Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
Tyrion
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Tyrion »

Novalis hat geschrieben:Eine seltsame Aussage, denn was hat das mit der Kirche zu tun?
Wie kommst du jetzt auf Kirche? :?:

Ich habe nur auf den Einwand lovetrails, meine Sympathie für "keine ewige Seele" mit Nihilismus zu verknüpfen, reagiert.
Nihilismus ist die "Lehre vom Nichts, welche jede Wertorientierung und die Möglichkeit einer Seinsbegründung von sich weist". (relilex.de)
Es gibt zig Definitioinen von Nihilismus. Da ich werteorientiert bin, bin ich kein Nihilist.
Novalis hat geschrieben:
Tyrion hat geschrieben: Ist es nihilistisch, nicht an ein ewiges Sein zu glauben?
Ja. Ich denke aber nicht, dass der Buddhismus eine Religion des Nihilismus ist. Das ist eher ein typisch westliches Missverständnis.
Das ja sehe ich so eben nicht, denn zum Nihilismus gehört viel mehr dazu. Dass der Buddhismus eie Religion des Nihilismus sei, hat auch niemand hier geschrieben. Esstimmt aber, dass dies manchmal negativ polemisch behauptet wird, um den Buddhismus runterzumachen, was hier nicht der Fall war.
Beim Buddhismus gibt es eine Wertorientierung und Seinsbegründung, weshalb der Vorwurf des Nihilismus falsch ist.
Stimmt.
Außerdem gehört zur Lehre des Buddha einen Weg der Mitte zu beschreiten und alle Extreme zu vermeiden. Nihilismus ist eine extreme, alle höheren Werte und Moral verneinende Weltanschauung und somit ziemlich unbuddhistisch.
Wie gesagt: wer glaubt hier, dass Buddhismus nihilistisch sei?
Es ist auch ziemlich unbuddhistisch über die Existenz Gottes, einer ewigen Seele oder andere Glaubensinhalte zu streiten, weil das nur unnötges Leiden verursacht.
Das hier ist ein Diskussionsforum - gestritten sollte aber nicht werden, das stimmt (deshalb sollten sich alle an gewisse Grundregeln halten). In einem religiösem Diskussionforum geht es aber auch und gerade darum, über Dinge wie ewige Seele ja/nein zu diskutieren. Warum das Leid verursachen soll, weiß ich nicht. Diese Seiteist dafür geschaffen worden (unter anderem).
Es gibt nicht wenige Menschen, die durch den Buddhismus wieder einen Zugang zu ihrer eigenen spirituellen Tradition gefunden haben; und die ist bei uns nun mal christlich geprägt.
Die Friedfertigkeit des Buddhismus tut dem Christentum auch sicherlich gut. Insofern findeich die Verknüpfung auch gut. Ich kannte einen Katholiken, der sich zudem auch als Buddhist definiert hat und beide Lehren vereinte. Warum auch nicht? Habe ihn lang nicht mehr gesehen... Berufsausbildung und Lebenswege trennen manchmal.
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lovetrail
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von lovetrail »

Novalis hat geschrieben:Beim Buddhismus gibt es eine Wertorientierung und Seinsbegründung, weshalb der Vorwurf des Nihilismus falsch ist. Außerdem gehört zur Lehre des Buddha einen Weg der Mitte zu beschreiten und alle Extreme zu vermeiden. Nihilismus ist eine extreme, alle höheren Werte und Moral verneinende Weltanschauung und somit ziemlich unbuddhistisch.
Wie will man denn im Buddhismus Werte begründen? Auf welchen Grund?
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Pluto
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Pluto »

lovetrail hat geschrieben:Wie will man denn im Buddhismus Werte begründen? Auf welchen Grund?
Falsche Frage.
Wie will man "Werte" überhaupt begründen?

In meiner Erfahrung, sind Werte sind immer subjektiv und relativ zum Betrachter.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
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lovetrail
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von lovetrail »

Pluto hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Wie will man denn im Buddhismus Werte begründen? Auf welchen Grund?
Falsche Frage.
Wie will man "Werte" überhaupt begründen?

