Matthäus und die 30 Silberlinge: Falsch zitiert? Jeremia oder Sacharia?

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Kingdom
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Re: Matthäus und die 30 Silberlinge: Falsch zitiert? Jeremia oder Sacharia?

Beitrag von Kingdom »

Helmuth hat geschrieben: Fr 5. Apr 2024, 17:56

Summa summarum sehe ich, dass wir in der Sache auf keinen grünen Zweig kommen, weil du dich auf dogmatische Positionen fixierst und das wider die Wahrheitsfindung. Für mich ist das ein Rückschritt im Erkenntnisgewinn.


Der Herr mit dir.
Nun für mich wer hat es geschrieben Nebenschauplatz, der auch wichtig sein kann aber in diesem genannten Fall eben weniger Bedeutung hat. Was wurde geschrieben und ist das eben richtig oder falsch. Ich sehe in der Textpassage keinen Fehler sondern einen Bericht, wo ich überzeugt wäre das da eben schon einige reagiert hätten kurz nach der Niederschrift.

Einen Erkenntnisgewinn im anzweifeln von den Evangelien, sehe ich eben nicht.

LG Kingdom
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Helmuth
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Re: Matthäus und die 30 Silberlinge: Falsch zitiert? Jeremia oder Sacharia?

Beitrag von Helmuth »

Kingdom hat geschrieben: Fr 5. Apr 2024, 18:14 Ich sehe in der Textpassage keinen Fehler sondern einen Bericht, wo ich überzeugt wäre das da eben schon einige reagiert hätten kurz nach der Niederschrift.
Wann erfolgte dessen Niederschrift? Kannst du das Datum nennen? Du kannst weder ein Datum noch den Autor nennen. Ich auch nicht. Wir haben von all dem nur dessen tradierte Formen. Wobei eine Niederschrift selbst nicht von Belang ist, sondern die Kenntnis darüber, nachdem etwas öffentlich in Umlauf gekommen ist. Gleiches gilt für das Lk-Ev.

Du kannst eine Überzeugung erst haben, dass andere Ungereimtheiten merken, wenn man auch den Zeitraum der Verbreitung dieser Schriften kennt, wann sie also auch anderen bekannt sind und da kann man beim Mt-Ev, soweit ich weiß, nicht vor 80 n. Chr. ausgehen.

Zu der Zeit exisiterte schon das Lk-Ev, aber man weiß dabei auch nicht den Zeitraum seiner öffentlichen Verbreitung. Es richtete sich zunächst ja nur an eine Person, aber der Text lässt den Schluss zu, dass es das erste zuverlässige Werk über Jesus war.

Allerdings, ohne Faktengrundlagen über die Quellen mutmaßt man nur. Ebenso kann ich sagen, genau darum entwickelte sich eine Mk-Fassung, aus der viele solcher Ungereimtheiten entfernt wurden. Wann es ein offizielles Mk-Ev gegeben hat, auch das ist spekualtiv. Ende des 2. Jh kannte man die heute tradierten Evangelien. Jedenfalls ist das Mk-Ev kürzer. Die synoptischen Parallelen kann man dabei nicht übersehen.

Und auch meine Recherche ist eine Mutmaßung, aber zumindest sind die gezogenen Schlüsse richtig. Hat man mehr Fakten, kann man immer besser eingrenzen. Leider fehlen diese und man ist daher auf innerbiblische Exegese angewiesen, die aber auch gut funktioniert, besonder bei Lukas, da er auf Historizität bei seiner Berichterstattung geachtet hatte.

Von einer Überzeugung spreche ich bei solchen Dingen aber nicht, ansonsten setze ich falsche Prämissen und dann leitete dich darin nicht weiter der HG, sondern wie schon gesagt reine Dogmatik. Entscheidend ist aber, soweit stimmen wir überein, eben der Inhalt. Dazu nun aus der Einleitung zum Lk.Ev und damit meine Exegese:
Lk 1,3-4 hat geschrieben: ... hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nach zu schreiben, damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.
An sich bin ich bei dir, dass es z.B. einem Lukas aufgefallen wäre, der ja schreibt, dass er allem genau gefolgt ist. Er kannte das Schrifttum, das sich im Umlauf befunden hatte, offensichtlich. Der Jeremia-Punkt ist ihm aber, wie es scheint, nicht bekannt.

Oder er hatte die Erstform eines damals noch nicht als Mt-Ev bekannten Werkes unter die vielen Berichte eingeordnet, über die er einleitend zu seinem Bericht redet, und stellt nun eigene Nachforschungen an, um zu einem authentischen Bericht zu kommen.

