Travis hat geschrieben: ↑So 28. Mär 2021, 17:49
Hat Jesus den Vater auch nie gesehen? Wäre zumindest anzunehmen, wäre Jesus lediglich ein Mensch und nicht an des Vaters Brust (Joh 1,18).
Einerseits “lediglich” ein Mensch, aber auch gemäß der Bibel auserwählt, der Gesalbte (Messias bzw. Christus), von Gott aus den Toten auferweckt, das Haupt der Gemeinde und der von Gott eingesetzte Herr. Wenn Unitarier sagen, Jesus sei lediglich ein Mensch, dann nur zur Abgrenzung gegenüber der Lehre von der Dreieinigkeit, wonach Jesus auch “Gott, der Sohn” sei (eine Formulierung wie viele andere, die man vergeblich in der Bibel suchen würde). Also auch göttlich im Sinne von ausgehend von Gott aber im Gegensatz zu selbst Gott seiend.
Und jetzt zu Deiner Frage, die implizit wohl suggerieren soll, dass Unitarier ja wohl nur falsch liegen könnten und der Bibel widersprechen würden.
Mitnichten. Wobei ich noch anmerken möchte, dass auch Unitarier untereinander sich nicht darüber einig sind, ob Jesus als denkendes oder handelndes Individuum bereits vor seiner Geburt lebte (Stichwort Prädestinationslehre).
Travis hat geschrieben: ↑So 28. Mär 2021, 17:49
Hat Jesus den Vater auch nie gesehen?
Ob man Gott im menschlichen Sinn von “sehen” überhaupt jemals “sehen” wird, kann man vermutlich durchaus bezweifeln. Das ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft, die nicht nur Augen voraussetzt, sondern einer menschlichen Vorstellung entspringt, dass man Gott auf die gleiche Weise wie einen anderen Menschen erfahren würde. Was man gemäß der Bibel von Gott sah, war die Gestalt wie Gott sich in die Welt des Menschen hinein offenbarte. Allerdings hoffe ich Gott in der Auferstehung so zu erkennen, wie ER mich jetzt schon erkennt

.
Was ich aber viel interessanter finde, ist der angesprochene Bibelvers:
Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.
JOHANNES 1:18 ELB
Hier redet Johannes selbst und benutzt die Zeitform des Präsens, das heißt, dass er im Prinzip damit nur aussagt, dass Jesus zu dem Zeitpunkt der Niederschrift des Evangeliums in des Vaters Schoß ist, also nach seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt. Des Weiteren sagt Johannes auch nur aus, dass Gott von Jesus “kundgemacht” wurde - übrigens auch interessant wie der zugrundeliegende Ausdruck ansonsten übersetzt wurde
(
ἐξηγέομαι (“exēgeomai”, Strong 1834)): 4 mal übersetzt als “erzählen” und 1 mal an dieser Stelle als “kundmachen”.
Wie auch schon an anderen Stellen fällt somit auf, dass trinitarisch geprägte Übersetzer an signifikanten Bibelstellen durch besondere Ausdrucksweisen in der Zielsprache den Leser mutmaßlich beeinflussen wollten, obwohl aufgrund des Griechischen eigentlich kein besonderer Grund bestanden haben dürfte die Ausdrucksweise so deutlich zu wechseln.
Aufgrund der benutzten Zeiten IST Jesus im Schoß Gottes NACHDEM er Gott “kundgemacht hat” - nicht umgekehrt.
Der Grund, warum Jesus nie davon erzählte, dass er Gott gesehen hätte, aber sehr wohl davon, was Gott ihm gesagt habe, dass er verkünden solle, könnte also daran liegen, dass Gott von Jesus nicht vor der Auferstehung und Himmelfahrt “gesehen” wurde. Dass Jesus dann in den Vaters Schoß IST, ist doch eigentlich auch ein Ausdruck der Liebe Gottes zu seinem Sohn so wie auch der Lieblingsjünger Jesu beim Abendmahl in Jesu Schoß war. Einmal als Bild, einmal real, aber beides Mal das Gleiche ausdrückend.