Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Nämlich dass “Die Wahrscheinlichkeit mit diesem Würfel eine 6 zu werfen ist 1/6” eine Aussage ist, der wir zwar Wahrheitswertwert zusprechen aber die sich beim besten Willen nicht auf ein Sein bezieht, sondern nur auf die Tendenzen von Möglichkeiten.
Zunächst wäre das Sein erstmal das, was dann jeweils gewürfelt wird. - Die Aussage "Die Chancen stehen 50 zu 50, dass ich nochmal nach London fahre" ist erstmal kein Sein. --- Wenn man weiterdenkt, käme allerdings die Frage: Sind geistliche Gesetze "Sein"? - Ist die Gravitation "Sein", selbst wenn man gerade im anziehungsfreien Raum ist (falls es diesen gibt)? - Aus meiner Sicht ist das tatsächlich "Sein", aber eben nicht auf materieller Ebene (da ist nur die Einlösung), sondern auf geistlicher Ebene. - Aber das ist jetzt Bundesliga - wir sollten erstmal klären, ob wir es mit "Sein" auf der Kreisliga hinkriegen.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Tja, aber leider hast du genau den entscheidenden Part nicht zitiert
Es heißt: Es ERSCHEINT zuweilen so. - Damit ist zweierlei meinbar:
1) Es erscheint zwar so, ist aber Sein.
2) Es ist nicht so, sondern nur Schein, weil der Mensch Dinge projeziert, die in Wirklichkeit kein Sein sind.
Du kannst nicht das Vorherige auslöschen durch diesen einen Satz.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Wie verstehst du Descartes in diesem Kontext umgekehrt?
Es ist materialistisch gedacht. Man meint, die Externa als Grundlage ontisch als nachgewiesen zu verstehen, statt der (aus meiner Sicht nach wie vor uneinnehmbaren Argumentation Descartes' zu folgen), statt sie als Glaubensgrundlage zu verstehen, was Descartes tut. - Weil er es aber tut, wertet er die Natur NICHT ab.

Was Descartes über nicht-menschliches Leben WIRKLICH gedacht hat, weiß ich nicht. Die Tatsache, dass er Tiere geistlich als "Ding" verstanden hat, ist auch heute noch richtig, WENN man "Ding"/"Sache" dementsprechend interpretiert. - Was Du mit "Abwertung des nicht-rationalen Geistigen" meinst, verstehe ich nicht. - Was meinst Du damit?
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Achte darauf korrekt zu zitieren.
Sorry - ich hätte mit < ..., der Zitierer> arbeiten sollen. - Ich wollte mit diesem Anhang nochmal den Satz von Dir begründen.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Und ob das geschehen ist, weiß man eben nicht.
Richtig.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 D. h. die ganze Diskussion führt vom Regen in die Traufe.
Warum? - Wo steht geschrieben, dass der Mensch prinzipiell alles wissen könnte? Wir sollten uns vielmehr daran gewöhnen, dass wir auch in 1000 Jahren einen Bruchteil dessen erkennen, was ist.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Es ist wohl etwas weiter hergeholt zu glauben, dass Gott mir persönlich wohl gesonnen ist, als dass die Außenwelt existiert.
Das hängt von der jeweiligen Setzung ab. - Wenn Du Gott als Grundlage nimmst, kommt was ganz anderes raus, als wenn Du das menschliche Erkenntnis-Vermögen zum Maßstab machst.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Schlussfolgerungen sind “etwas” komplexer.

I. Ü. kann man auch die Jacke von oben nach unten zuknöpfen.
Stimmt - aber auch da kann man sich beim ersten Knopf verknöpfen. - Dass Schlussfolgerungen sehr komplex sein können, sei unbestritten - aber das ändert doch nichts an meinem Bild des Erst-Verknöpfens. - Ob Du komplex oder unkomplex aus einer Erstknöpfung Folgerichtiges schließt, macht die Erst-Verknöpfung nicht rückgängig.
Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:17 Oben hast du doch selbst gesagt: “Gedanken können auf Basis einer Voraus-Setzung […] logisch unfehlbar sein” [H. v. m].
LOGISCH unfehlbar. Das heißt nicht ONTISCH unfehlbar (selbst wenn ich es vermute). - Auch Logik ist ein System. - Lies meinen Satz noch mal genau:
Gedanken können auf Basis einer Voraus-Setzung […] logisch unfehlbar sein. - Wir sind und bleiben hier im Systemischen. - Innerhalb des Systemischen kann es selbstverständlich Unfehlbarkeit geben, nicht aber im Ontischen.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Paul hat geschrieben: Mo 6. Dez 2021, 22:42 alles schön und lustig...wie wäre es mit ein bisschen brainstorming...was du hier als hypothetischen zweifel bezeichnest könnte man aber auch als den vergeblichen versuch, das ding an sich zu erkennen, nennen...oder :lol:
Ja natürlich, aber macht es das denn besser? Philosophie ist immer noch die Liebe zur Weisheit.

