Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

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Hiob
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Geistiges könnte zusammensetzbar aber nicht wieder zerteilbar sein.
Da kann man verschiedene Modelle durchspielen. Meine Grundeinstellung ist, dass man Geist nicht korpuskelmäßig sehen darf.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Es ist wohl nicht sehr vernünftig, die irdische Existenz eines Menschen noch vor der Befruchtung der betreffenden Eizelle zu vermuten.
Die "irdische" sicherlich nicht, aber die geistliche Existenz. Nicht in dem Sinne, dass die geistliche Existenz Claymores vor dessen Geburt bereits "im Himmel" Urständ gefeiert hat, sondern dass die Zeugung die Materialisierung von etwas ist und nicht dessen Produktion.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Gott erschafft bei der Teilung der Zygote eine weitere Seele
Die Seele teilt sich bei der Teilung der Zygote
Umgekehrt. Es sind zwei geistliche Existenzen gefügt, die sich zum gegebenen Zeitpunkt materialisieren - meinetwegen bei der Teilung der Zygote. ---- Nehmen wir einen viel schwierigeren Fall: Zwei Seelen in EINEM Körper. Claymore und Hiob könnten wegen eines (ebenfalls gefügten) "Naturunfalls" in EINEM Körper sein - so was scheint es bei Menschen zu geben, wie Psychiater berichten.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 die Zusammensetzbarkeit von Geistigem ist hier der entscheidende Punkt. Davon hängt wesentlich ab, ob die Erschaffung einer künstlichen immateriellen Seele möglich ist.
Genau das ist der Punkt. Und da würde ich sagen "Nein, geht nicht", weil das Materielle nicht der Macher der Seele ist, sondern deren Empfänger.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 sondern wie das Geistige eigentlich in unser Universum reinpasst.
Indem es in selbiges herabsteigt. Das ist natürlich alles spekulativ, aber es geht nicht anders. - Die Vorannahme/der Glaube ist dabei, dass Materie aus Geist kommt: "Gott = Geist, ergo "Geist schuf Materie, wenn Gott die Welt schuf". - Die Frage wäre also: Wie soll man sich die Verbindung von Schaffendem und Geschaffenem vorstellen?

Physikalische "Geist-Strahlung" ist es sicherlich nicht - aber was dann? - Aus meiner Sicht ist Geist dem entsprechenden (!) Materiellen inhärent. --- Das heißt: Im Moment, in dem ein Kind gezeugt wird, passiert dies mit einer Art von Materie, der Geist bereits inhärent ist. Und zwar so, dass man es biologisch NICHT erkennen kann. - Umgekehrt: Same und Ei können genauso NICHT Geist in sich tragen, weil es so nicht gefügt ist. - Aber WENN Geist inhärent ist, dann von Anfang an (wichtig wegen Abtreibungs-Thema).
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Materialistische KI kommt wohl den KI-Forschern so plausibel vor, weil sie selber durch die Hintertür “vergeistigt” wird.
Genau - mit anderen Worten: Es wird KI-Seele genau dann geben, wenn "Seele" so definiert wird, dass es geht. Aber das wäre dann Neusprech, die mit der Bedeutung des theologischen Altsprech nichts mehr zu tun hätte - im Grunde Selbstverarschung.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Für materialistische künstliche Intelligenz reicht es anscheinend aus – ganz “geistig” – bloß in Algorithmen zu denken.
Genau - das ist ein Selbstläufer ohne jegliche göttliche Verbindung. --- Oder in Anlehnung von eben Gesagtem: Man braucht nur nicht an "Gott=Geist" und "Gott schuf die Welt" zu glauben, um Spielräume zu haben, um nach eigenem Maß künstliche Seelen zu schaffen. - Das heißt aber auch: Mensch macht auf Gott.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 “‘irgendwas [!] außer einem selbst’ [ist] nicht Produkt des Selbst” ist akzeptabel. Solange nicht plötzlich das “irgendwas” mit “res extensae” oder “dem Physikalischen” gleichsetzt wird.
Die Res extensa wären eine Teilmenge davon.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Insbesondere ist das völlig mit dem Szenario kompatibel, welches Descartes widerlegen will: die Welt als Produkt des genius malignus – da existiert ja auch “irgendwas außer einem selbst” – nämlich der genius malignus.
Klar - deshalb kann Descartes diesen nur dadurch ausschließen, dass er GLAUBT, dass Gott uns nicht veräppeln will und es deshalb den Malignus nicht gibt. - Descartes ist da selber in einer Sackgasse, die er per Glauben nach vorne öffnet, weil er sonst kein Instrument dazu hat.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Was von praktischer, pragmatischer Seite her wurscht ist, ist fundamental wurscht. Wurscht für irdische Angelegenheiten – und sogar “jenseitige”, wie die Erlösung der Seele. Ein Unterschied ohne Unterschied muss definitionsgemäß wurscht sein.
Wenn etwas auf der einen Ebene wurscht ist, kann es auf der nächsten Ebene trotzdem relevant bin. - Wenn sich ein eingebildetes Paradies genauso anfühlt wie ein wirkliches Paradies, ändert sich dies, sobald es um das Paradies selber geht. Denn dann ist es NICHT egal, ob der Mensch das Paradies oder eine Fata Morgana erlebt.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Wenn die Mitmenschen (die im eigenen Erleben auftauchen) nicht so existieren wie man selbst existiert, d. h. mit ihrem eigenen Innenleben, welches eng mit ihren (durch die Sinne erfahrbaren) Körpern verbunden ist, dann ist man ihnen moralisch auch nicht verpflichtet. Ausgerechnet über diesen WIRKLICH bedeutenden Unterschied schweigt sich Descartes aus.
Er löst das Problem doch vorher schon. - Die Aussage "Wir können nicht wissen, ob es außer dem Cogito was gibt, weil das, was wir mit dem Cogito wahrnehmen, gleichermaßen 'Einbildung' oder 'Wirklichkeit' sein könnte" bringt er doch nur, um damit zu sagen "Wir können es nicht entscheiden" (das ist auch heute noch so). - Und eben deshalb sagt er: "Ich glaube, dass es außerhalb von uns meinetwegen die Res Extensa als Entität gibt, weil uns Gott nicht veräppelt". - Ergo: Das von Dir hier zitierte Denkmodell tritt gar nicht ein.
Hiob
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Das eigene Ich ist hier nur ein Beispiel für “Sein”. Erklärt nicht, was das ominöse “Sein” nun bedeuten soll.
Wenn "bedeuten" verstanden wäre im Sinne von "Sinnfrage", dann wäre die christliche Antwort so was ähnliches wie "Das Sein im Irdischen ist heilsgeschichtliche Folie für eine geistliche Reifung". - Umgekehrt: Ohne "Sündenfall" gäbe es kein Irdisches.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Sie können definitiv KEIN Produkt unseres Ich-Bewusstseins sein. Da wir schlichtweg keine res extensae erleben.
Verstehe ich nicht: Ist es für Dich kein Erleben, wenn Du einen Berg siehst oder eine schöne Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite?
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Dinge-wie-erlebt besitzen z. B. qualitative Eigenschaften (wie Süße, Wärme, Kälte, usw.), evtl. sogar noch kontroversere Eigenschaften wie Schönheit. Die sollen die res extensae nicht haben.
Die Res extensae sind die Träger dieser qualitativen Sachen: Ohne "Res/Honig" keine "Süße/Honig auf der Zunge".
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Dass allerdings aus “nicht Produkt des Cogito” nun folgen soll sie gehörten zum “Sein”, ist komplett falsch. Der 4-dimensionale Raum ist zwar denkbar, aber es gibt keine Vorstellung davon im Bewusstsein. Deswegen gehört er aber nicht automatisch zum “Sein”!?
Wenn der Honig nicht ein Produkt des Cogito ist, kommt er woanders her, als vom Cogito. Die einfachste Herkunft wäre, dass es ihn als Entität gibt (also nicht nur in meiner "Einbildung"). - Was siehst Du noch an Möglichkeiten?
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Diese Einteilung ist halt deine persönliche Meinung...

