Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

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Magdalena61
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Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Magdalena61 »

Eine sehr schwierige Frage rückte in den letzten Tagen in das Blickfeld des öffentlichen Interesses: Was soll mit den deutschen Frauen geschehen, die sich dem IS angeschlossen hatten?
In der Regel waren oder sind sie mit einem IS- Kämpfer verheiratet und haben ein Kind mit ihm oder mehrere.

Gestern zeigte die ARD eine Dokumentaion: "Leonora- Wie ein Vater seine Tochter an den IS verlor".

Auch der "Stern" berichtet über Leonora, über ihr Schicksal, ihre Kinder und ihren Vater.
Mit 15 reiste seine Tochter zum IS nach Syrien. Über die verzweifelte Suche nach Leonora
Die Videos auf dieser Seite sind kürzer als das in der Mediathek der ARD.

Die Bundesregierung hatte bisher keine sonderlichen Ambitionen gezeigt, die deutschen Frauen und ihre Kinder zurück zu holen.

Im Juli 2019 berichtete die Tagesschau:
Erstmals hat ein deutsches Gericht entschieden, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, Angehörige von IS-Kämpfern nach Deutschland zurück zu holen. Dies geht nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin aus dieser Woche hervor.

Mit diesem Beschluss wird das Auswärtige Amt aufgefordert, nun unverzüglich die Identität dreier minderjähriger Kinder im syrischen Flüchtlingslager al-Haul feststellen zu lassen und danach diesen und ihrer Mutter die Rückreise nach Deutschland zu ermöglichen. In der im Eilverfahren getroffenen Entscheidung heißt es, die aus Niedersachsen stammende Mutter und die Kinder könnten sich "unmittelbar" auf die im Grundgesetz verankerte "staatliche Schutzpflicht" berufen.
tagesschau.de
Wie seht ihr das?

Ich habe noch keine feste Meinung zu dieser Problematik.
Die Kinder tun mir leid. Die kann man nicht in Lagern und Gefängnissen verkommen lassen. Aber die Kinder ohne ihre Mütter nach Deutschland holen? Geht das?

Und wenn die Mütter mitkommen: Sind diese überhaupt noch fähig, sich in die Gesellschaft, aus der sie vor Jahren freiwillig fort gingen; die sie verachteten, um dem IS zu dienen, zu integrieren?

Sind die Frauen und Mütter nicht alle gehirngewaschen? Traumatisiert? Würden sie in der BRD überhaupt den Anschluß finden oder würden sie scheitern und sich, wenn sie keinen Fuß auf den Boden der deutschen Gesellschaft kriegen, eventuell wieder arabischen Clans und terroristischen Vereinigungen anschließen?

Wer hier mit Burka und Niqab herumrennt und öffentlich Koransuren singt, der wird vergeblich darauf hoffen, auch sozial- emotional von der angestammten deutschen Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Was tun? Welche Verantwortung haben wir; hat die Bundesregierung?

Die Doku habe ich mir angesehen. Tiefes Mitleid mit dem Vater... aber auch mit Leonora...(stellvertretend für alle betroffenen Eltern und deren Kinder)-- mit 15 war sie zu jung, um zu begreifen, und heute sieht sie mit 19 Jahren aus wie Ende 30 und wirkt, als stehe sie neben sich, als sei sie gar nicht wirklich "da".

Als 15- Jährige hatte sie noch einen deutlichen sächsischen Akzent gehabt; doch im letzten der Interviews klingt ihr Deutsch, als spräche sie nun mit arabischem Akzent.

Ja, sie ist selbst schuld. Sie war dem Vater ungehorsam und hat sein Leben in ein langjähriges Trauma verwandelt, sie hat sich Terroristen angeschlossen, sie ist heimlich nach Syrien geflogen, und wenn sie nun für den Rest ihres Lebens die Konsequenzen ihrer Fehlentscheidung tragen müsste, dann wäre das nicht ungerecht.
Hätte sie Heroin genommen und wäre daran gestorben, dann gäbe es für sie auch keine zweite Chance.

