Christ, Staat und Rebellion

Rund um Bibel und Glaube
Hiob
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Hiob »

Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 21:40 Tatsache ist nunmal, dass es so in aller Deutlichkeit in der Bibel steht.
Wenn Du damit sagen willst, dass es genau so gemeint ist, wie Du es verstehst, geht folgender Satz nicht:
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 21:40 Dem widerspreche ich, dass sich daraus ergibt, dass die Shoa christlich ok wäre.
Also wie jetzt? Wörtlich verstehen oder nicht?
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Nobody2
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Nobody2 »

Hiob hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 22:26 Also wie jetzt? Wörtlich verstehen oder nicht?
Nein, das bezieht sich dann auf die Relativierung:

Apostelgeschichte 5,27-29:
„Und sie brachten sie und stellten sie vor den Hohen Rat. Und der Hohepriester fragte sie und sprach: Haben wir euch nicht streng geboten, in diesem Namen nicht zu lehren? Und seht, ihr habt Jerusalem erfüllt mit eurer Lehre und wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen. Petrus aber und die Apostel antworteten und sprachen: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.”
Damit ist klar, dass das Gebot, sich dem Staat unterzuordnen, nicht immer gilt. Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind damit nicht legitimiert. Sondern man muss sich dem sogar widersetzen, wenn es Gottes Gebot widerspricht. Die nächste Frage wäre dann, was denn Gottes Gebot ist. Da gibt es ja abweichende Ansichten, nicht nur zu Gottes Wille sondern auch zur Beurteilung der Gesetze.

Für die einen ist das Impfen praktizierte Nächstenliebe. Für die anderen eine Teufelei. Darum dürfen (oder müssen sogar) sich diejenigen, die darin einen Verstoß gegen Gottes Willen und Gebot sehen, auch widersetzen oder sogar dagegen arbeiten. Das liegt am Verständnis jedes Einzelnen. Denn es heißt ja auch: "Dir geschieht nach Deinem Glauben".

Lukas 6,37-38:
Und richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet; verurteilt nicht, so werdet ihr nicht verurteilt; sprecht los, so werdet ihr losgesprochen werden! Gebt, so wird euch gegeben werden; ein gutes, vollgedrücktes und gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß schütten. Denn mit demselben Maß, mit dem ihr zumeßt, wird euch wieder zugemessen werden.
Da sieht man doch klar, dass es nur darauf ankommt, wie man eine Tat selbst beurteilt. Verantworte Dich vor Deinem eigenen Gewissen. Wenn Du bei anderen eine Tat nicht verurteilst, wirst Du auch selbst dafür nicht verurteilt werden. Denn das ist Dein Maß und vor Gott wirst Du nach Deinem eigenem Maß bemessen. Der persönliche Glaube ist entscheidend dafür, ob wir von Gott bestraft werden oder nicht.

Man muss also nicht unbedingt andere nach ihrem Urteil fragen, denn es kommt nur auf das eigene Urteil an.
Alles, was ich hier schreibe, ist grundsätzlich nicht als Behauptung gemeint. Es ist einfach nur das, was ich glaube, annehme, für wahr halte etc... (oder nichtmal das) Ich bestehe nicht darauf, recht zu haben und werde mich auch nicht darum streiten.
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Hiob »

Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 22:44 Damit ist klar, dass das Gebot, sich dem Staat unterzuordnen, nicht immer gilt.
Eben. - Dann ist aber Dein folgender Satz nicht richtig:
Nobody hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 21:06 Alles, was mit den Gesetzen in Einklang steht, ist natürlich mit dem Christentum vereinbar.
Ich reite da deswegen drauf rum, weil die Aussage Pauli oft verwendet wird, um bspw. die Todesstrafe oder Kriege oder sonstwas christlich zu rechtfertigen - was schnell zur Blasphemie wird.
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 22:44 Für die einen ist das Impfen praktizierte Nächstenliebe. Für die anderen eine Teufelei. Darum dürfen (oder müssen sogar) sich diejenigen, die darin einen Verstoß gegen Gottes Willen und Gebot sehen, auch widersetzen oder sogar dagegen arbeiten. Das liegt am Verständnis jedes Einzelnen. Denn es heißt ja auch: "Dir geschieht nach Deinem Glauben".
Jetzt wird es NOCH schwieriger: Du sagst hier, dass persönliche Überzeugung staatliche Gesetze IM STAATLICHEN KONTEXT schlägt - das ist eigentlich die Definition von Anarchie. - Da bleibt nicht mehr viel von Pauli Aussage übrig ....
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Nobody2
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Nobody2 »

