Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
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Oleander
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:01 ..entscheidet ist, ob das gegenüber ein Ich IST.
Wenn dir gegenüber ein Kapuzineräffchen sitzt, würdest du meinen, es ist ein ICH?
Muss das Kapuzineräffchen sich seiner bewusst sein, um dass du ihm ein Ich attestierst?
Oder muss es erst zu dir sagen können: Ich bin auch ein ich und nicht der Ast , auf dem ich sitze?
Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Oleander hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:12 Wenn dir gegenüber ein Kapuzineräffchen sitzt, würdest du meinen, es ist ein ICH?
Nach meiner Definition von Ich (im Sinne von "Ebenbildlichkeit") würde ich meinen, dass es KEIN Ich ist. --- Nun weiß ich natürlich, dass man "Ich" nicht christlich definieren muss. Insofern kann es Ich-Definitionen geben, nach denen das Äffchen ein Ich ist.

Was mich dabei interessiert: Nun haben bspw. Hunde gelegentlich ein enges Verhältnis zum "Frauchen" oder "Herrchen". - Sie tun etwas, was von uns als "trauernder Bello", "sich freuender Bello", etc. wahrgenommen wird. Nun ist dies ja keine Einbildung (des Menschen), sondern echt. - Wer ist der Träger dieser Echtheit? - Wer oder was ist das, das Trauer und Freude ausstrahlt?

Nennen wir es "Identität". Aber das könnte auch für Pflanzen gelten. Warum sonst reagieren Pflanzen bspw. auf liebevolle Pflege? --- Wo fangen wir an, eine Identität "Ich" zu nennen? - Aus meiner Sicht dann, wenn eine Identität einen Bezug zu Gott suchen oder ablehnen kann - wenn also jemand einen negativen oder positiven Bezug zu Gott haben KANN. - Kann das ein Hund, kann das eine Pflanze?

Alle Schöpfung ist be-seelt - vielleicht kann man davon das Wort "Identität" ableiten. - Vielleicht sollte man das Wort Ich erst benutzen, wenn Schöpfung be-geistet ist.
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Oleander
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:39 im Sinne von "Ebenbildlichkeit"
Was meinst du jetzt damit? Auf Gott bezogen? Oder weil es nicht wie du ist, also ein Mensch?
Was mich dabei interessiert: Nun haben bspw. Hunde gelegentlich ein enges Verhältnis zum "Frauchen" oder "Herrchen". - Sie tun etwas, was von uns als "trauernder Bello", "sich freuender Bello", etc. wahrgenommen wird. Nun ist dies ja keine Einbildung (des Menschen), sondern echt. -
Jetzt kommst du mir mit Haustieren? :D
Vielleicht solltest du lieber Wildtiere beobachten!
Ein weiterer Fehler ist es, in Tiere menschliche Gefühle zu interpretieren.
Ja, kannste bei Haustiere, aber mach das mal bei Krokodilen oder Wölfen.
Kitty und Timmy kommen nicht zu mir kuscheln, weil sie mich sooo lieb haben.
Die sind voll ego drauf und wollen was von mir, nämlich Nähe und gekrault werden oder Aufmerksamkeit.
"Jö schau, wie sie das Köpfchen an dir reibt, sie liebt dich!"
Aja? Dann liebt sie wohl den Türrahmen auch, da reibt sie auch ihr Köpfchen. ;)
Schau dir ein Löwenrudel an...
Warum sonst reagieren Pflanzen bspw. auf liebevolle Pflege?
:lol: Echt jetzt?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Oleander hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:49 Warum sonst reagieren Pflanzen bspw. auf liebevolle Pflege?

