schuf, weil z.B. die Hände frei wurden, die Augen vorne am Kopf fokussieren.
Und dann ein weiterer Schritt: Das Denken schafft sich Raum, erfasst den Raum, der zur Erdkugel wurde, das Denken erfasst die Zeit, die zur Dauer wurde, z.B. in Millionen Jahren geologischer Abläufe unter den Füßen. Dauer und das Beherrschen des Raumes lässt die Menschheit als Individuen sich vernetzen, zusammenarbeiten, lässt Wissen wachsen, gibt Fehlentwicklungen und Erfolge weiter an die Generationen, zunehmend outgesourct aus dem Denkapparat Gehirn in digitale Möglichkeiten. Das Tasten der Evolution wird zum Forschen des Menschen. Die Erfahrung der Evolution wird zum Gedächtnis des Menschen.
Und hier ist der Grad der Angst des kleinen Menschen gegenüber den unermesslichen Möglichkeiten und die Überwindung dieser Angst bedeutsam. Eine Verunsicherung, die größte seit Erlangung des Ich-Bewusstseins. Hier wird das widersprüchliche Menschenbild der Postmoderne bedeutsam. Es gib nur zwei Richtungen: Pessimismus oder Optimismus und nichts dazwischen.
Das Leben, welches durch Evolution sich verdichtet und wächst, lässt sich nicht aufhalten durch Hoffnungs- und Sinnlosigkeit, durch Nihilismus oder Existenzängste. Die Kraft des Lebens wird sich durch Evolution weiterhin vorantasten und findet diese bewusst gewordene Evolution im Menschen kein voranschreiten, dann wird das Anwachsen ihrer Flut an einer anderen Stelle ihren Lauf hinaus aus dem See finden, hin zu seinen innewohnenden großen Möglichkeiten.
Aber eines muss bei all dem klar werden: Die Menschwerdung Gottes ist jenes, was durch biologische und/oder menschliche Möglichkeiten niemals erreicht werden kann.
Pierre Teilhard de Chardin spricht von der kosmischen Evolution, welche als einen Teil die biologische Evolution umfasst. Auf diese setzt wiederum eine kulturelle Evolution auf. Alles ist ein Akt göttlicher Schöpfung, der vom Anfang, von Alpha an, der Jesus ist, auch nach Entstehung des Menschen nicht beendet ist, sondern darüber hinaus auf einen Punkt Omega zuläuft, und in der alles wiederum auf Jesus Christus als göttliches Zentrum sich bezieht. Dieser Punkt Omega, Jesus Christus, ist somit die endgültige Erfüllung des göttlichen Schöpfungsplanes, bei dem die ganze Schöpfung vergeistigt und von Gott erfüllt ist.
Für den Menschen zählt hier allein der biblische Beleg: Nur der Mensch in Christus und Christus im Menschen lässt den Menschen vergöttlichen. Nicht als Gott, sondern als das Geschöpf in Gott, dem Schöpfer, etwas wahrlich ungeheuerliches, das sich nur die Liebe ausdenken kann.
Servus