Die 7 Hauptlaster und ihre "Befreiung"

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
frank

Die 7 Hauptlaster und ihre "Befreiung"

Beitrag von frank »

oder: die seelische Arbeit mit den Lastern (Thema: Nachfolge Christi)

Im modernen Kreisen des Christentums ist die Lehre populär, dass wir schon gerettet und Heil sind, wenn wir uns zu Christus bekennen. So haben weder Luther noch andere Christen der letzten Jahrhunderte gedacht. Auch im lutherischen Glaubensleben war die Gnade ein Geschenk, das etwas im Menschen bewirken soll - und nichts auf dass er sich ausruhen konnte.

Die Sieben Hauptlaster stehen so exiplit nicht in der Bibel. Ihre Wahrnehmung, ihre Benennung und die Auseinandersetzung mit ihnen, hat sich aber in der nachbiblischen Zeit als ein kräftiges Hilfsmittel für die „Nachfolge Christi“ entwickelt

Superbia: Hochmut (Übermut, Eitelkeit, Stolz, Ruhmsucht)

Avaritia: Geiz (Habgier, Habsucht)

Invidia: Neid (Missgunst, Eifersucht)

Ira: Zorn (Wut, Vergeltung, Rachsucht)

Luxuria: Wollust (Unkeuschheit)

Gula: Völlerei (Gefräßigkeit, Unmäßigkeit, Maßlosigkeit, Selbstsucht)

Acedia: Trägheit des Herzens / des Geistes (Faulheit, Überdruss)

Luthers Gnadenlehre ist ja im Grunde in der Nachfolge der Gnadenlehre von Augustinus entstanden (auf Grundlage der paulinischen Schriften). Aber diese Lehre des Augustinus (die auf der Bibel beruht, wie die Sichtweise von Cassian) war im Leib Christi (der Kirche) nie unumstritten. Cassian (4./ 5. Jahrhundert) war einer der Gegner. „Er verstand diese so, als werde der Mensch zu einem passiven Objekt der alleswirkenden Gnade Gottes. Er aber war eine Kämpfernatur und es ging ihm darum, den Menschen zum Kampf zu ermutigen, anzuspornen. Niemand muss bleiben wie er ist, er kann, er soll, er muss sich grundlegend wandeln. Gewiss: keiner besteht diesen Kampf aus eigener Kraft. Sieg gibt es nur, wenn Gott den Sieg schenkt – aber „geschenkt“ wird er nicht dem Feigen und Faulen, sondern dem Tapferen und Eifrigen“ (Johannes Cassian, G. u. Th. Satory)

Seine Wirkung geht über Benedikt, Therese von Avilla, Thomas von Kempten bis in die Neuzeit.

Auf ihn geht die seelische Arbeit mit den „Lastern“ zurück, die er wiederum selber von den Wüstenvätern übernommen hatte. Also ganz frühe christliche Entfaltung.

Das Ziel war die „Reinheit des Herzens“, die „innere Stille“, so wie wir sie auch aus dem orthodoxen Herzensgebet kennen.

„Als Stammwurzel, ist der Hochmut, dieses scheinbar hellste Laster (Ausdruck eines glänzenden, unabhängigen Geistes, der sich selbst genügt) der Ursprung all dessen, was die Seele trüb und schwer macht. „Luzifer“, Lichtbringer und Lichtträger als hell leuchtender Morgenstern, erlischt, und stürzend reißt er, was mit ihm fällt, in die Finsternis, in die lastende Schwere, so tief nach unten, bis die Schwerkraft schier unüberwindlich wird, wenn nicht, durch ein Wunder der Gnade, die Seele wieder Auf-Trieb bekommen könnte.

So wundert es nicht, wenn die Laster, die Cassian aufzählt, allesamt das Herz beengen, einengen; es ist, als hätte man einen Panzer um die Brust, könnte nicht mehr frei durchatmen: die Augen verlieren ihren Glanz, der Blick ist nicht mehr frank und frei, das ganze Wesen ist verspannt, verkrampft, hat nichts Gelöstes mehr. Es ist wie eine Macht, die niederzieht, lähmt, verdüstert:

diese unbeherrschte Gier nach Essen und Trinken, die mit dem Leib auch die Seele verfetten lässt

die sexuelle Hemmungslosigkeit, in der die Dynamik des geistig-seelischen Lebens sich erschöpft, so dass man sich wie ausgelaugt fühlt.

Habsucht, die den Menschen hindert, mit dem was er hat und besitzt glücklich zu leben

Zorn, in dem man sich selbst wildfremd wird (war ich das?)