In meiner Erfahrung, sind Werte sind immer subjektiv und relativ zum Betrachter.
Zu einem gewissen Teil, ja. Aber manche Werte wie Freundschaft, Liebe, Treue, Wahrhaftigkeit... sind universal. Das zeigt sich am Gewissen. (vor allem wenn man dagegen verstößt).

LG
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Pluto
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Pluto »

lovetrail hat geschrieben:Aber manche Werte wie Freundschaft, Liebe, Treue, Wahrhaftigkeit... sind universal. Das zeigt sich am Gewissen. (vor allem wenn man dagegen verstößt).
Das sind für mich keine Werte, sondern Dogmen, an die ich auch glaube.
Ich habe noch mehr solche Dogmen, die mir heilig sind, ohne das ich wüsste warum... :D
Dazu zählen ganz bestimmt: Demokratie, Gerechtigkeit und Gesetzestreue.
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lovetrail
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von lovetrail »

Pluto hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Aber manche Werte wie Freundschaft, Liebe, Treue, Wahrhaftigkeit... sind universal. Das zeigt sich am Gewissen. (vor allem wenn man dagegen verstößt).
Das sind für mich keine Werte, sondern Dogmen, an die ich auch glaube.
Ich habe noch mehr solche Dogmen, die mir heilig sind, ohne das ich wüsste warum... :D
Dazu zählen ganz bestimmt: Demokratie, Gerechtigkeit und Gesetzestreue.
Was ist denn aus deiner Sicht der Unterschied zwischen Werten und Dogmen? Und beruhen deine "Dogmen" nicht auch auf Werten?

LG
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Tyrion »

Gewisse Werte sind universell - das liegt daran, dass wir Säugetiere sind, die in Verbänden leben. Evolutiv ist es da vorteilheft, innerartliche Aggression durch vererbte Verhaltensweisen und auch "Werte" (Gewissen, Tötungshemmung usw.) zu bremsen. Auch Altruismus, der ja auch bei anderen, in Verbänden lebenden Tieren zubeobachten ist (sowohl reziproker Altruismus als auch verwandtschaftlich bedingter Altruismus) gehört dazu.

Es gibt also Werte, die evolutiv vorteilhaft sind und viel älter als die Menschheit sind. Darauf kann manm aufbauen. Nur braucht man dafür keinen Gott. Daher kann auch der Buddhismus Werte ohne Gott definieren, genauso wie es Atheisten tun.

Deshalb auch mein Einwand bezüglich des immer wieder kommenden Nihilismus-Vorwurfs.
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Pluto
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Pluto »

lovetrail hat geschrieben:Was ist denn aus deiner Sicht der Unterschied zwischen Werten und Dogmen? Und beruhen deine "Dogmen" nicht auch auf Werten?
Werte sind eher so was wie innere Gebote oder Pflichten: Z.B. Respekt vor anderen und ihrem Besitz.
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von erbreich »

Tyrion hat geschrieben:Dieser Gedanke an Karma ist mir als christlich sozialisierter Mensch sehr fremd.
Wie das? Wenn du dich als christlich sozialisiert erkennst, dann dürfte dir das Gesetz von Saat und Ernte durchaus ein Begriff sein. Karma ist nichts anderes als dies: "Was der Mensch sät, das wird er ernten" (z.B. Gal 6,7).

Karma bedeutet "Wirken", "Tat" und dazu sagte der Buddha: "Den Willen bezeichne ich als die Tat, denn mit dem Willen wirkt man die Tat in Werken, Worten und Gedanken." Und weiter: "Eigner der Taten sind die Wesen, Erben der Taten, die Taten sind der Schoß, der sie gebiert, sind ihre Freunde, ihre Zuflucht. Was immer für Taten sie tun, gute oder böse, deren Erben werden sie sein."

