"Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

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Larson
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"Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Larson »

Nun, da im Gespräch auch von Gottessöhnen die Rede war, und mein Beitrag wohl untergegangen ist, hier nochmals eine kurze Darlegung nach jüdischem Verständnis, da im Tenach verschiedentlich auch davon die Rede ist.

Unter dem Begriff „Gottessohn“, oder „Sohn Gottes“ versteht man rechtschaffene Personen, welche ganz im Willen und in der Abhängigkeit Gottes leben, und somit eins mit Gott sind. Ein Gottessohn wird nicht mit oder als Gott/Gottheit identifiziert, ist auch nicht als Abstammung Gottes zu verstehen.
Vereinzelt sind auch himmlische Wesen damit gemeint. Somit gibt es auch nicht „DEN Sohn Gottes“ als einiges Wesen.
The Oxford Dictionary of the Jewish Religion stellt fest, dass “Sohn Gottes” im jüdischen Sprachgebrauch klar metaphorisch ist. Zitat: “Sohn Gottes, Terminus, der in der jüdischen Literatur gelegentlich gefunden wird, biblisch und nachbiblisch, aber nirgends physikalische Abstammung von der Gottheit impliziert”.1)
Hasting’s Bible Dictionary kommentiert:
Im semitischen Gebrauch ist “Sohnschaft” ein Begriff, der sich eher auf moralische, als auf physikalische oder metaphysische (übernatürlich) Beziehungen bezieht. ... Ebenso ist ein “Sohn Gottes” ein Mann oder ein Volk, der den Charakter Gottes widerspiegelt. Es gibt wenig Beweise dafür, dass der Titel in jüdischen Kreisen für den Messias verwendet wurde und eine Sohnschaft, die mehr als eine moralische Beziehung bedeuten würde, stände im Widerspruch zum jüdischen Monotheismus.2)
1) Werblowsky, R. J. Zwi and Geoffrey Wigoder. S. 653.
2) Hastings, James. Dictionary of The Bible. S. 143


Somit ist es ein Titel, eine Auszeichnung, und diese vergibt man sich nicht selbst. Deshalb wurde es als Gotteslästerung betrachtet, wenn man sich selbst als ein Gottessohn bezeichnet, da diese Auszeichnung nur von Gott vergeben werden konnte, und jemand, der dies von sich selbst macht, sich somit zu Gott erhob.
Ps 89,7 Denn wer in den Wolken ist dem HERRN zu vergleichen, wer ist dem HERRN ähnlich unter den Göttersöhnen?
Ein Gottessohn ist mit JHWH nicht zu vergleichen.
Ps 29,1 Ein Psalm Davids. Gebt dem HERRN, ihr Gottessöhne, gebt dem HERRN Ehre und Macht!
Die Gottessöhne sollen JHWH die Ehre geben.
1.Mo 6,1 Als sich aber die Menschen zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, 2 sahen die Söhne Gottes, daß die Töchter der Menschen schön waren und nahmen sich von allen diejenigen zu Weibern, welche ihnen gefielen.
Unter den Söhnen Gottes werden im Kontext Menschen genannt, die im Willen Gottes leben (Nachkommen Seths). Diese nehmen (ehelichen) nun Töchter des Menschen (Adam, Nachkommen Kains), welche weltlich gesinnte Menschen sind. So hielt sich das „göttliche“ Geschlecht nicht rein, hielt sich nicht an ihrer Bestimmung fest. (sicher kann man sich zuerst mal fragen, woher Kain eine Frau gehabt hatte, aber die Geschichten wollen wohl eher Prinzipien darstellen).
Jes 45,9 Wehe dem, der mit seinem Bildner rechtet – ein Tongefäß unter tönernen Tongefäßen! Darf wohl der Ton zu seinem Bildner sagen: Was machst du? Und dein Werk von dir: Er hat keine Hände?
Anthros
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Im Willen

