Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Paul hat geschrieben: Di 20. Jul 2021, 08:40 in der logik gibt es ausserdem noch den unvollständigkeitssatz von gödel
Bei Gödel bin ich noch nicht durch - kannst Du mal erklären?
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

man kann bei hinreichend mächtigen systemen nicht die eigene widerspruchsfreiheit mit den inherenten mitteln beweisen, dazu muss man aus dem system raus, heißt, zusätzliche axiome...oder so ähnlich, hint gödel escher bach von hofstadter

das lustige ist, das gilt auch für die logik...wenn wir also denksysteme, in denen es aussagen gibt, die mit den inherenten mitteln nicht bewiesen werden können, als religion auffassen, dann ist logik auch eine religion... und zwar die einzige, die das auch beweisen kann :mrgreen:
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

zurück zum thema, vielleicht wird es ja mal heißen, ich rechne, also bin ich... glaube ich aber nicht :lol:
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

alles karl bei euch? :lol:
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Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Paul hat geschrieben: Di 20. Jul 2021, 08:52 man kann bei hinreichend mächtigen systemen nicht die eigene widerspruchsfreiheit mit den inherenten mitteln beweisen, dazu muss man aus dem system raus, heißt, zusätzliche axiome...oder so ähnlich
Genau das ist meine Rede seit 1848. Mit anderen Worten: "Beweise" sind immer systemische Größen und keine ontischen Größen. - Wobei dies überhaupt nicht heißen muss, dass beides nicht koinzidieren (sensu deutsche Bedeutung) könnte. - Die Frage hierbei ist: Was ist die "Nockenwelle", die Systemisches und Ontisches in Übereinstimmung sein lässt?

Theologisch wäre hier die Antwort "Es ist Gott, der beides koinzidieren (sensu deutsche Bedeutung) lässt". - Wobei wir schon wieder bei Descartes und seinem "wohlwollenden Gott" wären.
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

ich gehe da mit david bohm konform und nenne es implizite ordnung :mrgreen:
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Claymore
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Paul hat geschrieben: Di 20. Jul 2021, 08:52 man kann bei hinreichend mächtigen systemen nicht die eigene widerspruchsfreiheit mit den inherenten mitteln beweisen, dazu muss man aus dem system raus, heißt, zusätzliche axiome...oder so ähnlich, hint gödel escher bach von hofstadter

das lustige ist, das gilt auch für die logik...
Ich bin da Laie auf dem Gebiet, aber so wie ich das verstanden habe, hat Gödel Formeln (und Beweise) selbst wieder als natürliche Zahlen codiert, womit er einen Satz konstruieren konnte, der seine eigene Unbeweisbarkeit behauptet.

Es müsste doch möglich sein, ein System zu konstruieren, das genug Arithmetik für die Gödel-Codierung enthält, so dass das System über sich selbst reden kann – aber nicht zu viel Arithmetik um in die Unvollständigkeit zu gelangen. So ein System müsste seine eigene Konsistenz nachweisen können.
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Paul hat geschrieben: Fr 23. Jul 2021, 15:07 ich gehe da mit david bohm konform und nenne es implizite ordnung
Führt das weiter? Dann kann man auch "Blackbox" sagen.
Claymore
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Axiomen-System, das seine eigene Konsistenz zeigen kann:
mathoverflow.net hat geschrieben:Presburger arithmetic does NOT prove its own consistency. Its only function symbols are addition and successor, which are not sufficient to represent Godel encodings of propositions.

However, consistent self-verifying axiom systems do exist -- see the work of Dan Willard ("Self-Verifying Axiom Systems, the Incompleteness Theorem and Related Reflection Principles"). The basic idea is to include enough arithmetic to make Godel codings work, but not enough to make the incompleteness theorem go through. In particular, you remove the addition and multiplication function symbols, and replace them with subtraction and division. This is enough to permit representing the theory arithmetically, but the totality of multiplication (which is essential for the proof of the incompleteness theorem) is not provable, which lets you consistently add a reflection principle to the logic.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37 Sein richtiger Gedanke war, geistliches Bewusstsein und tierische Existenz kategorial zu trennen. Falsch war die Art seiner Schlussfolgerung. - Übrigens: Tiere sind auch heute keine "Personen" im geistlichen Verständnis von "Person". - Im modernen Neusprech geht es natürlich - da kann irgendwann wahrscheinlich sogar ein sprechender Kühlschrank "Person" sein. - Sprache als Verwirrspiel.
Es war so gemeint wie es gesagt war und nicht als Verwirrspiel gedacht.
Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37Nein - viele Setzungen sind vollkommen unbewusst, automatisch, gewohnt. - Man hört bspw. gelegentlich von naturalistischer Seite, dass der Naturalismus keine Voraus-Setzungen habe - oder die Wissenschaft. Da ist keine Intention oder Vorsatz - man meint, dass es einfach so sei. - Das war bei Descartes nicht viel anders.
In der Substantivierung hört es sich vielleicht ok an, aber als Verb ist es schon ziemlich abstrus:
Hiob, mit Ergänzung hat geschrieben: Do 15. Jul 2021, 21:13Insofern doch, weil aus Sicht von Descartes ein wohlwollender Gott, den er unbewusst setzt (!), keine bizarren Weltanschauungen zulässt. - Descartes tut etwas, was man auch heute tut und immer getan hat: Er SETZT etwas unbewusst glaubensmäßig und baut darauf seine Philosophie auf.
Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 “Wir halten diese Wahrheiten für selbst-evident [self-evident], dass alle Menschen gleich erschaffen worden, …” steht in der Unabhängigkeitserklärung der USA.