Und dazu gehört meiner Ansicht nach: vergebliche, fruchtlose Bemühungen irgendwann auch mal einstellen.

Der Film “Matrix” ist nun einer der bekanntesten und populärsten Science-Fiction-Filme. Es gab zwei Sequel, ein ganzes Franchise (und nun kommt auch noch für die PS5 “The Matrix Awakens” raus :shock: ). Diese Ideen haben also in unserer Zeit ein breiteres Publikum erreicht als jemals zuvor … das Ergebnis dieser Popularisierung ist jedoch nicht rundum positiv… :lol:

Ein wenig mehr philosophische Tiefe erreicht übrigens der etwas ambitioniertere Cineast, der dann auch “Ghost in the Shell” (1995, 2017), “Dark City” (1998), “The 13th Floor – Bist du was du denkst?” (1999) und Rainer Werner Fassbinder’s “Welt am Draht” (1973) gesehen hat.

Interessant bei diesen Filmen ist, dass hier nicht mehr eindeutig (“kategorial” würde Hiob sagen) zwischen “echt” und “Einbildung” unterschieden wird, sondern die Unterschiede fließend sind. Teilweise kommt es zu einer Verschachtelung der virtuellen Welten: unsere Welt ist eine Simulation in einer Simulation in einer Simulation etc. sein.

Ich meine selbst der Anime “Sword Art Online” (2012–2020), der die ganze Thematik nun für 14-Jährige aufgearbeitet und zum x-ten mal durchgenudelt hat, ist philosophisch weiter als Descartes:
Kirigaya Kazuto (Kirito) hat geschrieben:Die reale und die virtuelle Welt unterscheiden sich nur in der Informationsmenge.
Na also. Das Zitat ist so gut, das würde ich gerne einrahmen und bei Hiob (und allen anderen, die mit Descartes oder dem “Ding-an-Sich” hausieren gehen) an die Wand hängen, so dass sie immer daran denken: Wir müssen in unserer philosophischen Tiefe doch wenigstens diesen drittklassigen Anime überbieten! ;-)

Ich weiß nicht, wer von euch mal VR-Brillen + Controller benutzt hat … ich bin insgesamt wenig begeistert davon, aber der erste Effekt ist extrem imposant: Egal wie sehr du dir sagst, dass alles was du siehst, “nicht real” ist, deinen Sinnen ist das egal. Ein Sturz hat einen psychischen Effekt, du kannst dich dem nicht entziehen. Deine Hände “siehst” du, Kopfbewegungen verändern den Blickwinkel – es ist sehr beeindruckend (für die ersten 5 Minuten).

Hätte das ganze eine Auswirkung auf meine körperliche Unversehrtheit dann wär’s mir auch rational egal ob das “echt” ist. Sowas von egal.

Das große Manko ist, dass einem das Gleichgewichtsorgan recht bald den Spaß verdirbt. Denn dieses so oft vergessene Sinnesorgan ist noch ganz in der “gewöhnlichen äußeren Welt” verankert und basiert auf der Trägheit von Materie in unserem Raum selbst. Es kann so die 6 Freiheitsgrade messen und sagt einem: “Egal was deine Augen sehen, ich beharre darauf: Du bewegst dich nicht”.

Und dann wir einem (zumindest mir) übel. Ganz im Sinne des obigen Zitats: die “Standard-Welt” hat halt eine höhere Informationsmenge.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

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ich muss gestehen, ich stehe mehr auf drogen :mrgreen:
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:54 Na also. Das Zitat ist so gut, das würde ich gerne einrahmen und bei Hiob (und allen anderen, die mit Descartes oder dem “Ding-an-Sich” hausieren gehen) an die Wand hängen
Das Kirito-Zitat ist doch keine ontische, sondern eine Wahrnehmungs-Aussage. Da stimmt das auch. Aber das kann man nur durchgehen lassen, wenn man ein anthropozentrisches Seins-Bild voraus-setzt. - Und das darf man nur voraussetzen, wenn man sich dessen bewusst ist.

