Pluto hat geschrieben:In einer kausalen Welt wie die unsere, lässt sich das Meiste "linearisieren". Natürlich gibt es Komplexität, aber auch diese ist in den allermeisten Fällen durch Linearisierung sehr gut approximierbar (vgl. Newtons Integralrechung).
äh nein. Ist sie eben nicht. Wenn wir grad bei Newton bleiben wollen, den Gleichungen zu Energie und Bewegung: Wenn sich die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs verdoppelt, dann verdoppelt sich die Gefahr für Leib und Leben eben nicht linear - sondern sie vervierfacht sich! Wer nur schon in diesem simplen, wenig komplexen Beispiel sich auf approximatives Linearisieren verlässt, liegt massiv daneben.
Komplexe Systeme sind noch viel weniger berechenbar (eine Parabel wie im Beispiel oben ist ja immerhin noch relativ leicht zu berechnen), sondern da kommt es oft vor, dass lange Zeit gar nichts passiert - und dann auf einmal ein riesiger Sprung. Der dann oft auch nicht rückgängig gemacht werden kann. Und das findet man eben nicht heraus durch lineares Approximieren, sondern nur durch Erfahrung, und am liebsten durch Erfahrungen, die man nicht alle selbst machen muss.
Man kann ein Ei leicht zerschlagen, aber man kann es nicht ent-schlagen... man kann mit zunehmender Stärke ein Ei auf den Rand eines Glases klopfen, und nichts passiert, aber dann klopft man nur noch ein bisschen stärker, und die Schale zerbricht, und das Ei läuft aus, und es passiert SEHR vieles, das nicht rückgängig zu machen ist.
Oder: ein fades Gericht wird besser, wenn man etwas Salz dazu gibt. Allerdings gilt nicht, dass es doppelt so gut wird, wenn man die doppelte Menge Salz dazu gibt, und hundert Mal so gut, wenn man die hundertfache Menge Salz dazu gibt. Gewürze funktionieren nicht linear.
kann man eine genaue Karte der Temperatur in deinem Zimmer zeichnen.
Könnte ich machen, ist aber nicht sehr interessant.
Es klingt banal aber es ist eines der mächtigsten Werkzeuge die ich kenne. Diesese Prinzip der Linearisierung von Problemen bildet die eigentliche Grundlage für 99% der Naturwissenschaft.
Wenn immer es um Menschen geht, liegen die Fragen im restlichen 1%. Weil Menschen eben nicht linear sind
Das zweite Prinzip der Physik ist die Rükverfolgbarkeit einer kausalen Kette.
Es gibt da ja nicht nur Ketten à la A > B > C > D, immer schön rückverfolgbar, jede Wirkung komnmt aus einer Ursache.
Es gibt Rückkoppelungsschleifen; viele hundert davon in einem Lebewesen. Die alle aufeinander einwirken. Da die kausalen Verknüpfungen im Detail zu entwirren, ist unmöglich und wird für längere Zeit unmöglich bleiben.
Es gibt Phänomene, die multikausal bedingt sind, wo viele Faktoren zusammenspielen, und in ihrer Gesamtheit ein Phänomen verursachen, aber keiner dieser Faktoren hätte einzeln dieses Phänomen verursacht.
Es gibt einzelne Faktoren, die mehrere Phänomene verursachen, teils auch zeitverschoben, oder im Raum verschoben, sodass es nicht leicht erkenntlich ist, dass die Phänomene von der selben Ursache erzeugt werden.
Sprich: was komplexe Systeme wie zB Menschen betrifft, da weiss man noch recht wenig. hier mit linearen Annäherungen reinzuhauen, ist ein Benehmen wie der Elefant im Porzellanladen und wie die Axt im Walde: grob, ungenau, zerstörerisch.
gruss, barbara