Corona: ein kollektives Trauma
11. Juni 2020 Karl Corona, Gesundheitsversorgung
Bereits seit Ausbruch der ersten Covid-19-Erkrankungen ist bekannt, dass das Risiko, ernsthaft zu erkranken oder gar zu sterben, für den größten Teil der Menschen relativ gering ist.
Nicht nur von Seiten der Ärzteschaft wurden inzwischen vielerlei Versuche unternommen, die Sorgen der Bevölkerung hinsichtlich der realen Einschätzung der Gefahr zu reduzieren, nicht zuletzt weil Ängste dazu führen, dass Menschen Krankenhäuser und Arztpraxen nicht besuchen, somit Krankheiten verschleppt werden und dadurch erst recht Krankheit und Tod erzeugt werden.
Trotzdem laufen die Angst machenden Kampagnen unter immer wieder neuen Vorzeichen in allen öffentlichen und dominierenden Medien unter der Ägide der Bundesregierung weiter und weiter.
Diese Kampagnen sind erwiesene Kommunikationsstrategien seit Mitte März dieses Jahres, dargelegt im Papier des Bundesinnenministeriums „Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen können“.
Der „Worst Case“ mit einer (damaligen) Annahme von mehr als einer Million Toten in Deutschland infolge Covid-19-Infektionen soll unbedingt verdeutlicht werden. Dazu heißt es im Kapitel 4 a des 17 Seiten langen Papers:
„Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:
Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.
„Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden“: Falsch. Auch Kinder werden sich anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.
Folgeschäden: Auch wenn wir bisher nur Berichte über einzelne Fälle haben, zeichnen sie doch ein alarmierendes Bild. Selbst anscheinend Geheilte nach einem milden Verlauf können anscheinend jederzeit Rückfälle erleben, die dann ganz plötzlich tödlich enden, durch Herzinfarkt oder Lungenversagen, weil das Virus unbemerkt den Weg in die Lunge oder das Herz gefunden hat. Dies mögen Einzelfälle sein, werden aber ständig wie ein Damoklesschwert über denjenigen schweben, die einmal infiziert waren. Eine viel häufigere Folge ist monate- und wahrscheinlich jahrelang anhaltende Müdigkeit und reduzierte Lungenkapazität, wie dies schon oft von SARS-Überlebenden berichtet wurde und auch jetzt bei COVID-19 der Fall ist, obwohl die Dauer natürlich noch nicht abgeschätzt werden kann.“
Jedem, der die Presse in den letzten Monaten verfolgt hat, kommen diese Szenarien wohl sehr vertraut vor.
Wenn es ein zu bewältigendes Trauma gibt (sei es Krieg, Holocaust, Naturkatastrophen, Schicksalsschläge, menschliche Verluste oder eine Seuche), sind Menschen angewiesen auf das, was man im übertragenen Sinne ein „good enough mothering“ nennt, das heißt, ähnlich wie kleine Kinder, die ihre Urängste bewältigen müssen, brauchen traumatisierte Menschen ein sogenanntes Containing (ein Halten) mittels einer guten Beziehung, um Ängste aushalten und später integrieren zu können.
Wird jedoch so agiert, wie es im Strategiepapier vorgegeben ist, entsteht eine verrückt machende Doublebind-Situation: Ängste werden geschürt statt angemessen „contained“, gleichzeitig soll der Eindruck erweckt werden, dass alles nur erdenklich Gute dafür getan werde, um uns vor der „Corona-Gefahr“ zu schützen.
Diese „Strategie“ erzeugt Regressionen (das bedeutet Zurückfallen) auf frühkindliche Stadien der sogenannten paranoid-schizoiden Ebene, auf der sich die Angst vor etwas feindselig Eindringendem (hier in Form des Corona-Virus) nicht nur auf das Virus bezieht, sondern sich in Form von extremem Misstrauen und Abwehrhaltung gegenüber anderen – potentiell Infektiösen – äußert.
Die erhobenen Kontaktverbote mit sozialer Deprivation scheinen in der Angstsituation mit der Vermeidung zunächst erleichternd, werden jedoch schnell zu schizoidem Verhalten in Form von sozialem Rückzug, und ein Weg in die Normalität mit guten menschlichen Bindungen wird umso schwerer, je länger der Zustand andauert.