Ist es Absicht oder Verpeilen, dass Du "ontisch" in Deiner Argumentation immer mit anthropozentrisch gleichsetzt?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

So, erstmal Frohes Neues Jahr alle zusammen!
Hiob hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 19:53Zunächst wäre das Sein erstmal das, was dann jeweils gewürfelt wird. - Die Aussage "Die Chancen stehen 50 zu 50, dass ich nochmal nach London fahre" ist erstmal kein Sein. --- Wenn man weiterdenkt, käme allerdings die Frage: Sind geistliche Gesetze "Sein"? - Ist die Gravitation "Sein", selbst wenn man gerade im anziehungsfreien Raum ist (falls es diesen gibt)? - Aus meiner Sicht ist das tatsächlich "Sein", aber eben nicht auf materieller Ebene (da ist nur die Einlösung), sondern auf geistlicher Ebene. - Aber das ist jetzt Bundesliga - wir sollten erstmal klären, ob wir es mit "Sein" auf der Kreisliga hinkriegen.
Darum ging’s:
Claymore hat geschrieben: So 12. Dez 2021, 17:52Mit diesem Begriff “ontisch authentisch” setzt du voraus, es gäbe eine Vergleichs-Relation (eine Art Spiegelung oder “in-Deckung-bringen”) zwischen “dem Sein” und Überzeugungen (Denksystemen).
Derartige “Paradoxa” interpretiere ich halt anders. Und zwar nicht bloß derart, dass wir die Antworten auf viele Fragen bzgl. “Sein” / “sein” nicht kennen. Sondern dass wir nicht mal ein klares Konzept davon bilden können, vulgo: wir verstehen bereits die Fragen nicht – bilden uns das aber ein.

Sicher, in einem konkreten, begrenzten Kontext macht Sein vs. Nicht-Sein einen echten Unterschied, üblicherweise den bedeutendsten. Z. B. Gibt es die auf dem Speicher versteckten Goldstücke oder nicht? Gib es Yetis oder nicht? Aber in völliger Allgemeinheit zerfließt das ganze und wird gänzlich nichtssagend.

Was sagt nun “aus meiner Sicht ist das [Gesetzmäßigkeiten/Tendenzen der Möglichkeiten] tatsächlich ‘Sein’” schon aus? Was macht es für einen konkreten Unterschied ob das besagte “Sein” ist oder nicht?

Es ist natürlich “unschön” mit so einem extrem aufgeblähten Seinsbegriff zu hantieren – für mich fast selbst schon eine reductio ad absurdum der “Wahrheit spiegelt das Sein”-Theorie.

Allerdings erlaubt, streng genommen, dieser inhaltsleere Begriff des Seins, dass man ohne irgendwelche Konsequenzen dies und das dazunimmt oder wegnimmt ohne jemals wirklich in die Gefahr zu geraten, eindeutig widerlegt zu werden.
Es heißt: Es ERSCHEINT zuweilen so. - Damit ist zweierlei meinbar:
1) Es erscheint zwar so, ist aber Sein.
2) Es ist nicht so, sondern nur Schein, weil der Mensch Dinge projeziert, die in Wirklichkeit kein Sein sind.
Du kannst nicht das Vorherige auslöschen durch diesen einen Satz.
Aber deine Interpretation. Es steht hier nun in dem Kant-Lexikon, dass das Konzept des Ding-an-sich bei Kant auf verschiedene Arten “erscheint”. Und damit ist schlicht “auftritt” gemeint.

Einmal als tatsächlicher Grund der Erscheinungen, andererseits als bloßer “Dinggedanke” oder gar als Fiktion.

Rudolf Eisler schreibt es doch ganz deutlich: “Schwanken zwischen mehr realistischer und rein idealistischer Fassung des Begriffs ‘Ding an sich’”.

Also war Kant selbst hin- und hergerissen, ob es sich beim Ding-an-sich nun um etwas tatsächliches oder nur ein menschliches Konstrukt handelt. Von daher ist es falsch zu behaupten “Eigentlich kommen alle große Philosophen […] zu diesem Ergebnis”.

Nicht einmal Kant selbst ist hier eindeutig zu deinem Ergebnis gekommen.
Es ist materialistisch gedacht. Man meint, die Externa als Grundlage ontisch als nachgewiesen zu verstehen, statt der (aus meiner Sicht nach wie vor uneinnehmbaren Argumentation Descartes' zu folgen), statt sie als Glaubensgrundlage zu verstehen, was Descartes tut. - Weil er es aber tut, wertet er die Natur NICHT ab.
Das hat aber nichts mit dem Thema zu tun. Darum ging es hier:
Claymore hat geschrieben: So 12. Dez 2021, 17:52 Descartes wertet die Natur als rein mechanistisch ab.
Descartes sah die Natur als eine Art große Maschine an, die sich rein mechanistisch-reduktionistisch erklären lässt. So schreibt er in “Prinzipien der Philosophie”:

“Auch gibt es in der Mechanik keine Gesetze, die nicht auch in der Physik gälten, von der sie nur ein Teil oder eine Art ist, und es ist der aus diesen und jenen Rädern zusammengesetzten Uhr ebenso natürlich, die Stunden anzuzeigen, als dem aus diesem oder jenem Samen aufgewachsenen Baum es ist, diese Früchte zu tragen. So wie nun Die, welche in der Betrachtung der Automaten geübt sind, aus dem Gebrauche einer Maschine und einzelner ihrer Teile, die sie kennen, leicht abnehmen, wie die anderen, die sie nicht sehen, gemacht sind, so habe auch ich versucht, aus den sichtbaren Wirkungen und Teilen der Naturkörper zu ermitteln, wie ihre Ursachen und unsichtbaren Teilchen beschaffen sind.”

Die Vorstellung, dass sich Komplexes durch seine Elemente erklären lässt, ist i. Ü. eng verwoben mit seiner Erkenntnistheorie: hat man ein “Fundament” für die Grundlagen, so ist der Rest nur noch “Routinearbeit”.

Aber ist es nicht so, dass wir stets neues über Elemente erkennen können, und eben dieses erfahren über die Komplexe, die sie bilden? Nur weil die bloße “aufgeräumte” Präsentation des Wissens so organisiert ist, dass sie von den Elementen zu den Komplexen übergeht, bedeutet dies nicht, dass die tatsächlichen Erklärungen so funktionieren.

Was man “Heuristik” nennt, findet man in keinem wissenschaftlichen Lehrbuch. Genauso wenig geht man dort auf die Frage ein, was Messinstrumente eigentlich verlässlich macht. Aber diese “aufgeräumte” Präsentation darf man doch nicht mit der tatsächlichen Praxis verwechseln.
Was Descartes über nicht-menschliches Leben WIRKLICH gedacht hat, weiß ich nicht. Die Tatsache, dass er Tiere geistlich als "Ding" verstanden hat, ist auch heute noch richtig, WENN man "Ding"/"Sache" dementsprechend interpretiert. -
Descartes schreibt in den Meditationes:

“Durch diese Empfindungen des Schmerzes, des Hungers, des Durstes usw. lehrt die Natur auch, dass ich zu meinem Körper nicht etwa nur so hinzugefügt bin, wie ein Seemann sich auf einem Schiff aufhält, sondern dass ich mit ihm auf engste verbunden und gewissermaßen vermischt bin, so dass ich mit ihm zu einem einzigen Etwas zusammengesetzt bin. Andernfalls würde ich, der ich nichts anderes als ein denkendes Ding bin, auch dann keine Schmerzen empfinden, wenn der Körper verletzt wird, sondern ich würde die Verletzung durch den reinen Verstand erfassen, so wie der Seemann durch das Sehvermögen erfasst, wenn am Schiff irgendein Schaden entsteht; und wenn der Körper nach Essen oder Trinken verlangt, würde ich dies ausdrücklich einsehen und nicht die verworrenen Empfindungen des Hungers und des Durstes haben. Denn sicherlich sind diese Empfindungen des Durstes, des Hungers, des Schmerzes usw. nichts anderes als gewisse verworrene gedankliche Zugriffe, die aus der Vereinigung und gewissermaßen der Vermischung des Geistes mit dem Körper herrühren.”

D. h. er klassifiziert die Empfindung des Schmerzes als eine Form verworrener Gedanken, für die es einen Geist benötigt. Und eben diesen Geist gesteht er dem Tier nicht zu, woraus seine Meinung folgt, dass Tiere keine Schmerzen als Empfindung spüren (sondern nur auf Reize reagieren können).
Was Du mit "Abwertung des nicht-rationalen Geistigen" meinst, verstehe ich nicht. - Was meinst Du damit?
Gemeint ist, dass für Descartes Gefühle nicht einmal aus der Seele selbst hervorgehen können, sondern nur eine Reaktion auf äußere Ereignisse sind, auf etwas, das über den Körper vermittelt wird (Vermischung von Körper und Geist, s. o.). Es ist für Descartes auch nicht akzeptabel, dass Fühlen jemals die Vernunft korrigieren, oder tiefere Wahrheiten erkennen könnte.
Das hängt von der jeweiligen Setzung ab. - Wenn Du Gott als Grundlage nimmst, kommt was ganz anderes raus, als wenn Du das menschliche Erkenntnis-Vermögen zum Maßstab machst.
Nur nimmst du nicht Gott als Grundlage, sondern dein eigenes Erkenntnisvermögen. Irgendwo her muss die (eher anmaßende) Idee, dass Gott dich vor Irrtümern bewahrt ja herkommen. Und die Quelle kannst nur du selbst sein.
Stimmt - aber auch da kann man sich beim ersten Knopf verknöpfen. - Dass Schlussfolgerungen sehr komplex sein können, sei unbestritten - aber das ändert doch nichts an meinem Bild des Erst-Verknöpfens. - Ob Du komplex oder unkomplex aus einer Erstknöpfung Folgerichtiges schließt, macht die Erst-Verknöpfung nicht rückgängig.
Ja, das stimmt. “ex falso quodlibet”. Das hat aber nichts mit dem Thema zu tun.