Echt jetzt?
Da bestehe nicht drauf, aber da gibt es echt Studien drüber.
Oleander hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:49 Was meinst du jetzt damit? Auf Gott bezogen? Oder weil es nicht wie du ist, also ein Mensch?
"Ebenbildlichkeit" heißt, dass ein Wesen so viel an göttlichem Geist in sich hat, dass es nach Gott fragen kann. - Daraus leitet man christlicherseits das "Cogito" ("Ich-bin") ab, also eine ebenbildliche Entsprechung zu "JHWH" (Ich-bin-der-ich-bin"). Dementsprechend ist "bewusstes Ich" eine geistliche Größe. - Umkehrschluss: Wenn Schöpfung (egal ob Wildsäue oder Gummibäume) diese Ebenbildlichkeit NICHT haben, haben sie auch kein Ich im christlichen Sinne.
Oleander hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:49 Ein weiterer Fehler ist es, in Tiere menschliche Gefühle zu interpretieren.
Ja, kannste bei Haustiere, aber mach das mal bei Krokodilen oder Wölfen.
Darum geht es mir auch nicht, sondern um die Frage, ob ein Hund Freude empfindet, wenn wir wahrnehmen, dass er sich freut. - MEIN Problem: Hunde (andere auch) können sich derart freuen, dass ich diese Freude nicht nur als Projektion des Menschen verstehe. - Aber wer oder was freut sich da, wenn es kein christliches Ich ist.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Gleichzeitig gräbst Du Kartoffeln aus, erzählst ihr, dass sie nicht "ist" - und isst sie dann. :lol: -- Ehrlich: Ich habe noch nie erlebt, dass jemand das Sein als Solches in Frage stellt.
Ähem:
Hiob hat geschrieben: Do 13. Jan 2022, 23:05
Jack Sparrow hat geschrieben: Do 13. Jan 2022, 22:49 ein ist durch gar nichts definiert. Sein ist eine Erfindung von Philosophen.
Sehr merkwürdig. - Wenn es also eine Galaxie irgendwo in einer Entfernung von 4 Milliarden Lichtjahren gibt, ist sie eine Erfindung von Philosophen? Ist Dein Ich eine Erfindung von Philosophen?
;-)
- Denn wäre diese Infragestellung erfolgreich, wäre alles incl. uns NICHTS. :lol:
Du musst hier auf die Doppeldeutigkeit von “das Sein” achten. Wie im letzten Beitrag: Vgl. “das Meer”. Damit kann man einmal ein bestimmtes Meer, wie die Nordsee meinen. Oder das Weltmeer.

“Das Sein” relativ gesehen, wie “das Sein der Kartoffel” ist okay. Aber absolut gesehen, wie du es tust, eben nicht. Das ist ein unverständliches Konstrukt.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Nicht in Bezug auf seine Erscheinungsformen. - Das Sein von H2O kann flüssig, eisig und luftig sein.
Na, wenn sich die Unterschiede nur auf Aggregatzustände reduzieren würden… damit würden wir fertig werden. Aber leider ist “das Sein” in absoluter Universalität nicht so einfach zu fassen (“Da ist kein Loch”). Tatsächlich es gar nicht zu fassen. Es verweist auf nichts. Kontextlos zu sagen “X existiert” ist inhaltsleer.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Ich verstehe Dich nicht. - Der Kern ist: Das, woraus Erscheinungen sind, muss von uns nicht entschlüsselbar sein (vielleicht sogar: ist aus Prinzip nicht entschlüsselbar). - Das Postulat des Seins ist nur anfechtbar, wenn man alles als Nichts versteht. Wie dies gehen soll, ist mir ein Rätsel.,
Offensichtlich. Aber mir persönlich erscheint das auch nicht falscher als dein Ansatz.

So obskur, wie du es darstellen willst, ist es i. Ü. nicht. Z. B. vertritt die Herz-Sutra, dass alles, alle Phänomene, letztlich Shunyata (Nichts, Leerheit) sind – “Form ist nicht verschieden von Leere, Leere ist nicht verschieden von Form”.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55 Du verwechselst "inhaltsleer" mit "für uns nicht definierbar".
Na, es gibt wohl schon eine “Definition” von “das Sein”: “die Zusammenfassung von allem, was existiert”. Und gerade das zeigt das Problem darin auf, nämlich dass hier “existieren” absolut verwendet wird, während wir es nur relativ verstehen können.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Nein - weil mit "Sein" oder "Gott" ja abgesteckt wird, dass es um das Höchste gibt, das nicht verständlich für uns ist. - Insofern hat dies schon semantischen Gehalt.
Gott ist das Höchste Wesen. Warum du das Sein als “das Höchste” propagierst, ist mir schleierhaft.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Weiß ich nicht - müsste ich nachlesen. - Weißt Du's?
Weil Descartes’s Weltbild mechanistisch ist. D. h. die Natur ist nicht beseelt, wird nicht von Gott erhalten. Und damit wirkte seine Philosophie deistisch, ergo unchristlich.
Blaise Pascal hat geschrieben:Das kann ich Descartes nicht vergeben: er wäre gern in seiner ganzen Philosophie ohne Gott ausgekommen; aber er konnte sich nicht enthalten ihn einen Anstoß geben zu lassen um die Welt in Bewegung zu setzen, nachher hat er nichts mehr mit Gott zu tun.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Nein. - Es sei denn, man verwildert Sprache so, dass es am Ende nur noch Laute sind. - Dann habe ich halt 4 Zylinder - denn warum sollte sich ein Auto von mir unterscheiden? (Außerdem würde ich mich diskriminiert fühlen) :lol:
Das ist jetzt sehr aus dem Kontext gerissen. Das volle Zitat war:
Claymore hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:03Wobei natürlich “Ich” genauso viel Bedeutungsschattierungen wie “Sein” zulässt. Jedenfalls muss es hier weiter gefasst werden als eine bloße Selbstreferenz. So ein “Ich” hat auch Alexa.
Ich spreche Alexa also kein menschliches Ich zu.

