Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Literatur, Malerei, Bildhauerei
Nevis

Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

An jene Begebenheit denke ich in letzter Zeit immer mal wieder.
Es ist nichts Aufregendes, aber vielleicht doch eine Erzählung wert.

Zeit: Im Sommer 2003
Ort: Perm in Russland, bei meinem ersten Besuch dort
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Ich beginne mal.

Wie schon anderswo erzählt, kam meine Reise nach Russland so zustande:

Lange Zeit hatte ich eine schöne Brieffreundschaft mit einer Frau in Russland.
Einer Lehrerin für Deutsch und Englisch an der Hochschule dort.
Nina mit Namen.

Sie lud mich immer mal wieder ein, doch zu einem Besuch nach Russland zu kommen.
Doch Russland als Reiseland hatte ich damals noch nicht auf dem Schirm.

Als Tourist mit einer organisierten Reise nach Moskau zu fliegen, das ist eine Sache.
Aber sich als Einzelperson quer durch Russland bis weit in die Provinz, bis fast nach Sibirien durchzuschlagen, und ohne große Kenntnisse der russischen Sprache außer " Dankeschön, Bitteschön, Wiedersehn" - das ist eine andere Sache.

Doch Nina blieb treu bei ihren Einladungen.
Und sie fand heraus, dass die Lufthansa neuerdings einen Direktflug von Frankfurt nach Perm im Programm hatte.

Alles, was ich tun musste, war also dieses:
In Frankfurt einsteigen und in Perm aussteigen, wo Nina mich schon am Flughafen erwartete.
Das traute ich mir dann schon durchaus zu.

Und so flog ich nach Perm, einer Stadt, von der mein Reisebüro bis dahin noch nie gehört hatte.

More later .....
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Nina hatte mich für eine Zeit eingeladen, von der sie annahm, dass sie da wenig Arbeit haben würde und sich um mich kümmern könnte, mir also Stadt und Land zeigen.

Doch wie so oft:

Irgendjemand im fernen Moskau hatte plötzlich die Idee, dass an Ninas Hochschule alle einen ewig langen Bericht abgeben müssten.

Das bedeutet drei Tage Extra-Arbeit, in der sich Nina also keine Zeit für mich nehmen konnte.

Doch sie fand drei gute Alternativen.

1. Eine schöne Schiffs-Fahrt auf dem Fluss Kama mit ihrer Tochter.
2. Eine Stadt-Führung mit ihrer Schwägerin
3. Eine kleine Reise in die Stadt Kungur - eine Reise für mich allein.

Und von der 2. Alternative werde ich nun erzählen:
Von der Stadt-Führung mit ihrer Schwägerin, Olga mit Namen.
Olga - ein sehr russischer Name.
Dabei ist Olga nur die russische Version unserer Helga.
Und Helga klingt schon etwas vertrauter.
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Hier etwas Info zu Perm.
Mit einem Detail, das auch für die Geschichte wichtig ist:
Noch vor 20 Jahren blieb dieses Tor für westliche Besucher verschlossen. Wegen seiner riesigen Rüstungsbetriebe galt Perm während des Kalten Krieges als Waffenschmiede der Sowjetunion und war eine verbotene Zone. 1940 benannte man die Stadt in Molotow um – zu Ehren des damaligen sowjetischen Außenministers. Erst 1957, ein Jahr nachdem Molotow sein Ministeramt verloren hatte, erhielt Perm seinen alten Namen zurück.

Eine beliebte Legende sagt, man habe zu Sowjetzeiten die Existenz der Stadt zwar nicht verleugnet. Auf sämtlichen Landkarten soll Perm aber weit abseits seiner eigentlichen geografischen Lage verzeichnet gewesen sein.

In Zeiten von Google Earth mutet diese kommunistische Vernebelungstaktik nur noch bizarr an. Niemals lag die Stadt woanders als am Steilufer der Kama, die sich, um ein Vielfaches breiter als der Rhein, träge dem Wolgastrom entgegengewälzt.
https://www.welt.de/reise/staedtereisen ... uropa.html

Ja, dieses Perm war einmal die Waffenschmiede der Sowjetunion.
Und darum gibt es dort auch ein großes Waffen-Museum.
Und dorthin führte mich Olga.

Und dass Perm einmal eine "verbotene Stadt" gewesen war, also für Ausländer verboten, das wurde mir auch wieder klar, als Nina mich mit zu ihrer Universität nahm. Denn wie sie sagte, war ich der erste Ausländer, der jemals ihre Abteilung dort betreten hatte. Ein historisches Ereignis, also.
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Zu jenem großen Waffen-Museum also führte mich die liebe Olga.
Nun ist es so, dass ich mich für Raketen und Kanonen und Geschütze eher wenig interessiere.
Aber von Olga war der Besuch in jenem Museum sicher gut gemeint.

Die Waffenproduktion war der ganze Stolz von Perm.
Das Aushängeschild der Stadt.
Und Perm war lange Zeit für Ausländer verboten gewesen, gerade wegen jener Waffenproduktion.

So war es schon verständlich, dass Olga mich ausgerechnet zu jenem Museum führte.
Mich als Ausländer, der nun quasi etwas "Verbotenes" zu sehen bekam.
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Kolibri
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Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Kolibri »

interessante Geschichte, wie geht es weiter ?
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Kolibri hat geschrieben: Do 17. Okt 2019, 11:58 interessante Geschichte, wie geht es weiter ?
Ja, Schritt für Schritt wird es nun noch weitergehen. :idea:
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs und besonders des Krieges Deutschland/Russland
kann man jenen Besuch im Waffen-Museum auch als ein Symbol des Friedens und des Vertrauens sehen.

Ein Deutscher besucht also nun eine ehemals verbotene Stadt. Und eine schöne freundliche russische Frau zeigt ihm nun die Kriegs-Waffen, die nun in einem Museum sind.

Und es gibt keine Spur von Feindschaft zwischen den beiden.
Wenn das kein Symbol des Friedes ist!

An dieser Stelle möchte ich auch gerne noch sagen, dass ich in Russland niemals auch nur einen Hauch von Feindseligkeit mir gegenüber gespürt habe.

Ganz im Gegenteil. Immer nur Freundlichkeit und Herzlichkeit. :Herz2:
Zuletzt geändert von Nevis am Do 17. Okt 2019, 14:54, insgesamt 1-mal geändert.
Ams

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Ams »

(ich les auch gespannt mit... eine sehr schöne Geschichte lieber Nevis... sehr schöne)
Nevis

Re: Raketen und Geschütze - und eine Frau in einer Kirche

Beitrag von Nevis »

Ams hat geschrieben: Do 17. Okt 2019, 14:20 (ich les auch gespannt mit... eine sehr schöne Geschichte lieber Nevis... sehr schöne)
Das freut mich! :idea:
Und ich kann schon so viel verraten:
Diese Geschichter wird noch weit schöner werden, als sie bereits ist. :Herz2:

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