Aber ihre Kinder? Sollen die Kinder für die Fehler ihrer Mutter bestraft werden? Die Kinder sehen aus, als hungerten sie. Ungeborgen. So klein noch... gäbe man sie in eine Pflegefamilie, dann hätten sie eine reelle Chance. Und Großeltern.

Aber was, wenn der Kindsvater eines Tages aus der Haft entlassen wird und auf seinem Umgangsrecht besteht? Möglicherweise hat er auch einen deutschen Pass, das kann ich jetzt gerade nicht sagen, der Mann spricht jedenfalls Deutsch und befindet sich auch in einem Lager, getrennt von seiner Familie.

IS- Kämpfer nach Deutschland holen?
Rein gefühlsmäßig: NEIN!

Sehr komplex, das Ganze.
?
LG
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jsc
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Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von jsc »

Magdalena61 hat geschrieben: Di 10. Sep 2019, 15:38 Als 15- Jährige hatte sie noch einen deutlichen sächsischen Akzent gehabt; doch im letzten der Interviews klingt ihr Deutsch, als spräche sie nun mit arabischem Akzent.
Leicht OT:
Ist euch eigentlich auch schon aufgefallen, dass alle (?) deutschen Salafisten Konvertiten nach kurzer Zeit die Fähigkeit verlieren, normal deutsch zu sprechen? Es klingt relativ schnell so, als wäre deutsch für sie eine Fremdsprache und sie zeigen einen arabischen Akzent in der Aussprache...
Macht man das absichtlich um dazu zu gehören?
Achtung! Der Post über dieser Signatur wirft Magdalena keine Lüge vor und bezichtigt sie auch nicht der Dummheit!
Nevis

Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Nevis »

Ich meine:

Wer nach Syrien ging, um zusammen mit jenem pervers-brutalen IS zu kämpfen, der möge in Syrien bleiben.

Wer nach Syrien ging, weil er oder sie es gar so schick fand, vor der Kamera einem Gefangenen den Kopf abschlagen zu können, der soll in Syrien bleiben.
Hiob
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Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Hiob »

Magdalena61 hat geschrieben: Di 10. Sep 2019, 15:38 Was tun? Welche Verantwortung haben wir; hat die Bundesregierung?
Ich bin für Rückführung - deutsche Staatsbürger sind nun mal deutsche Staatsbürger. Man kann sie ja hier immer noch vor Gericht stellen.

Besonders gilt "Rückführung" für Frauen und Kinder - besonders die Kinder und damit automatisch auch die Mütter. ---- Was ist eigentlich passiert? Da geht eine Strömung durchs Land (Islamismus), die das Heil verspricht, aber Unheil bringt. - Allein DAS zu unterscheiden, ist für junge Leute schwer. - Und nach drei Monaten oder so merken diese junge Menschen (zu einem Großteil), dass das alles kein Traum, sondern die Hölle ist.

ECHTE Terroristen/Überzeugungs-Täter sind immer die wenigsten - egal, ob das bei den Nazis, den Stalinisten, der SED, der AfD, den Hype-Surfern jeglicher Couleur oder der IS ist (da ist die Dichte echter Verbrecher bei der internationalen Finanzwirtschaft weitaus höher).

Man kann zwar die Leute bspw. der IS formal zuordnen ("Wir können 'beweisen', dass Du .... "), aber meistens sind das fehlgeleitete naive Leute, die man nicht ein Leben lang dafür büßen lassen sollte (Europa sollte hier nicht wie die USA sein).

Und vor allem: Den meisten kann man außer "Mitgliedschaft in der IS" nichts konkret vorwerfen. - Hätte die IS gewonnen und wäre jetzt führende Kraft in Nahost, würden solche Leute als Freiheitskämpfer gefeiert werden und auch im Westen empfangen werden ...
Nevis

Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Nevis »

Hiob hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 13:40
Was ist eigentlich passiert? Da geht eine Strömung durchs Land (Islamismus), die das Heil verspricht, aber Unheil bringt. - Allein DAS zu unterscheiden, ist für junge Leute schwer. - Und nach drei Monaten oder so merken diese junge Menschen (zu einem Großteil), dass das alles kein Traum, sondern die Hölle ist.