Hier ging es um dein Verständnis von Ich als Selbstreflexion oder Selbstreferenz, d. h. Informationen über die eigene Struktur. Das ist einfach zu wenig für ein menschliches Ich. Ein solches “Ich” (Achtung Einschränkung! Achtung Anführungszeichen!) hat auch Alexa.

Geh doch mal echt (also jenseits von Bonmots und Klamauk) auf die Argumente ein: Warum ist denn nun Selbstreflexion im Sinne der Informatik
Wikipedia: Reflexion (Programmierung) hat geschrieben:Im Prinzip kann Maschinencode im RAM, der von einem Mikroprozessor ausgeführt wird, als reflexiv betrachtet werden. Ein solches Programm ist in der Lage, seine Anweisungen wie Daten zu behandeln und kann deshalb seine Struktur analysieren und verändern.
nicht ausreichend? Vielleicht kommen wir ja dann weiter…
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Das ist ein dickes Brett. - Da müsste man diskutieren, was verschiedene Kulturen unter "Ich" verstehen. - Warum der Dalai Lama es so macht, wie Du sagst, weiß ich nicht. Es kann auch etwas Rituelles sein.
Ich habe deswegen doch extra “phänomenales Bewusstsein” geschrieben. Auch der Dalai Lama streitet nicht ab, dass er etwas erlebt. Vor Descartes hat man aber dieses Erleben oder phänomenale Bewusstsein nicht mit dem Ich gleichgesetzt.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Diese Formulierung kenne ich nicht - zumal sie sich selber widerspricht. Denn wie kann etwas "Objekt" sein und gleichzeitig nur aus "Eigenschaften" bestehen?
Das war damit nicht gemeint. Sondern nur, dass sich die Eigenschaften, die das Objekt hat, nach Descartes allein in quantitativen Eigenschaften erschöpfen. Die Süße des Honigs ist nicht real für ihn sondern wird vom Menschen drauf projiziert. Und somit ist auch die Schönheit der Welt eine reine Projektion – die übliche Entwertung der Natur durch den Cartesianismus.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Diese Frage ist nach wie vor qualitativ offen. -Oberflächlich kann man schnell zum Ergebnis kommen "Tiere haben ein Ich", wenn man "Ich" dementsprechend definiert - dann geht auch Kühlschrank. ---
Das ist nur Klamauk, der uns nicht weiter bringt. Dein Problem ist, dass du das Ich im Cogito mit deinem geistlichen Ich gleichsetzt. Obwohl das Cogito nichts dergleichen beweist. Es kann nicht mal beweisen, dass da ein in der Zeit fortdauerndes, geeintes, denkendes Subjekt vorliegt.
Im Grunde müsste man die alten Philosophien vollkommen neu übersetzen, um sie in unserem Neusprech verständlich zu machen. - Aber genau das ist ja nicht das Ziel, sonst gäbe es diesen Neusprech nicht.
Ich verstehe dich nicht so ganz. Aber wenn es dir irgendwie hilft, über die heutige Zeit zu jammern, na dann.

“Ich” oder “Person” sind Worte mit sehr starken ethischen und weltanschaulichen Konnotationen, die auch normativ sind; sie entfalten eine Macht, insbesondere im politischen Kontext, die über simple Unterscheidungen von Bedeutungsdefinitionen hinausgeht.

Anderes Beispiel: Nimm “Ist Waterboarding eine Form von Folter?” Da setzt sich auch niemand hin und fragt kühl-analytisch nach der Definition von “Folter”. Denn Folter ist unserer Gesellschaft ein normativer Begriff.