Diese Gesetzmässigkeit gilt auch ganz unabhängig vom Glauben an Wiedergeburt. Oder anders gesagt: Es macht Sinn und kann ein sehr hilfreiches Werkzeug sein, sich bei den eigenen Willensregungen und sprachlichen und körperlichen Aktivitäten des Gesetzes von Saat und Ernte bewusst zu sein. Es ist mir ein guter Wegweiser für ein ethisch verantwortungsbewusstes Leben.
Die Frage, die ich bin, sucht nicht die Antwort in dem Sinn, dass ein Wort mir könnte klären, was nur die Frage kann gewähren.
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Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von erbreich »

macca hat geschrieben:Wir sind alle in Samsara, dem Kreis aus Geburt, Alter, Krankheit, Tod und Wiedergeburt gebunden. Und wir alle wollen dasselbe. Glücklich sein.
Mich persönlich stört die Betonung des Glücklichseins in so etlichen buddhistischen Schriften. Das Ziel des buddhistischen Weges ist nicht Happy Samsara, sondern der Ausstieg aus dem Daseinskreislauf, das Erlöschen (Nibbana) von Samsara.

Das eigentliche Ziel des buddhistischen Weges ist das „Glück“ des Nibbana, das als das Leidfreie und Todlose gilt. Das Leidfreie besteht im Erlöschen des Leidunterworfenen. Das Todlose im Erlöschen des Geborenwerdens.

Nibbana kann verwirklicht, aber nicht „erlebt“ werden. Erlebt werden kann immer nur der Vergänglichkeit und dem Leiden Unterworfenes.

Nibbana ist nichts Körperliches, weil Körperliches entsteht und vergeht. Nibbana ist kein Gefühl, weil Gefühl entsteht und vergeht. Nibbana ist nicht Wahrnehmung, weil Wahrnehmung entsteht und vergeht. Nibbana ist kein Geisteszustand, weil Geisteszustände entstehen und vergehen. Nibbana ist nicht Bewusstsein, weil Bewusstsein entsteht und vergeht.

Gemäss buddhistischer Definition erschöpft sich die gesamte (sowohl individuelle als auch allgemeine) Existenz in diesen fünf sogenannten Daseinsgruppen. Ihr Entstehen, Vergehen und immer wieder neu Entstehen und Vergehen ist Samsara. Ihr Erlöschen ist Nibbana.

Nibbana kennt zwei Aspekte, einen psychologischen und einen physiologischen. Ersterer ist das Erlöschen der Leidensursachen Gier, Hass, Verblendung. Ein Mensch, der von diesen drei „Geistesgiften“ vollständig frei geworden ist erlebt immer noch Wohl- und Wehgefühle, aber die Gefühle irritieren ihn nicht mehr und führen nicht mehr zu selbstsüchtigen, gierigen und hassvollen Gedanken, Worten und Taten. Man mag diesen Zustand als „Glücklichsein“ bezeichnen, aber nur unter der Voraussetzung, dass damit nicht ein unaufhörliches Glücksgefühl gemeint ist. Besser passt die Beschreibung „Gleichmut“.

Der zweite, physiologische, Aspekt des Nibbana bezeichnet das, was bleibt, wenn Geist und Körper des obgenannten (von Gier, Hass und Verblendung befreiten) Menschen „erlöschen“. Nur in diesem Fall gibt es kein Neuentstehen, keine Wiedergeburt mehr. Und das ist das ultimative „Glück“, das der Buddhismus lehrt. Er lehrt nicht das „Glück“ vergänglicher Gefühle als Ziel, sondern die Befreiung von allem Körpererleben, von allem Fühlen, Wahrnehmen, Wollen und Bewusstsein.

Dieses Ziel kann nur realisiert werden durch ein vollständiges Akzeptieren des Seins wie es ist. Das Leben wird weder bejaht (begehrt) noch verneint (abgelehnt) und auch der Tod wird weder bejaht (begehrt) noch verneint (abgelehnt). Darüberhinaus wird weder das individuelle noch das allgemeine Leben als ein Selbst oder als einem Selbst gehörig angeschaut, stattdessen wird die vollständige Bedingtheit alles Seienden und die totale Vernetzung von allem mit allem gesehen.

Und um – endlich… - zum Threadthema zu kommen: In diesem selbstlosen Erleben des bedingten Seins liegt der Grund, liegt die Begründung, liegt das Motiv für das liebevolle, wohlwollende, mitfühlende Wirken in Gedanke, Wort und Tat der tatsächlich und ernsthaft praktizierenden Buddhistin, des tatsächlich und ernsthaft praktizierenden Buddhisten.
Die Frage, die ich bin, sucht nicht die Antwort in dem Sinn, dass ein Wort mir könnte klären, was nur die Frage kann gewähren.
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