Was du hier postuliert hast, war, dass die Frage “Wurden die Schlussregeln korrekt angewendet?” trivial ist und wir hierbei sogar Unfehlbarkeit erreichen.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

LOGISCH unfehlbar. Das heißt nicht ONTISCH unfehlbar (selbst wenn ich es vermute). - Auch Logik ist ein System. - Lies meinen Satz noch mal genau:
Gedanken können auf Basis einer Voraus-Setzung […] logisch unfehlbar sein. - Wir sind und bleiben hier im Systemischen. - Innerhalb des Systemischen kann es selbstverständlich Unfehlbarkeit geben, nicht aber im Ontischen.
Das ändert doch nichts. Jede Unfehlbarkeit, sei sie auch eingeschränkt auf irgendeine Sphäre des Wissens, ist und bleibt eine Fiktion.

Menschen machen Fehler - damit müssen wir irgendwie klar kommen, irgendwie fertig werden, so schwer es auch ist.

Diese Fehler kann man vielleicht typisieren, möglicherweise ist das irgendwo nützlich… :?:

Aber dass du eine Art von Fehler (bei Schlussfolgerungen) als unwichtig, unproblematisch und uninteressant ansiehst und eine andere Art von Fehler (bei Grundlagen) als zentrales philosophisches Problem – so gigantisch, dass uns nichts bleibt als zu postulieren, dass die Gnade Gottes uns hier vor Fehlern bewahrt – ist für mich inakzeptabel.
Hiob hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 21:04Das Kirito-Zitat ist doch keine ontische, sondern eine Wahrnehmungs-Aussage. Da stimmt das auch. Aber das kann man nur durchgehen lassen, wenn man ein anthropozentrisches Seins-Bild voraus-setzt. - Und das darf man nur voraussetzen, wenn man sich dessen bewusst ist.

Ist es Absicht oder Verpeilen, dass Du "ontisch" in Deiner Argumentation immer mit anthropozentrisch gleichsetzt?
Weder noch. Es ist halt erneut eine von dir erfundene Kategorisierung von der du fest überzeugt bist, sie wäre “objektiv” und eine harte Dichotomie. Das nicht zu akzeptieren ist weder “Absicht” noch “verpeilen”.

Wir leben im Anthropozän, d. h. der Mensch ist zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen und geologischen Prozesse dieses Planeten geworden. Da nun ein Ding-an-Sich zu postulieren, welches “grundsätzlich unerkennbar ist”, wie eine “Eiche” an der wir Menschen uns nur “wie Schweine kratzen”, ignoriert diese Problematik.

Man sollte da eher mit anderen Bildern kommen, z. B. Vogel Strauß.

Aber es ist halt deine Angewohnheit alles, aber auch wirklich alles, auf absurde Art umzudrehen :!:
  1. Es gibt die Dinge-an-sich
  2. Wir wissen nichts über die Dinge-an-sich
Punkt II. hört sich einigermaßen bescheiden an, das gebe ich zu. Die Begrenztheit des eigenen Wissens zuzugeben ist bescheiden. Und darauf weist du auch bei jeder Gelegenheit hin. Aber Punkt I. ist eben nicht bescheiden, sondern extrem anmaßend.

Du als Mensch weißt nicht, was Existenz in völliger Allgemeinheit bedeutet.

Wir wissen es immer nur beschränkt auf einen bestimmten Kontext. Du als Mensch kannst nicht mal ein konsistentes Konzept bilden von “so wie die Dinge wirklich sind”. Vielleicht kann das ein “Engel” aber wir Menschen eben nicht.

All deine Überlegungen basieren auf Analogien oder Geschichten, die doch am Ende vollständig aus der Welt, wie wir sie erleben, entnommen wurden. Und diese daher niemals vollständig transzendieren können, egal wie sehr du es dir wünschst.

Ich will diese Transzendierungsversuche nicht schlecht machen. Sind sie doch jedem nicht völlig prosaischen Menschen oder spirituell veranlagten Menschen vertraut. Oder vielleicht auch “nützlich” in der Wissenschaft / Mathematik (bekanntestes Beispiel: die 4te Dimension).