Wer also sagt “Waterboarding ist Folter”, der sagt nicht nur “es fällt unter meine Definition des Wortes”. Nein, der macht eine normative Aussage, nämlich dass Waterboarding in einem zivilisierten Land geächtet sein sollte. “Waterboarding ist Folter”, “Waterboarding ist keine Folter” ist nicht bloß Definitionssache, so wie der ein Unterschied zwischen technischer und physikalischer Stromrichtung.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Hat Descartes das Menschliche Ich mit Gott gleichgestellt? Kann ich mir nicht vorstellen.
Hat er wohl – beide sind letztlich ein res cogitans. Aber in dem Absatz habe ich das nicht behauptet, nur dass Descartes das phänomenale Bewusstsein irgendwie zumindest mit dem Intellekt verschmolzen hat. Eine radikale Abweichung von mittelalterlicher und antiker Philosophie.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Gute Frage. - Im Idealfall ist es in der Tat nicht nötig, wenn es einen geistlichen Common Sense gibt, wo man nicht alles von Grund auf erklären muss. - Möglicherweise ist Philosophie tatsächlich ein Indikator für den Verlust von geistlichem Instinkt, der sprachfrei sein kann.
Bitte? Meinst du man kann Philosophie ohne Etikettierungen nicht betreiben?
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Längst nicht, weil wir (wie üblich) eigentlich noch VOR dem Anfang stehen. - Meine "Ideologie" besteht aus der Aussage "Das, was IST, ist unabhängig von unserer emotionalen, wissenschaftlichen, vernünftigen, geistlichen Wahrnehmung". - Das ist alles. - Wo ist hier ein Kipppunkt?
Das ist die eine Richtung, die harmlose. Der Kipp-Punkt tritt bei der umgekehrten Richtung auf:
Hiob hat geschrieben: Mo 3. Jan 2022, 23:22Das Sein ist eine Blackbox, aus der alles kommt, die sich aber nicht in sich hineinschauen lässt.
Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Wenn man also sagt, Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus seien ein Irrweg, wird diese Aussage, dass Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus ein Irrweg seien, selber zum Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus - richtig?
Nein.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Jack Sparrow »

Hiob hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 00:01Immer wieder: Du misst immer daran, ob der Mensch es unterscheiden kann.
Korrekt.
Nein, kann ich möglicherweise situativ nicht (siehe Turingtest und folgende). - Aber darauf kommt es nicht an - entscheidet ist, ob das gegenüber ein Ich IST.
Immer wieder: Welche Ansichten du in deiner privaten Gedankenwelt darüber entwickelst, was etwas IST, vermag auf die Welt außerhalb deiner privaten Gedankenwelt keinerlei Wirkung auszuüben.

Es interessiert den Roboter in keiner Weise, ob du ihn für ein Ich hältst, denn das Dogma befindet sich allein in deiner Vorstellung. Wissenschaft versucht diejenigen Dinge zu erkennen, die sich nicht allein in jemandes Vorstellung befinden.
Du kannst also in puncto Erleben nicht unterscheiden, ob Dein Erleben geträumt ist oder im Res-extensa-Sinne "echt" ist.
Wenn ich aufwache und jemandem von meinem geträumten Erleben erzähle, dann wird derjenige mir mitteilen, mein Erleben sei nicht echt gewesen.

Wie er aber zu seinem Schluss gelangte und ob er recht hat weiß ich dann leider trotzdem nicht. Scheint wohl einfach Konsens zu sein.
Du nähmest Dein ich nicht empfindend wahr?
Wie sollte ich bitte ein Ich "empfindend wahrnehmen"? Welche Art von Empfindung soll das sein?
Siehst zwischen Dir <sic!> und mir einen Unterschied?
Eigentlich nicht. Aber du meinst offenbar, eine Empfindung mehr zu haben als ich.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:55Kehren wir also zurück zu Start: Meine Behauptung ist:
"Das, was IST, ist unabhängig von unserer emotionalen, wissenschaftlichen, vernünftigen, geistlichen Wahrnehmung".
Damit ist eigentlich alles gesagt.
Das ist, wie gesagt, die vergleichsweise unproblematische Seite der Medaille. Aber die andere Seite ist das Postulat eines absoluten Seins als unerkennbare Blackbox – die du wohlweislich unterschlägst.

