Das Ende des Naturalismus

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Hiob
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Hiob »

Nobody2 hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 09:53 Hat „die Wissenschaft“ einen Anspruch auf das Wort „Forschung“?
Nach heutigem definitorischen Verständnis ja.
Nobody2 hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 09:53 Parapsychologie befasst sich mit besonderen Phänomenen auf eine vollkommen wissenschaftliche Weise.
Nach heutigem definitorischen Verständnis nein. - Trotzdem stimme ich Dir zum Teil zu, da auch ich noch in einer Zeit studiert habe, in denen "Wissenschaft" in den Geisteswissenschaften anders definiert war. Man verstand damals darunter, dass man ein beliebiges Thema systematisch erfasst und eine These schlüssig begründet - ohne Falsifizierungszwang.

NATUR-wissenschaftlich hast Du unrecht, weil man in den Naturwissenschaften experimentell nachweisen muss (incl. Testreihen etc), was bei Parapsychologie nicht geht. Parapsychologie würde ich eher unter Geisteswissenschaften listen.
Lena hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 11:03 Wie aufklären, was im unsichtbaren geschieht?
Anders: Der heutige Begriff "Aufklärung" ist sozusagen unaufgeklärt definiert. Die Früh- und sogar Hoch-Aufklärung verstand sich als Disziplin, die im Rahmen eines metaphysischen Weltbildes (= Es gibt Gott) systematisch Erklärbares erklären wollte. Heute versteht sich Aufklärung als eine Disziplin, die die Existenz des Metaphysischen (= Gott) als unaufgeklärt versteht. Das ist geradezu das Gegenteil.

Kant hat dazu (ich glaube, im Jahr 1797) sinngemäß gesagt, dass er die Vernunft (alias "Aufklärung") zu ihrer höchsten Blüte gebracht habe, um Platz für den Glauben zu haben. - Das heißt: Es ist für Kant selbstverständlich, dass es hinter der menschlichen Vernunft/Aufklärung etwas gibt, was durch Vernunft/Aufklärung nicht erreichbar ist. - Gerade diese Erkenntnis ist für ihn Ausdruck der höchsten Aufklärung. --- Davon sind wir in der zeitgenössischen Philosophie weit entfernt - dort meint man, dass alles, was wirklich sei, per menschlicher Vernunft/Aufklärung erreichbar sein müsse. Daraus folgt: Gott kann demnach nicht wirklich sein. --- Diese Erkenntnis versteht man als Fortschritt, obwohl es ein Rückschritt ist.
Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 11:23 es ist eine Entscheidung gewesen, nur das Materielle zu erforschen, da es als toter Stoff, am leichtesten war.
Mit dem Wort "Entscheidung" habe ich grundsätzlich ein Problem. Ich würde eher sagen, dass sich wandelnde kulturelle Denk-Formatierung dazu geführt hat, dass man nicht anders konnte - man hatte nicht mehr im Köcher.
Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 11:23 Daran müssten besonders auch Christen interessiert sein!
Diese sind jedoch oft genug genauso unaufgeklärt, wenn sie versuchen, die Naturwissenschaft mir deren eigenen Waffen zu schlagen - funktioniert nicht.
Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 11:33 Ah, jetzt hab´ich noch einen passenden Satz vom Physik-Nobelpreisträger Werner Heisenberg gefunden: "Was wir beobachten, ist nicht die Natur selber, sondern die unserer Befragungsmethode ausgesetzten Natur."
Damit sind die Grenzen der Naturwissenschaft abgesteckt.
Super Satz: Genau das ist das, was ich versucht habe auszudrücken. ABER: Das wissen Wissenschaftler oft NICHT, weil sie oft keine Denker, sondern Pragmatiker sind - und das wissen Wissenschafts-Darsteller alias Medien schon mal gar nicht, weil sie in der Regel ungebildet sind, wenn es einige Schichten tiefer geht.
Detlef hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 11:44 Das es sich mit dem "modellhaften" ein wenig anders verhält, hat man dir ja schon oft genug versucht, zu erklären.
Da erklären sich zwei Seiten offenbar gegenseitig was. - Aber jetzt bist Du dran: Erkläre mal, was an meiner Darstellung falsch ist - am besten unter Einbeziehung des Heisenberg-Zitats, das Spice gebracht hat.
Canon

Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Canon »

Canon hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 13:00
Lena hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 11:03
Hiob hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 09:19 Hier wäre echte Aufklärung nötig.
Wie aufklären, was im unsichtbaren geschieht?
Wie Beweisen, dass es in Wahrheit existiert und nicht im eigenen Kopf nur?
Ausser durch persönlich erlebtes, das nicht anerkannt wird?

Hast Du eine gute Idee dazu Hiob?

