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Pim van Lommel: Endloses Bewusstsein

Verfasst: So 20. Okt 2013, 14:09
von Demian
Ein interessanter Artikel zur Nahtod-Thematik.

„Es ist schon erstaunlich: Zu allen Zeiten, in allen Teilen der Erde und in jeder Kultur gab es die Vorstellung einer Höheren Macht und des Weiterexistierens nach dem körperlichen Tod," so Prof. Michael von Brück, Zenmeister und Religionswissenschaftler an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. „Auch die heutigen Religionen wie Judentum, Christentum, Islam und Hinduismus kennen alle einen Gott, einen Schöpfer des Himmels und der Erde, der die Welt lenkt. Und uns auch im Jenseits erwartet. Der Buddhismus kennt ebenfalls Götter, aber sie sind vergänglich, nicht absolut und nicht Schöpfer. In der buddhistischen Vorstellung entstehen alle Wesen und Erscheinungen von selbst in wechselseitiger Abhängigkeit."

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Doch die meisten dieser Erfahrungen machen klinisch Tote. Also Menschen, deren Herz nicht mehr schlägt, deren Stoffwechsel und Körperchemie zum Erliegen kam, die nicht mehr atmen und deren Gehirn keinerlei Tätigkeit mehr aufweist. Was denkt und fühlt ein Mensch also, wenn EEG und EKG eindeutig belegen: In Hirn und Herz funkt nichts mehr? Und wie erklärt sich, dass viele nach der Wiederbelebung exakt berichten können, was während ihres minutenlangen Totseins beispielsweise im Operationssaal oder an der Unfallstelle geredet, gemacht und sogar gedacht wurde. Einige können erstaunlicherweise Vorfälle, die zur gleichen Zeit hunderte von Kilometern weit weg geschahen, präzise wiedergeben.
„Das materialistische Paradigma, das behauptet, außer dem, was sicht- oder messbar ist, gibt es nichts, muss angesichts dieser Tatsachen zur Diskussion gestellt werden," fordert der Niederländer Dr. Pim van Lommel. Der Kardiologe führte die erste wissenschaftliche Studie zu Nahtoderlebnissen durch, die belegt, dass unser Bewusstsein nicht an den Körper gebunden sein kann. Die spektakulären Ergebnisse von Lommels Langzeit-Untersuchung wurden sogar im renommierten „The Lancet" veröffentlicht, weltweit einem der führenden medizinischen Fachmagazine. „Es gibt ein Bewusstsein, das außerhalb unseres Gehirns existiert. Das Bewusstsein ist vergleichbar mit dem Internet: Ich kann es empfangen auf meinem Computer, dem Körper, und damit arbeiten. Schalte ich das Gerät aus, gibt es das Internet trotzdem noch, aber ich kann es nicht mehr sehen, nicht mehr messen. Selbst wenn ich den PC komplett auseinanderschraube, die kleinsten Einzelteilchen noch unters Elektronenmikroskop lege, finde ich darin kein Internet", erläutert der Kardiologe.

Auch die Physik fahndet nach Erklärungsmodellen für die Seele und für außerkörperliche Erfahrungen. Der Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg (1901-1976) betrachtete die Naturgesetze, die wir als objektiv bezeichnen und klassisch physikalisch berechnen können als „unterste Schicht der Wirklichkeit". In der Quantenphysik zeigte sich nämlich, dass der Beobachter einer Situation beeinflusst, was er beobachtet. Stark vereinfacht ausgedrückt: Wir sehen das, was wir sehen wollen. Das entspricht jedoch nicht unserem Weltbild einer festen, konkreten Wirklichkeit.
Dass es weder Mess- noch Sichtbares jenseits von Zeit und Raum geben muss, wusste auch Albert Einstein (1879-1955). Den Physiker verwirrte die Tatsache, dass sich Licht je nach Versuchsanordnung mal als Teilchen, mal als Welle physikalisch messen lässt. Und: Egal, wie viele Kilometer Lichtteilchen voneinander entfernt sind, sie stehen doch in Beziehung zueinander, wandeln sich zeitgleich in Lichtwellen, sobald man die Versuchsanordnung ändert. „Spukhafte Fernwirkung" nannte Einstein dieses Phänomen. Bisher konnte kein Physiker enträtseln, was genau Licht überhaupt ist. Das seltsame Verhalten von Licht fasziniert auch Physiker Prof. Markolf Niemz aus Heidelberg: „Eine Arbeitsgruppe in Tübingen simulierte die Einsteinsche Relativitätstheorie per Computeranimation. Die künstlichen Bilder zeigten, wie wir unsere Umgebung wahrnähmen, wenn wir uns mit Lichtgeschwindigkeit bewegten, mit 300.000 Kilometer pro Sekunde oder eine Milliarde Stundenkilometer, und Zeit und Raum quasi stillstehen. Auf den computeranimierten Szenen sieht man einen dunklen Tunnel und am Ende ein helles Licht. Das erinnerte mich an Berichte von Nahtoderlebnissen, und ich begann zu forschen." Niemz entwickelte aus seinen Untersuchungen die These, dass unsere Seele, sobald sie nach dem Tod den Körper verlässt, zu Licht wird. Das könnte die Tunnelerfahrungen, Gefühle von Allverbundenheit, Raum- und Zeitlosigkeit erklären.