Punkt 2), das Postulat eines ominösen “Dings-an-Sich”, bleibt aus den bereits dargelegten Gründen inakzeptabel.
Das "Ding an sich" ist ja kulturgeschichtlich etwas anderes als "Verborgenhausen im Sternbild x". - Kant meint damit meines Wissens eher das, was es ermöglicht, dass der Mensch etwas qualitativ wahrnimmt: Da ist Honig, der Dir etwas als Sein bereitstellt, was Du qualitativ als "Süße "empfindest, was Du nicht könntest, wenn der Honig nicht Sein wäre. - Bei Kant wäre "Honig im Verhältnis zu Süße" die "denkmögliche Entität einer intelligiblen Ursache" (so ähnlich verstehe ich ihn).
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Was ist z. B. mit dem Unbewussten (im Sinne Freuds) ? Es gehört definitionsgemäß nicht zum “Cogito”, d. h. dem Ich-Bewusstsein mit allen bewussten mentalen Inhalten, im Sinne Descartes’. (Schon daher ist die Gleichsetzung “Cogito = Ich” sehr eigenartig; man würde doch meinen zum Ich gehöre auch das Unbewusste).
Das habe ich immer anders verstanden. - "Cogito e(r)go sum" bedeutet: "Ich denke, und weil das, was da denkt, "Ich" ist, ist das Denken der Nachweis, dass es "Ich" als Entität gibt". - "Cogito" ist also ein sicherer Indikator der Existenz des Ich, aber beileibe nicht eine umfassende Definition dessen, was alles am Ich dranhängt - wie bspw. das Unbewusste.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 Ist das Unbewusste also nur ein Prozess von “res extensae” (dem Gehirn)?
Aus meiner Sicht NICHT, sondern Teil des "sum".
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:16 wenn du “Sein” als Gegenteil von “Nichts” definierst, und die 7 kein Sein ist, dann muss die 7 zum Nichts gezählt werden. Was hochgradig seltsam wäre.
Nicht, wenn man "Chiffre" sagt, wie ich es getan habe. - "7" ist eine Chiffre und dadurch natürlich Gegenstand des Cogito. Aber es ist keine eigene Entität.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 Von daher hat die “Antwort” auf die bloße Frage “Existiert Gott oder nicht?” per se keine praktische Relevanz.
Siehe oben. - Auf der einen Ebene kann das so sein, kann aber auf der nächsten Ebene ganz anders sein. - Naturalistisch gesehen ist es egal - man kann alles in der Welt unabhängig von Gott machen. - Wenn aber (nächste Ebene) es eine Existenzsform/Seinsform jenseits des Naturalistischen gibt, ist es nicht egal. --- Stelle Dir folgendes vor:
"Es gibt die nächsten 10 Jahre keine Polizei, Du kannst also die Bank überfallen". - Aber was ist, wenn es nach 10 Jahren eine Polizei gibt, die Unverjährtes (also alles) bewertet? Dann spielt es plötzlich eine Rolle.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 Im Gegensatz zu “Ist der Naturalismus wahr?” – Antwort “Ja”
Wieso das? - Auch das ist Glaubenssache. --- Letztlich laufen alle solche Sachen auf den Begriff "Glaube" hinaus. Das sage ich nicht aus "Frömmigkeit", sondern aus schierer Notwendigkeit.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 - Jedenfalls: Wir sind uns einig, dass "Gott= Entität" und "Gott= Einbildung" für den Glaubenden objektiv nicht unterscheidbar sind.
Das ist selbstverständlich so. Beinahe banal.
Das gilt auch für "Natur".
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 Es ist ein Problem des Konzeptes vom “Sein”.
Man kommt nicht umhin, ein solches Konzept zu definieren. Die Frage, was "Sein" ist, können wir nur mit geistlicher Wahrnehmung im Rahmen unserer Möglichkeiten beantworten. - Um dies zu umgehen, gehe ich den Weg "Mir ist egal, wie man Sein definiert - Hauptsache, es ist klar, dass Sein keine definitions-abhängige, also von unserem Befinden abhängige Größe ist. --- Oder salopp: Das Sein ist die Eiche, an der sich unser Denken kratzt oder nicht kratzt. Es ist der Eiche wurscht.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 Entweder man bleibt in der Sphäre der “Dinge-wie-erlebt” und schließt dann in dieser gewöhnlicher Bedeutung, dass sich der Vulkan nicht darum kümmert, ob man ihn beobachtet. Oder man macht den Sprung zu den “Dingen-an-Sich”. Aber dann darf man die Erkenntnisse der “Dinge-wie-erlebt” nicht einfach so übertragen.
Das darf man eh nie - außer für den Hausgebrauch. - Wahrnehmung ist eine Praxis-Größe/Überlebensgröße. Insofern funktioniert sogar unsere heutigen egomanischen Strömungen der Gesellschaft. ---- Philosophisch gesehen ist es anders.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 Das andere Problem ist deine Gleichsetzung von Idealismus = Solipsismus.
Nee - da hast Du Dich verguckt. - Solipsismus hieße, dass letztlich nur das eigene Ich existiert. - Descartes sagt, dass man Solipsismus nicht ausschließen kann, weil eigene Wahrnehmung dazu nicht reicht. - Idealismus ist die Auffassung, dass qualitative Wahrnehmung die Ableitung von einer höheren Existenzform ist.
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31 Die Ontologie-Debatte dreht sich sowieso wieder im Kreis. Du bringst da immer das gleiche, da kommt nix neues.
Es gibt Sachen, die sich nicht ändern. - Der Kontext zum Thread ist schon da, weil es ein Unterschied ist, ob man "Seele" als induktive oder deduktive Größe sieht. - Das hat sehr viel mit der Diskussion eben zu tun.
Claymore
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Da kann man verschiedene Modelle durchspielen. Meine Grundeinstellung ist, dass man Geist nicht korpuskelmäßig sehen darf.
Naja, Korpuskeln gehören ins 17. Jahrhundert zu Descartes – nicht mal Mittelstufenphysik lässt sich in diesem Paradigma erklären.

Abstrakte Objekte der Mathematik sind ja auch oft irgendwie “zusammengesetzt”. Oder man denke an Software-Module.