Je nun ....

Wofür der IS steht, das hätte man schon weit früher merken können!
Nicht erst bei den Niederlagen des IS, sondern schon SOFORT!
Auch und gerade bei seinen Siegen!

Wer es soooooooooo toll und attraktiv findet, dass man gefangenen Menschen die Köpfe abschlagen darf, den möchte ich doch lieber nicht mehr in unserem Lande haben.
joris

Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von joris »

Hiob hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 13:40 Ich bin für Rückführung - deutsche Staatsbürger sind nun mal deutsche Staatsbürger. Man kann sie ja hier immer noch vor Gericht stellen.
Ja, ich auch. Wir sind noch immer ein Rechtsstaat. Mit den juristischen und gesellschaftlichen Konseqeuenzen müssen solche Leute dann natürlich leben.
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Kingdom
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Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Kingdom »

Hiob hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 13:40 Ich bin für Rückführung - deutsche Staatsbürger sind nun mal deutsche Staatsbürger. Man kann sie ja hier immer noch vor Gericht stellen.
Wenn ich im Ausland eine Straftat begehe, werde ich meist im Ausland vor Gericht gestellt und bestraft. Warum sollte man da bei IS Kämpfern eine Ausnahme machen?

Ich bin dafür das aber die Bundesregierung den Kurden und Syrien hilft, das sie diese vor Gericht bringen können und eben gem. Syrischer Rechtsprechung verurteilt werden, weil dort haben sie den Landsfriedensbruch und den Terror verübt und den Krieg angezettelt.

Bei minderjährigen Kindern, soll eine Ausnahme sein, weil dort hat der Deutsche Staat eine Verpflichtung, wenn Eltern Ihre Kinder nicht anständig erziehen können, nimmt man sie Ihnen auch zum Schutz des Kindes weg und ja das gilt auch für IS Eltern. Die Frauen sind aber volljährig, die gehören dort bestraft, wo sie die Straftat verübten.

Lg Kingdom
Nevis

Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Nevis »

Kingdom hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 14:23
Die Frauen sind aber volljährig, die gehören dort bestraft, wo sie die Straftat verübten.
Sehe ich auch so.
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Magdalena61
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Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Magdalena61 »

jsc hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 07:18 Ist euch eigentlich auch schon aufgefallen, dass alle (?) deutschen Salafisten Konvertiten nach kurzer Zeit die Fähigkeit verlieren, normal deutsch zu sprechen? Es klingt relativ schnell so, als wäre deutsch für sie eine Fremdsprache und sie zeigen einen arabischen Akzent in der Aussprache...
Echt? Ist das auch bei anderen Deutschen so?

Mir ist es vor Jahren einmal bei Königin Silvia von Schweden aufgefallen. Als Deutsche, die neben mehreren Fremdsprachen ein einwandfreies Deutsch sprach, hatte sie Carl Gustav geheiratet. Irgendwann einige Jahrzehnte später hörte ich sie im tv und war ziemlich fassungslos über ihren massiven schwedischen Akzent.
Zu diesem Zeitpunkt lebte sie aber schon einige Jahrzehnte in Schweden.

Die Muttersprache hat doch auch etwas mit der persönlichen Identität; mit dem nationalen Selbstverständnis zu tun.
LG
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Re: Deutsche IS- Familien in syrischen Lagern

Beitrag von Magdalena61 »

Hiob hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 13:40
Magdalena61 hat geschrieben: Di 10. Sep 2019, 15:38 Was tun? Welche Verantwortung haben wir; hat die Bundesregierung?
Ich bin für Rückführung - deutsche Staatsbürger sind nun mal deutsche Staatsbürger. Man kann sie ja hier immer noch vor Gericht stellen.
Aus Sicht der Tochter wäre ich auch dafür, die Kinder und die Mutter aus dem Gefangenenlager zu holen.
Sie tun mir unendlich leid.
Leonora hätte meine Tochter sein können- wie würde ich empfinden und denken, wenn es so wäre?