Auf diesen emotional-regressiven Ebenen ist das Denken eingeschränkt bis gar nicht mehr vorhanden, vor allem realitätsbezogenes Denken mit kritischer Haltung ist oftmals nicht möglich. In der angstvollen Abhängigkeit sehnen sich Menschen nach rettendem und erlösendem Halt von starken Autoritäten und sind zunehmend bereit, alles dafür in Kauf zu nehmen, um aus diesem qualvollen Zustand befreit zu werden.
Die Parallelen zu bekannten Geschehnissen in allen von Missbrauch beherrschten Beziehungsmustern, seien sie familiär oder gesellschaftlich bedingt, sind erschreckend.
Abhängige werden durch Angst unter Druck gesetzt, willenlos gemacht unter dem Label der Fürsorglichkeit. Jegliches Ausbrechen aus dem System wird geahndet, indem weitere Ängste und Schuldgefühle erzeugt werden. Die Folge: Unterwerfung und Schweigen.
Man nennt diesen Abwehrmechanismus der Opfer Identifikation mit dem Aggressor, vielen auch bekannt unter dem Begriff „Stockholmsyndrom“.
Menschen, die aufgrund einigermaßen erhaltener psychischer Stabilität nicht so sehr zu solch frühen Ängsten neigen, reagieren eher mit Unmut, Wut, Trotz, Auflehnung. Sie suchen demzufolge gesunde Bindungen im Miteinander, um sich im Sinne der emotionalen Stabilisierung und Solidarisierung im Guten und Fürsorglichen zu verbinden (konstruktiver Weg hinaus aus missbräuchlichen Strukturen).
Es formieren sich – wie es sich jetzt gesellschaftlich zeigt – gemäß dem spalterischen Diktat von oben zwei Lager:
die Gesünderen, die auf einer reiferen psychischen Ebene noch zum Nachdenken und Korrigieren der uns aufgezwungenen Narrative in der Lage sind, nicht alles unhinterfragt lassen und unter anderem an die Öffentlichkeit gehen,
die, die sich weiterhin auf der paranoid-schizoiden Ebene befinden und diesen Zustand für normal halten und demzufolge eine große Akzeptanz haben für alle möglichen Maßnahmen im Sinne einer Rettung durch eine omnipotente Elternfigur.
Solch eine Omnipotenz wird zum Beispiel Bill Gates zugeschrieben, wenn er vor einiger Zeit in den Tagesthemen verlauten lässt, dass er 7 Milliarden Menschen impfen und diese damit vor dem „Killervirus“ retten möchte.
Insgesamt betrachtet erschließt sich einmal mehr das kapitalistisch-missbräuchliche Denkmuster mit all seinen perfiden emotionalen Manipulationsstrukturen und seiner Verführung zu Omnipotenz.
An dieser Stelle sei Rainer Mausfeld aus seinem Buch „Angst und Macht“ zitiert:
„Der Neoliberalismus produziert nicht nur systematisch den Rohstoff Angst, sondern hat die Psychotechniken einer auf Angsterzeugung basierenden Sicherung seiner Stabilität zur Perfektion verfeinert.“
Gleichzeitig muss es – ebenso wie in allen missbräuchlichen Beziehungsformen – in den Köpfen der Herrschenden eine große Angst vor Rache der Opfer geben, und zusätzliche emotional wirksame Druckmittel müssen erzeugt werden.
Die ihrerseits paranoiden Ängste der Regierung und regierungstreuen Medien zeigen sich, indem Kritik an der (bisherigen) wissenschaftlichen Beurteilung des Pandemie-Geschehens und an den Maßnahmen der Bundesregierung durchweg als „Verschwörungstheorien“ gelten.
Kritikfähigkeit setzt voraus, dass das Denken nicht eingeschränkt ist und eine beobachtende Position mit Distanz gewahrt werden kann.
In diesem von Angst geprägten gesellschaftlichen Klima besteht die große Gefahr, dass unser Denken kollektiv hinsichtlich möglicher gesellschaftlicher Neuorientierungen eingeschränkt bleibt und großes Misstrauen gegenüber jeglicher Art neuer Strömungen herrscht.
Rainer Mausfeld sagt dazu:
„Es scheint uns heute leichter, uns das Ende der Welt als das Ende des Kapitalismus vorzustellen. Uns scheint weitgehend die Fähigkeit abhandengekommen zu sein, uns überhaupt noch vorzustellen, wie eine menschenwürdige Gesellschaft aussehen könnte.“
Dr. med. C. T. (Name der Redaktion bekannt)
Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin/Psychoanalytikerin