Aber in völliger Absolutheit funktioniert Transzendierung nicht. Das erinnert dann doch an einen Vogel, der meint er könne zum Mond fliegen, nur weil er auf den nächsten Ast flog.

Wir alle verstehen eine solche Geschichte, wo wir z. B. eines Verbrechens verurteilt wurden, das wir nicht begangen haben. Aber wir verstehen diese Geschichte nur, weil wir den Konflikt zwischen gewissen Erlebnissen (der Richter befindet: “Schuldig!”) und anderen Erlebnissen (unser Gedächtnis sagt uns: wir haben es nicht getan) begreifen. Jedoch nicht weil wir den Konflikt zwischen unserem Erleben und “den Dingen, wie sie wirklich sind” verstehen können.

Wir verstehen “die Dinge wie sie wirklich sind” nicht, außer absolut kontextabhängig.

Und so suggerierst du mit deiner erfundenen harten Dichotomie, man müsse den Fokus entweder auf das Subjekt (“anthropozentrisch”) oder das Objekt (“ontisch”) legen. Und rufst dazu auf das zu ignorieren, was dazwischen liegt: Die Interaktion, die Kommunikation, oder der Mensch als handelndes Subjekt, der Mensch ausgesetzt den Umwelteinflüssen.

Problematisch halte ich daher “Anthropozentrismus” nur wenn er so ausgeprägt ist wie bei Descartes (“wir [haben] gar kein Mittel, das uns nur den geringsten Unterschied erkennen ließe zwischen dem Mechanismus dieser Maschinen und dem Lebensprinzip dieser Tiere”, so Descartes im “Discours”).

Aber Anthropozentrismus im Sinne von: den Fokus auf den Menschen als handelndes Subjekt legen … das steht nicht im Widerspruch dazu, die Realität zu ignorieren. Ganz im Gegenteil.

Denn wir bedrohen “Gaia” (= unsere Erde) und “Gaia” bedroht uns.

Und daher ist das hier:
Hiob hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 01:43 Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass wir dabei nicht mehr sind als die Schweine, die sich an der Eiche kratzen.
falsch. Fundamental falsch. Falscher geht es gar nicht mehr. Nein: wir sägen an der Eiche, auf der wir sitzen.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Paul hat geschrieben: Mi 22. Dez 2021, 20:49 ich muss gestehen, ich stehe mehr auf drogen :mrgreen:
Bei Drogen (Halluzinogenen) wird das, was man erlebt, letztlich erzeugt von einem selbst. Im Gegensatz zu VR.

IMHO ist daher “die Quelle dieser Daten liegt in mir” vs. “die Quelle dieser Daten liegt außerhalb von mir selbst” für mich eine sehr viel sinnvollere* Kategorisierung als Hiob’s “systemisch/anthropozentrisch” vs. “ontisch”.

Ich glaube, die Außenwelt enthält Daten, die nicht aus uns selbst entspringen – in diesem Sinne kann man sie als “echt” bezeichnen. Denn wäre dem nicht so, könnten wir uns bzgl. der zeitlichen Abfolge unserer Erinnerungen nicht einmal sicher sein. Wir müssten an unserem in der Zeit fortdauernden Ich zweifeln. So wie es die Buddhisten tun (“Anatta”).

* dennoch halte ich auch das nicht für eine absolute, fundamentale, harte Dichotomie. Z. B. spielt es für die Qualität des Trips ;) sicherlich eine große Rolle, was man in seinem Leben bereits erlebt hat. Und eben diese “Daten” stammen nicht von einem selbst.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Jack Sparrow »

Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:39Bei Drogen (Halluzinogenen) wird das, was man erlebt, letztlich erzeugt von einem selbst.
Ich befürchte dies trifft auf jede Art von Erleben zu.
Ich glaube, die Außenwelt enthält Daten, die nicht aus uns selbst entspringen – in diesem Sinne kann man sie als “echt” bezeichnen.
Die Grenze zwischen Außenwelt und Innenwelt ist fließend und abhängig von der Hirnchemie. Mit Halluzinogenen verändert sich die Wahrnehmung lediglich ausreichend schnell, dass es auffällt...
Denn wäre dem nicht so, könnten wir uns bzgl. der zeitlichen Abfolge unserer Erinnerungen nicht einmal sicher sein.
Realität wird überbewertet. Selbst wenn wir uns sicher sind, gibt es vielleicht andere Zeugen, die sich an eine völlig andere zeitliche Abfolge erinnern.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 Sondern dass wir nicht mal ein klares Konzept davon bilden können, vulgo: wir verstehen bereits die Fragen nicht – bilden uns das aber ein.
Das sind zwei unterschiedliche Sachen:
1) Kein klares Konzept - einverstanden.
2) Aber die Frage verstehen wir, glaube ich schon.