Hiob hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 23:01 Ich reite da deswegen drauf rum, weil die Aussage Pauli oft verwendet wird, um bspw. die Todesstrafe oder Kriege oder sonstwas christlich zu rechtfertigen - was schnell zur Blasphemie wird.
Ja, das stimmt schon, das war ein Fehler. Es war so gemeint, dass es eine zu relativierende Aussage ist, wie ich es geschrieben hatte. Also muss der Satz lauten:

Alles, was mit den Gesetzen in Einklang steht und nicht dem Willen und Gebot Gottes widerspricht, ist natürlich mit dem Christentum vereinbar.

Ist das so korrekt jetzt?
Jetzt wird es NOCH schwieriger: Du sagst hier, dass persönliche Überzeugung staatliche Gesetze IM STAATLICHEN KONTEXT schlägt - das ist eigentlich die Definition von Anarchie. - Da bleibt nicht mehr viel von Pauli Aussage übrig ....
Nein, wie kommst Du denn darauf? Anarchie ist was ganz anderes, hat mit Religion nichts zu tun. In der Anarchie gibt es keinen Staat. Für den Christen gibt es ihn jedoch sehr wohl und grundsätzlich hat er sich ihm auch unterzuordnen. Das ist der Grundsatz. Das ist etwas völlig anderes als Anarchie.

Die Relativierung jedoch beruht auf dem persönlichen Glauben und da denken wir ja beide dasselbe, das der sehr unterschiedlich sein kann. Trotzdem beruht der Glaube auf einem guten Willen, auf Wahrhaftigkeit und willst Du jetzt etwa sagen, dass jemand, der aus tiefster Überzeugung im Einklang mit seinem Verständnis der Bibel und seinem Gewissen handelt, vor Gott zu verurteilen sein könnte? Was wäre das denn für ein Gott, der sein Kind dafür bestraft, dass es nach bestem Wissen und Gewissen seinem Willen gefolgt ist? Das wäre doch ein grausamer Gott, nicht wahr? Oder glaubst Du an einen grausamen, ungerechten Gott?

Sicher kann man sich da nun Extremfälle zusammenreimen und dann sagen: Das kann aber nicht sein. Ja das muss jeder selbst wissen. Ich bleibe dabei: Vor Gott werde ich nach dem gleichen Maß beurteilt, das ich bei anderen anlege. Das ist ganz klar. Und warum sollte ich da Ausnahmen machen? Ich habe keine Rachegelüste und meine Seele schreit nicht nach "Gerechtigkeit". Mir dürstet nun mal nicht nach Blut, Schmerz, Elend und Strafe an denen, die sündigen und Böses tun. Sondern ich wünsche ihnen den Segen Gottes, ich wünsche ihnen, dass sie mit Liebe und Vergebung überschüttet werden, damit sie heraus kommen aus ihrem schrecklichen Zustand, damit sie ein Gefühl bekommen für ihre Untaten, damit sie auch bereuen und dann Gnade und Erlösung finden können. Denn mit Urteilen und Rache ist niemandem gedient, höchstens einer negativen Kraft, die sich an der Bestrafung erbaut.