Ja, sollte nicht so gesehen werden, da es mir plausibel erscheint, dass die Seele zwar “zusammengesetzt” aber nicht “auseinandergenommen” werden kann.
Genau das ist der Punkt. Und da würde ich sagen "Nein, geht nicht", weil das Materielle nicht der Macher der Seele ist, sondern deren Empfänger.
Die Zusammensetzbarkeit einer Seele bedeutet ja nicht, dass sie aus Materiellem geschaffen wird. Natürlich wirkt diese Vorstellung wie Magie…
Indem es in selbiges herabsteigt. Das ist natürlich alles spekulativ, aber es geht nicht anders. - Die Vorannahme/der Glaube ist dabei, dass Materie aus Geist kommt: "Gott = Geist, ergo "Geist schuf Materie, wenn Gott die Welt schuf". - Die Frage wäre also: Wie soll man sich die Verbindung von Schaffendem und Geschaffenem vorstellen?

Physikalische "Geist-Strahlung" ist es sicherlich nicht - aber was dann?
Physikalisch und geistig werden als Gegensatzpaare gedacht – daher ist “physikalische Geist-Strahlung” ein Widerspruch-in-Sich.

Die cartesische Einteilung in res extensae und res cogitans wäre perfekt, wenn es nur nicht ausdehnunglose Teilchen gäbe, wie Elektronen. Man darf nicht vergessen, dass für Descartes die räumliche Ausdehnung wirklich die essentielle Eigenschaft des Physikalischen schlechthin war (vgl. sein Wachs-Argument). Den Fokus darauf zu legen ist keine anachronistische Deutung oder Erbsenzählerei: es fehlt uns eine exakt formulierbare, essentielle Eigenschaft um “das Physikalische” festzunageln.

Es ist umgekehrt anachronistisch heute noch von der Kategorie der “res extensae” zu sprechen. Was in der modernen Physik herumspukt hat rein gar nichts mehr mit dem cartesischen Materiebegriff (“Klötzchen stößt Klötzchen”) zu tun. Descartes mag sich zwar Lichtkorpuskeln vorgestellt haben. Aber so ein Photon ist etwas mehr als eine sublimierte Version cartesischer Licht-Klötzchen, bringt es doch einen Rattenschwanz an wissenschaftsphilosophischen Problemen mit sich (Welle-Teilchen-Dualismus).
- Aus meiner Sicht ist Geist dem entsprechenden (!) Materiellen inhärent. --- Das heißt: Im Moment, in dem ein Kind gezeugt wird, passiert dies mit einer Art von Materie, der Geist bereits inhärent ist. Und zwar so, dass man es biologisch NICHT erkennen kann. - Umgekehrt: Same und Ei können genauso NICHT Geist in sich tragen, weil es so nicht gefügt ist. - Aber WENN Geist inhärent ist, dann von Anfang an (wichtig wegen Abtreibungs-Thema).
Diese Vorstellung scheint nur mit Prädestination zu funktionieren?
Die Res extensa wären eine Teilmenge davon.
Die “res extensae” bezeichnen die cartesische Vorstellung von Materie. Warum dieser DERMASSEN viel Raum in der Diskussion gegeben wird, ist mir schleierhaft (Personenkult?). Weder die Dinge-wie-erlebt, noch die Materie-Konzepte der modernen Physik ähneln den “res extensae”.
Klar - deshalb kann Descartes diesen nur dadurch ausschließen, dass er GLAUBT, dass Gott uns nicht veräppeln will und es deshalb den Malignus nicht gibt. - Descartes ist da selber in einer Sackgasse, die er per Glauben nach vorne öffnet, weil er sonst kein Instrument dazu hat.
Altbekannt. Darum geht es hier natürlich nicht. Sondern: das Zugeständnis “es gibt noch etwas außer mir selbst” ist weit von der cartesischen Metaphysik entfernt. Anders ausgedrückt: “Solipsismus“ vs. “Cartesianismus” ist ein falsches Dilemma.
Wenn etwas auf der einen Ebene wurscht ist, kann es auf der nächsten Ebene trotzdem relevant bin. - Wenn sich ein eingebildetes Paradies genauso anfühlt wie ein wirkliches Paradies, ändert sich dies, sobald es um das Paradies selber geht. Denn dann ist es NICHT egal, ob der Mensch das Paradies oder eine Fata Morgana erlebt.
“nicht eingebildet”, “eingebildet” … was ist der konkrete Unterschied hier; der “Barwert”, den das “nicht eingebildet” hier hat?
Er löst das Problem doch vorher schon. - Die Aussage "Wir können nicht wissen, ob es außer dem Cogito was gibt, weil das, was wir mit dem Cogito wahrnehmen, gleichermaßen 'Einbildung' oder 'Wirklichkeit' sein könnte" bringt er doch nur, um damit zu sagen "Wir können es nicht entscheiden" (das ist auch heute noch so). - Und eben deshalb sagt er: "Ich glaube, dass es außerhalb von uns meinetwegen die Res Extensa als Entität gibt, weil uns Gott nicht veräppelt". - Ergo: Das von Dir hier zitierte Denkmodell tritt gar nicht ein.
Du hast genau den wesentlichen Punkt ignoriert:
Wenn die Mitmenschen … nicht so existieren wie man selbst existiert, d. h. mit ihrem eigenen Innenleben
Also nochmal: Wenn man den Mitmenschen zugesteht auf die Art “nicht eingebildet zu sein” wie eben Puppen, d. h. als diese ominösen “res extensae” zu existieren, dann ist man ihnen nicht moralisch verpflichtet. Schließlich fehlt ihnen wie Puppen ein Ich, subjektives Erleben.
Claymore
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Verstehe ich nicht: Ist es für Dich kein Erleben, wenn Du einen Berg siehst oder eine schöne Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite?
So war das natürlich nicht gemeint. Nochmal: Descartes sagt ja gerade nicht, dass die Dinge genau so existieren, wie wir sie erleben. Stattdessen erleben wir seiner Ansicht nach nur ein Abbild, das mehr oder weniger mit seinen postulierten res extensae zusammenhängt.
Die Res extensae sind die Träger dieser qualitativen Sachen: Ohne "Res/Honig" keine "Süße/Honig auf der Zunge".
Träger ist so ne Sache. Die qualitative Eigenschaft “Süße” ist für Descartes ein Produkt des Bewusstsein, welches diese aufgrund der Anregung der Sinne durch “res extensae” erzeugt; aber dem Honig selbst fehlt die qualitative Eigenschaft der “Süße, wie wir es empfinden”.

Die quantitativen Eigenschaften sind dagegen angeblich objektiv. Für qualitative Eigenschaften bleibt die cartesische Skepsis jedoch bestehen (einem Außerirdischen mag der Honig nicht süß schmecken). In diesem Sinne erleben wir also nie “res extensae”. Ja, wir können uns gar nicht vorstellen, wie es wäre “res extensae” zu erleben, d.h. die Dinge allein aufs “quantitative” heruntergebrochen.