Dem Mathematiker Prof. Günter Ewald aus Bochum genügt diese Theorie nicht. „Das Tunnel-Lichterlebnis deutet Prof. Niemz so, dass sich das Bewusstsein nach dem Tod in Licht verwandelt und mit Lichtgeschwindigkeit davon fliegt. Aber die von Physikern in Versuchen darstellbare Wahrnehmung bei Lichtgeschwindigkeit, der so genannte Search-Light-Effekt, erklärt leider keineswegs alle Phänomene, die Menschen in Nahtoderfahrungen erleben."
Prof. Ewald sammelt, dokumentiert und kommentiert seit 1997 Nahtodberichte. „Die Untersuchung unter verschiedenen Aspekten bringt viele Mosaiksteine für eine wissenschaftliche Betrachtung des Gesamtphänomens Nahtoderfahrung zusammen." Fest steht für ihn nach Jahren der Forschung und des Austausches mit Kollegen aus anderen Fachbereichen zu diesem Thema, dass die Nahtoderfahrungen real sind und dass es ein Weiterleben nach dem Tod gibt. „Das ist einfach eine tiefe Überzeugung. Schön, dass sie nicht im Widerspruch zu meinem wissenschaftlichen Denken steht."

Überzeugt von einer Weiterexistenz ist auch Dr. van Lommel: „Das Bewusstsein ist nicht messbar, weil es non-lokal ist. Ich vergleiche das mit der Gravitation. Man kann die physischen Auswirkungen messen, aber keiner weiß, was Gravitation eigentlich ist. Wir können zwar einige physische Effekte des Bewusstseins messen, die Aktivitäten im Gehirn, aber auch bei quicklebendigen Menschen weder Inhalt noch Qualität ihrer Gedanken und Gefühle bestimmen. Es ist schwer, wissenschaftlich nachzuweisen, dass es Verliebtheit gibt oder Träume, und doch wissen wir alle, dass diese Phänomene existieren. Und jeder, der ein Nahtoderlebnis oder eine mysthische Erfahrung hatte, weiß eben, dass das Bewusstsein über das Gehirn und auch den Tod unendlich weit hinaus geht."

Sich mit dem Tod und was danach kommt auseinander zu setzen, gilt in unserer Gesellschaft eher als Weltflucht von allzu sensiblen Zeitgenossen, die die Tatsache, dass es halt irgendwann vorbei ist, nicht verkraften können. Doch die Autorinnen des Buchs „Und was mach ich, wenn ich tot bin?", machten ganz andere Erfahrungen: „Wer selbst dem Tod schon nahe stand, hat dieses biblische Memento Mori:„Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen." scheinbar begriffen. Diese Menschen stehen dem Leben viel intensiver, verantwortlicher und kraftvoller gegenüber",erzählt Claudia Toll. Und ihre Kollegin Iris Schürmann-Mock erinnert sich: „Wir führten viele Interviews. Da waren extrem bodenständige Persönlichkeiten dabei, die unaufgefordert von einem Nahtoderlebnis berichteten. Was mich am meisten berührt hat, war immer wieder diese Aussage, dass alles im Universum positiv empfunden wurde. Dass letztlich nur Liebe existiert".
Wer sich mit dem Tod beschäftigt, kommt im Leben besser zurecht. „Alle religiösen Vorstellungen vom Weiterleben sind gleichnishaft und eine reine Glaubenssache. Aber wer meditiert und Achtsamkeit im Alltag paktiziert, erfährt selber, dass das Bewusstsein grenzenlos ist. Und diese innere Gewissheit hilft, in schwierigen Situationen klar und gelassen zu bleiben," empfiehlt Religionswissenschaftler von Brück.


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