Es geht nicht darum, irgendjemanden freizusprechen, sondern ich will einfach nicht urteilen, weil es mir nicht zusteht, es geht mich auch nichts an, das ist Gottes Geschäft, er weiß schon, was er tut. Meine Aufgabe sehe ich allein darin alles, alle und jeden so wie nur möglich zu lieben und dieser Liebe tätig Ausdruck zu verleihen. Gott schirmt die bösen Menschen nicht ab vor der Sonne, denn sie scheint uns allen. Ich lasse mich nicht dazu treiben, andere zu verurteilen, weil das meinem Glauben nach nicht dem Willen Gottes entspricht. Seinem Willen entspricht es, bedingungslos zu lieben, auch den größten Sünder und jegliche Beurteilung oder gar Bestrafung ihm zu überlassen. Das ist für mich christlich und dazu kann ich vor Gott auch mit bestem Gewissen stehen.
Alles, was ich hier schreibe, ist grundsätzlich nicht als Behauptung gemeint. Es ist einfach nur das, was ich glaube, annehme, für wahr halte etc... (oder nichtmal das) Ich bestehe nicht darauf, recht zu haben und werde mich auch nicht darum streiten.
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Hiob »

Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 23:28 Alles, was mit den Gesetzen in Einklang steht und nicht dem Willen und Gebot Gottes widerspricht, ist natürlich mit dem Christentum vereinbar.

Ist das so korrekt jetzt?
Sehr sogar. - Dies wäre denen unter die Nase zu halten, die weltliche "Obrigkeit" als gottgewollt im Sinne von "es ist christlich, ihnen immer zu folgen" verstehen.
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 23:28 Für den Christen gibt es ihn jedoch sehr wohl und grundsätzlich hat er sich ihm auch unterzuordnen. Das ist der Grundsatz. Das ist etwas völlig anderes als Anarchie.
Dazu zweierlei (und zwar ganz Unterschiedliches):

1) Dann nimmst Du an, dass das, was Du mit bestem Gewissen machst, dem Gesetz Gottes entspricht - richtig?

2) Augustinus verstand unter "Anarchie" das Entfallen der Notwendigkeit, Gesetze zu machen, weil jeder aus dem Herzen heraus das Richtige sucht - aber das mur nebenbei.
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 23:28 willst Du jetzt etwa sagen, dass jemand, der aus tiefster Überzeugung im Einklang mit seinem Verständnis der Bibel und seinem Gewissen handelt, vor Gott zu verurteilen sein könnte?
Wenn ich die eine oder andere Darstellung von Parade-Christen in Foren anschaue, kann ich mir das sogar SEHR gut vorstellen.
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 23:28 Das wäre doch ein grausamer Gott, nicht wahr? Oder glaubst Du an einen grausamen, ungerechten Gott?
Die Sinnebene geht anders. - Eigentlich müssten wir jetzt über das Buch Hiob reden - warum muss Hiob so leiden, obwohl er nachweislich alles richtig macht?
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 23:28 Es geht nicht darum, irgendjemanden freizusprechen, sondern ich will einfach nicht urteilen, weil es mir nicht zusteht, es geht mich auch nichts an, das ist Gottes Geschäft, er weiß schon, was er tut. Meine Aufgabe sehe ich allein darin alles, alle und jeden so wie nur möglich zu lieben und dieser Liebe tätig Ausdruck zu verleihen.
Meines Erachtens ist es unter dem Strich genau so von Gott gemeint.
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Nobody2
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Nobody2 »

Hiob hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 02:18 Sehr sogar. - Dies wäre denen unter die Nase zu halten, die weltliche "Obrigkeit" als gottgewollt im Sinne von "es ist christlich, ihnen immer zu folgen" verstehen.
Dann sind wir uns da vollkommen einig.
Hiob hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 02:18 Dann nimmst Du an, dass das, was Du mit bestem Gewissen machst, dem Gesetz Gottes entspricht - richtig?
Sehr schwierige Frage. Mein Gewissen entspricht ja meinem Verständnis von Gottes Willen und seinen Geboten. Mein Gewissen ist Gott selbst in mir. Es ist seine Stimme. Für mich ist es seine Stimme. Insofern entspricht mein Handeln, das von meinem Gewissen befürwortet wird, auch dem Willen Gottes, also ist im Einklang mit seinem Willen. Wäre es nicht so, würde mein Gewissen Alarm schlagen.