Das ganze führt in eine Art anachronistischen Szientismus. Wo überhaupt nur das messbare wahr sein kann. D.h. das Messinstrument über Sein und Nicht-Sein entscheidet. Anachronistisch, weil es nur mit der klassischen Physik harmoniert.
Das habe ich immer anders verstanden. - "Cogito e(r)go sum" bedeutet: "Ich denke, und weil das, was da denkt, "Ich" ist, ist das Denken der Nachweis, dass es "Ich" als Entität gibt". - "Cogito" ist also ein sicherer Indikator der Existenz des Ich, aber beileibe nicht eine umfassende Definition dessen, was alles am Ich dranhängt - wie bspw. das Unbewusste.
Du hast halt geschrieben:
Hiob hat geschrieben: So 27. Jun 2021, 22:481) Cogito = Ich
Gleichheitszeichen, Identität.
Aus meiner Sicht NICHT, sondern Teil des "sum".
Es ging darum, ob das Unbewusste auch Teil des “res cogitans” ist. Ich interpretiere diese Antwort mal als “ja”. Das ist aber problematisch, da uns damit die essentielle Eigenschaft des “cogitare” entschwindet, so wie es im “Cogito”-Argument verstanden wird: bewusst-selbstreflektierend. Unbewusstes denken könnte man auch einem Computer zugestehen, der soll aber nun gerade nicht zu den res cogitantes zählen.
Nicht, wenn man "Chiffre" sagt, wie ich es getan habe. - "7" ist eine Chiffre und dadurch natürlich Gegenstand des Cogito. Aber es ist keine eigene Entität.
Das Problem daran ist doch, dass so etwas wie die “7” nichts subjektives ist. Wir sagen “Hiobs Traum” aber nicht “Hiobs 7” – es gibt eine 7. Nur eine. Deswegen ist das allgemeine “7 ist eine Primzahl” wahr – und der Einwand Meine 7 ist aber keine Primzahl” albern.

Die Wahrheit mathematischer Aussagen kann nun allerdings nicht so direkt aus der Sinnenwelt stammen. “7 ist Chiffre für Sein” … aber 7 + 5 Fettaugen sind evtl. 8 Fettaugen (weil welche zusammenfließen). Widerlegt das 7 + 5 = 12? Ok, wollen wir mal nicht zu kleinlich sein…

Viel problematischer ist, dass weite Bereiche der Mathematik nicht Chiffre für Sein wie die gewöhnliche 7 sind. Die 7 ist sehr konkret: “7 Pferde”. Jaja, aber so etwas wie “aleph-0 Pferde” – da fehlt halt die konkrete Entsprechung. Ja sie kann es gar nicht geben. Das wirkt so so fantastisch wie “7 Zentauren”. Nein, noch fantastischer. Dennoch kommt aleph-0 die maximal mögliche Objektivität zu. Was wir über aleph-0 sagen können hat den Status der ehernen Wahrheit – unverrückbar.
Siehe oben. - Auf der einen Ebene kann das so sein, kann aber auf der nächsten Ebene ganz anders sein. - Naturalistisch gesehen ist es egal - man kann alles in der Welt unabhängig von Gott machen. - Wenn aber (nächste Ebene) es eine Existenzsform/Seinsform jenseits des Naturalistischen gibt, ist es nicht egal.
Doch, dann auch. Das war ja die Voraussetzung. Ansonsten wäre es nur eine Banalität gewesen.
--- Stelle Dir folgendes vor:
"Es gibt die nächsten 10 Jahre keine Polizei, Du kannst also die Bank überfallen". - Aber was ist, wenn es nach 10 Jahren eine Polizei gibt, die Unverjährtes (also alles) bewertet? Dann spielt es plötzlich eine Rolle.
Ja, natürlich. Aber wie ich mehrfach sehr deutlich gemacht habe, war das gesagte eben nicht bloß auf das diese irdische Seinsebene (Diesseits) bezogen.

Auch wenn es uns als westlich geprägten Menschen schwer fällt an eine Erlösung ohne Gott zu glauben, so ist das doch nicht sicher ausgeschlossen oder selbstwidersprüchlich.

Und das ist nicht bloß eine intellektuelle Spielerei. Sondern eine weit verbreitete Vorstellung, in Ostasien in allen gesellschaftlichen Schichten präsent. Denk mal an den Amitabha-Buddhismus, (wie Buddhismus generell) nicht-theistisch, jedoch traditionell verbreitet bei Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen.
Wieso das? - Auch das ist Glaubenssache. --- Letztlich laufen alle solche Sachen auf den Begriff "Glaube" hinaus. Das sage ich nicht aus "Frömmigkeit", sondern aus schierer Notwendigkeit.
Das volle Zitat war:
Claymore hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 14:31“Ist der Naturalismus wahr?” – Antwort “Ja” ➜➜ es gibt keine Erlösung.
Wenn du das nicht akzeptierst, dann erkläre mir mal, wie für dich “Erlösung” im Naturalismus aussieht…
Man kommt nicht umhin, ein solches Konzept zu definieren. Die Frage, was "Sein" ist, können wir nur mit geistlicher Wahrnehmung im Rahmen unserer Möglichkeiten beantworten. - Um dies zu umgehen, gehe ich den Weg "Mir ist egal, wie man Sein definiert - Hauptsache, es ist klar, dass Sein keine definitions-abhängige, also von unserem Befinden abhängige Größe ist. --- Oder salopp: Das Sein ist die Eiche, an der sich unser Denken kratzt oder nicht kratzt. Es ist der Eiche wurscht.
Das ist ja schön und gut, aber es bleibt trotzdem dein ganz persönliches Konzept. Wenn jemand aleph-0 zum Sein zählen will, weil aleph-0 < aleph-1 nun mal als eherne Wahrheit steht wie eine Eiche (wer wollte das bestreiten?), der es egal ist ob sich unser Denken daran kratzt oder nicht… was dann?

Kurz gesagt: Du stellst deine private Philosophie vom Sein und den res extensae als alternativlos hin. Als einzig “lebbare” Weltanschauung. Und jeder, der da nicht unisono mitmacht, glaubt deiner Meinung nach automatisch an was ganz abstruses: alles erlebte sei 100% “Einbildung”.

Keiner von diesen Gedankengängen ist jedoch auch nur im Entferntesten schlüssig oder plausibel.
Nee - da hast Du Dich verguckt. - Solipsismus hieße, dass letztlich nur das eigene Ich existiert. - Descartes sagt, dass man Solipsismus nicht ausschließen kann, weil eigene Wahrnehmung dazu nicht reicht.
Das absurde ist: Praktischer Solipsismus ist 100% kompatibel mit dem Zugeständnis “Die res extensae existieren”!
- Idealismus ist die Auffassung, dass qualitative Wahrnehmung die Ableitung von einer höheren Existenzform ist.
Sehr seltsam – unverständlich.

