Ich bin vor nicht all zu langer Zeit auf einen Gedanken gestoßen in zwei völlig voneinander unabhängigen Büchern. Im ersten Buch, das überhaupt nichts mit der Bibel zu tun hat, wurde ein Fall eines Jungen erwähnt, in dessen Dorf mehrere Massaker stattfanden. Es wird nicht genau gesagt wo das Dorf gewesen sein soll, aber der übergeordnete Kontext des Kapitels des Buches handelt speziell von Sri Lanka. Von Forschern wurde der Junge befragt, was ihm die Angst nehmen könne. Er antworte, wenn seine Mutter ihm sagte, dass sie im Falle des Angriffes alle getötet würden, um im Tod wieder beisammen sein zu können.
Kurz darauf las ich das andere Buch, mit Schwerpunkt Gemeindeentwicklung in unserer Zeit, wo ein Hinweis auf
2. Makkabäer 7 steht. In diesem Kapitel geht es um die impfunwilligen.... äh ich meine konvertierungsunwilligen Juden, die von Antiochius exemplarisch hingerichtet werden. Ein Schwerpunkt liegt auf einer Mutter, die bereits mehrere Söhne dadurch verlor, und den letzten darum bat, unter keinen Umständen vom Glauben abzufallen also sich hinrichten zu lassen, damit sie ihn samt seiner Brüder in der Zeit des Erbarmens, womit die Auferstehung zum Ewigen Leben gemeint ist, wieder bekomme.
Sowohl bei dem Jungen, ein Fall aus moderner Zeit, als auch bei der antiken Mutter haben wir es mit einer Sicht auf Leben und Tod zu tun, die sich von der westlich modernen Sicht völlig unterscheidet. Auch wenn 2. Makkabäer "nur" eine Apokryphe ist und nicht als Gottes Wort gezählt wird, so haben wir hier so oder so ein antikes Zeugnis einer Weltanschauung die, wenn nicht die Mutter, wenigstens der Autor gehabt haben muss, wenn er sie dem Leser darstellen will.
Diese Weltanschauung sollten wir bei biblischen Fällen, wo gleich ganze Familien ausgerottet werden, berücksichtigen. Die Kinder zu töten wäre nach dieser Ansicht wohl gerade nicht brutal, sondern gnädig. Die unschuldigen Kinder auf dieser Welt elternlos zu hinterlassen wäre für damalige Ansichten brutal und rücksichtslos gewesen. Die Kinder in fremden Kulturen mit über zu nehmen und dort aufzuziehen hätte sie wahrscheinlich auf Lebenszeit stigmatisiert und ihnen alles andere als ein angenehmes Leben beschert. Als Gegenbeispiel mag hier Moses am Hof des Pharao erscheinen, der ja von Moses Herkunft irgendwann erfahren haben muss. So ganz schlecht schien es Mose nicht zu gehen. Materiell war er versorgt aber er schien sich immer fremd zu fühlen. Und eben am Beispiel Mose zeigt sich auch, welch subversives Potenzial diese Fremdaufziehung barg. Also auch von daher scheint es verständlich, wenn man die "Brut des Feindes" sich nicht als Trojaner ins Haus holen will.
Ich sag ja überhaupt nicht, dass man sich das irgendwie als Vorbild nehmen sollte, aber bitte doch die Kritiker darum, sowas mal zu bedenken.