Es ist nicht so einfach. Leonora ist mit diesem IS- Kämpfer verheiratet. Keine Ahnung, ob die Eheschließung nach deutschem Recht gültig ist, aber nach islamischem Recht ist sie gültig.

Weißt du, was Islamisten mit Frauen machen, die ihre Männer verlassen? Auch hier in Deutschland?

Das bedeutet: Wenn Leonora ohne Zustimmung ihres Mannes nach Deutschland kommt, müssten die Behörden ihr eine neue Identität verpassen; damit sie von den Islamisten in der BRD nicht gefunden wird, was aber auch mit Inkognito- Identität nicht sicher ist. Sie war im tv, sie hat ein markantes Gesicht- man weiß auch, wie ihre Kinder aussehen. DAS werfe ich den Journalisten vor! Wie können sie so klare Aufnahmen zeigen; man hätte die Gesichter verpixeln können.

Zurück in ihre sächsische Heimat kann sie nicht.
Ihrer Mutter ist klipp und klar gesagt worden, dass ihr Haus angezündet würde, wenn Leo dort einzöge. Selbst Leute, die Leo gut kannten, sagen inzwischen zu mir: "Maik, nüscht für ungut, aber bring sie mal besser nicht hierher. Wir fühlen uns nicht wohl."
Maik Messing, der Vater auf stern.de, 9. September 2019
Dazu kommt die religiöse Ausrichtung Leonoras:
Dabei denkt sie bereits über eine Zukunft in Deutschland nach: "Wenn wir zurückkommen, wird bestimmt alles gut für uns." Dem Dschihad schwört sie ab, sie will aber weiter als Muslimin leben.
stern.de
Mit ihrer Vorgeschichte wäre, aus Sicht deutscher Dorfbewohner, eine erneute Radikalisierung nicht ausgeschlossen.
Hiob hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 13:40Man kann zwar die Leute bspw. der IS formal zuordnen ("Wir können 'beweisen', dass Du .... "), aber meistens sind das fehlgeleitete naive Leute, die man nicht ein Leben lang dafür büßen lassen sollte (Europa sollte hier nicht wie die USA sein).
Ja, das ist schon richtig.
Wer sein Denken ändert und sich überzeugend von seiner Vergangenheit distanziert, sollte eine Chance erhalten. Aber wie kann man wissen, ob Leonora nur Zugeständnisse macht, damit sie aus dem Lager; aus der kurdischen Gefangenschaft herauskommt oder ob sie wirklich einen Gesinnungswandel durchgemacht hat?

Der Ehemann hat einen deutschen Namen, sehe ich gerade. Martin Lemke. Dann ist er wohl auch ein Deutscher mit den Rechten, die ein deutscher Vater nun einmal an seinen Kindern hat. Und er lebt mindestens in Bigamie, so lange seine Ehefrauen am Leben und mit ihm verheiratet sind, Polygamie ist in Deutschland auch strafbar.

Wenn diese beiden, Leonora und Marin, auch nur einen Funken Verantwortungsgefühl für ihre Kinder haben, sorgen sie dafür, dass diese ein anderes Lebensumfeld erhalten. Ich glaube, die Kinder wären, und erst Recht nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, relativ schnell in Deutschland und könnten z.B. von ihren Großeltern adoptiert werden, damit wäre die Rechtslage klar, aber die Eltern müssten im Interesse ihrer Kinder dieses schmerzliche Opfer bringen.


Sobald Leonora und Martin nach Deutschland kommen, gilt für sie deutsches Recht.
Beide müssten mit langen Haftstrafen rechnen.
Was soll aus den Kindern werden?
LG
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