Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

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Travis
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von Travis »

PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:33 Ansonsten ist in einer Demokratie gar keine Obrigkeit in dem Sinne wie Paulus das gemeint hatte. Obrigkeit wurde 1918 abgeschafft.
„In dem Sinne“ wie Paulus das gemeint hat? Bist Du sicher? Er hält das sehr (und sehr bewusst) allgemein, wenn er von Obrigkeit schreibt.

Da geht es um Ordnungsstruktur und Machtpositionen. Der Kaiser als „Souverän“ spielt zwar auch eine Rolle, aber wie gesagt schreibt Paulus (nicht nur im Römer) sehr allgemein. Er rührt nicht einmal die Rolle der Sklaven kritisch an.
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PeB
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von PeB »

Travis hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:37
PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:33 Ansonsten ist in einer Demokratie gar keine Obrigkeit in dem Sinne wie Paulus das gemeint hatte. Obrigkeit wurde 1918 abgeschafft.
„In dem Sinne“ wie Paulus das gemeint hat? Bist Du sicher?
Ziemlich sicher!
Was macht dich sicher, dass Paulus in die Zukunft gewandt redete?
Er redete primär hier zu Zeitgenossen in seiner Zeit, die von Obrigkeiten geprägt war. Besonders für Juden und Christen unter römischer Knute war das deutlich zu spüren.
Travis hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:37 Er hält das sehr (und sehr bewusst) allgemein, wenn er von Obrigkeit schreibt.
Es ist ja auch allgemein. Es gilt überall dort, wo es Obrigkeit gibt. Auch heute gibt es genügend Plätze auf der Welt mit ausgeprägten Obrigkeitssystemen.
Travis hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:37 Da geht es um Ordnungsstruktur und Machtpositionen. Der Kaiser als „Souverän“ spielt zwar auch eine Rolle, aber wie gesagt schreibt Paulus (nicht nur im Römer) sehr allgemein. Er rührt nicht einmal die Rolle der Sklaven kritisch an.
Wenn wir an die beiden letzten "christlichen" Jahrtausende denken, dann kommen uns gleich die "bösen Kirchen" in den Sinn. Wohl zu recht. Aber abgesehen davon waren diese beiden Jahrtausende auch (ganz völkstümlich verstanden) durch christliche Werte geprägt.

Ist es denn nicht die Verheißung, dass christliche Werke entsprechende Früchte hervorbringen?
Können wir dann nicht einfach akzeptieren, dass die Dinge, die in der Welt besser geworden sind (explizit: die politischen Systeme) die Früchte des Glaubens und der Werke sind? Von Gott geleitet.

Insofern verstehe ich diese politische Entwicklung als einen Prozess der Heilsgeschichte.
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Helmuth
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von Helmuth »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 12:35 Wenn es heisst, Obrigkeit sei von Gott, kann und sollte man das aber anders verstehen.
Wie immer du oder wer anderer sie versteht, niemand setzt sie damit außer Kraft.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 12:35 Es geht hier um Beziehungen.
Welche Beziehung habe ich zu einem Finanzbeamten? Oder welche Beziehung hatte Jesus zu Kajaphas, oder zu Pilatus?
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PeB
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von PeB »

