die 7 Geister in Jessaja 11

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frank

die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von frank »



Dieser Text stammt aus der Septuaginta - der hebräische masoretische Text lautet (in der reformierten Zürcher Übersetzung)
1 Und aus dem Baumstumpf Isais wird ein Schössling hervorgehen, und ein Spross aus seinen Wurzeln wird Frucht tragen.
2 Und auf ihm wird der Geist des HERRN ruhen, der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist des Wissens und der Furcht des HERRN. 3 Und er wird die Furcht des HERRN atmen, und er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, und nicht entscheiden nach dem, was seine Ohren hören:
Irgendwie komme ich da nicht auf sieben - könnte das von den Masoreten so gewollt sein?
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ProfDrVonUndZu
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

frank hat geschrieben: So 17. Jul 2022, 22:22 Irgendwie komme ich da nicht auf sieben - könnte das von den Masoreten so gewollt sein?
Die Anzahl der Geister ergibt sich einzig aus Vers 2. Die Geister sind in Paaren angeordnet.
Geist der Weisheit <und> Geist des Verstandes
Geist des Rates <und> Geist der Kraft
Geist der Erkenntnis <und> Geist der Furcht Jahves.

Und wie kommt man nun auf sieben ? Einige meinen, dass diese sechs Geister nur eine spezifizierung des am Anfang des Verses erwähnten Geist Jahwes seien. Ich bin nicht der Meinung. Die 6 Geister sind angeordnet in Paaren wie die gegenüber stehenden Arme des Siebenarmigen Leuchters aus der Stiftshütte. In der Mitte befindet sich ein Licht das von den 3 Pärchen umrahmt wird. Der Geist Jahwes ist dieses Licht. Diese sieben Geister sind es, die den Geist Gottes ausmachen. Deswegen ist Gott Jahwe auch eine Pluralität und spricht in der Urgeschichte der Genesis von sich in der Mehrzahl (1. Mose 1,26 und 1. Mose 3,22). In Sprüche 8 werden all diese Geister noch mal erwähnt, was sich in Übersetzungen allerdings nicht unbedingt so deutlich zeigt und durch die Diversität der Begriffe verwischt wird.
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von frank »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 00:01 Deswegen ist Gott Jahwe auch eine Pluralität und spricht in der Urgeschichte der Genesis von sich in der Mehrzahl (1. Mose 1,26 und 1. Mose 3,22)
Elohim (Gott) ist ein Plural
Jahwe ist einer von den Elohims?

Elohim ist ein Plural weil es drei Personen in Einem sind

der Gedanke mit den Paaren ist interessant

Aber darum geht es nicht
Bei den Masoreten fehlt ein Geist
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ProfDrVonUndZu
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 00:20
Elohim (Gott) ist ein Plural
Jahwe ist einer von den Elohims?
Das Wort Elohim ist erst mal unabhängig von der Person Jahwes und es bezeichnet nicht eine Mehrzahl gegenüber einem Singular, sondern ein Kollektiv. Wir haben auch vielerlei ähnliche Begriffe im Deutschen.
frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 00:20Elohim ist ein Plural weil es drei Personen in Einem sind
Diese Interpretation ist mir bekannt, aber schon aus dem NT ist die Trinität als solche schwer herzuleiten. Noch weniger aus dem AT.
frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 00:20 Bei den Masoreten fehlt ein Geist
Nein, da fehlt nichts. Auch in der Zürcher Übersetzung fehlt nichts. Viel mehr hat man den Geist in deinem grün hinterlegten Text nach hinten verschoben. Die dortige Nummer 7 stammt aus Vers 3. Im Hebräischen wird am Ende von Vers 2 und am Anfang von Vers 3 die Furcht Jahwes erwähnt. Die Septuaginta übersetzt das aber unterschiedlich erst mit Frömmigkeit und dann mit Geist der Furcht Jahwes. Der Geist wird hier in Vers 3 als solches aber im Hebräischen nicht erwähnt, sondern eine Verbform von Geist was man wohl mit erfüllen oder angetrieben sein übersetzten könnte. Die Septuaginta übersetzt hier doppelt gemoppelt mit "erfüllen wird ihn der Geist der Furcht Gottes". Im grünen Bild müsste die 7 beim Geist der Frömmigkeit stehen und die 1 statt vor der 1 im Bild schon beim Geist Gottes vor dem Geist der Weisheit.
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Travis
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von Travis »

frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 00:20 Bei den Masoreten fehlt ein Geist
Bisher hast Du das nicht gezeigt. Deine Aussage trifft höchstens für die von Dir angeführten Übersetzung zu. Schau Dir den Grundtext an. Es ist nicht hilfreich vermeintliche Probleme des Grundtexts anhand einer Übersetzung besprechen zu wollen.
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von frank »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 01:12 Die Septuaginta übersetzt hier doppelt gemoppelt mit "erfüllen wird ihn der Geist der Furcht Gottes". Im grünen Bild müsste die 7 beim Geist der Frömmigkeit stehen und die 1 statt vor der 1 im Bild schon beim Geist Gottes vor dem Geist der Weisheit.
die ruach (oder im griechischen Fall: pneuma) Gottes ist für dich gleichwertig mit der Kraft (wind, Luft, Geist = ruach, pneuma) der Erkenntnis, der Weisheit usw?
Im grünen Feld steht der Text der Septuagina-deutsch, unten derjenige von B. Fotteler (im Jeremia-Verlag erschienen) und basiert auf der byzantinischen Septuaginta
11. Und es wird ein Zepter* hervorkommen aus der Wurzel Iessais und eine Blume wird aus der Wurzel emporsteigen. 2 Und auf ihm wird der Geist Gottes ruhen; der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Frömmigkeit, der Geist der Gottesfurcht wird ihn erfüllen. 3 Er wird nicht gemäß dem Ruhm richten noch gemäß dem Gerede überführen,
in diesem Text sind die sieben Geister "teil" des Einen Geistes Gottes
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ProfDrVonUndZu
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 11:34 die ruach (oder im griechischen Fall: pneuma) Gottes ist für dich gleichwertig mit der Kraft (wind, Luft, Geist = ruach, pneuma) der Erkenntnis, der Weisheit usw?
Diese Frage stellte sich mir bisher nicht. Aber wenn die Septuaginta hier vom Geist Gottes schreibt, steht im Hebräischen etwas vom Geist Jahwes. Nun ersetzt die Septuaginta den Namen Gottes immer mit der Bezeichung Gott. Vielleicht wollte Gott das auch so in Anlehnung an Jesaja 44,26. Aber meine Herleitung diese sieben Geister mit Gott/Elohim in Verbindung zu bringen bezieht sich ja auf die erwähnten Verse der Genesis.
frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 11:34 Im grünen Feld steht der Text der Septuagina-deutsch, unten derjenige von B. Fotteler (im Jeremia-Verlag erschienen) und basiert auf der byzantinischen Septuaginta
Daran hab ich auch nichts auszusetzen.

frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 11:34 in diesem Text sind die sieben Geister "teil" des Einen Geistes Gottes
Ja, die grundsätzliche Aussage wird nicht durch die Septuaginta verfälscht, aber man zählt nur anders und dadurch ist der Text nicht mehr deckungsgleich. Möglicherweise lag für die Übersetzung der Septuaginta eine andere hebräische Vorlage vor, aber ich glaube, man hat einfach etwas freier übersetzt unter der Knute der griechischen Herrschaft in Ägypten. Diese Abweichungen haben wir ja an unzähligen Stellen. Zusätzlich ist wohl die Überlieferung des griechischen Textes nicht ganz so penibel erfolgt. Vor allem aber muss man bedenken, dass die Bezeichnung Septuaginta ursprünglich nur der Übersetzung der Thora galt. Die anderen Bücher des AT wurden erst viel später und somit auch von anderen Leuten übersetzt. Die Legende des Aristeas Briefes trifft dafür definitiv nicht mehr zu.
frank

Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von frank »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 15:43 Nun ersetzt die Septuaginta den Namen Gottes immer mit der Bezeichung Gott.
nein - mit Kyrios = HERR
Elohim = Gott
Zuletzt geändert von frank am Mo 18. Jul 2022, 23:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von frank »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 15:43 Ja, die grundsätzliche Aussage wird nicht durch die Septuaginta verfälscht,
Nein - der masoretische Text (unser heutiges hebräisches AT) entstand erst nach Christus (was vorher war, können wir nicht einmal durch die Funde von Qumran nachvolllziehen) - die Septuaginta ist also älter und somit der jüngere Text eine "verfälschung"
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Re: die 7 Geister in Jessaja 11

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 23:32
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 15:43 Nun ersetzt die Septuaginta den Namen Gottes immer mit der Bezeichung Gott.
nein - mit Kyrios = HERR
Elohim = Gott
Ja ok, meistens wird Jahwe mit Kyrios übersetzt, aber auch manchmal mit Theos. Ich hab das selber nicht abgezählt, aber irrgendwer hat das sicher schon gemacht.
frank hat geschrieben: Mo 18. Jul 2022, 23:34 Nein - der masoretische Text (unser heutiges hebräisches AT) entstand erst nach Christus (was vorher war, können wir nicht einmal durch die Funde von Qumran nachvolllziehen) - die Septuaginta ist also älter und somit der jüngere Text eine "verfälschung"
Ich sehe das durchaus differenzierter. Der masoretische Text hat den Anspruch auf viel älterer schriftlicher Überlieferung zu beruhen. Der masoretische Text als Gesamtpaket mit seinen Ergänzungen stammt natürlich aus dem Mittelalter, aber die Vulgata bezeugt den Konsonantentext, der dem masoretischen Text zu Grunde liegt schon früher. Das wird bestätigt in Ernst Würthwein, Alexander Achilles Fischer - Der Text des Alten Testaments, S. 173. Und in Emanuel Tov - Der Text der Hebräischen Bibel, S. 128.

Das Problem mit der Bezeugung des Hebräischen Text, das du hier ins Spiel bringst, ist dir scheinbar bei der Überlieferung der Septuaginta nicht bewusst. Es ist uns lediglich überliefert, wann die Übersetzung der Thora stattgefunden hat, ebenso die Zeit der Übersetzung der restlichen Schriften lässt sich ermitteln. Aber dafür gibt es kaum bis gar keine Textzeugen ansich. Wenn wir sagen, dass die Septuaginta um XYZ v. Chr. entstand, heisst das ja nicht, dass wir genau diese Verschriftlichungen auch heute zugänglich haben und auch nicht, dass Schrift A pars pro toto für den gesamten Umfang des über mehrere Jahrhunderte stattgefundenen Übersetzungsvorgang steht.

Schau dir mal die Zeitangaben der Septuaginta Handschriften an.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der ... dschriften

Die ältesten Textzeugen sind nur Fragmente und für Jesaja ab dem 3. Jahrhundert ist nicht mal Kapitel 11 mit dabei.

Ein ähnliches Problem haben wir auch mit den Schriften aus Mesopotamien. Es heisst zwar, das Gilgamesch Epos sei so und so viel älter als die Bibel, aber das bezeugen empirisch nicht die Schriften selbst. Bei der Feststellung des vermeintlich hohen Alters beruft man sich auf Rückschlüssen durch Textanalyse. Ich sage nicht, dass sowas nicht sinnvoll ist, das macht man ja auch mit der Bibel ähnlich, aber es wird oft nicht so offen kommunziert oder gern unter den Tisch gekehrt.
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