Das Problem ist, wie man Objekt und Subjekt abgrenzt. - Aber wenn man es nicht kann, heißt dies nicht, dass es keine Abgrenzung gäbe.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 Allerdings erlaubt, streng genommen, dieser inhaltsleere Begriff des Seins, dass man ohne irgendwelche Konsequenzen dies und das dazunimmt oder wegnimmt ohne jemals wirklich in die Gefahr zu geraten, eindeutig widerlegt zu werden.
Das stimmt - aber um das Subjekt geht es doch nicht. - Wenn etwas schwer oder nicht exakt definierbar ist oder nicht falsifizierbar ist, heißt es doch nicht, dass es deshalb nicht konkret wäre. - Wir müssen unsere Wahrnehmungs-Verwaschenheit oder -Beschränktheit abkoppeln vom Sein. - Unsere Klarheit ist nicht Maß für die Klarheit des Seins.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 Descartes sah die Natur als eine Art große Maschine an, die sich rein mechanistisch-reduktionistisch erklären lässt.
Das hat wahrscheinlich mit der Clockwork-Philosophie zu tun. - Ich bin in dieser Frage nicht tief genug drin, vermute aber, dass Descartes meint, dass Natur ohne Geist rein mechanistisch ist. - Denn auch Descartes wird gewusst haben, dass die Natur christlicherseits beseelt ist.

Davon abgesehen: Nicht alle Schlussfolgerungen von Descartes müssen richtig sein. - Mir geht es hier um die Basics in Form von
1) Cogito = das einzig sicher Erkennbare
2) Glaube ist die Rechtfertigung der Wissenschaft, weil die Wissenschaft selber nicht entscheiden kann, ob Extensae "echt" oder "Einbildung" sind.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 D. h. er klassifiziert die Empfindung des Schmerzes als eine Form verworrener Gedanken, für die es einen Geist benötigt. Und eben diesen Geist gesteht er dem Tier nicht zu, woraus seine Meinung folgt, dass Tiere keine Schmerzen als Empfindung spüren (sondern nur auf Reize reagieren können).
Das ist eine Frage, die mich seit langem beschäftigt: Wie kann ein Wesen, das kein geistliches Ich hat, Schmerzen als Ich empfinden? - Meine vorläufige Antwort lautet: Der Schmerz als solcher kann in der Natur sein. ES schmerzt also etwas, was genauso weh tut wie wenn ICH Schmerzen habe. - Aber WEM schmerzt das "es"? - Christlich könnte man sagen, dass es der HG ist, weil er die Wirkkraft im Irdischen ist ("Jede Schöpfung ist beseelt"). - Aber ganz durch bin ich bi dieser Frage noch nicht.

Jedenfalls lässt sich die Frage nicht dadurch lösen, dass man Tieren eine geistliche Identität/Ich zuordnet, um Schmerz zu erklären. - Mit anderen Worten: Descartes beweget sich hier in einem Feld, das wirklich schwierig ist.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 Es ist für Descartes auch nicht akzeptabel, dass Fühlen jemals die Vernunft korrigieren, oder tiefere Wahrheiten erkennen könnte.
Vielleicht meint er es so. Falls ja, sollte er sich mal mit einem Mystiker oder Märtyrer unterhalten. --- Einerseits ist "Teilhabe am Leiden Jesu" christlich gesehen ein hohes geistliches Gut, andererseits ist der Schmerz allein keine geistliche Größe - es läuft also wohl auf die Verbindung von Fühlen und Geistlichkeit hinaus, was hieße: "NUR Fühlen erkennt nichts".
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 Nur nimmst du nicht Gott als Grundlage, sondern dein eigenes Erkenntnisvermögen. Irgendwo her muss die (eher anmaßende) Idee, dass Gott dich vor Irrtümern bewahrt ja herkommen. Und die Quelle kannst nur du selbst sein.
Das sind die alten Sophismen. --- Natürlich hat jeder Mensch nur die eigene Wahrnehmung. Aber diese (geistliche) Wahrnehmung kann in Bezug auf Gott wahr oder unwahr sein (alias ontisch wahr oder unwahr sein). - Nur wissen wir das nicht - auch hier kann man die Grundlage nur glauben. - Dieser Glaube verfestigt sich, wenn die hermeneutische Entwicklung auf Basis dieser Glaubens-Setzung nachhaltig funktioniert. - Trotzdem wird es kein absolutes Wissen - dieses kommt erst, wenn man erkennt, wie man erkannt ist.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 19:45 Ja, das stimmt. “ex falso quodlibet”. Das hat aber nichts mit dem Thema zu tun.
Doch - immer. - Alles andere ist Handwerk.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