Traurigkeit, von der Art des Trübsinns, der alles schwarz in schwarz sieht. Und letztlich jene

Lustlosigkeit, Herzenslahmheit, Trägheit und Schwunglosigkeit die das Leben zu einer tristen Angelegenheit macht.“ (Cassian, von Satory)

Die „Gegenmaßnahmen“, die sieben Tugenden:


Demut = Hochmut

Mildtätigkeit
= Habgier

Keuschheit = Wollust

Geduld = Zorn

Mäßigung
= Völlerei

Wohlwollen = Neid

Fleiß = Faulheit

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Hätte diese "seelische Arbeit" in eurer "Nachfolg Christi" Platz?
Anthros
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Veredelung durch Reinkarnation

Beitrag von Anthros »

frank hat geschrieben: Sa 30. Jul 2022, 20:42 Hätte diese "seelische Arbeit" in eurer "Nachfolg Christi" Platz?
Sie wäre pervers, wenn nicht Karma und Reinkarnation ins Denken gebracht wird, wodurch der Mensch weiß, Gelegenheit zu haben, sich aus einem inneren Impuls heraus von Inkarnation zu Inkarnation zu veredeln.
frank

Re: Veredelung durch Reinkarnation

Beitrag von frank »

Anthros hat geschrieben: Sa 30. Jul 2022, 20:50 Sie wäre pervers, wenn nicht Karma und Reinkarnation ins Denken gebracht wird, wodurch der Mensch weiß, Gelegenheit zu haben, sich aus einem inneren Impuls heraus von Inkarnation zu Inkarnation zu veredeln.
Jeder hat so seinen Denk-Fetisch den er benötigt - aber nicht alles ist pervers, was nicht diesem Denk-Fetisch beinhaltet.

Im Buddhismus (auch im Hinduismus) gilt die Inkarnation in der Menschheit als eine einmalige Gelegenheit, diesem Elende (der Wiedergeburten) zu entfliehen und - vor allem im Buddhismus - wird dieser einmaligen Gelegenheit auch die Möglichkeit dazu eingeräumt.

Bei Lorber schafft sich der gefallene Geist (deiner und meiner) durch die Jahrtausende eine Seele aus den Seelen von Mineralien, Pflanzen und Tieren - er beginnt bei den Mineralien und lenkt die immer komplexer werdende Seele bis sie soweit ist, dass die in einen menschlichen Leibe einziehen kann - auch hier ist dies eine einmalige Chance. Lorber lässt zwar die Reinkarnation zu, folgt aber in der Postexistenz eher Swedenborg, für den das Leben nach dem Tod von dem vor dem Tod bestimmt wird. Nach Swedenborg sind alle Engel einmal Menschen gewesen und das Mensch-Sein das zentrale Ereignis. Wer dieses nicht ergreift und sich nicht für Christus öffnet - der wird in seinem Leben nach dem Tod diese Entwicklung weitergehen müssen (Bei Swedenborg ist das Jenseits so eine Art "ewige Schule" - lernen was man als Mensch versäumt hat.

Bei Cassius - siehe oben - spielt das keine Rolle. Nach dem Sinne = fang an und Gott wird dich führen und dir SEINE Barmherzigkeit zeigen.

Alle Spekulationen um ein vorher und nachher, hatte schon Augustinus (der war bei den Manichäern, die auch die Reinkarnation kannten) abgelehnt - und ich denke ebenso: Fang an und lass dich nicht von der Angst hemmen, es in einem Leben nicht zu schaffen
Gott ist barmherzig
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Re: Die 7 Hauptlaster und ihre "Befreiung"

Beitrag von Magdalena61 »

Das Problem ist: Für die Anfälligkeit gegenüber "Lastern" sind Fehlentwicklungen und Defizite im Leben eines Menschen ursächlich. Beispiel Maßlosigkeit im Konsum oder beim Sex: Menschen versuchen, den Schmerz in ihrem Inneren zu betäuben; das "seelische Loch" zu stopfen; die allgegenwärtige Verzweiflung wenigstens für ein paar Stunden zu vergessen.

"Wer Sünde tut, der wird der Sünde Knecht" beschreibt einen geistlichen Mechanismus.

Um hartnäckige Gewohnheiten und Fehlverhalten zu ändern, braucht es ausreichend Motivation und einen starken Willen. Teilweise können Gemeinschaften ein angepasstes Verhalten erzwingen... bei Menschen, die Angst haben, von Gott verworfen zu werden, wenn sie nicht gehorchen oder, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und ihr soziales Umfeld zu verlieren.

Die Veränderung kommt dann aber nicht unbedingt von innen heraus, sondern ist mehr eine Reaktion auf den Gruppendruck. Und deshalb sind solche "Bekehrungen" für den Betroffenen oftmals nicht durchzuhalten. Er steht unter einer ungeheuren inneren Anspannung.

Manchmal werden Abhängigkeiten durch andere Abhängigkeiten ersetzt; ausgetauscht. Das Suchtverhalten bleibt bestehen, wird aber nicht mehr als ein solches erkannt oder benannt, denn wenn z.B. jemand sein Engagement für die Gemeinde als Suchtpotenzial pflegt, dann gilt sein Einsatz als vorbildlich. Auch dann, wenn er darüber seine Familie vernachlässigt und süchtig ist nach Erfolg und Anerkennung.