Aber auch die (oberflächlich) unproblematische Richtung ist eine durch nichts gerechtfertigte, dogmatische Setzung. Wohl glaubt niemand, das Matterhorn verschwände, weil er es sich wegwünsche. Aber ist dein Dogma auch nur falsch beim Allergeringsten, Abseitigsten und Unscheinbarsten, dann ist es halt falsch, tout court.

Willst du es nicht mit “Anthropozentrismus” etikettieren, dass man einen Berg oder Planeten als bedeutend für die Philosophie ansieht, während man ein Quantenobjekt wie ein Elektron als getrost ignorierbar erachtet :?:

Auch im zwischenmenschlichen Bereich ist es verkehrt, ein absolutes Sein zu postulieren, das unabhängig von unseren Emotionen ist. William James bringt da dazu folgendes Beispiel:
William James: “Der Wille Zum Glauben” hat geschrieben:Ein ganzer Passagierzug (seine einzelnen Insassen mögen ganz tapfere Leute sein) wird von ein paar Räubern ausgeplündert, einfach weil diese aufeinander zählen können, während jeder Passagier fürchtet, dass er, wenn er sich zum Widerstand regt, erschossen wird, bevor ihm jemand zu Hilfe kommt. Hätten wir den Glauben, dass sich sofort der ganze Wagen voll mit uns erheben würde, so würde sich jeder einzelne von uns erheben, und Eisenbahnraub würde niemals auch nur versucht werden. Es gibt also Fälle, wo eine Tatsache nicht eintreten kann, wenn nicht im voraus ein Glaube an ihr Eintreten vorhanden ist.
Aber das ist noch nicht alles…

Denn nochmal: Wir leben im Anthropozän. Von daher kommt deine Philosophie zur Unzeit. Unser Glaube, unser Wissen beeinflusst unser Handeln und unser Handeln beeinflusst Gaia.

D. h. die Ausnahmen zu deinem Dogma sind gar nicht mehr unscheinbar, gering und abseitig. Ganz im Gegenteil. Die Löcher in deinem Dogma sind gigantisch.

I. Ü. kann man das auch auf das Höchste Wesen beziehen, auf GOTT selbst. SEINE Reaktion ist abhängig von unserem Glauben.
Hiob hat geschrieben: Sa 15. Jan 2022, 00:06Richtig - das sollte erstes Semester/Wissenschaftsstudien sein. - Aus folgendem Grund: Man kann bei identischer Fragestellung wissenschaftlich "nachweisen", dass der 35%, aber gleichzeit auch weniger als 1% aller Moslems extremistisch sind - oder das eine Schachtel Zigaretten gleichzeitig 40 oder 4 Euro kosten müsste - oder dass es in Deutschland 10.000 oder 300.000 Missbrauchsopfer pa gibt. - All diese Ergebnisse sind wissenschaftlich sauber erzielbar.
Lustig, dass hier deine Nummer 1 Erklärung, dass die Begriffe einfach anders definiert wurden, nicht gelten soll.

I. Ü. sind das Ergebnisse aus der Sozialwissenschaft (ok, in Wirklichkeit sind sie es natürlich nicht, sondern allesamt bloß von dir erfunden). Dass Proxima Centauri ca. 4 Lichtjahre entfernt ist, darüber herrscht halt schon Konsens.
Zuletzt geändert von Claymore am So 16. Jan 2022, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Oleander »