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Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:05 Aber dass du eine Art von Fehler (bei Schlussfolgerungen) als unwichtig, unproblematisch und uninteressant ansiehst und eine andere Art von Fehler (bei Grundlagen) als zentrales philosophisches Problem – so gigantisch, dass uns nichts bleibt als zu postulieren, dass die Gnade Gottes uns hier vor Fehlern bewahrt – ist für mich inakzeptabel.
Da überinterpretierst Du. - Mir geht es bei "Unfehlbarkeit" um Sätze wie "Wenn alle Menschen 2 Ohren haben, haben 100 Menschen 200 Ohren", aber auch: "Wenn alle Menschen 14 Ohren haben, haben 100 Menschen 1.400 Ohren". - Beide Aussagen sind zwingend alias unfehlbar. --- Ontisch sagt dies aber eben nichts darüber aus, wie viele Ohren ein Mensch hat.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:05 Wir leben im Anthropozän, d. h. der Mensch ist zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen und geologischen Prozesse dieses Planeten geworden. Da nun ein Ding-an-Sich zu postulieren, welches “grundsätzlich unerkennbar ist”, wie eine “Eiche” an der wir Menschen uns nur “wie Schweine kratzen”, ignoriert diese Problematik.
Irgendwo ist da ein Denkfehler. - Das, was ontisch ist, beinhaltet doch nicht die Bewertung, WARUM es "ist". - Meine Frau und ich haben 4 Kinder (gemacht = Einflussnahme auf auf Prozesse der Erde). Trotzdem "sind" dies Kinder.

Das Schlagwort "Anthropozän ändert nichts im Vergleich zum Universum vor 3 Milliarden Jahren, soweit ontologische (sensu traditionell) Fragen betroffen sind.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:05 Aber Punkt I. ist eben nicht bescheiden, sondern extrem anmaßend.
Dann war Kant aber ebenfalls anmaßend. - Das "Ding an sich" ist für Kant ja keine gewollte Größe, sondern etwas, worum er, egal wie er es vernunftsmäßig dreht und wendet, nicht rum kommt. - Im Grunde ist das "Ding an sich" ein funktionaler Platzhalter für das, was man vorher "Gott" nannte.

Also letztlich ist Kant auf seine Weise am selben Punkt wie Descartes, der da lautet: Der Ursprung dessen, was wir wahrnehmen, lässt sich systemisch/methodisch/intellektuell nicht ermitteln, ES SEI DENN der Mensch macht sich selber zum Ursprung - genau das ist heute auf subtile Weise der Fall. --- Als ich vor einigen Jahren feststellen musste, dass die heutige Definition von Ontologie semantisch exakt das Gegenteil dessen ist, wie es traditionell gemeint ist, wurde mir dies mit einem Schlag klar.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:05 Du als Mensch weißt nicht, was Existenz in völliger Allgemeinheit bedeutet.
Zustimmung. Aber es geht nicht um das "was es bedeutet", sondern "dass es bedeutet". - Das Sein ist eine Blackbox, aus der alles kommt, die sich aber nicht in sich hineinschauen lässt. - Genau dies beanspruche ich auch nicht - ich behaupte lediglich, dass es diese Blackbox gibt. - Vielleicht hat dies damit etwas zu tun, dass es auch im Geistlichen eine Energieerhaltungssatz gibt. Oder anders: Das, was wir wahrnehmen, kommt aus "was".
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:05 Wir verstehen “die Dinge wie sie wirklich sind” nicht, außer absolut kontextabhängig.
Ebenfalls Zustimmung. - Genau deshalb sind wir doch in den Kontext geworfen. Kontext heißt auch Entwicklung und Entwicklung heißt Zeit. -- Im ursprünglichen Sein gibt es keine Zeit, sondern nur Sein. - Wie sich das anfühlt, weiß ich nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass es anders nicht sein kann - aber das sind jetzt geistliche Bindungen, die man hat oder nicht.

Mit anderen Worten: Unter naturalistischen (= anthropozentrischen) Gesichtspunkten gebe ich Dir vollkommen recht. Meine Ausführungen funktionieren und dann und sind dann sogar zwingend, wenn man aus einer geistlichen Welt heraus argumentiert.
Claymore hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 20:05 Und daher ist das hier:
Hiob hat geschrieben: ↑Di 23. Nov 2021, 01:43
Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass wir dabei nicht mehr sind als die Schweine, die sich an der Eiche kratzen.
falsch. Fundamental falsch. Falscher geht es gar nicht mehr. Nein: wir sägen an der Eiche, auf der wir sitzen.
Dito. - Naturalistisch vollkommen richtig, geistlich vollkommen nichtig.
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