Anders ausgedrückt: Was sich bisher im Umlauf befunden hatte war für ihn nicht zuverlässig genug. Er kannte noch keine Werke, dies sich Mt oder Mk nannten, sonst hätte er sie nennen können. Das alles erfolgte erst später. Also war sein Werk m.E. früheren Datums. Es geht ihm dabei weniger um das Schrifttum, sondern um die Tatsachenberichte der Augenzeugen und Diener des Wortes, die damals noch gelebt hatten, die für ihn damit weit zuverlässiger waren.
Lk 1,1-2 hat geschrieben: Da es ja viele unternommen haben, eine Erzählung von den Dingen zu verfassen, die unter uns völlig geglaubt werden, so wie es uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, ...
"So wie es uns die überliefert haben" meint deren Zeugnisse, heißt aber nicht zwingend, dass diese damit schon in Schriftform vorhanden waren und vom HG als bestätigt gegolten haben. Soweit Lukas' Faktendarstellung, dass es schon viele Berichte gab, die im Umlauf waren und man bereits kannte.

Warum macht er sich nun die Mühe alles nochmals aufzuschreiben? Auch bei Lukas sind die synoptischen Parallelen nicht zu übersehen. Er übernahm also viele Dinge, aber eben nicht alles. Der Grund dafür kann nur sein, dass das vorhandene Wissen und Schriftmaterial nicht zuverlässig genug war um gesichert darauf aufzubauen. Daher ging er dem selbst nach. Er legte sehr viel Wert ein authentisches Zeugnis von Jesus an Theophilus weiterzugeben.

Soweit meine Überlegungen, die sich auf die Einleitung des Lk-Ev stützen, welches dazu ungemein wertvoll ist, vor allem deswegen, weil wir nur in dem Bericht über die vom HG angetriebene Motivation des Autors etwas erfahren. Und es kennzeichnet ihn auch eine nüchterne Objektivität.

Es gibt bei ihm z.B. keine Bibelauslegung, wohl aber eine biographische Berichterstattung über das Leben Jesu auf Basis zuverlässiger Zeugen. Das gibt es im Mt-Ev und im Mk-Ev nicht. Deren Autoren und wie es zur bis heute tradierten Endfassung im 4. Jh gekommen ist, bleibt weiter ein Forschungsobjekt mit vielen Fragezeichen.

Ich vergötze die Bibel nicht, wie es evangelikale Dogmatiker in meinen Augen tun, die keinen Widerspruch dulden, also muss auch Lukas auf den Prüfstand. Die Ehre gilt zuerst Gott und nicht dem Schreiber. Das ist meine Prämisse, die ich aber aus dem Wort Gottes beziehe.


Schlusskommentare:


Derart sind sicher viele weitere oft auch nur theoretische, womit menschliche Überlegungen gemeint sind, möglich, soweit klar. Fakt ist aber, das heute als Mt-Ev tradierte Werk weist weit mehr als nur diese eine Ungereimtheit bzgl. der ungeklärten Namenenennung mit Jeremia auf. Also selbst dann, sollte sich eines Tages herausstellen, dass es kein Fehler wäre, so verbleiben noch etliche weitere andere Unklarheiten, die m.E. gravierender sind. Das alles ist bei einem Lk-Ev oder auch der Kurzfassung des Mk-Ev weit weniger der Fall.

Die Grundlage zur Niederschrift müssen Fakten sein, egal um was es geht, was ich am Lk-Ev sehr hoch einschätze. Und danach wurde später auch kanonisiert, wobei der HG klarerweise mitwirkt, der sie dazu antreibt. Aber Fakten, zu deren Schaffung der Mensch ja mitwirkt, die er also selbst schafft, diese kann selbst der HG nicht abändern, das wäre nicht sein Werk. Baue das mal in deine Überlegungen ein.

Fakt ist nun, dass Lukas über unser gegenständliches Problem nichts aussagt und Fakt ist auch, dass ein unmissverständlicher Bezug von Mt. 27:9-10 zu Jeremia nicht gegeben ist, wohl aber zu Sacharja 11:12-13. Wer das anders sieht, der redet gegen diese Faktengrundlage, was der HG so nicht lehren würde.

Daher ist es für mich nicht nachvollziehbar, sprich glaubhaft, von einer „Überzeugung“ über dessen Richtigkeit zu reden. Solche Worte finde ich nur für authentische Aussprüche aus Jesu Mund, die der HG auch bestätigt, nicht aber für alle Auslegungen der Autoren. Diese sind und bleiben Menschen wie du und ich, was wiederum Fakt ist, und seien wir uns sicher, der HG kann damit schon umgehen.


PS: Mich freut aber, wenn wir unsere Sichtweisen von der Wahrheit des Evangeliums unseres Herrn Jesus Christus entkoppeln, welches davon völlig unberührt bleibt und an das wir doch gleichermaßen glauben. Das wäre ein erster Fortschritt in der Diskussion.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
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