Ode an die Freude

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Magdalena61
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Ode an die Freude

Beitrag von Magdalena61 »

Das Gedicht "Ode an die Freude" stammt von Friedrich Schiller (1785).
Freude, schöner Götterfunken
Tochter aus Elysium
Wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligtum!

Deine Zauber binden wieder
Was die Mode streng geteilt
Alle Menschen werden Brüder
Wo dein sanfter Flügel weilt

Wem der grosse Wurf gelungen
Eines Freundes Freund zu sein
Wer ein holdes Weib errungen
Mische seinen Jubel ein!

Ja, wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund

Freude trinken alle Wesen
An den Brüsten der Natur
Alle Guten, alle Bösen
Folgen ihrer Rosenspur

Küsse gab sie uns und Reben
Einen Freund, geprüft im Tod
Wollust ward dem Wurm gegeben
Und der Cherub steht vor Gott!

Friedrich Schiller
Die "1808 posthum veröffentlichte Variante des Gedichtes war um die letzte Strophe gekürzt und zeigte eine andere Wortwahl in der ersten Strophe" schreibt Wiki. Das mag der Autor selbst gewesen sein?

Also hat nicht Schiller selbst sein Gedicht derart zusammengeschnitten, wie es in diesem Post zu lesen ist.
God bless you all for what you all have done for me.
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Magdalena61
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Re: Ode an die Freude

Beitrag von Magdalena61 »

Die ursprüngliche Fassung ist viel länger:
Frühe Fassung (1785)

Das Gedicht besteht in der frühen Fassung aus 9 Strophen zu je 8 Versen, jeweils gefolgt von einem Refrain mit 4 Versen, der als „C h o r.“ gekennzeichnet ist, und wurde in der Thalia so veröffentlicht.

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
was der Mode Schwerd getheilt;
Bettler werden Fürstenbrüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.

C h o r.
Seid umschlungen Millionen!
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
muß ein lieber Vater wohnen.

Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu seyn;
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!
Ja – wer auch nur e i n e Seele
s e i n nennt auf dem Erdenrund!
Und wer’s nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund!

C h o r.
Was den großen Ring bewohnet
huldige der Simpathie!
Zu den Sternen leitet sie,
Wo der U n b e k a n n t e tronet.

Freude trinken alle Wesen
an den Brüsten der Natur,
Alle Guten, alle Bösen
folgen ihrer Rosenspur.
Küße gab sie u n s und R e b e n ,
einen Freund, geprüft im Tod.
Wollust ward dem Wurm gegeben,
und der Cherub steht vor Gott.

C h o r.
Ihr stürzt nieder, Millionen?
Ahndest du den Schöpfer, Welt?
Such’ ihn überm Sternenzelt,
über Sternen muß er wohnen.

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt!

C h o r.
Froh, wie seine Sonnen fliegen,
durch des Himmels prächtgen Plan,
Laufet Brüder eure Bahn,
freudig wie ein Held zum siegen.

Aus der Wahrheit Feuerspiegel
lächelt s i e den Forscher an.
Zu der Tugend steilem Hügel
leitet sie des Dulders Bahn.
Auf des Glaubens Sonnenberge
sieht man ihre Fahnen wehn,
Durch den Riß gesprengter Särge
s i e im Chor der Engel stehn.

C h o r.
Duldet mutig Millionen!
Duldet für die beßre Welt!
Droben überm Sternenzelt
wird ein großer Gott belohnen.

Göttern kann man nicht vergelten,
schön ists ihnen gleich zu seyn.
Gram und Armut soll sich melden
mit den Frohen sich erfreun.
Groll und Rache sei vergessen,
unserm Todfeind sei verziehn.
Keine Thräne soll ihn pressen,
keine Reue nage ihn.

C h o r.
Unser Schuldbuch sei vernichtet!
ausgesöhnt die ganze Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
richtet Gott wie wir gerichtet.

F r e u d e sprudelt in Pokalen,
in der Traube goldnem Blut
trinken Sanftmut Kannibalen,
Die Verzweiflung Heldenmut – –
Brüder fliegt von euren Sitzen,
wenn der volle Römer kraißt,
Laßt den Schaum zum Himmel sprützen:
Dieses Glas dem guten Geist.

C h o r.
Den der Sterne Wirbel loben,
den des Seraphs Hymne preist,
Dieses Glas dem guten Geist,
überm Sternenzelt dort oben!

Festen Mut in schwerem Leiden,
Hülfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königstronen, –
Brüder, gält’ es Gut und Blut –
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang der Lügenbrut!

C h o r.
Schließt den heilgen Zirkel dichter,
schwört bei diesem goldnen Wein:
Dem Gelübde treu zu sein,
schwört es bei dem Sternenrichter!

Rettung von Tirannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toden sollen leben!
Brüder trinkt und stimmet ein,
Allen Sündern soll vergeben,
und die Hölle nicht mehr seyn.

C h o r.
Eine heitre Abschiedsstunde!
süßen Schlaf im Leichentuch!
Brüder – einen sanften Spruch
Aus des Todtenrichters Munde!
Wikipedia
Beethoven hat einen Teil des Gedichts im vierten Satz seiner 9. Sinfonie vertont.
Dass Ludwig van Beethoven sich ausgerechnet in einer Zeit der politischen Restauration (im Jahr 1824) entschloss, seine Neunte Symphonie mit einem Chorgesang mit Schillers Text enden zu lassen, bewertet Aribert Reimann folgendermaßen:
„Nach all dem politischen Wirrwarr und den Schrecknissen der Zeit, die auch Beethoven selbst erlebt hat, ist dieses Werk am Ende ein Appell, eine Sehnsucht nach Verbrüderung, nach Freude und Jubel, nach der Utopie eines Weltfriedens, nach einer Welt ohne Kriege und Zerstörung.“
Wikipedia
Nun urteilt selbst, ob wir es hier mit einer Widmung an "Götzen" zu tun haben.
LG
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Hans-Joachim
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Re: Ode an die Freude

Beitrag von Hans-Joachim »

Magdalena61 hat geschrieben: So 10. Sep 2023, 00:00 Aus der Wahrheit Feuerspiegel
lächelt s i e den Forscher an.
Zu der Tugend steilem Hügel
leitet sie des Dulders Bahn.
Auf des Glaubens Sonnenberge
sieht man ihre Fahnen wehn,
Durch den Riß gesprengter Särge
s i e im Chor der Engel stehn.
Voll den Nagel auf den Kopf getroffen.
In der Ruhe liegt die Kraft
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