Manchmal ist mir Naturalismus näher, als das viele das geschieht,
in Bereichen, wo ich finde, der Mensch sollte das lassen.
Ich versteh nicht recht Lena, der Hiob kanns doch auch? Warum sollte man es nicht anderen dann beibringen können. ;) Ich habe von ihm noch nie gehört; das habe ich mit Gott erlebt, noch, das hat mir der Heilige Geist eingegeben. Denk nach.

LG Canon
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Detlef
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Detlef »

Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 12:14 Die Parapsychologie nahm sich bei ihrer Entstehung solcher Phänomene an, die später mit den Namen Telepathie, Telekinese, Nahtoderfahrungen, Reinkarnation und Karma, Begegnungen mit und Mitteilungen von Verstorbenen bekannt wurden.
Um also etwas erforschen zu können, muss erst einmal etwas da sein, das erforscht werden kann. Also besteht bereits der 1. Beweis darin, dass Dinge vorkommen, die nicht vorkommen dürften, wenn es nur materielle Gesetzmäßigkeiten gäbe....
Die magische Anziehungskraft des Übersinnlichen hielt Menschen und Völker aller Kontinente zu allen Zeiten in ihremBann, und es ist ja auch nicx neues, dass viele Menschen unter Stress oder bei starker Angst eine rege Phantasie entwickeln und sich einbilden, Dinge zu sehen, die gar nicht existieren. Dumm nur, dass die Phänomene, wenn sie geprüft werden sollen, partout nicht mehr herbeizuzwingen sind.
Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 12:14Bei der Reinkarnationsforschung verhält es sich etwas anders. Da konnte nachgewiesen werden,dass die Erinnerungen stimmig waren, und eben nur durch Reinkarnation eine befriedigende Erklärung fanden.
Das halte ich für ein Gerücht ;)
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Spice »

Detlef hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 13:05
Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 12:14 Die Parapsychologie nahm sich bei ihrer Entstehung solcher Phänomene an, die später mit den Namen Telepathie, Telekinese, Nahtoderfahrungen, Reinkarnation und Karma, Begegnungen mit und Mitteilungen von Verstorbenen bekannt wurden.
Um also etwas erforschen zu können, muss erst einmal etwas da sein, das erforscht werden kann. Also besteht bereits der 1. Beweis darin, dass Dinge vorkommen, die nicht vorkommen dürften, wenn es nur materielle Gesetzmäßigkeiten gäbe....
Die magische Anziehungskraft des Übersinnlichen hielt Menschen und Völker aller Kontinente zu allen Zeiten in ihremBann, und es ist ja auch nicx neues, dass viele Menschen unter Stress oder bei starker Angst eine rege Phantasie entwickeln und sich einbilden, Dinge zu sehen, die gar nicht existieren. Dumm nur, dass die Phänomene, wenn sie geprüft werden sollen, partout nicht mehr herbeizuzwingen sind.
Es ist völlig klar, dass übersinnliche Phänomene keine Alltagsphänomene sind, sondern nur in Ausnahmesituationen hervortreten.
Diese aber als Einbildung abzutun, ist billige Ideologie.
Spice hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 12:14Bei der Reinkarnationsforschung verhält es sich etwas anders. Da konnte nachgewiesen werden,dass die Erinnerungen stimmig waren, und eben nur durch Reinkarnation eine befriedigende Erklärung fanden.
Das halte ich für ein Gerücht ;)
Ja, wenn man sich nicht gründlich informiert, hält man vieles für ein Gerücht, das nicht weltanschauungskonform ist. Es ist aber die Wahrheit!
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Detlef
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Detlef »

Tatsachen lassen sich nun mal nicht herbeireden.
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)
Spice
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Spice »

Detlef hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 14:26 Tatsachen lassen sich nun mal nicht herbeireden.
Eben. Sie sind da oder geschehen.
Hiob
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Hiob »

Canon hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 13:02 Ich habe von ihm noch nie gehört; das habe ich mit Gott erlebt, noch, das hat mir der Heilige Geist eingegeben.
Ich erlebe halt anders als Du. - Du vermittelst, dass Dich Gott oder HG unmittelbar persönlich beeinflussen und Dich das so spüren lassen ("Hey, Canon - hier ist der HG: Du sagst jetzt folgendes ..."), während es bei mir sowieso so ist, dass nichts Geistliches ohne HG sein kann - ich muss also nicht jedes Mal eine Story draus machen ("Gestern hat mir Gott geholfen, das richtige Waschmittel auszuwählen"). - Denk mal nach.
Canon

Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Canon »

Hiob hat geschrieben: Mo 15. Feb 2021, 15:23 das richtige Waschmittel auszuwählen"). - Denk mal nach.
Ich habe gefragt: kein Waschmittel, gar keines. Schlagt die Wäsche.