Aber: Ich habe ja keine absolute, 100%ige Gewissheit darüber, ob alles, was ich für gebotskonform halte, das auch tatsächlich ist. Ich gehe davon aus, dass in meiner Haltung auch Fehler sind. Nur kenne ich sie nicht. Mit der Zeit kommen immer wieder Dinge heraus, wo ich dann denke: Da hast Du Dich geirrt.

Ich denke, es gibt Gebote, es gibt Anweisungen, Richtlinien, Empfehlungen und so weiter, aber letztlich sind es Hilfestellungen, um schließlich den Zustand zu erreichen, wo seine Gebote "ins Herz geschrieben" sind. Erst dann ist man wirklich volkommen und absolut auf einer Linie mit Gottes Wille. Das strebe ich an. Es ist auch nicht so, dass man dann tausend Gebote im Kopf hat sondern man handelt ganz natürlich und es ist immer perfekt. Man kann garnicht mehr anders, als alles richtig zu machen. Wenn man aber nach Gottes Wille gefragt wird oder wieso man nun konkret etwas tut oder lässt, kann man es vielleicht nicht sofort erklären, weil es eben aus dem Herzen kommt, wo keine Worte sind.
Hiob hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 02:18 2) Augustinus verstand unter "Anarchie" das Entfallen der Notwendigkeit, Gesetze zu machen, weil jeder aus dem Herzen heraus das Richtige sucht - aber das mur nebenbei.
Das wäre dann das, wovon ich gerade geschrieben habe. Das wäre für mein Verständnis aber Gottes Reich auf Erden. Eine Anarchie funktioniert nur so gut, wie die Menschen gut sind. In Gottes Reich gibt es eben keine Gesetze, denn alle Herzen sind erfüllt von seiner Liebe und darum ist auch alles perfekt und im Einklang. Hier unten jedoch ist die Distanz zu Gott riesig, darum sind Gesetze leider ein notwendiges Mittel, damit es funktioniert ich. Du auch?
Hiob hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 02:18 Wenn ich die eine oder andere Darstellung von Parade-Christen in Foren anschaue, kann ich mir das sogar SEHR gut vorstellen.
Tja. Ich auch. Aber so sehe ich es nun mal nicht. Bei Dir scheint es ähnlich zu sein?
Hiob hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 02:18 Die Sinnebene geht anders. - Eigentlich müssten wir jetzt über das Buch Hiob reden - warum muss Hiob so leiden, obwohl er nachweislich alles richtig macht?
Dazu später mehr.
Alles, was ich hier schreibe, ist grundsätzlich nicht als Behauptung gemeint. Es ist einfach nur das, was ich glaube, annehme, für wahr halte etc... (oder nichtmal das) Ich bestehe nicht darauf, recht zu haben und werde mich auch nicht darum streiten.
stereotyp
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von stereotyp »

Hi Travis,
Travis hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 20:27
stereotyp hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 20:21 Wäre es Christus-gemäß, auf demokratischem Wege gegen Ungerechtigkeit vorzugehen?
Christus-gemäß ist es, Deinem Auftrag zu folgen. Zur Versöhnung mit Gott aufzurufen. Erst wenn Du an diesem Auftrag gehindert wirst, ist Widerstand angemessen. Bisher wurde in Deutschland niemand daran gehindert, dass Evangelium zu verkündigen. Nichts wurde speziell gegen Christen und ihren Auftrag gerichtet.

Die Welt sollen wir nicht besser machen.
Das sehe ich ganz genau so. Ich würde sogar sagen, dass wir uns damit wieder gemein machen mit der Welt, von der uns Gott eigentlich abgesondert hat.
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 20:46 Politik oder politisches Handeln ist an und für sich nichts Verwefliches im Christentum.
Also sich politisch zu beteiligen würde ich jetzt auch nicht grundsätzlich als Verwerflich bezeichnen. Aber es ist kein bisschen hilfreich. "Christliche Gesetze" (falls es sowas gäbe) würden niemandem helfen, also weder gerecht machen, noch das Reich Gottes manifestieren.