Ich dachte eher an folgendes:
Wikipedia hat geschrieben:Idealismus (abgeleitet von griechisch ἰδέα „Idee“, „Urbild“) bezeichnet in der Philosophie unterschiedliche Strömungen und Einzelpositionen, die „hervorheben, dass die Wirklichkeit in radikaler Weise durch Erkenntnis und Denken bestimmt ist“
Etwas Persönliches: Ich hatte mal ein Gespräch mit einer Person, die ein Nahtoderlebnis hatte. Sie sagte sinngemäß, dass sie in einen Abgrund an Verknüpfungen und Verbindungen der Dinge geschaut hat, die so explosionsartig vielfältig waren, dass sie kapitulieren musste. Wenn es biblisch heißt, "dann" werde man erkennen, wie man erkannt ist (1.Kor. 13,12), ist das knallhart existentiell und erkenntnis-theoretisch gemeint (bzw. erkenntnis-theoretisch-aufhebend gemeint). - Daran habe ich mich längst gewöhnt. Insofern habe ich auch keine Probleme mit der QM, die in Bereiche führt, wo dies beginnt, ersichtlich zu werden.
und deshalb kann ich den ollen res extensae aus der philosophischen Mottenkiste nix abgewinnen…
Hiob
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Korpuskeln gehören ins 17. Jahrhundert zu Descartes
Ich dachte da eher an Sachen wie Wellen-Teile-Dualismus.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 da es mir plausibel erscheint, dass die Seele zwar “zusammengesetzt” aber nicht “auseinandergenommen” werden kann.
Mir scheint, das Denken sollte in die Richtung "top-down" oder "bottom-up" gehen. ---- Der reproduzierende Mensch kennt nur bottom-up - in der Hoffnung, aus seinen Einzelteilen etwas Organisches zu erschaffen. Geistlich gedacht gibt es nur das top-down, das in einem Gesamtbild Teilchen identifizierbar machen kann - aber das Gesamte muss DA sein. - Wobei wir schon wieder bei der Ideenlehre wären.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Physikalisch und geistig werden als Gegensatzpaare gedacht – daher ist “physikalische Geist-Strahlung” ein Widerspruch-in-Sich.
Genau.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 es fehlt uns eine exakt formulierbare, essentielle Eigenschaft um “das Physikalische” festzunageln.
Alles, was naturwissenschaftlich modellbar ist. - Vielleicht sollten wir uns daran erinnern, dass "physikalisch" ein anthropogener Begriff ist. - Sieht man es ontisch, ist es letztlich egal, ob Entität geistlicher oder physikalischer Natur ist.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Diese Vorstellung scheint nur mit Prädestination zu funktionieren?
Fügung. - Da gibt es einen Klassiker in 2.Kön. 19,25:
Hast du nicht gehört: / Schon vor langer Zeit habe ich es so gefügt, / seit den Tagen der Vorzeit habe ich es so geplant; / jetzt ließ ich es kommen.
In der Tat lassen sich solche Fragen aus meiner Sicht ohne "Fügung" nicht erklären.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Die “res extensae” bezeichnen die cartesische Vorstellung von Materie. Warum dieser DERMASSEN viel Raum in der Diskussion gegeben wird, ist mir schleierhaft (Personenkult?). Weder die Dinge-wie-erlebt, noch die Materie-Konzepte der modernen Physik ähneln den “res extensae”.
Der einzige Grund ist der Nachweis, dass der Mensch mit seinem Cogito nicht entscheiden kann, ob alles andere Entität oder Vorstellung ist. Dieses "alles andere" nennt er "Res extensae" - heute würde er es wahrscheinlich anders nennen.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Du hast genau den wesentlichen Punkt ignoriert:
Wenn die Mitmenschen … nicht so existieren wie man selbst existiert, d. h. mit ihrem eigenen Innenleben
Aber das tun sie doch per Glauben. - Descartes glaubt, dass sein Nachbar so existiert, wie er selbst - GLAUBT. - Er sagt nur, dass er dies nie nachweisen könne (aus obigen Gründen).
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Wenn man den Mitmenschen zugesteht auf die Art “nicht eingebildet zu sein” wie eben Puppen, d. h. als diese ominösen “res extensae” zu existieren, dann ist man ihnen nicht moralisch verpflichtet. Schließlich fehlt ihnen wie Puppen ein Ich, subjektives Erleben.
Wenn dies "nicht eingebildet sind", sind sie ja "echt", haben also dann auch ein Cogito. - Res extensae heißt doch nicht "Ihr seid nicht echt", sondern "Mit meinem Cogito kann ich es nicht entscheiden.

Konkret: Descartes glaubt, dass sein Nachbar genauso ist wie er selber, und hat deshalb eine moralische Verpflichtung ihm gegenüber.
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:39 Wenn dies "nicht eingebildet sind", sind sie ja "echt", haben also dann auch ein Cogito. - Res extensae heißt doch nicht "Ihr seid nicht echt", sondern "Mit meinem Cogito kann ich es nicht entscheiden.
Das ist aber immer der gleiche Fehlschluss.

Nochmal zu x-tausendsten – du meinst:

“nicht eingebildet [i.S.v. nicht aus meinem eigenen Geist entsprungenes Trugbild]” = “echt” (*)

Wie kann man so etwas dermaßen abstruses wie (*) nur ernsthaft vertreten, wo sich einem doch die Gegenbeispiele sofort aufdrängen? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es wirklich einen Menschen gibt, der (*) ernsthaft vertritt…

(*) ist FALSCH. Wenn überhaupt was falsch ist, dann das.

Nochmal: Wenn ich ein Ding X sehe, das ich für eine essbare Birne halte, und das Ding X tatsächlich auch keine Halluzination oder Traumbild ist – d. h. nicht eingebildet – dann folgt noch lange, lange nicht, dass das Ding X “echt” ist. D. h. was ich denke, das auf Ding X zutrifft, kann radikal falsch sein. Z. B. könnte Ding X eine sehr realistische Nachbildung einer essbaren Birne aus Wachs sein. Ich beiße in die “Birne” rein und – igghit!

Ganz genauso folgt aus die “Die Menschen, die in meinem Erleben vorkommen, sind nicht Produkt meiner Einbildung” noch lange, lange nicht “die Mitmenschen sind ‘echt’ (=> haben subjektives Erleben etc.)”

Dieses (*) ist dein fundamentaler Grundfehler. Solange du an (*) festhältst erübrigt sich jede weitere Diskussion zu dem Thema.
Hiob
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Die qualitative Eigenschaft “Süße” ist für Descartes ein Produkt des Bewusstsein, welches diese aufgrund der Anregung der Sinne durch “res extensae” erzeugt; aber dem Honig selbst fehlt die qualitative Eigenschaft der “Süße, wie wir es empfinden”.
So, wie ich Descartes verstehe, stellt er zwar fest, dass er nie (auch nicht mit Wissenschaft) beweisen könnte, ob es die Res extensae gibt oder nicht, glaubt aber, dass es sie gibt und macht seine Ableitungen folglich unter der Vorannahme, dass es sie gibt. - Insofern ist da kein Widerspruch zwischen "Anregung durch die Sinne" und "qualitative Eigenschaft des Honigs". - Will heißen: Es gibt etwas Qualitatives beim Honig als Entität, dass seine Sinne diesbezüglich Süße erkennen. Der nächste SChritt wäre dann die Naturwissenschaft, die nachwiese, dass es die Rezeptoren A oder B sind, die diese Umsetzung von "qualitative Eigenschaft des Honigs" und "Spüren von süß" ermöglichen - bei Pfeffer statt Honig wären es andere Beobachtungen des Wissenschaftlers.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Es ging darum, ob das Unbewusste auch Teil des “res cogitans” ist. Ich interpretiere diese Antwort mal als “ja”.
Ich auch. - Jetzt könnte man definieren, oder mit "Cogito" nur das bewusst Reflektive gemeint ist.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 so wie es im “Cogito”-Argument verstanden wird: bewusst-selbstreflektierend. Unbewusstes denken könnte man auch einem Computer zugestehen, der soll aber nun gerade nicht zu den res cogitantes zählen.
Die Grundlage ist das "Ego sum". "Cogito" ist Eigenschaft des Ich. Damit ist nicht das gemeint, was ein Computer macht. ---- Auch wenn ein Lachs am Ende seines Lebens seinen Laichplatz sucht und findet, ist dies keine Cogito-Leistung. - "Ich" ist also nicht durch "Cogito" im Sinne kognitiver Ich-Fertigkeiten definiert, sondern - umgekehrt - die kognitive Fertigkeit weist die (ontische) Existenz des Ich nach. - Insofern war meine Gleichung "Cogito = Ich" tatsächlich schlampig. - "Cogito" ist ein Teilaspekt von "Ich".
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Deswegen ist das allgemeine “7 ist eine Primzahl” wahr – und der Einwand “Meine 7 ist aber keine Primzahl” albern.
Richtig. Da kämen wir aber in den Bereich "System", also "System-Wahrheiten" - wobei Mathematik gerade der Fall sein könnte, wo sich System-Wahrheit und Universal-Wahrheit überlappen könnten. Dazu gehört dann die Frage, warum Natur überhaupt mathematisch beschreibbar ist.


Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Ja sie kann es gar nicht geben. Das wirkt so so fantastisch wie “7 Zentauren”. Nein, noch fantastischer. Dennoch kommt aleph-0 die maximal mögliche Objektivität zu. Was wir über aleph-0 sagen können hat den Status der ehernen Wahrheit – unverrückbar.
Das wäre genau obige Frage: Warum bildet Mathematik Natur ab? Warum eignet sie sich als tote Chiffre für lebendige Natur? - Die Antwort könnte lauten: Mathematik ist eine geistliche Disziplin, und Geist ist nun mal das, wovon Materie kommt. - Mathematik wäre also das Größere/"Frühere".
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Wenn du das nicht akzeptierst, dann erkläre mir mal, wie für dich “Erlösung” im Naturalismus aussieht…
Aus Sicht des Naturalismus gibt es keine Erlösung - richtig. - Erlösung begründen können ist Sache eines Glaubens, den es innerhalb des Naturalismus nicht gibt.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Wenn jemand aleph-0 zum Sein zählen will, weil aleph-0 < aleph-1 nun mal als eherne Wahrheit steht wie eine Eiche (wer wollte das bestreiten?), der es egal ist ob sich unser Denken daran kratzt oder nicht… was dann?
WENN Mathematik Chiffre für Ontisches ist, ist sie dann selber Sein? Definitions-Sache. - Vermutlich würde ich JA sagen, da Geist Sein ist (nach meinem Glauben) und somit auch Mathematik. ---- Wenn wir es kompliziert machen wollen, folgende Anmerkung: In der Chaos-Theorie gibt es Aussagen, wonach Mathematik an ihren eigenen System-Grenzen keine Mathematik mehr sei. Wie man dann antworten kann, weiß ich nicht. - Eventuell, dass Chiffre für Sein nicht dasselbe ist wie Sein.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Das absurde ist: Praktischer Solipsismus ist 100% kompatibel mit dem Zugeständnis “Die res extensae existieren”!
Nach der wik-Def wäre das NICHT so:
Als Solipsismus (lateinisch sōlus ‚allein‘ und ipse ‚selbst‘) wird in der Philosophie die These bezeichnet, dass nur das eigene Ich existiert
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Du stellst deine private Philosophie vom Sein und den res extensae als alternativlos hin.
1) Wieso "privat"?
2) Wieso "alternativlos"?
Das Modell mit den Res extensae ist EINE Chiffre für etwas Inhaltliches. Möglicherweise sagen Buddhisten dasselbe mit ganz anderen Chiffren. To-down!
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 - Idealismus ist die Auffassung, dass qualitative Wahrnehmung die Ableitung von einer höheren Existenzform ist.
Sehr seltsam – unverständlich.
Interessant. - Was kann daran unklar sein?
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Ich dachte eher an folgendes:
Wikipedia hat geschrieben:
Idealismus (abgeleitet von griechisch ἰδέα „Idee“, „Urbild“) bezeichnet in der Philosophie unterschiedliche Strömungen und Einzelpositionen, die „hervorheben, dass die Wirklichkeit in radikaler Weise durch Erkenntnis und Denken bestimmt ist“
Ach Du lieber Gott. Wer hat sowas in wik reingeschrieben. - Im Grunde heißt diese Aussage überspitzt: "Idealismus ist etwas Egomanisches". - Aber das gibt es heute oft - man hat es sogar geschafft, den Begriff "ontisch" zum Gegenteil dessen zu machen, wie es traditionell gemeint war. Wir haben einen philosophischen Trend zu "die Wahrnehmung des Menschen ist das Maß des Seins".
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 deshalb kann ich den ollen res extensae aus der philosophischen Mottenkiste nix abgewinnen…
Es eignet sich halt gut zur Erklärung von Sachen, die im modernen Denken oft nicht verstanden werden. Wenn es ein Reizwort ist, kann man es auch ersetzen - meinetwegen mit: "Egal, was es als Entität gibt: Das einzige, was wir wahrnehmen, ist das, was durch unseren Wahrnehmungsfilter durchgeht". - Mir scheint hier Heideggers Satz zu passaen:
„Das Sein kommt auf der Ebene des Seienden ohne ein Seiendes nicht vor.“
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 23:11 “nicht eingebildet [i.S.v. nicht aus meinem eigenen Geist entsprungenes Trugbild]” = “echt” (*)
Wie kann man so etwas dermaßen abstruses wie (*) nur ernsthaft vertreten, wo sich einem doch die Gegenbeispiele sofort aufdrängen?
Probieren wir es anders:

Wenn Sein nicht auf Seiendes (bpsw. "Ich") trifft, ist es zwar nicht erkannt, aber trotzdem existent. Oder noch einfacher: Wenn ein 2Jähriger die Hände vor die Augen hält und sagt "Mama, Du bist weg", stimmt dies nur für die Wahrnehmung des Subjekts (Kind), nicht aber für die Existenz des Objekts (Mama).
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 23:11 Nochmal: Wenn ich ein Ding X sehe, das ich für eine essbare Birne halte, und das Ding X tatsächlich auch keine Halluzination oder Traumbild ist – d. h. nicht eingebildet – dann folgt noch lange, lange nicht, dass das Ding X “echt” ist. D. h. was ich denke, das auf Ding X zutrifft, kann radikal falsch sein. Z. B. könnte Ding X eine sehr realistische Nachbildung einer essbaren Birne aus Wachs sein. Ich beiße in die “Birne” rein und – igghit!
Du schreibst selber "das ich für eine essbare Birne HALTE". - Das Echte (*) an dem, was Du siehst, ist dann nicht eine Birne, sondern die Nachbildung. - Eine Plastik-Birne für die Puppenküche ist eine echte Spielzeug-Birne.
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 23:11 Ganz genauso folgt aus die “Die Menschen, die in meinem Erleben vorkommen, sind nicht Produkt meiner Einbildung” noch lange, lange nicht “die Mitmenschen sind ‘echt’ (=> haben subjektives Erleben etc.)”
Das ontisch Echte ist das, was es OHNE Deine Beobachtung "ist". - Natürlich kann man sich bspw. wie in "Hoffmanns Erzählungen" in einen täuschend echten Fake-Menschen verlieben ("Olympia"), aber das "ontisch Echte" ist dann der Fake: "Dieses wie eine Frau Aussehende ist in echt ein Fake und kein Mensch".
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