Beitrag von Anthros »

Larson hat geschrieben: Mo 18. Okt 2021, 17:28 ... welche ganz im Willen und in der Abhängigkeit Gottes leben, und somit eins mit Gott sind.
"Im Willen" ist eine seltsame Ausdrucksweise. Was soll das heißen?
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Paul
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Re: "Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Paul »

das heißt ganz einfach das wollen der erfüllung des gesetzes, was ist daran unklar?

du sollst nicht...und so weiter
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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Lena
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Re: "Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Lena »

So wie ich das AT verstehe, hat Gott Engel und Menschen aus dem Volk Israel, seine Söhne genannt.

Aber der Herr Jesus Christus ist in Wahrheit Gottes Sohn.
Es ist Gott selber, der ein Mensch geworden ist.
Darum sagt Jesus, dass er aus Gott gekommen ist.

Wir Menschen dürfen alle Kinder Gottes werden.
Indem wir in Christus - dem Gottes Sohn - leben.
In seinem Geist und in seiner Wahrheit.
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Larson
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Re: "Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Larson »

Anthros hat geschrieben: Mo 18. Okt 2021, 21:16
Larson hat geschrieben: Mo 18. Okt 2021, 17:28 ... welche ganz im Willen und in der Abhängigkeit Gottes leben, und somit eins mit Gott sind.
"Im Willen" ist eine seltsame Ausdrucksweise. Was soll das heißen?

Hallo Anthros
Ja, das ist eine gute Frage, und man sagt so leichthin.
Was ist denn der Wille Gottes?
Von welcher Basis oder Voraussetzung geht man da aus?
Und wie kann/darf man das eigen/selbst erkannte auch auf andere projizieren?

Die letzte Frage finde ich am gefährlichsten, hat sie schlussendlich Mord und Todschlag hervorgebracht. Deshalb (für mich): „Meine Freiheit hört dort auf, wo die Freiheit des Nächsten beginnt….“.

Hier im Kontext der Gottessöhne wäre ja die Basis der Schöpfungsbericht, welcher aber wenig über den Willen Gottes hergibt, ausser: „Seit fruchtbar und mehret euch… und „herrscht“ über die Erde“. Da steht so manches nicht in diesen Geschichten, und die Menschheit ist auch wohl einiges älter, als wenn man diese Jahre vom Alter der Menschen zurückrechnet.
So wird wohl einiges eher bildlich, zusammenfassend auch in den Namen dieser „ersten“ Menschen nach Adam und Eva dargestellt.

Der Wille Gottes wird wohl zuerst mal Harmonie sein, zwischen Mensch und Mitmensch, und zwischen Mensch und dem Schöpfer.

Wie der Mensch diese Harmonie ausgestaltet, war in diesen Geschichten den Menschen freigestellt (spiegelt sich aber in der Bedeutung der Namen wider, wie sie sich entschieden). Die einen verfolgten eher egoistische Ziele (Städtebauer, Turmbauer, „wir wollen gross sein“), die anderen achteten eher auf das Mitmenschliche, auf Gottesbeziehung.

zB: Kain brachte einfach etwas (nach Genesis) Frucht von der Erde Gott dar. Hebel (Abel) aber brachte von der „Erstgeburt“ und das Beste davon dar. (Kp 4,3).
Gott beachtete das Opfer von Kain nicht, aber das von Hebel. Nun steht aber nicht, dass Gott deswegen Kain verstossen hätte, aber Kain empfand das so und sein Hass gegen den Bruder entbrannte und die Folgen können wir ja nachlesen.

So betrachtet, will Gott nicht so viel, also dass der Mensch in der Verantwortung vor und mit Ihm lebt.