Christen haben auch keinen abgesonderten Staat (wie manche Amerikaner glauben). Die Staaten fallen in die Verantwortung der Nationen, die wiederum unter der Autorität des Herrschers dieser Welt stehen.
Nobody2 hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 21:21 Römer 13,1-7:
Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet.
Wenn das schon zu Zeiten des römischen Imperiums galt, dann doch sicher auch zu Zeiten der Aristokratie? Und dann doch auch sicher zu Zeiten der Demokratie. Aber was bedeutet Unterordnung in einem demokratischen System, in dem doch der Mensch quasi über sich selbst gestellt wurde (Alle Macht geht vom Volke aus). Ist Demokratie nicht am weitesten entfernt von Unterordnung?

MfG
Kein Gefallen hat der Tor an Einsicht, sondern nur an der Entblößung seines Herzens.
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Helmuth
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Helmuth »

Gutem Morgen stereotyp,

wir kennen uns ja auch schon, daher aus gegebenem Anlass mein Wilkommensgruß. Ich hoffe, die Zielsetzung des Threads wird nicht die 1.001 Coronadebatte. Ich werde mich dem Thema nicht aus gegebenen politischen Anlässen, sondern allgemein widmen.
stereotyp hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 20:21 Wäre es Christus-gemäß, auf demokratischem Wege gegen Ungerechtigkeit vorzugehen?
Ganz allgemein ist das Vorgehen gegen Ungerechtigkeit sicher der Wille Gottes. Die Frage ist dabei wie. Setzt man dazu demokratisch legitime Wege ein, beantwortet das die Frage nicht, da bei demokratischen Wegen wieder erst danach gefragt werden muss, welche davon dem Willen Gottes entsprechen.

Ungerechtigkeiten verbal aufzuzeigen halte ich immer für legtim, aber hier scheitern wir dann unter Umständen am Begriff "Ungerechtigkeit". Der Begriff ist grundsätzich subjektiv besetzt, d.h. er entspricht der persönlichen Auffassung, egal welcher, ob religiös, politisch oder ideologisch.

Aber das Reden sollte nicht verboten werden. D.h. seine Meinung kundzutun zu dem, was man als ungerecht empfindet sollte grundsätzlich getan werden. Soweit erlaubt auch die Demokratie eine freie Meinung. Frei zu sein ist an sich auch der Wille Gottes.

Eine faire Diskussion klärt dabei auch, ob die Ungerechtigkeit tatsächlich eine solche ist, oder ob sie nur einer subjektiven Auffassung entspricht. Hier denke ich gelten dann schon Gesetze, die einzuhalten sind.

Man könnte ansonsten in den Kreis der Verleumdung gelangen, wenn man unbegründet auf dem Vorwurf einer Ungerechtigkeit weiter beharrt, der aber von dem Betroffenen in der gebotenen Auseinandersetzung anders wahrgenommen wird.

Weitere Schritte zu setzen obliegen der Kompetenz und der festen Überzeugung. Habe ich keine Kompetenz über eine Sache sollte es bei der verbalen Auseinandersetzung bleiben.

Wovor ich Abstand nehme sind Demonstrationen. Diese sind im Rahmen der Demokratie legitim, aber ich sehe sie mehr als Rebellion. Hier sehe ich den Rahmen Gottes anders gelegt, der auf Gebet und auch auf (selbst darunter) Leiden setzt (vgl. 1. Petrus 3:13-15).

Noch weniger halte ich von Gewerkschaftspraktiken in der Form von Streik, die demokratisch errungen wurden, indem man gegen Firmenleitungen auftritt und die weitere Arbeit verweigert. Diese Form des Protestes gilt zwar demokratisch, ist aber für mich nicht akzeptabel, da es eine Form offener Rebellion ist. Solchen Dingen schließe ich mich aus Glaubensüberzeugung nicht an.

Was als erster Schritt also immer erlaubt ist, das ist mal den Mund aufzumachen, denn dazu hat Gott ihn uns auch geschaffen. Weitere Schritte mit Ausnahme von Streik und Demos bedürfen des Gebets uns des guten Rates, wenn sich deine Empfindung "Ungerechtigkeit" trotz ein berechtigt geführten Konfrontation weiter nicht auflöst.