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Hiob hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:39Ich dachte da eher an Sachen wie Wellen-Teile-Dualismus.
Inwiefern? Die ursprüngliche Aussage war ja:
Hiob hat geschrieben: So 4. Jul 2021, 17:51Da kann man verschiedene Modelle durchspielen. Meine Grundeinstellung ist, dass man Geist nicht korpuskelmäßig sehen darf.
Mir scheint, das Denken sollte in die Richtung "top-down" oder "bottom-up" gehen. ---- Der reproduzierende Mensch kennt nur bottom-up - in der Hoffnung, aus seinen Einzelteilen etwas Organisches zu erschaffen. Geistlich gedacht gibt es nur das top-down, das in einem Gesamtbild Teilchen identifizierbar machen kann - aber das Gesamte muss DA sein. - Wobei wir schon wieder bei der Ideenlehre wären.
Die Halbleiterherstellung wirkt ziemlich top-down. Ein Computerchip wirkt nicht mehr wie eines der primitiven Artefakte, die Aristoteles im Sinn hatte (Mechanismen zusammengesetzt aus Zahnrädern und Hebeln) und denen er verständlicherweise eine eigene Form (Morphe) aberkannte. Sondern wie ein geschlossenes Ganzes – ein zusammenhängendes System, fast als hätte es seine eigene Morphe. Egal wie – dass menschliches Schaffen nur im reduktionistischen Paradigma möglich ist, niemals in einem holistischen, ist eine steile These.
Alles, was naturwissenschaftlich modellbar ist. - Vielleicht sollten wir uns daran erinnern, dass "physikalisch" ein anthropogener Begriff ist. -
Was ist denn der Unterschied zwischen einem anthropogenen und einem nicht-anthropogenen Begriff?
Sieht man es ontisch, ist es letztlich egal, ob Entität geistlicher oder physikalischer Natur ist.
Dunkles Raunen… sehr eigenartig, wenn wir von der Seele sprechen.
Der einzige Grund ist der Nachweis, dass der Mensch mit seinem Cogito nicht entscheiden kann, ob alles andere Entität oder Vorstellung ist.
Die Antwort umschifft genau den wesentlichen Punkt. Die beiden Thesen
  1. Was ich erlebe, entspringt nicht ausschließlich meinem eigenen Geist. Es wird teilweise durch etwas verursacht, das außerhalb von mir liegt.
  2. Die res extensae existieren.
wurden von dir im Vorausgegangen mal auseinandergehalten und dann wieder zusammenvermengt. Sagt nun A das gleiche wie B? Ja oder Nein?
Dieses "alles andere" nennt er "Res extensae" - heute würde er es wahrscheinlich anders nennen.
Jetzt weichst du die Definition von “res extensae” so auf, dass selbst der genius malignus dazu zählen würde.
Hiob hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:39 Aber das tun sie doch per Glauben. - Descartes glaubt, dass sein Nachbar so existiert, wie er selbst - GLAUBT. - Er sagt nur, dass er dies nie nachweisen könne (aus obigen Gründen).
Wo sagt er das denn?
Hiob hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:39Wenn dies "nicht eingebildet sind", sind sie ja "echt", haben also dann auch ein Cogito. -
Eine Begründung für diese extrem bizarre Behauptung fehlt.

Und die Passage war so gemeint, wie es da stand:
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:00 Wenn man den Mitmenschen zugesteht auf die Art “nicht eingebildet zu sein” wie eben Puppen, d. h. als diese ominösen “res extensae” zu existieren
Res extensae heißt doch nicht "Ihr seid nicht echt"
Du brauchst das umgekehrte: Res extensae existieren tatsächlich :arrow: andere Menschen besitzen ein Bewusstsein.

Es gibt kein Argument für die Folgerung “ :arrow: ” !
Konkret: Descartes glaubt, dass sein Nachbar genauso ist wie er selber, und hat deshalb eine moralische Verpflichtung ihm gegenüber.
Meines Wissens hat Descartes genau das (das Problem des Fremdpsychischen) ignoriert. Kennst du eine Stelle wo er darauf eingegangen ist?
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45 So, wie ich Descartes verstehe, stellt er zwar fest, dass er nie (auch nicht mit Wissenschaft) beweisen könnte, ob es die Res extensae gibt oder nicht, glaubt aber, dass es sie gibt und macht seine Ableitungen folglich unter der Vorannahme, dass es sie gibt. - Insofern ist da kein Widerspruch zwischen "Anregung durch die Sinne" und "qualitative Eigenschaft des Honigs".
Wurde auch nicht behauptet.
- Will heißen: Es gibt etwas Qualitatives beim Honig als Entität, dass seine Sinne diesbezüglich Süße erkennen. Der nächste SChritt wäre dann die Naturwissenschaft, die nachwiese, dass es die Rezeptoren A oder B sind, die diese Umsetzung von "qualitative Eigenschaft des Honigs" und "Spüren von süß" ermöglichen - bei Pfeffer statt Honig wären es andere Beobachtungen des Wissenschaftlers.
Du hast zwar viel geschrieben, aber punktgenau die wesentliche Sache ignoriert:
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30Die qualitative Eigenschaft “Süße” ist für Descartes ein Produkt des Bewusstsein, welches diese aufgrund der Anregung der Sinne durch “res extensae” erzeugt; aber dem Honig selbst fehlt die qualitative Eigenschaft der “Süße, wie wir es empfinden”.
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45 Die Grundlage ist das "Ego sum". "Cogito" ist Eigenschaft des Ich. Damit ist nicht das gemeint, was ein Computer macht. ---- Auch wenn ein Lachs am Ende seines Lebens seinen Laichplatz sucht und findet, ist dies keine Cogito-Leistung. - "Ich" ist also nicht durch "Cogito" im Sinne kognitiver Ich-Fertigkeiten definiert, sondern - umgekehrt - die kognitive Fertigkeit weist die (ontische) Existenz des Ich nach. - Insofern war meine Gleichung "Cogito = Ich" tatsächlich schlampig. - "Cogito" ist ein Teilaspekt von "Ich".
Es ging nicht um das “Ich” (stand direkt da drüber). An “cogito ergo sum” allein ist auch nichts spezifisch cartesisches. Augustinus hatte diesen Gedanken bereits. Der hat die Welt aber nicht in res cogitans und extensa unterteilt.

Es ging darum, was alles zu “res cogitans” gezählt werden darf. Das sollte ja irgendwie definiert sein. Wenn nicht durch die Fähigkeit des “Denkens”, wodurch bitte dann? Und damit ergibt sich sofort die nächste Frage: reicht unbewusstes Denken hier aus?
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45Das wäre genau obige Frage: Warum bildet Mathematik Natur ab?
Weite Teile der Mathematik bilden nichts in der Natur ab, sondern gehen weit darüber hinaus. Deshalb war ja auch das Beispiel mit aleph-0 gewählt, die Mächtigkeit einer abzählbar unendlichen Menge.