Daniel 2, 44 hat geschrieben:Aber zur Zeit dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird; und sein Reich wird auf kein anderes Volk kommen.
Wer ist also als Obrigkeit eingesetzt?
Michael hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:47 Wie immer du oder wer anderer sie versteht, niemand setzt sie damit außer Kraft.
Nenne mir doch bitte mal ein Beispiel, wer konkret in Deutschland (oder Österreich) im Jahr 2020 Obrigkeit ist.
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ProfDrVonUndZu
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:33 De iure übt das Volk die Macht aus. Das ist Sinn einer Demokratie. De facto kann man darüber streiten. Wenn es aber wirklich darum ginge, müsste man die Wirtschaftsbosse als Obrigkeit ansehen. Ich glaube nicht, dass Paulus diese als Obrigkeit im Sinn hatte.
Doch, auch die hat Paulus gemeint. Denn als Arbeitgeber sind sie ihren Arbeitskräften sowohl verpflichtet, als auch Anspruchsberechtigt, wie umgekehrt eben auch. Es gibt hier praktischerweise ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse zu Gunsten der Arbeitgeber wo auch die höhere Staatsmacht, auf die sich beide berufen, relativ ohnmächtig ist. Dem kann man mit Gewerkschaften entgegen treten, aber ich glaub das führt an dieser Stelle zu weit. Die Andeutung sollte genügen.
PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:33 Ansonsten ist in einer Demokratie gar keine Obrigkeit in dem Sinne wie Paulus das gemeint hatte. Obrigkeit wurde 1918 abgeschafft.
Das Obrigkeitsverständnis bis dahin war ja mitgeprägt durch eben jenen Bezug auf Römer 13 und damit auch selbstreferentiell und verzerrt. Dieses wurde formal abgeschafft, aber als Ideologie geistert es weiter herum.
Travis hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:37 Da geht es um Ordnungsstruktur und Machtpositionen. Der Kaiser als „Souverän“ spielt zwar auch eine Rolle, aber wie gesagt schreibt Paulus (nicht nur im Römer) sehr allgemein. Er rührt nicht einmal die Rolle der Sklaven kritisch an.
Anrühren tut er sie schon, aber auf eine viel grundsätzlichere Weise, denn es geht im Evangelium und auch schon im AT grundsätzlich um Herrschaft und Knechtschaft. Denke an die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei. Paulus vermeidet aber Feindbilder, da er auch die vermeintlichen Herren nur als Opfer und Knechte tiefgründigerer Mächte sieht, die ebenfalls Erlösung brauchen.
PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:46 Er redete primär hier zu Zeitgenossen in seiner Zeit, die von Obrigkeiten geprägt war. Besonders für Juden und Christen unter römischer Knute war das deutlich zu spüren.
Was heisst hier römische Knute ? Es ist doch keineswegs so, dass es den Juden ohne die Römer besser gegangen wäre. Man sollte sie vor allem als Schutzmacht vor Bedrohung aus dem Osten sehen.
Michael hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:47 Welche Beziehung habe ich zu einem Finanzbeamten? Oder welche Beziehung hatte Jesus zu Kajaphas, oder zu Pilatus?
Das weiss ich bei dir nicht. Die Beziehung zu einer bestimmten Behörde ergibt sich immer aus den persönlichen Umständen. Wer Arbeitseinkommen hat, der steht unter Aufsicht des Finanzamtes. Das hat schon seinen sachlichen Grund, der sich an Gerechtigkeit orientiert. Bei Rente, Arbeitslosigkeit, Asyl, Obdachlosigkeit ergeben sich eben andere Verhältnisse.
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PeB
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von PeB »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 15:00 Doch, auch die hat Paulus gemeint. Denn als Arbeitgeber sind sie ihren Arbeitskräften sowohl verpflichtet, als auch Anspruchsberechtigt, wie umgekehrt eben auch.
Das gilt auch - sehr allgemein - für das Verhältnis zwischen mir Christ und dir Christ. Deshalb ist aber nicht automatisch einer Obrigkeit über den anderen.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 15:00 Das Obrigkeitsverständnis bis dahin war ja mitgeprägt durch eben jenen Bezug auf Römer 13 und damit auch selbstreferentiell und verzerrt. Dieses wurde formal abgeschafft, aber als Ideologie geistert es weiter herum.
Muss ich zustimmen.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 15:00
PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 13:46 Er redete primär hier zu Zeitgenossen in seiner Zeit, die von Obrigkeiten geprägt war. Besonders für Juden und Christen unter römischer Knute war das deutlich zu spüren.
Was heisst hier römische Knute ? Es ist doch keineswegs so, dass es den Juden ohne die Römer besser gegangen wäre. Man sollte sie vor allem als Schutzmacht vor Bedrohung aus dem Osten sehen.
Wollen wir die Geschichte aufrollen? Du hast natürlich recht. Die Juden haben die Römer ursprünglich selber herbeigerufen im Kampf gegen die Griechen.
Aber letztlich haben sie dadurch ihre angestrebte Autonomie nicht zurück erhalten, sondern lediglich die griechische durch die römische Knute eingetauscht.
Anspruch war aber die Autonomie des jüdischen Staates - deshalb rede ich von Knute.
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von Aslan »

