Ist jede Religion ein synkretistisches Gewächs?

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Faust

Ist jede Religion ein synkretistisches Gewächs?

Beitrag von Faust »

Nevis hat geschrieben: Sa 14. Sep 2019, 09:04
Ams hat geschrieben: Sa 14. Sep 2019, 00:33 Also den Tag... von uns sog. "Synkretisten" :angel: :thumbup:
@ Synkretismus

Für die einen ein Greuel, für die anderen eine gute Sache!
Ich halte das auch für eine gute und versöhnliche und im besten Sinne menschliche Sache!
Human, eben!

Manche Religionswissenschaftler sagen, dass alle Religionen synkretistisch entstanden sind (= die Verbindung und Vermischung von religiösen Traditionen) und es ist ja auch so, dass die Identität des Menschen immer im Werden ist. Eine statische Identität ist eine Illusion. Michael von Brück sagt: „Jede Religion ist aus vielen Elementen zusammengewachsen. Das Christentum ist von Anfang an synkretistisch gewesen.Sehnsucht nach Stille. Werdender Christ und werdender Buddhist (zeitzeichen.net)
Ams

Re: Ist jede Religion ein synkretistisches Gewächs?

Beitrag von Ams »

Ich muss da grad wieder die Bahais rausholen :angel: Nicht weil sie die einzigen wären... sondern nur weil ich persönlich keine andere Religion kenne die es so klar formuliert.

(ich weis von Dir @ Faust daß zB die Sufis Sinngemäß ebenfalls die gleiche Aussage treffen... und imho war es auch eine der Kern-Aussagen von Jesus, den AT-Propheten, Mohammed und auch Buddha )

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Gott hat uns alle zusammen erschaffen;

warum dann handeln wir Seinen Wünschen entgegen,

da wir doch alle Seine Kinder sind und den nämlichen Vater lieben?

Alles Trennende, das wir auf allen Seiten sehen, all dieses Streiten und diese Gegensätze rühren daher,

daß sich die Menschen an kirchliche und äußerliche Bräuche hängen und die einfache Wahrheit,

die ihr Untergrund ist, vergessen.

Es ist die `äußerliche Ausübung der Religion`, die so verschieden ist, und sie ist es,

die Streitigkeiten und Feindschaft wachruft, während die Wirklichkeit stets eine und die gleiche ist.

Die Wirklichkeit ist die Wahrheit, und die Wahrheit kennt keine Trennung.

Die Wahrheit ist Gottes Führung, sie ist das Licht der Welt, ist Liebe und Barmherzigkeit.

Diese Eigenschaften der Wahrheit sind auch menschliche Tugenden, die der Heilige Geist eingibt.

( Abdu´l-Bahá )
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Ist das Synkretismus? Falls ja... dann bin ich eben halt ein Synkretist... was solls. :angel:

Für mich ist es einfach nur die Wahrheit.
Faust

Re: Ist jede Religion ein synkretistisches Gewächs?

Beitrag von Faust »

Ein sehr schönes Beispiel dafür, wie sich in der Religion verschiedene Einflüsse verbinden ist Indonesien, denn dort haben die hinduistische, buddhistische, animistische und islamische Religion zusammen existiert. Wie ist das möglich? Rate mal! Traditionell spielen in Indonesien die Sufi-Orden eine wichtige Rolle. Das hat zu einem sehr lebensbejahenden und toleranten Islam geführt. Außerdem sind die Indonesier von Natur aus ein sehr tolerantes und freundliches Volk.
Jedes Jahr zum ersten Suro, dem javanischen Neujahrstag, steigt der Sultan von Yogyakarta, gefolgt von einer feierlichen Prozession, auf den Merapi. An der Caldera des aktivsten Vulkans der Welt, der sich nördlich der zentraljavanischen Sultansstadt erhebt, bitten die Pilger die Kräfte der Natur, sie vor jeglichem Unglück zu verschonen. Die mitgebrachten Gaben, bunte Reiskegel, Blumen und Früchte, ­opfern sie im rauchenden Krater. Das Ritual setzt sich später am schwarzen Sandstrand von Parangtritis fort. Diesmal wird der Meeresgöttin in der wilden Brandung geopfert.