Wo kommt z.B. eine Menge von Dingen der Mächtigkeit aleph-0 in der Natur vor? Natürliche Unendlichkeiten kenne ich nicht.
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45WENN Mathematik Chiffre für Ontisches ist, ist sie dann selber Sein?
Du ignorierst genau den interessanten Part, obwohl ich ihn extra hervorgehoben habe: Was ist mit den Teilen der Mathematik, wo “Chiffre für Ontisches” eben keinen Sinn macht?
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45
Claymore hat geschrieben: Mo 12. Jul 2021, 22:30 Das absurde ist: Praktischer Solipsismus ist 100% kompatibel mit dem Zugeständnis “Die res extensae existieren”!
Nach der wik-Def wäre das NICHT so:
Als Solipsismus (lateinisch sōlus ‚allein‘ und ipse ‚selbst‘) wird in der Philosophie die These bezeichnet, dass nur das eigene Ich existiert
Ja, akzeptiert. Deswegen stand allerdings das “praktisch” davor. Ich hatte angenommen es wäre durch den Kontext deutlich geworden, was damit gemeint war.

Ausformuliert:

Solipsismus: “Nur das eigene Ich existiert”
praktischer Solipsismus: “Kein anderes Bewusstsein außer mein eigenes existiert”
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:451) Wieso "privat"?
Naja, es lehnt sich an Descartes an – ist aber nicht Descartes.
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45 2) Wieso "alternativlos"?
Das Modell mit den Res extensae ist EINE Chiffre für etwas Inhaltliches. Möglicherweise sagen Buddhisten dasselbe mit ganz anderen Chiffren. To-down!
Ich finde du lenkst (bewusst oder unbewusst) von den Widersprüchen und Fehlern in deiner Theorie ab. U. a. mit einer ausgeprägten (gewollten oder ungewollten) Begriffsstutzigkeit.

Und wenn sich der Trubel gelegt hat, kommst du wieder mit ganz, ganz einfachen Beispielen, gegen die kaum jemand etwas sagen kann – und gibst vor, dass deine eigene Theorie doch auch nicht mehr sagen würde (stimmt natürlich nicht!).

So versuchst du Alternativlosigkeit zu suggerieren.
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45 Ach Du lieber Gott. Wer hat sowas in wik reingeschrieben. - Im Grunde heißt diese Aussage überspitzt: "Idealismus ist etwas Egomanisches". - Aber das gibt es heute oft - man hat es sogar geschafft, den Begriff "ontisch" zum Gegenteil dessen zu machen, wie es traditionell gemeint war. Wir haben einen philosophischen Trend zu "die Wahrnehmung des Menschen ist das Maß des Seins".
Deine Beiträge erinnern mich immer an den Witz: “Ein Geisterfahrer? Hunderte!”
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45Es eignet sich halt gut zur Erklärung von Sachen, die im modernen Denken oft nicht verstanden werden. Wenn es ein Reizwort ist, kann man es auch ersetzen - meinetwegen mit: "Egal, was es als Entität gibt: Das einzige, was wir wahrnehmen, ist das, was durch unseren Wahrnehmungsfilter durchgeht".
Ein Reizwort ist es nicht. Nur ist der Begriff von Descartes und es wird extrem verwirrend, wenn man was anderes darunter versteht als Descartes.
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45Wenn Sein nicht auf Seiendes (bpsw. "Ich") trifft, ist es zwar nicht erkannt, aber trotzdem existent. Oder noch einfacher: Wenn ein 2Jähriger die Hände vor die Augen hält und sagt "Mama, Du bist weg", stimmt dies nur für die Wahrnehmung des Subjekts (Kind), nicht aber für die Existenz des Objekts (Mama).
Erstmal akzeptiere ich das nicht: Du kannst nicht ein einziges Trivial-Beispiel aus dem gewöhnlichen “middle world” Alltag (ein typisches Beispiel der Sorte “dagegen kann keiner was sagen”!) auf jede erdenkliche Situation verallgemeinern.

Und zweitens hat das nichts mit dem Problem des Fremdpsychischen zu tun.
Hiob hat geschrieben: Di 13. Jul 2021, 09:45Das ontisch Echte ist das, was es OHNE Deine Beobachtung "ist". - Natürlich kann man sich bspw. wie in "Hoffmanns Erzählungen" in einen täuschend echten Fake-Menschen verlieben ("Olympia"), aber das "ontisch Echte" ist dann der Fake: "Dieses wie eine Frau Aussehende ist in echt ein Fake und kein Mensch".
Sicher. Nur hast du halt gefolgert “nicht eingebildet” :arrow: “ein echter Mensch”.
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 00:36 wenn man was anderes darunter versteht als Descartes
Bevor ich jetzt wieder ausführlich werde, noch mal den Grundgedanken von Descartes. - Wobei der Anspruch, dem gerecht zu werden, strittig ist. Vor etwa einem Jahr habe ich in "alpha" einen Descartes-Vortrag gehört, der exakt auf meiner Linie war, wobei der Referent ständig erwähnt hat, dass Descartes heute oft völlig falsch verstanden werde. In solchen Streit kann ich nicht eingreifen (mangels Übersicht), aber ich verstehe ihn.

Also nochmal der Grundgedanke:

1) Der Mensch hat ein Ich, das Descartes "Res Cogitans" nennt. Damit meint er nicht nur das reflektierende Denken, sondern jegliche Ich-Wahrnehmung.

2) Das, was außerhalb dieses Ich ist, nennt er "Res extensa". Das beginnt bei den eigenen Armen und Beinen, die die Res cogitans wahrnimmt, und hört bei der Natur auf. Gott und die geistliche Welt thematisiert er meines Wissens damit NICHT, weil er dieses voraussetzt.

3) Descartes sagt nun (auch heute noch unwiderlegbar), dass die Res cogitans nicht entscheiden kann, ob die Res extensae Produkt der Res cogitans oder eigene Entitäten sind.

4) Da aber Descartes glaubt, dass Gott ein wohlwollender Gott ist, also die Wahrnehmung des Menschen nicht grundlegend täuscht, GLAUBT er, dass das sinnlich Wahrgenommene eigene Entität ist. Der Baum, den Descartes sieht, ist also aus seiner Sicht eigene Entität (verkürzt "echt").

5) Auf Basis dieser Setzung ist für Descartes der Weg frei für die Forcierung von Wissenschaft, weil damit (auf Glaubensbasis) klar ist, dass sich Wissenschaft mit Entitäten und nicht mit Vorstellungen/Cogitans-Produkten beschäftigt.

Auf Basis dieser Grundlagen sind mir Deine Einwendungen nicht ganz klar. Natürlich gibt es Fragen, die Descartes mit seinem Modell NICHT beantwortet hat (physikalische Strahlungen, die es damals noch nicht im Bewusstsein gab/Quantenmechanik/etc.). Aber das, was er meint, müsste doch eigentlich klar sein.

Natürlich würde Descartes heute anders schreiben - vermutlich würde er das Wort "extensa" weglassen, weil wir inzwischen wissen, dass es auch Physikalisches ohne Ausdehnung gibt. Aber das soll doch nicht daran hindern zu erkennen, was er damals mit den Möglichkeiten seiner Zeit sagen wollte.

Wo siehst Du konkret Punkte, die den obigen 5 Punkten in die Quere kommen?
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