Gruss Larson
Jes 45,9 Wehe dem, der mit seinem Bildner rechtet – ein Tongefäß unter tönernen Tongefäßen! Darf wohl der Ton zu seinem Bildner sagen: Was machst du? Und dein Werk von dir: Er hat keine Hände?
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Larson
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Re: "Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Larson »

Lena hat geschrieben: Di 19. Okt 2021, 12:11 So wie ich das AT verstehe, hat Gott Engel und Menschen aus dem Volk Israel, seine Söhne genannt.

Aber der Herr Jesus Christus ist in Wahrheit Gottes Sohn.
Es ist Gott selber, der ein Mensch geworden ist.
Darum sagt Jesus, dass er aus Gott gekommen ist.

Wir Menschen dürfen alle Kinder Gottes werden.
Indem wir in Christus - dem Gottes Sohn - leben.
In seinem Geist und in seiner Wahrheit.

Hallo Lena

Ja, das wäre dann die christliche Version, welche sich erst nach Jesu Tod entwickelt hatte.
Zur Zeit Jesu bedeutete "Gottessohn" das, wie ich es dargestellt hatte. Und ich denke selbst Paulus meinte nicht, dass Jesus Gott selbst sei.Aber das wäre hir nicht das Thema.

„Kinder Gottes“ = Söhne und Töchter Gottes.
Und nein, Jesus war und ist nicht Gott. Aber darüber wird ja schon an einem andern Ort diskutiert.

Gruss Larson
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Anthros
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Im statt Was

Beitrag von Anthros »

Larson hat geschrieben: Di 19. Okt 2021, 13:24 Was ist denn der Wille Gottes?
Es ist nicht die Frage nach dem Was, sondern nach dem Im.
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Larson
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Re: Im statt Was

Beitrag von Larson »

Anthros hat geschrieben: Di 19. Okt 2021, 18:54
Larson hat geschrieben: Di 19. Okt 2021, 13:24 Was ist denn der Wille Gottes?
Es ist nicht die Frage nach dem Was, sondern nach dem Im.
"Im" ist, wenn man darin wandelt, sich darin befindet ....
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Abischai
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Re: "Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Abischai »

Larson hat geschrieben: Di 19. Okt 2021, 13:30 Ja, das wäre dann die christliche Version, welche sich erst nach Jesu Tod entwickelt hatte.
...
Und nein, Jesus war und ist nicht Gott. Aber darüber wird ja schon an einem andern Ort diskutiert.
Johannes 1 ist genau so jüdische Sicht, und dort steht es aber anders.
Ebenfalls bezeugt Johannes die Gottheit Jesu.

Das muß man schon konsequent ausklammern, wenn die sonstige jüdische Ansicht im Mittelpunkt stehenbleiben soll. Ein G'schmäckle hat auch, daß die meisten Juden damals erklärte Feinde Jesu waren, was die zeitgenössischen falsifizierenden Äußerungen fast wie zielgerichtete Auftragswerke erscheinen läßt.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]
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Larson
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Re: "Gottessohn“ nach jüdischem Verständnis

Beitrag von Larson »

Nun, sicher hat Philo ähnlich philosophiert, wie auch das im Prolog vom JoEv steht, war aber nie relevant.
So wie es im JoEv steht, ist es sicher nicht jüdische Sicht. Juden würden keine Menschwerdung Gottes in Betracht ziehen (tat auch Philo nicht), da Gott kein Mensch ist, wie er selber sagt.
Wie ich in meinem Eingangsbeitrag dargelegt habe, ist dieser Gedanke im Judentum schon damals fern, dass ein Gottessohn gar Gott selbst sein soll.
Abischai hat geschrieben: Mi 20. Okt 2021, 00:19 daß die meisten Juden damals erklärte Feinde Jesu waren
Naja, das kommt aber so nicht aus den Evangelien heraus. Die Evangelien wollen ja das Judentum verunglimpfen. Da wird oft einfach pauschal von DEN Juden gesprochen, wobei es sich immer um kleiner Gruppen handelte. Das Volk wollte Jesus zum König machen.
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