Und nicht: “Wir wollen folgendes glaubensmäßig setzen: dass alle Menschen gleich erschaffen worden, …”
Das ist doch dasselbe.
Du beliebst zu scherzen. Selbstevidenz erhebt den Anspruch durch die Vernunft unmittelbar einsichtig zu sein. Wie a + b = b + a für natürliche Zahlen a, b. Das funktioniert nicht bei jeder beliebigen Proposition. Z. B. nicht bei “Der Kaiser von Japan stammt von der Sonnengöttin Amaterasu ab”, was eben eine glaubensmäßige Setzung ist.
Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37Umgekehrt: "Das Sein ist die Voraussetzung für das Seiende“ (Heidegger). - Das heißt: Die kantsche Erscheinung und die biblische Offenbarung ist nicht möglich ohne "Ding an sich" oder "Gott". - Genau diese Differenz zwischen Original und Erscheinung ist Thema bei Descartes.
Jaja. Für eine glaubensmäßige Setzung des “Ding an Sich” durch Kant fehlen aber Belege.
Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37Davon abgesehen, dass Mathematik aus meiner Sicht die unanfechtbarste Geisteswissenschaft ist, gibt es auch dort Axiome, ohne deren Gesetzhaftigkeit solche Aussagen nicht möglich sind.
Nun, du bist derjenige, der die Behauptung aufgestellt hat:
Hiob hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 19:50 Deshalb gehen wir gaaaanz zurück und zitieren das, was Paul sagt:
Paul hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 16:11 alle, aber auch alle denksysteme beruhen auf ontologischen vorannahmen
Das ist die Basis, die man kapiert haben muss, um überhaupt einen Schritt weiter zu gehen.
Ich nicht. Ich bin bzgl. Rechtfertigungsmethoden von Überzeugungen erstmal agnostisch / neutral. Und würde Rechtfertigung ohne “ontologische Vorannahmen” (und dazu gehören die ∞-Ketten) ohne genaue Analyse im Gegensatz zu dir nicht einfach ausschließen.

Es ist imho nicht notwendig zu verlangen, dass eine Person zur Rechtfertigung eine ∞-Rechtfertigungskette tatsächlich präsentieren muss. Gehandicapt durch unsere endlichen Kapazitäten könnte dies eh nur schematisch geschehen. Es reicht aus, dass prinzipiell eine ∞-Rechtfertigungskette offen steht.

Für das Elefanten-Beispiel braucht man tatsächlich das Induktionsaxiom. Na und? Das Beispiel sollte ein Problem für die Theorie der ∞-Rechtfertigungsketten aufzeigen (eigentlich DEINE Aufgabe!!): Wenn man die unendliche Kette so versteht, dass sie NICHTS als bloß Relationen zwischen Überzeugungen darlegt, dann ist sie nur ein unendlich langes Vertrösten. Wie ein Scheck der immer und immer wieder in einen Scheck umgetauscht wird, aber nie eingelöst werden darf. Formal ausgedrückt:

U1 folgt aus:
U2 & (U2 → U1) folgt aus:
U3 & (U3 → (U2 & (U2 → U1))) folgt aus:
...

~U1 folgt aus:
U2 & (U2 → ~U1) folgt aus:
U3 & (U3 → (U2 & (U2 → ~U1))) folgt aus:
...

ergo U1 wie die Negation ~U1 lassen sich über unendliche Ketten folgern!

D. h. die Kette darf nicht bloß aus logischen Implikationen bestehen. Wenn man es probabilistisch ausdrückt, muss eine Überzeugung eine gewisse Wahrscheinlichkeit haben, selbst wenn der angeführte Grund falsch ist.

Die Ketten, die wir haben wollen, brauchen also bedingte Wahrscheinlichkeiten a := P(Un | U(n+1)) nahe 1 (Überzeugung korrekt, wenn Grund korrekt) und b := P(Un | ~U(n+1)) “ein gutes Stück” größer Null (Überzeugung korrekt, wenn Grund nicht korrekt).

Wenn man das durchrechnet:
P(U1) = b * P(~U2) + a * P(U2) = b + (a - b) * P(U2) = … = b / (1 - a + b) + (a - b)^n * [P(U(n+1)) - b/(1 - a + b)]

wobei sich für n → ∞ ergibt: P(U1) = b / (1 - a + b)

D. h. für lange Ketten “verblasst” die Bedeutung des Fundaments Un immer mehr. Und für n → ∞ ist es egal, dass das Fundament nicht existiert!