Deshalb glaube ich, ein Mensch, der vom Leben zerzaust und verletzt und durch seine Sünden schwer verwundet wurde, muss innerlich zuerst heil werden, bevor man von ihm verlangen kann, ein geistlicher Biedermann zu werden. Das ist seine ganz persönliche Gnadenzeit. Und in dieser Zeit gilt: Wer dem Wort glaubt und Vergebung erlangt hat, ist errettet. Der Schächer am Kreuz hatte keine Zeit mehr, um sein Leben zu ändern.

Je mehr der Rekonvaleszent zu leisten imstande ist, desto mehr wird Gott von ihm erwarten. Aber dann kann er auch an den Anforderungen arbeiten. Weil die Kraft dazu in ihm wächst.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
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Re: Die 7 Hauptlaster und ihre "Befreiung"

Beitrag von frank »

Magdalena61 hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 00:38 Deshalb glaube ich, ein Mensch, der vom Leben zerzaust und verletzt und durch seine Sünden schwer verwundet wurde, muss innerlich zuerst heil werden, bevor man von ihm verlangen kann, ein geistlicher Biedermann zu werden. Das ist seine ganz persönliche Gnadenzeit. Und in dieser Zeit gilt: Wer dem Wort glaubt und Vergebung erlangt hat, ist errettet. Der Schächer am Kreuz hatte keine Zeit mehr, um sein Leben zu ändern.
Das ist reine evangeiikale Agitation = reicht das wirklich?

Wer hat sich denn da "verwundet", wer hat sich da "zerzaust" und "verletzt"?
Heil kann ich nur durch Christus werden und das liegt natürlich in seiner Gnade = "Friede im Herzen" ist eine dieser Gnaden, welche Gott schenkt - aber sie ist das Ziel (an dem ich mit tätig werden muss: "Schaffet damit ihr selig werdet....") und nicht die Grundlage der geistigen Entwicklung.
frank

Re: Die 7 Hauptlaster und ihre "Befreiung"

Beitrag von frank »

Magdalena61 hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 00:38 Um hartnäckige Gewohnheiten und Fehlverhalten zu ändern, braucht es ausreichend Motivation und einen starken Willen. Teilweise können Gemeinschaften ein angepasstes Verhalten erzwingen... bei Menschen, die Angst haben, von Gott verworfen zu werden, wenn sie nicht gehorchen oder, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und ihr soziales Umfeld zu verlieren.
Der erste Teil ist korrekt - der zweite die wohlbekannte Agitation der Freikirchen gegen Kirchen....langweilig
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Hauptlaster Klammerei

Beitrag von Anthros »

Magdalena61 hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 00:38 Wer dem Wort glaubt und Vergebung erlangt hat, ist errettet.
Das klingt nach Klammerei eines unfreien Menschen. Die anderen kommen dafür in die Hölle.
Zuletzt geändert von Anthros am So 31. Jul 2022, 11:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Widersprüchlichkeit

Beitrag von Anthros »

frank hat geschrieben: Sa 30. Jul 2022, 21:23 Im Buddhismus (auch im Hinduismus) gilt die Inkarnation in der Menschheit als eine einmalige Gelegenheit, diesem Elende (der Wiedergeburten) zu entfliehen ...
Zuerst gilt Inkarnation als Einmaligkeit und dann sei der Wiedergeburt zu entfliehen. - Etwas seltsame Widersprüchlichkeiten.
frank

Re: Widersprüchlichkeit

Beitrag von frank »

Anthros hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 11:53 Zuerst gilt Inkarnation als Einmaligkeit und dann sei der Wiedergeburt zu entfliehen. - Etwas seltsame Widersprüchlichkeiten.
Aber nur wenn man aus seinem Eigenverständnis heraus liest

Die Inkarnation als Mensch - die Buddhisten glauben dass man auch als Insekt, Ameise, Tiger, Gott oder sonstwas geboren werden kann = die Inkarnation als Mensch ist etwas besonderes = in der man dieser ganzen Qual entkommen kann.
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Bewältigung

Beitrag von Anthros »

frank hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 11:57
Anthros hat geschrieben: So 31. Jul 2022, 11:53 Zuerst gilt Inkarnation als Einmaligkeit und dann sei der Wiedergeburt zu entfliehen. - Etwas seltsame Widersprüchlichkeiten.
Aber nur wenn man aus seinem Eigenverständnis heraus liest
Keine Ahnung, was mir das jetzt sagen soll. Ohne Reinkarnation sind Sünden nicht zu bewältigen. Der vermeintliche Christ polarisiert, je mehr er klammert und meint damit, erlöst zu werden, während andere in die Hölle kommen.
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