LG Canon
Timmi

Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Timmi »

Wie schlimm ist es mit dem Naturalismus, möchte man fragen. Ist es wirklich so, dass, wie der Philosoph John Searle bemerkte, der Materiaismus die Religion unserer Zeit sei und ein Hinterfragen gar nicht stattfindet? Manche Vertreter scheinen sich ja teils ihrer reduktionistischen Anschauung durchaus bewußt zu sein.

Was uns vor allem medial ins Auge fällt sind ja immer die Hardliner mit ihren schroffen und dogmatischen Aussagen die geeignet sind Widerspruch hervorzurufen und zu polarisieren. Natürlich haben häufig diese 'Paradiesvögel' damit den Aufmerksamkeitsfokus und beeinflussen das staunende Publikum, in ihrer Unbildung eines undifferenzierten Weltbildes, welches sie gerade mal fähig sind aufzunehmen.

Kritik, auch aus den eigenen Reihen, wird entweder ignoriert oder als sonderbare Einlassungen mit dem Gehabe eines Unverständnisses abgewimmelt. Ich erinnere mich da an den Philosophen Thomas Nagel, der ja sehr viel Kritik für sein Buch 'Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist.' einstecken mußte. Als etablierter aber gemäßigter Naturalist machte er die Bemerkung: 'Fast jeder in unserer säkularen Kultur wurde unter Druck gesetzt, damit er das reduktionistische Forschungsprogramm anerkennt'. Die Deutungshoheit der Orthodoxie eines Naturalismusses bezeichnete er als 'Triumph einer Ideologie über den gesunden Menschenverstand'.

Auch der Philosoph Eckhard Böcher, den ich hier schon mal vorstellte, geht den Weg der selbstkritischen Denkens, der ja den Skeptizismus der eigenen Disziplin beeinhaltet, um eben nicht zu einem Glaubenssystem zu verkommen. In seinem Werk 'Ursprung und Werden der Welt' zeigt er einige wesentliche Punkte einer erkenntnistheoretischen Kritik einer Wissenschaftsgläubigkeit.
Hiob
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Re: Das Ende des Naturalismus

Beitrag von Hiob »

Otto2 hat geschrieben: Di 16. Feb 2021, 08:21 Wie schlimm ist es mit dem Naturalismus, möchte man fragen. Ist es wirklich so, dass, wie der Philosoph John Searle bemerkte, der Materiaismus die Religion unserer Zeit sei und ein Hinterfragen gar nicht stattfindet?
In der Masse ist das inzwischen so, meine ich.
Otto2 hat geschrieben: Di 16. Feb 2021, 08:21 Als etablierter aber gemäßigter Naturalist machte er die Bemerkung: 'Fast jeder in unserer säkularen Kultur wurde unter Druck gesetzt, damit er das reduktionistische Forschungsprogramm anerkennt'. Die Deutungshoheit der Orthodoxie eines Naturalismusses bezeichnete er als 'Triumph einer Ideologie über den gesunden Menschenverstand'.
Klasse Satz.
Otto2 hat geschrieben: Di 16. Feb 2021, 08:21 Was uns vor allem medial ins Auge fällt sind ja immer die Hardliner mit ihren schroffen und dogmatischen Aussagen die geeignet sind Widerspruch hervorzurufen und zu polarisieren. Natürlich haben häufig diese 'Paradiesvögel' damit den Aufmerksamkeitsfokus und beeinflussen das staunende Publikum, in ihrer Unbildung eines undifferenzierten Weltbildes, welches sie gerade mal fähig sind aufzunehmen.
Das ist aber genau das Problem. Denn die von Dir genannte Unbildung ist ja nicht die Unbildung des Hausmütterchens, das fern der Welt noch an den Weihnachtsmann glaubt, sondern es ist die Unbildung derer, die sich Intelligenzia nennen und ganz bestimmt nicht als "HArdliner" verstehen. Das heißt: Wir leben nicht in einer Welt, in der die geistige Elite den Rest der Welt aufklärt, sondern in der sie Unbildung predigt. - Du wirst kaum ein Medium nennen können, das nicht der Orthodoxie des Naturalismus aufsitzt - falls doch, kommen sofort Worte wie "Aluhütler" und "Esoteriker". Warum? Weil man Geistlichkeit und Spinnerei methodisch nicht unterscheiden kann.

Gestützt wird dies von Erkenntnis-Theorien, in denen Wirklichkeit definiert wird nach "Wirklichkeit ist, wenn sie methodisch nachweisbar ist" = "Wenn etwas nicht methodisch nachweisbar ist, ist es keine Wirklichkeit". - Dieses Dogma fungiert dann als Kommandohügel, von dem aus man festlegt, was aufgeklärt und wirklich ist und was nicht. - Insofern bedeutet "postfaktisch" ganz Unterschiedliches:
1) Trumpisches Faktenleugnen.
2) Aufgeklärte Emanzipation aus einer naturalistischen Orthodoxie.
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