Jack Sparrow hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:21 Es interessiert den Roboter in keiner Weise...
Kann ein Roboter seine Interessen bewusst wahrnehmen?
"Alexa, welche Interessen hast du eigentlich?"
Aso, Alexa ist kein du und sie weiss zwar, was Interessen sind(sie wurde ja programmiert) aber auf sich bezogen?
Alexa überfordert?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Oleander hat geschrieben: Sa 15. Jan 2022, 14:36
Claymore hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:03 So ein “Ich” hat auch Alexa.
Du weist ihr ein "Ich" zu..
  1. Das “Ich” stand hier bewusst in Anführungszeichen
  2. Du hast das Zitat aus dem Kontext gerissen.
Das volle Zitat lautete:
Claymore hat geschrieben: Fr 14. Jan 2022, 23:03Wobei natürlich “Ich” genauso viel Bedeutungsschattierungen wie “Sein” zulässt. Jedenfalls muss es hier weiter gefasst werden als eine bloße Selbstreferenz. So ein “Ich” hat auch Alexa.
Letztlich war die Argumentationsrichtung genau umgekehrt: Alexa hat nicht wirklich ein Ich, nicht in irgendeinem vernünftigen Sinne. Aber Hiob definiert Ich über Selbstreferenz/Selbstreflexion, wozu Alexa fähig ist. Also kann das kein hinreichendes Kriterium für ein Ich sein.
Aber ist sich "Alexa" ihrer selbst bewusst?
Ich kann Alexa zwar beibringen(sie so programmieren) dass sie sagen kann, ich bin ein ICH, aber kann sie darüber reflektieren?
Reflexion im Sinne der Informatik – dazu ist Alexa fähig.
Sprich mal zu deiner Alexa: "Alexa, bist du dir bewusst darüber, was ich dir da grade auftrage und warum?
Vor paar Wochen war ein Film im Tv und ja, mir ist klar, dass es sich um einen Film handelt, der hieß"Ich bin dein Mensch" und da wurde einem schon der Unterschied klar..
https://de.wikipedia.org/wiki/Ich_bin_dein_Mensch
Dieser Tom handelte nur aus einem vorprogrammierten Algorithmus heraus und seine Aufgabe war, Menschen(in dem Fall eine Frau) glücklich zu machen und ihr vieles abnehmen.
Es war irgendwie lustig, aber auch bedenklich.
Er konnte aber Gefühle nicht nachvollziehn, nicht refklektieren...
Können Tiere ihr Verhalten reflektieren? Alexa?
Ist es eine Besonderheit des Menschen, sich als ein ich- bin wahrzunehmen
Klar ist ICH eine Bezeichnung, ebenso wie DU, aber was genau will es aussagen?
Was wir bis jetzt an KI haben ist Lichtjahre, Lichtjahre von Tom entfernt. Tom wäre eine technische Revolution. Wohl die größte der Menschheit. Tom ist doch fast wie ein Mensch, nur stellenweise autistisch.

Ok, in einigen Momenten litt er unter “sphexischem” Verhalten (nach der Grabwespe Sphex, die angeblich ihr Programm für den Nest-Bau extrem stur deterministisch ausführt und nicht auf veränderte Bedingungen flexibel reagieren kann).

Wahrscheinlich ist es so, dass Menschen über ihren Intellekt immer die Möglichkeit haben, sich aus sturen, “sphexischen” Verhaltensmustern lösen können. Nur ist das ein hinreichendes Kriterium für ein Ich?