Michael hat geschrieben: Mo 9. Nov 2020, 21:49 Von welcher Rechtsgrundlage sprichst du? Ein Prinzip ist ein Prinzip und hat keine Rechtsgrundlage, sage ich mal, sondern es ist umgekehrt. Die Fragestellung sehe ich verkehrt.
Das ist das Grundgesetz der BRD.
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 15:09 Das gilt auch - sehr allgemein - für das Verhältnis zwischen mir Christ und dir Christ. Deshalb ist aber nicht automatisch einer Obrigkeit über den anderen.
Im gewissen Sinne doch, denn
Philiper 2,2 so erfüllet meine Freude, daß ihr einerlei gesinnt seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes,
3 nichts aus Parteisucht oder eitlem Ruhm tuend, sondern in der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst;
4 ein jeder nicht auf das Seinige sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen.
Bei diesem "höher" achten verwendet Paulus das gleiche Wort, wie in Römer 13,1 als Attribut der Vollmacht.
Was Paulus grundsätzlich sagen und ins Bewusstsein rufen will, dass der Mensch ein Beziehungswesen ist und als solches erschaffen wurde. Kein Mensch sich auf sich selbst berufen kann und darf, dass kein Mensch unabhängig von anderen Menschen oder auch Sachzwängen ist. Liberale und neoliberale Ideologen stehen dieser Tatsache entgegen.
PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 15:09 Die Juden haben die Römer ursprünglich selber herbeigerufen im Kampf gegen die Griechen.
Aber letztlich haben sie dadurch ihre angestrebte Autonomie nicht zurück erhalten, sondern lediglich die griechische durch die römische Knute eingetauscht.
Anspruch war aber die Autonomie des jüdischen Staates - deshalb rede ich von Knute.
Diese "römische Knute" war aber sicher noch besser als die parthische.
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Travis
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von Travis »

Es gibt viele "Knuten" unter die niemand von uns würde leben wollen. Keine war jedoch speziell Gegenstand der Argumentation des Paulus, da dieser unabhängig von der jeweiligen Staatsform und deren Ausprägung argumentiert.

Was Paulus in der Lutherbibel "Obrigkeit" nennt ist eine gottgewollte Struktur. Entsprechend bezeichnet er es auch so. Ob Festus oder Pilatus in all ihren Tätigkeiten während ihrer Amtszeit sich strikt an römisches Recht hielten, ist nirgendwo thematisiert. Es ist für die Argumentation nicht wichtig.

"Gott mehr zu gehorchen als den Menschen" kam explizit dann zum Tragen wenn die Ausübung der primären Aufgabe von Christen verhindert werden sollte. Sonst nicht. Evangeliumsverkündigung ist beispielsweise nach wie vor möglich und nicht an sich unter Strafe gestellt. Zumindest hier in Deutschland.
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Helmuth
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Re: Unterordnung unter die Obrigkeit, Römer 13

Beitrag von Helmuth »

PeB hat geschrieben: Mi 11. Nov 2020, 14:02 Nenne mir doch bitte mal ein Beispiel, wer konkret in Deutschland (oder Österreich) im Jahr 2020 Obrigkeit ist.
Die Frage wurde schon von anderen gestellt und beantwortet, siehe Seite 4.
Zuletzt geändert von Michael am Mi 11. Nov 2020, 19:54, insgesamt 3-mal geändert.
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