Tatsächlich fällt der erste Suro immer auf den ersten Muharram, den islamischen Neujahrstag. Nicht nur zufällig: Die meisten Teilnehmer dieser hindu-buddhistisch-animistischen Zeremonie sind - ­wie der Sultan - gläubige Muslime. Indonesien hat die größte muslimische Bevölkerung der Welt. Rund 90 Prozent der 240 Millionen Einwohner bekennen sich zum Islam. Viele indonesische Muslime praktizieren jedoch bis heute einen eher synkretistischen Glauben, der kulturelle und andere religiöse Traditionen Indonesiens miteinschließt und daher von muslimischen Puristen oft kritisiert wird. Der Islam kam mit arabischen und indischen Händlern auf das riesige Archipel aus 17.000 Inseln. Die Ureinwohner waren animistische Gemeinschaften mit Toten- und Geisterkulten. Bis heute leben zum Beispiel in West-Papua oder auf den Mentawai-Inseln animistische Völker.

Seit dem fünften Jahrhundert verbreiteten sich Hinduismus und Buddhismus, doch vermischten sich beide Religionen von Anfang an miteinander sowie mit alten Traditionen. Das erste Königreich, das den Islam annahm, war Perlak ­ die heutige Krisenprovinz Aceh, auch "Terasse Mekkas" genannt. Erst im 15. und 16. Jahrhundert erreichte der Islam auch die anderen Inseln, war aber zunächst eine Religion der Eliten. Zwar musste das Volk die Religion des Herrschers übernehmen, blieb jedoch einer Mischung aus alten Religionen und lokalen Traditionen verbunden. Besonders auf dem Land ist dieser synkretistische Glaube bis heute zu finden. Auf der dicht bevölkerten Hauptinsel Java lassen sich die Muslime in zwei Hauptgruppen einteilen: die puristischen, arabisch orientierten Santri sowie die Anhänger des Kejawen, einer Mischung aus animistischen, hindu-buddhistischen, islamischen und lokalen Traditionen. Natürlich gibt es auch in anderen Landesteilen Synkretismus: Die Muslime in Kalimantan etwa pflegen immer noch zahlreiche animistische Bräuche.

"Synkretismus wird oft negativ verstanden. Dabei verbindet er einfach eine ältere mit einer neueren Kultur oder Religion. Das ist doch sehr menschlich", bemerkt Professor Machasin, Leiter des Graduiertenkollegs am Staatlichen Institut für Islamwissenschaften (IAIN) in Yogyakarta. "Meiner Meinung nach gibt es keinen reinen Islam. Wer den Koran liest, wird in seiner Interpretation immer von seiner Herkunft und Kultur beeinflusst. Ich wurde als Javaner geboren ­ das heißt, dass mich Hinduismus, Buddhismus und andere Traditionen beeinflusst haben, obwohl ich als Santri erzogen wurde. Ich sehe Synkretismus positiv, solange wir rational damit umgehen."
qantara.de: Synkretismus in Indonesien. Wo sich der Islam mit alten Ritualen mischt

Die Schönheit der Natur ist sicher ein weiterer Grund, weshalb es einen solchen Reichtum religiöser Traditionen in Indonesien gibt, denn das ist eine unendliche Inspirationsquelle :) möglicherweise sind die Menschen dort näher an der ursprünglichen Natur (Fitra) der Menschheit, so wie Gott den Menschen geschaffen hat. Im Sinne eines unverfälschten und authentischen Mensch-Seins. Ganz nahe und im Kontakt mit dem Heiligen der Schöpfung, der ursprünglichen natürlichen Ordnung und ihrem Schöpfer.


Ams

Re: Ist jede Religion ein synkretistisches Gewächs?

Beitrag von Ams »

Fasziniert haben mich schon immer "Christliche Buddhisten"... respektive "Buddhistische Christen".

Wie zB Willigis Jäger (Zen-Meister, Benediktinermönch)... die darin keinen Widerspruch sehen.
(weil es keinen gibt)

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Letztlich sind Bekenntnisse nur verschiedene Aufstiege, die zum gleichen Gipfel führen sollen.

Die Wahrheit kann nur das Eine sein.

Ein spiritueller Weg lässt sich an jedem Ort gehen.

Er braucht keine Religion, kein Dogma, keine organisierte Gemeinschaft, keinen Tempel und keine Kathedrale, man muss sich nicht die Haare scheren lassen und keine schwarzen Gewänder anziehen…

Alle Menschen haben eine Grundstruktur, die ihnen den mystischen Weg ermöglicht.

( Zitat: Willigis Jäger )
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