Nach neuesten Erkenntnissen benimmt sich die Wespe Sphex nicht mal sphexisch.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Na, wenn sich die Unterschiede nur auf Aggregatzustände reduzieren würden… damit würden wir fertig werden. Aber leider ist “das Sein” in absoluter Universalität nicht so einfach zu fassen (“Da ist kein Loch”). Tatsächlich es gar nicht zu fassen. Es verweist auf nichts.
Es geht doch gar nicht darum, damit fertig zu werden. Als ob Sein davon abhängig wäre, dass wir es könnten.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Kontextlos zu sagen “X existiert” ist inhaltsleer.
Meinetwegen. Das ist schlicht eine Behauptung, ein Glaube. Hat nichts zu tun mit meiner Grundaussage.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 So obskur, wie du es darstellen willst, ist es i. Ü. nicht. Z. B. vertritt die Herz-Sutra, dass alles, alle Phänomene, letztlich Shunyata (Nichts, Leerheit) sind – “Form ist nicht verschieden von Leere, Leere ist nicht verschieden von Form”.
Da würde ich nachfragen, was der Buddhismus unter "Leere" versteht: Ein Nihil negativum (glaube ich nicht) oder etwas gestaltlos Geistliches.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Und gerade das zeigt das Problem darin auf, nämlich dass hier “existieren” absolut verwendet wird, während wir es nur relativ verstehen können.
Richtig. - Und warum? Weil die Verbindung zu "was wir verstehen" ein Kategorie-Fehler ist.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Gott ist das Höchste Wesen. Warum du das Sein als “das Höchste” propagierst, ist mir schleierhaft.
Per Definition. --- Das Wort "Gott" macht keinen Sinn, wenn Gott nicht das höchste Sein ist.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Weil Descartes’s Weltbild mechanistisch ist. D. h. die Natur ist nicht beseelt, wird nicht von Gott erhalten. Und damit wirkte seine Philosophie deistisch, ergo unchristlich.
Richtig ist, dass christlich gesehen auch die Natur beseelt ist (was nicht bedeuten muss, dass Beseeltes selber Bewusstsein für Beseeltsein aufbringen kann). - Ich verstehe Descartes nicht im Sinne einer Nicht-Beseelung von Hund und Katze, sondern im Sinne einer Ich-Zusprechung (in Cogito-Definition des Wortes Ich).
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Hier ging es um dein Verständnis von Ich als Selbstreflexion oder Selbstreferenz, d. h. Informationen über die eigene Struktur. Das ist einfach zu wenig für ein menschliches Ich. Ein solches “Ich” (Achtung Einschränkung! Achtung Anführungszeichen!) hat auch Alexa.
Mein Ausgangspunkt ist das christliche Ich-Verständnis sensu Ebenbildlichkeit, also geistliche Reflexionsfähigkeit.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Wikipedia: Reflexion (Programmierung) hat geschrieben:
Im Prinzip kann Maschinencode im RAM, der von einem Mikroprozessor ausgeführt wird, als reflexiv betrachtet werden. Ein solches Programm ist in der Lage, seine Anweisungen wie Daten zu behandeln und kann deshalb seine Struktur analysieren und verändern.
Man kann "Reflexion" so definieren, dass Deine Aussage stimmt. Aber es hat eben nichts zu tun mit dem geistlichen Ich-Verständnis des Christentums. --- Das ist ja das Verdammte am orwellschen Neusprech: Man nimmt bestehende Worte mit bestehendem Sinn und definiert sie semantisch um - statt dass man ein neues Wort erfindet. - In anderen Worten: Christliches Ich und christliche Reflexion sind semantisch etwas anderes als das, was man inzwischen eingeführt hat. - Es ist so ähnlich wie beim Wort "Bank", das sowohl Sitzgelegenheit als auch Geldhaus bedeuten kann.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Vor Descartes hat man aber dieses Erleben oder phänomenale Bewusstsein nicht mit dem Ich gleichgesetzt.
Wie kommst Du darauf? - Natürlich hat man das Ich nur als Gefäß gesehen, in dem Geistliches erlebbar wurde. Aber dieses Gefäß Ich wurde doch nicht in Frage gestellt.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 “Waterboarding ist Folter”, “Waterboarding ist keine Folter” ist nicht bloß Definitionssache
Dein Beispiel trifft es nicht so ganz. Im Sinne meiner Rede würde der eine meinen, dass Waterboarding simuliertes Ertränken ist (mit allen Qualen), der andere würde meinen, es handelt sich um Haarewaschen im Bottich. - Wir reden also nicht über Wertungen DESSELBEN, sondern um ein und dasselbe Wort, das Unterschiedliches bedeutet. - Nun gibt es dieses Problem bei Waterboarding gerade nicht, weil da die Menschen (meines Wissens) dasselbe drunter verstehen.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Hat er wohl – beide sind letztlich ein res cogitans.
Das stimmt. - Aber das eine ist Ableitung/Abbildung vom anderen in tieferer Dimension.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Aber in dem Absatz habe ich das nicht behauptet, nur dass Descartes das phänomenale Bewusstsein irgendwie zumindest mit dem Intellekt verschmolzen hat. Eine radikale Abweichung von mittelalterlicher und antiker Philosophie.
Bereits im Mittelalter gab es die Hinwendung zum Intellego ut credam - in dieser Tradition sehe ich Descartes. --- Umgekehrt haben Mystiker intellektuell anspruchsvolle Bücher geschrieben. - In anderen Worten: Wir sind uns hier irgendwie einig, aber das ist ein schwieriges Thema.
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Meinst du man kann Philosophie ohne Etikettierungen nicht betreiben?
Ersetze "Etikettierung" durch "Substanz".
Claymore hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 20:17 Der Kipp-Punkt tritt bei der umgekehrten Richtung auf:
Hiob hat geschrieben: ↑Mo 3. Jan 2022, 23:22
Das Sein ist eine Blackbox, aus der alles kommt, die sich aber nicht in sich hineinschauen lässt.
Da muss man halt lernen, demütig zu werden. Auch dann kann man vieles an Wissen ermitteln. - Mit anderen Worten: Dieser Kipp-Punkt belastet mich nicht.
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