Ist das nicht sehr intuitiv? Ist es nicht so, dass die Debatte nie endet, aber dass unsere Rechtfertigung immer besser wird, umso tiefer wir gehen können? Ja sogar: wenn eine lange Kette existiert, wie beschrieben, und irgendwo in der Tiefe ein “Urgrund” falsch ist, dennoch Rechtfertigung emergiert, solange die Überzeugungen dazwischen unabhängige Plausibilität besitzen?

Z.B. beim Solispismus: könnten wir wirklich keinerlei Begründung liefern, warum wir keine Solispisten sind? Ist es nicht absurd, unzählige Kulturprodukte zur Verfügung zu haben, die den eigenen Verstand in Intelligenz und Kreativität haushoch übersteigen? Ist dies nicht Beleg für eine Intelligenz, die man nicht mehr sinnvoll zum Ich rechnen kann? Und haben wir nicht, nachdem wir eben dieses Argument gebracht haben, nicht etwas gewonnen?
Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37Lass mich da außen vor - das wurde von anderen erfunden.
Der grundlegende Gedankengang ist ja tatsächlich sehr alt. Man findet ihn z. B. bei Agrippa, der meinte, dass Axiome doch nur ungerechtfertigte Glaubenssetzungen sind. Und damit alles daraus gefolgerte zweifelhaft ist.

Einigermaßen originär ist, dass diese Idee bei dir nicht in radikalem Skeptizismus endet, sondern nur irgendwie so … lala ??? Wie immer das möglich ist (großes Geheimnis).
- Im übrigen sind Methodiken wahrlich nichts Anrüchiges, nur ist deren Übereinstimmung mit Wirklichkeit nicht notwendigerweise "self-evident", was gerade heute oft verkannt wird. Man verwechselt gerne System-/Modell-Wahrheiten mit Wirklichkeit.
nicht notwendigerweise "self-evident" => waren sie es für dich jemals?

=> “Übereinstimmung mit der Wirklichkeit” ist ein ganz unsinniger Gedanke.
Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 22:37Ontisches Denken hat letztlich nur eine Erkenntnis: Dass das, was ist, etwas anderes ist als die Erscheinung/Offenbarung/menschliche Wahrnehmung.
Und wie bringst du den René da jetzt rein? Es hieß doch die ganze Zeit, dass die Setzung des wohlwollenden Gottes absolut notwendig für ontisches Denken sei. Für die obige “Erkenntnis” ist sie aber irrelevant, nicht?
Das heißt NICHT, dass letzteres mit dem Sein in Widerspruch stehe müsse (es ist im Gegenteil darauf angelegt - schon wieder Descartes - , zu ihm authentisch zu sein).
Ok, da ist der René ja wieder. Aber nun ganz weichgespült…

Authentisch… was ist schon authentisch? Eine 1000 € Urban Outfitters Jacke mit “DESTROY CAPITALISM” drauf?

Die Frage ist doch ob:
  1. wir nur hoffen und beten dürfen, dass wir uns dem Sein annähern können (obwohl wir uns vielleicht radikal davon entfernen).
  2. oder ob wir eine Garantie dafür haben, dass wir mit diesem oder jenem Rezept tatsächlich unsere Chancen objektiv erhöhen, ans Sein heranzukommen.
Die ganze Zeit wurde hier (a) vertreten. Daraus wird niemals (b). Authentisch hin oder her. Auch nicht durch glaubensmäßige Setzung eines wohlwollenden Gottes. Von daher würde ich diese ganze Begrifflichkeit mit dem “Sein wie es wirklich™ ist” als nutzlos beiseite legen.

Ultima ratio ist “wahr” = “nützlich”. Und nicht “Übereinstimmung mit dem wirklichen™ Sein”. Wie sollte z.B. ein im Konjunktiv formulierter Satz, der doch wahr oder falsch sein kann, mit dem wirklichen™ Sein übereinstimmen?
Aber es gibt einen kategorialen Unterschied zwischen "Ding an sich" und dessen "Erscheinung", "Sein" und "Seiendem", "Gott" und "Offenbarung", "Natur-Sein" und "naturwissenschaftlicher Reflexion desselben". - Wenn man dies erkannt hat, braucht man ontisch nicht weiter zu denken - voll ausreichend.
Ich sehe den kategorialen Unterschied zwischen Erscheinung und “Ding an sich” darin, dass ersteres für uns real ist, während es sich bei letzterem bloß um ein hypothetisches Konstrukt handelt. Eine Quelle von “Unterschieden ohne Unterschied”.

Ganz anders verhält es sich mit:
  1. Erscheinung anderer Menschen => Fremdpsychisches
  2. Offenbarung => Göttliches/Gott
(a): Echter Skeptizismus gegenüber Fremdpsychischem würde in extremste Amoralität führen. Und (b): ist es auch salvatorisch irrelevant, ob unser Bild Gottes (vom Göttlichen) mit diesem übereinstimmt, so gilt dennoch: Seine Existenz ist notwendig, damit es eine Offenbarung ist. Denn im Naturalismus gibt es keine Erlösung.
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