Von der Demut
Verfasst: Do 6. Aug 2020, 10:04
Ein sehr wichtiger Satz, die Bereitschaft, das eigene Verständnis selbstbewusst zu hinterfragen und statt sich hinter einer Gruppe mit ihrem Einheitsverständnis zu verstecken. Angebliche Christen hinterfragen ihr Verständnis meiner durchgängigen Beobachtung nach niemals, sie drücken sich stets so aus, als ob sie nur zu "glauben" bräuchten. Bequemlichkeit führt dorthin und sie verwenden Demut ebenso mit lässiger Bequemlichkeit, holen sie bei Bedarf aus ihrer Tasche, als ob sie ihnen wie der selbstverständliche Gebrauch eines Alltagsgegenstandes wäre. Sie machen aus der Demut, die eigentlich eine christliche Tugend bedeutet, eine, die sie in ihrem egoistischen Sinne in verstecken wollenden Hochmut umwandelnd verzerren.
Die Heiligkeit weisheitsvoller Worte muss als eine solche erst erkannt werden, um sie so ernsthaft benennen zu können. "Christen" sind Menschen, die lediglich nachplappernd an ihrer Oberfläche grassieren und verdrehen immerfort, was ihnen sicherlich gar nicht bewusst sein dürfte, statt im Gegenzug sich im weisheitsvollen und klaren Denken zu üben.
Gehen wir einmal davon aus, die Worte in der Bibel entsprächen einer solchen Heiligkeit, so begegnen ihnen jene sich als Christen Nennende nicht mit Demut, sondern mit Ängstlichkeit und sklavischer Unterwürfigkeit. Sie haben die Empfindung, ohne diese Haltung den letzten mickrigen Rest ihrer Existenz gegenüber einer übermächtigen Gottheit sonst bedrohlichst aufs Spiel zu setzen.
Sie entwickeln daher nicht das Bedürfnis, ihr Selbst anhand weisheitsvoller Worte aufzubauen, sondern bewundern kriecherisch deren äußere Oberfläche, statt sie als aufbauend zu nehmen, um mutvoll an ihnen zu wachsen.
Die Vorstellung eines "Gottes", vor dem man kriecherisch Angst haben muss, taugt nicht. Aber ein "Gott", der seine Menschenkinder wirklich liebt, hilft an ihrer Fortentwicklung mit.
Ein aus dieser Angst kommender, sie überspielen wollender Hochmut herrscht bei "Christen" vor, statt wirkliche Demut anzustreben. In beiden Begriffen steckt der "Mut" - wie entscheidet man sich, ihn anwenden?
Der Anthroposoph Emil Bock sagt zur richtig verstandenen christlichen Demut, die das Selbst, die das Bewusstsein, ein unteilbares Ich zu sein, diesen göttlichen Funken zu entwickeln, ihn wachsen zu lassen und dadurch das Ego allmählich zu überwinden: "Durch den mittleren Teil des Lukasevangeliums zieht sich ein Ton hindurch, den man meistens gerne überhört und den man als einen Aufruf verstehen kann: z u - d e r - D e m u t - d e n - M u t - h i n z u f ü g e n ." Emil Bock, Das Evangelium, Betrachtungen und Übersetzungen, Band 1, Betrachtungen, S.208