So, das war mal ganz allgemein über deine Frage schwadroniert. Vielleicht möchtest du einen konkreten Einzelfall näher beleuchten, der dich gerade bedrückt. Solange es kein weiteres Covid-G'schicht'l ist, bin ich dafür zu haben.

Liebe Grüße
Helmuth Michael
Zuletzt geändert von Michael am Sa 17. Jul 2021, 09:07, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Travis »

stereotyp hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 08:13 Ich würde sogar sagen, dass wir uns damit wieder gemein machen mit der Welt, von der uns Gott eigentlich abgesondert hat.
Vermutlich verstehe ich nicht ganz, was Du damit sagen willst.

Nehme ich die biblischen Aussagen, so macht man sich nicht mit der Welt gemein wenn man sich dem Staat unterordnet. Christen leben im Reich Christi, welches jedoch keine staatlichen Strukturen hat. Wir beide wissen, dass es ein geistliches Reich ist, welches anders funktioniert als die Gebilde, die Gott für das irdische Zusammenleben von Menschen angeordnet hat.

Die Hemmschwelle der "Rebellion" sind sehr hoch. Denn Christen sollen ja auch Ungerechtigkeit aushalten. Als Christ widersteht man der staatlichen Ordnung erst, wenn sie direkt der Ausbreitung des Evangeliums betrifft. Daher ist es im NT auch bemerkenswert ruhig, was diesen Bereich angeht. Widerstand liest man dort, wo die Apostel daran gehindert wurden zu predigen. Damals gab es nur die Möglichkeit dies mündlich zu tun und das Verbot richtete sich auch speziell gegen die Ausbreitung des Evangeliums.

Ein aus meiner Sicht guten Artikel findet sich hier: https://rfk-pritzwalk.de/index.php?/arc ... ennen.html
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Re: Christ, Staat und Rebellion

Beitrag von Hiob »

Nobody2 hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 05:18 Sehr schwierige Frage. Mein Gewissen entspricht ja meinem Verständnis von Gottes Willen und seinen Geboten. Mein Gewissen ist Gott selbst in mir. Es ist seine Stimme.
Vom Ursprung ist das auch so - und vermutlich ist es bei Dir auch so. - ABER: Es gibt viele Menschen, die sich exakt so fühlen wie Du, und etwas ganz anderes mit Hinweis auf ihr Gewissen vertreten. - Etwas konkreter: Es gibt viele Aussagen im Namen Gottes und des eigenen Gewissens, die aus meiner Sicht glatte Blasphemie sind, nicht aber als solche verstanden werden.
Nobody2 hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 05:18 Ich gehe davon aus, dass in meiner Haltung auch Fehler sind. Nur kenne ich sie nicht.
Eben - wir erkennen oft nicht, was wir glauben, erkannt zu haben. - Deshalb ist das "So wahr mir Gott helfe" eine nötige Demuts-Aussage.
Nobody2 hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 05:18 um schließlich den Zustand zu erreichen, wo seine Gebote "ins Herz geschrieben" sind. Erst dann ist man wirklich volkommen und absolut auf einer Linie mit Gottes Wille. Das strebe ich an. Es ist auch nicht so, dass man dann tausend Gebote im Kopf hat sondern man handelt ganz natürlich und es ist immer perfekt. Man kann garnicht mehr anders, als alles richtig zu machen.
Zustimmung. - Aber das setzt die Erkenntnis der Verunsicherung voraus ("Diene ich in dieser konkreten Sache dem richtigen Geist?"). - Man sollte sicher sein in Gott, dies aber nicht zum Anlass nehmen, bei seinen EIGENEN Schlussfolgerungen aus seinem Glauben an Gott heraus genauso sicher zu sein.
Nobody2 hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 05:18 Ich auch. Aber so sehe ich es nun mal nicht. Bei Dir scheint es ähnlich zu sein?
1) Ja, ich empfinde hier ähnlich wie Du.
2) Das tun ALLE, die sich auf das Gewissen berufen.
Mit anderen Worten: Es bleibt immer ein Wabern von Unsicherheit, ob man WIRKLICH auf der richtigen Spur ist.
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